Über die Motive des israelischen Angriffs auf Syrien vom 30. Januar ist immer noch genauso wenig bekannt wie darüber, was überhaupt angegriffen wurde. Klar scheint nur, dass er mit dem Konflikt zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah zu tun hat, und nicht dem israelischen Bedürfnis geschuldet ist, sich in den syrischen Bürgerkrieg einzumischen. Dennoch war er auch eine Erinnerung daran, dass das Chaos in Syrien gefährliche und nicht absehbare Folgen für die ganze Region haben kann.
Dies macht eine politische Lösung um so dringender. Es war daher gut, von Moaz al-Khatib zu hören, er unterstütze Gespräche mit den Leuten Assads. Khatib steht der Nationalen Koalition vor – jener Gruppe von Exilanten, die einer bewaffneten Int
n Exilanten, die einer bewaffneten Intervention gegen die syrische Regierung das Wort reden. Sympathisanten finden sie in westlichen Ländern ebenso wie in den Golfstaaten. Al-Khatib und seine Umgebung sprechen zwar vage von einer politischen Lösung, meinen dabei aber stets nichts sonst als einen einseitigen Rückzug Assads. Von dieser unrealistischen Haltung konnte man sich erst zu Wochenbeginn wieder überzeugen, als die sogenannten „Freunde Syriens“ in Frankreich tagten. Dort bekam man eine äußerst düstere Analyse der Lage zu hören: Die staatlichen Institutionen brechen zusammen, islamistische Gruppen gewinnen an Boden, immer mehr Syrer sterben und ein Durchbruch ist weit und breit nicht in Sicht. „Wir können nicht zulassen, dass eine Revolution, die als friedlicher und demokratischer Protest begann, zu einer Auseinandersetzung zwischen Milizen verkommt“, so der französische Außenminister Laurent Fabius, während er gleichzeitig von mehr militärischer Hilfe sprach.Ähnlich pessimistisch äußerten sich mehrere zivilgesellschaftliche Gruppen, die den bewaffneten Kampf ablehnen, auf einem Treffen in Genf. Sie repräsentieren die Stimme von Syriens säkularen Intellektuellen. Sie lehnen eine ausländische Militärintervention ab und bevorzugen eine Waffenruhe und eine Verhandlungslösung, wie sie der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi anstrebt. Weil sie nicht auf Linie des Westens sind, werden sie von ausländischen Politikern gern ignoriert. Schweiz verweigert Einreise Viele dieser Intellektuellen leben weiter in Syrien. Ihre Abordnung in der Schweiz wäre eindrucksvoller gewesen, wenn die Eidgenossen nicht 60 von ihnen die Einreise verweigert hätten. Rajaa al-Nasser, ein syrischer Anwalt vom Nationalen Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel, erklärte dazu, ein Schweizer Offizieller habe ihm gegenüber geäußert, das Einreise-Verbot habe politische Gründe. Haytham Manna, der Vorsitzende des ausländischen Arms des Koordinierungskomitees, glaubt, dass Frankreich die Schweiz gebeten habe, Insider nicht hereinzulassen die an dem Mythos kratzen könnten, dass die Schützlinge des Westens die Meinung aller Syrer repräsentieren. Das Außenministerium in Bern war zu keiner Stellungnahme bereit. Am meisten zerbrechen sich Assads friedliche Gegner den Kopf darüber, ob sie auf dessen vor kurzem erneuertes Angebot zu einem „nationalen Dialog“ eingehen sollen. Mehrere von ihnen haben Jahre im Gefängnis zugebracht und misstrauen der Regierung. Aber in Anbetracht der steigenden Opferzahlen konnten sich die Befürworter von Verhandlungen in Genf durchsetzen und zu Gesprächen über eine neue Verfassung und eine Übergangsregierung aufrufen. Intelligente Poltik könnte helfenUnterdessen brachten in der Woche die Golfstaaten – die normalerweise nicht als große Geber von Hilfsgeldern bekannt sind – den größten Teil der 1,5 Milliarden Dollar ein, die den Flüchtlingen in- und außerhalb Syriens zugute kommen sollen. Großbritannien steuerte 50 Millionen bei. Aber so wichtig dies auch sein mochte, bewahrten britische Regierungsvertreter über den wahren Grund der humanitären Katastrophe ebenso Stillschweigen wie ihre Freunde am Golf. Wenn man ihnen zuhört, könnte man den Eindruck gewinnen, die syrische Regierung trage die Schuld ganz allein. 2011 schossen syrische Sicherheitskräfte mit scharfer Munition auf unbewaffnete Demonstranten und ihr Einsatz von Artillerie und Bomben aus der Luft ist häufig unangemessen. Das wurde auch von russischer Seite eingeräumt. Verschärft hat sich die Krise aber dank der Waffen und der logistischen Hilfe durch westliche und arabische Regierungen. Wenn der britische Außenminister William Hague erklärt, Großbritannien stelle lediglich „nicht-tödliche Ausrüstung“ zur Verfügung, dann ist das reine Wortklauberei. Wenn es in einem bewaffneten Konflikt die eine Seite unterstützt und die Militarisierung durch Kommunikations- und Satellitentechnik vorantreibt, dann hat Großbritannien Blut an den Händen. Die Hilfe für obdachlos gewordene Zivilisten wird helfen. Aber mehr als mit Wohltätigkeit wäre den Syrern mit einer intelligenten Politik geholfen: einem Waffenembargo für beide Seiten sowie ernsthaften Bemühungen, Aufständische wie Regierung davon zu überzeugen, dass ein militärischer Sieg eine Illusion ist. Die „Nationale Koalition“ ist von Hilfe aus dem Ausland abhängig. Es ist jetzt Zeit für den Westen mit Brahimi und seinen Freunden an einem Waffenstillstand zu arbeiten, während Russland und Iran das gleiche mit Assad versuchen sollten. Die beiden Feuerpausen von 2012 haben wenig Fortschritte gebracht, weil die Aufständischen und ihre Sponsoren sie nicht ernst nahmen. Jetzt sind weitaus nachhaltigere Anstrengungen vonnöten.