Menschheitsdämmerung 7-Christl. Apokalypse-Offenbarung des Johannes

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Menschheitsdämmerung 7 - Begleitschreiben zum Offenen Seminar „Melancholie und Apokalypse“ und zum Heidegger-Han-Lektürekurs „Subjektkritik“ an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Kontakt: autonomes.seminar@t-online.de - Infotelefon: 030 – 42 85 70 90 autonomes-seminar-humboldt.webs.com/ Berlin-Pankow, den 12. April 2012

Bericht vom fünften Treffen des Offenen Seminars „Melancholie und Apokalypse“ am Mi, 11.4.2012, 18:00 bis 20:30 Uhr

Anwesend waren 14 Kolleginnen und Kollegen – drei KollegInnen hatten sich entschuldigt. In der „Blauen Spendendose“ lagen 12,00 Euro (für Kleinplakate, Papier und Kopien).

Thema: Die Offenbarung des Johannes als wirkmächtigste Folie abendländischen politischen Handelns

Die Gesamtuntersuchung will u.a. die Frage beantworten, ob eine Wiedergeburt der Politik aus dem Geist der (kupierten) Apokalypse hier und heute sinn-voll und richtig ist.

..........................................................................................................

Christliche Apokalypse - Die Offenbarung des Johannes

Die sog. "kleinen Apokalypsen" sind auffindbar in: Markus 13, Matthäus 24, 3-44, Lukas 21, 7-36

Die Offenbarung des Johannes wurde zur Regierungszeit des Kaisers Domitian (81 bis 96 n.u.Z.) niedergeschrieben, wahrscheinlich um ca. 95-96 n.u.Z., also in der Frühzeit beginnender Juden- und Christenverfolgungen, die in der Folge immer wieder regional aufflammten. Die systematische staatliche Christenverfolgung begann erst 250 n.u.Z. unter dem Kaiser Decius.

Wer offenbart den Sinn des Geschichtsverlaufs?

[Neu] Die Offenbarung wird immer indirekter und mittelbarer. Gott gibt seine Offenbarung nämlich zuerst an Jesus Christus (dem Lamm), der sie durch seinen Engel seinem „Knecht Johannes“ kundtun lässt. Der Gottesname lautet: „Ich bin das A und O […], der ist und der war und der kommt, der Herrscher über das All.“ (Offb 1, 8) - bzw.: „Ich bin das A und O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ (Offb 22, 12)

Wer empfängt die Offenbarung?

„Ich, Johannes, Euer Bruder und Gefährte in der Bedrängnis, der mit euch teilhat an der Herrschaft und mit euch in Jesus ausharrt […].“ (Offb 1,9) Dieser Johannes ist nicht der Apostel Johannes, Sohn des Zebedäus. Er lebte wohl als charismatischer Wanderprediger, der in der römischen Provinz Asia (Westküste der Türkei) predigte. Johannes war ein Christ jüdischer Herkunft, der hebräisch-aramäisch denkt.

Welche Aufgabe wird Johannes übertragen?

Der von Gott über Christus bevollmächtigte Engel bestimmt Johannes zum Zeugen. Sein Auftrag lautete: „Was du zu sehen bekommst, das schreibe in ein Buch und schicke es den sieben Gemeinden […].“ (Offb 1, 11) Johannes wird zum Zeugen und Propheten des kommenden Reichs berufen, der seine frohe Botschaft aber verschriftlicht und vorlesen lässt. Die Gottesbotschaft wirkt nicht durch die Stimme des Propheten, sondern durch das Aufgeschriebene. Die Verkündigung geschieht als Effekt eines Aufschreibesystems.

Wo geschah die Offenbarung?

Sie geschah auf der 35 qkm kleinen Insel Patmos in der südlichen Ägäis – zu Zeiten des Kaisers Domitian war die Insel ein Verbannungsort.

Wann wird das Offenbarte geschehen?

Es wird bald geschehen. Johannes und die judenchristlichen Gemeinden leben in der Naherwartung der zweiten Ankunft Christi: „Denn die Zeit ist nahe!“ (Offb 1, 3 und 22,10). „Siehe, ich komme bald, und den Lohn bringe ich mit, um einem jedem zu geben, wie es seinem Werk entspricht.“ (Offb 22, 12) - „Ja, ich komme bald – Amen, komm Herr Jesus!“ (Off 22, 20) - [Amen bedeutet: „So ist/ sei es“ oder „So soll es geschehen“]

An wen richtet sich das Offenbarte?

Johannes schreibt für die „wahren“ Juden, die glaubten, dass Jesus der Messias sei und sich deshalb als Christen bezeichneten. Diese „Christenjuden“ waren –wie auch die Juden, die in Jesus nicht den Messias sahen- zunehmend der staatlichen Verfolgung ausgesetzt. Die Lesung der Offenbarung soll die Christinnen und Christen im Ausharren auf die Wiederkunft Christi bestärken und trösten. Denn wer die Versuchung abzufallen und zu verzweifeln überwindet, geht einer herrlichen Zukunft entgegen. Bald winkt ein ewiges Leben in Fülle und Glückseligkeit.

Auf welche Weise geschieht die Offenbarung?

Die Offenbarung geschieht als „mehrere spiralförmig sich wiederholende endgeschichtliche Visionszyklen, deren Blickwinkel jedes Mal stärker auf die letzten Ereignisse ausgerichtet ist und die immer wieder in die endgültige Aufrichtung des Gottesreiches münden“ (Zürcher Bibel, 409).

Methode: Der Text enthält 300 Verweise auf Daniel, Jesaja, Deuterojesaja, Jeremia, Ezechiel, Sacharja. Er benutzt die alten Bilder, z.B.: die 144.000 versiegelten Knechte Gottes – die 12 Stämme Israel – das Neue Jerusalem u.v.m.. Johannes schreibt in der Tradition der jüdischen Apokalypsen und zeigt so die Kontinuität zwischen Israel und dem christlichen Zweig der Juden auf. Nur wer die jüdische Prophetie und Apokalyptik kennt, wird das Feuerwerk der Bilder begreifen. Die Offenbarung wirkt somit als „Deuteschlüssel“ (Zürcher Bibel, 409). Die Botschaft lautet: Das, was im alten Äon die Propheten vorausgesagt haben, hat sich in der ersten Parusie Christi schon ereignet und wird sich in der nahen Wiederkehr des Messias Jesus vollenden.

Welche Auffassung von Zeit wird offenbart?

Das Neue Testament unterscheidet zwischen einer messianischen und einer eschatologischen Zeit.

Die messianische Zeit bezieht sich auf die Zwischenzeit zwischen der ersten und zweiten Ankunft (= Parusie) des Messias Jesus. Sie ist die Zeit des Endes; die operative Zeit, die die Zeit braucht, um zu Ende zu gehen; es ist die Zeit, die zu enden beginnt; es ist die Zeit, die uns bleibt (Agamben, 75ff.); es ist der Rest zwischen „dieser Zeit“ und der „Zeit, die kommt“ (Agamben, 76). Nunmehr gilt: „Zeit heißt Frist“ (Jacob Taubes).

Agamben beschreibt diese Zeit als ein paradoxes Spannungsverhältnis zwischen der Rettung, die am Tag der Auferstehung Christi schon geschehen ist, aber nicht ganz! – und dem Tag des Zorns, an dem die Rettung ganz geschehen wird – „also zwischen einem schon und einem noch nicht.“ (Agamben, 83) Aber in einer kurzen Zeit wird die Rettung ganz sein!

Die Auferstehung Christi wird zur rettenden Vorwegnahme der endzeitlichen Rettung. Jede Existenz in dieser Zwischenzeit kann nur ein „Leben im Aufschub“ (Scholem) sein, in der sich das Gespannte niemals wahrhaft entladen kann (zit. in: Agamben, 83) Der Apostel Paulus nennt diese Zeit, die zu ihrer Vollendung drängt, die Jetztzeit. Der Evangelist Lukas sagt: „Das Reich Gottes gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis er ganz durchsäuert war.“ (Lukas 13,20f.) Franz Kafka drückt dasselbe so aus: „[Der Messias] wird erst nach seiner Ankunft kommen, er wird nicht am letzten Tag kommen, sondern am allerletzten.“ (zit. in Agamben, 85)

Die Übergangszeit zwischen dem alten Äon (als Zeit zwischen Schöpfung und Auferstehung des Messias) und dem neuen Äon (als ewige Zeit der Glückseligkeit und Fülle) gehört beiden Äonen an. Die alte Zeit geht zwar weiter, noch! – doch ist in Christus die neue Zeit schon anwesend, aber noch nicht vollendet. Gleichwohl tendiert jeder Übergang dazu, sich ins Unendliche zu erstrecken.

Die erste Ankunft des Messias Jesu schickt eine andere Zeit, die die alte Zeit (chronos) vollständig verwandelt. Ihre Ankunft in Christo drängt die Zeit zusammen - zu ihrem Ende hin, das unbestimmt bleibt, aber kommen wird, aber wann?. Sie ist eine Zeit des „hos me“, des “als-ob-nicht“:

„Die Zeit drängt. Darum sollen künftig auch die, die eine Frau haben, sie haben, als hätten sie sie nicht, die weinen, sollen weinen, als weinten sie nicht, die sich freuen, sollen sich freuen, als freuten sie sich nicht, die etwas kaufen, sollen kaufen, als behielten sie es nicht, und die sich die Dinge dieser Welt zunutze machen, sollen sie sich zunutze machen, als nutzen sie sie nicht. Denn die Gestalt dieser Welt vergeht.“ (1. Korinther 7,29-31)

Der Sabbat wird zum Modell der messianischen Zeit, weil er die Werke der Tage gleichzeitig vollendet und unterbricht.

Daneben gibt es die eschatologische Zeit: Sie ist die Zeit ta és-chata, d.h. der letzten Dinge, die Zeit des Endes. Sie bezeichnet das Ende der Zeit, die Vollendung der zu Ende gehenden Zeit; sie bezeichnet den letzten Tag, den dies irae, den letzten Augenblick, in dem die Zeit aufhört, sich zu zeitigen.

Die Apokalypse beschreibt die zu Ende gehende messianische Zeit, wie sie sich im Ende der Zeit im neuen ewigen Paradies vollendet. Ihr „Sitz im Leben“ ist der letzte Tag.

Der Ablauf des offenbarten Heilsgeschehens

(1) Sendschreiben (Offb 2 und 3): Zuerst diktiert der Engel sieben Briefe an die sieben Engel der sieben Gemeinden (Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatira, Sardes, Philadelphia, Laodizea) – es geht um Lob und Tadel, um Abweichungen und falsche Lehren und ProphetInnen (z.B. Verurteilung der Lauheit, Offb, 3,15)

(2) Offb 4-22: Es folgen „mehrere spiralförmig sich wiederholende endgeschichtliche Visionszyklen, deren Blickwinkel jedes Mal stärker auf die letzten Ereignisse ausgerichtet ist und die immer wieder in die endgültige Aufrichtung des Gottesreiches münden“ (Zürcher Bibel, 409) - Schau des Throns im Himmel (Offb 4) - Schau des Lamms Gottes (Offb 5) - Öffnung der sechs Siegel (Offb 6) Versiegelung der 144.000 Auserwählten = 12 mal 12.000 je Stamm Israels. (Offb 7) - Öffnung des siebten Siegels (Offb 8) – sieben Posaunen – das dritte Testament (Offb 10,8) - Die Frau und der Drache (Offb 12) - göttliche Rettung der Frau (Israel) und ihres Kindes (christliche Gemeinde) – Eröffnung des Krieges gegen den Satan (Offb 12, 7ff.) - Das Auftreten der Tiere (Offb 13) - als Symbole „widergöttlicher Weltmacht“ (Zürcher Bibel, 409) - Die sieben Schalen des Zornes Gottes (Offb 16)

Kampf, Untergang und Anderer Anfang. Der Weltkampf im Himmel und auf Erden (Offb 12 bis 19)

Wer regiert die alte schlechte Welt?

Gott als Alles in Allem regiert unumschränkt Erde, Welt und Kosmos. Er regiert das Gute und das Böse, den Drachen, den falschen Propheten, das Tier und die Mächtigen der Welt. Es gibt kein zweites dämonisches Prinzip, das mit ihm im Kampf liegt.

Der Sinn der Heilsgeschichte zeigt sich in der Wiedervereinigung Gottes mit dem Menschen als seinem gottähnlichen Ebenbild. Der Sündenfall bestand darin, dass der Mensch, indem er vom „Baum der Erkenntnis“ aß, gottgleich werden wollte. Das, was im ersten Anfang dem gottähnlichen Menschen fehlte, war die Unterscheidungsfähigkeit zwischen Gut und Böse und die Überwindung der Sterblichkeit im ewigen Leben. Bevor der Mensch noch vom „Baum des Lebens“, der das ewige Leben ermöglicht hätte, essen konnte, vertrieb ihn Gott aus dem Paradiesgarten Eden. Als Paradiesvertriebener konnte er zwar zwischen Gut und Böse unterscheiden, musste aber nach einem Leben voller Mühsal und Mangel sterben. Letztendlich war die erste Schöpfung kläglich gescheitert. In der Folge wiederholt sich das Scheitern, trotz annähernder Auslöschung der gesamten Schöpfung durch die erste Sintflut. Sinn und Zweck der Bundesschlüsse und der Schickung des Messias war, den Menschen Gelegenheit zu geben und in die Entscheidungssituation zu stellen, gerecht und im Glauben an Gott und den Messias zu leben; d.h. auf die Gottgleichheit zu verzichten und sich mit der allgemeinen Priesterschaft, dem Dienst am Throne Gottes, zu begnügen. Der Lohn hierfür war reichlich, nämlich ein ewiges Leben in Glückseligkeit und Fülle.

Die Etappen des Endkampfes

Die Öffnung der sechs Siegel (Offb 6) und des siebten Siegels (Offb 8) und das Ertönen der sieben Posaunen bewirkten sich steigernde Gräuel, deren Sinn und Zweck darin bestand, die Menschen zur Umkehr und Hinwendung zu Gott und dem Lamm (= Christus) zu bewegen – jeweils ohne durchschlagenden Erfolg.

Als dann der Drache/Satan die Frau (=Israel) und das Kind (= Gemeinde Christi) angriff, begann nach deren Rettung der Krieg der Engelsheere im Himmel (Offb 12, 7ff.). Der Engel Michael kämpfte an der Spitze seines Engelheers gegen den Drachen, „der auch Teufel oder Satan heisst“ (Offb 12, 9), und der ebenfalls ein Engelheer befehligt. Der besiegte Satan wird samt seinen Engeln auf die Erde geworfen, wo er samt seinen Engeln (= Dämonen) versucht, den ganzen Erdkreis zu verführen: „Wehe aber der Erde und dem Meer, denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen; er ist voller Zorn, weil er weiß, dass ihm wenig Zeit bleibt.“ (Offb 12, 12) Es beginnt die vorletzte Drangsal des rasenden Satan, der -gestützt auf seine Verbündeten: das römische Reich und dessen Priesterschaft bzw. die falschen Propheten- die Gerechten blutig verfolgt.

Das Wüten des Drachen endet im Harmagedon – dem vorletzten endzeitlichen Endkampf auf Erden (Offb 16,16 und 19, 19) – Christus, der „Treu und Wahrhaftig“ heisst, siegt (Offb 19,11 und 19): „Gefallen ist Babylon die Grosse!“ (Offb 18, 2 ) Die gottlosen Menschen, die das Zeichen des Tiers trugen, werden vernichtet und müssen ewige Pein ertragen. Der Sieg Christi wird im Himmel bejubelt. Die Kaufleute aber, die sich am Handel bereichern, weinen und klagen (vgl. Offb 18, 15 ff.).

Danach beginnt das 1000jährige Gottesreich auf Erden (Offb 20). Der Satan wird gefesselt und für 1000 Jahre in den verschlossenen und versiegelten Abgrund geworfen. Während dieser Gottesherrschaft geschieht die erste Auferstehung der Märtyrer zum ewigen Leben. Sie werden als PriesterInnen mit Christus herrschen 1000 Jahre lang. Dann wird der Satan gemäß Heilsplan freigelassen. Er wird auf Erden Zulauf suchen und finden und sich mit den abgefallenen Völkern Gog und Magog gegen das „Lager der Heiligen“ (Offb 20, 9) verbündet. Dieser Endkampf, diese letzte Schlacht, endet im Endsieg des Lagers der Heiligen und bedeutet ewige Pein für den Teufel, das Tier und den falschen Propheten.

Der erste Himmel und die erste Erde endet im Weltgericht (Offb 20, 11)

Das Gericht beginnt mit der allgemeinen leiblichen Auferstehung aller Toten, die je auf Erden gelebt haben. Der Tod und die Unterwelt geben ihre Toten heraus. Jeder auferstandene Mensch wird nach seinen Taten gerichtet, die in den Büchern, insbesondere im „Buch des Lebens“ aufgeschrieben sind. Schon wieder entscheidet ein Aufschreibesystem. Das Gericht entscheidet nach Aktenlage, wem der zweite Tod und wem das zweite Leben gebührt.

Der zweite Tod: Der Tod höchstselbst und die Unterwelt und alle Auferstandenen, die nicht im Buch des Lebens verzeichnet waren, werden in den Feuersee geworfen. Das sind die Feigen, Ungläubigen, Gewalttätigen, Zauberer, Unzüchtigen, Mörder, Götzendiener, Lügner und die der Lüge dienen und die Hunde. (Offb, 21, 8 und 22,14)

Das zweite Leben als ewiges Leben: Die Gerechten gehen in das Reich der ewigen Fülle und Glückseligkeit ein.

Die neue Schöpfung erschafft einen neuen Himmel und eine neue Erde (aber ohne das Meer!) Das Neue Jerusalem kommt vom Himmel herab. Im neuen Jerusalem werden Himmel und Erde auf ewig unzertrennlich vereint sein:

„Siehe, die Wohnung Gottes bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird mit ihnen sein, ihr Gott. Und abwischen wird er jede Träne von ihren Augen, du der Tod wird nicht mehr sein, und kein Leid, kein Geschrei und keine Mühsal wird mehr sein; denn was zuerst war, ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu!“ (Offb 21, 3-5) „Ich werde dem Dürstenden von der Quelle des Lebenswassers zu trinken geben, umsonst. Wer den Sieg erringt, wird dies alles erben, und ich werde ihm Gott sein, und er wird mir Sohn sein.“ (Offb 21, 6f.)

Die Kennzeichen des ewigen Lebens sind: Keine Krankheit, kein Altern, kein Tod, keine Mühsal, kein Mangel, keine Gewalt, keine Lüge, kein Geben und Nehmen, ewiges Beieinandersein mit Gott.

Oder positiv ausgedrückt: Ewige Gesundheit, ewige Jugend, ewiges Leben, ewige Muße, ewige Fülle, ewiger Frieden, ewige Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit, ewige Treue und Wahrhaftigkeit, Aufhebung des Gabentauschs, ewiges Beisammensein mit Gott und dem Lamm.

Das neue Jerusalem (Offb 21 und 22) kommt vom Himmel auf die neue Erde herab, „von Gott her“ (Offb 21, 10). Es ist umgeben von einer Mauer mit 12 Toren, genannt nach den 12 Stämmen Israels. 12 Engel stehen auf den Toren; die 12 Grundsteine tragen die Namen der 12 Apostel. Das neue Jerusalem kommt als Viereck, das jeweils 12.000 Stadien lang, breit und hoch ist (1 Stadie = 185 Meter); d.h. die Länge, Breite und Höhe betragen jeweils 2.220 km (Offb 21, 16). Die Höhe der Mauer misst 144 Ellen (mal 0,45 m) = 64,80 Meter. Das Neue Jerusalem ist somit riesenhaft und gigantisch. Die enorme Höhe von 2.200 Kilometern soll wohl auf die neue Einheit zwischen Himmel und Erde verweisen.

Die Mauern sind aus Jaspis; die Stadt aus reinem Gold wie von Glas. Die Grundsteine sind aus Edelsteinen; die Tore aus Perlen; die Strassen aus Gold. Kein Tempel! Er ist überflüssig, weil Gott und das Lamm bei den Menschen wohnt.

Die Stadt wird vom Lichtglanz erleuchtet, der aus der Herrlichkeit Gottes kommt. Das Lamm ist die Leuchte. Deshalb sind keine Lampen notwendig und keine Sonne und kein Mond. Es ist immer Tag und niemals mehr Nacht. Die Völker der Erde und die Könige der Erde leben in Pracht und Fülle – ohne Gemeinheit, Abscheulichkeit und Lüge. Der Fluss des Lebens fließt kristallklar parallel zur goldenen Strasse; er entspringt am Thron Gottes und des Lammes. In der Mitte zwischen Fluss und Strasse bringen Bäume des Lebens zwölf mal Frucht pro Jahr, „und die Blätter der Bäume dienen der Heilung der Völker.“ (Offb 22,2). Die Knechte Gottes schauen Gottes Angesicht, dienen ihm und herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Summa:

Neu ist die Bildgewalt, in der die Abfolge der letzten Ereignisse beschreiben wird, und neu ist die genaue Darstellung des ewigen Lebens in Glückseligkeit und Fülle in einem Neuen Jerusalem, das ganz gewiss kommen wird.

Der einzelne Mensch kann den Gang der Dinge zwar nicht beeinflussen. Umso mehr liegt es seiner Hand, ob er das ewige zweite Leben oder den ewigen zweiten Tod erlangt. Gerichtet wird er nämlich ausschließlich nach seinen Werken in der Welt und auf der Erde.

Auffällig ist die übermäßige Betonung des extrem asymmetrischen Tauschakts. Die Offenbarung versichert: Der Mensch, der seine Besitztümer an die Armen verteilt, um dem Messias nachzufolgen, geht kein Risiko ein. Wer sein Leben auf die Nachfolge Christi (imitatio Christi) ausrichtet, dem wird sein Opfer an Besitztümern und die Aufopferung sicherer Bindungen tausendfach vergolten werden.

Die Gegengabe liegt zwar in der Zukunft. Aber die Zukunft ist nah, und die übergroße Belohnung wird sicher kommen.

Das Leben im Neuen Jerusalem geschieht in kaum übersteigerbarer Fülle und Glückseligkeit. Aber der Reichtum an Gold und Edelsteinen ist nicht Effekt der Bereicherung der Kaufleute durch Handel, sondern der Belohnung Gottes für die opferreiche Nachfolge Christi.

Auffällig ist auch, wie erfolgreich der Drache, der Satan, der Teufel, das Tier, der falsche Prophet die Menschen verführen. Selbst das 1000jährige Gottesreich kann nicht verhindern, dass sich die große Mehrheit mit dem losgelassenen Satan verbündet. Letztendlich steht immer nur ein Rest treu zu Gott und dem Lamm.

Mit der Offenbarung des Johannes, den Briefen des Apostel Paulus, den Evangelien und den Rückbezügen auf das Exodus-Paradigma, auf die Prophezeiungen der alten Propheten und auf das Buch Daniel steht nun ein weiter Horizont von Legitimationen bereit, auf den sich künftige sozialrevolutionäre Bewegungen beziehen können.

Darüber mehr in 14 Tagen, am Mittwoch, den 25.April 2012, 18:00 bis 20:15 Uhr im Raum 293 des Seminargebäudes der Humboldt-Universität zu Berlin, Invalidenstrasse 110 (gegenüber dem Südausgang des U6-Bahnhofs Naturkundemuseum).

Kontakt und Aufnahme in die eMail-Liste des Autonomen Seminars über: autonomes.seminar@t-online.de

.................................................. Finis .................................................................

ciao, Wolfgang Ratzel

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Wolfgang Ratzel

Aus einem drängenden Endbewusstsein entsteht der übermäßige Gedanke an einen anderen Anfang.

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden