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Kultur : Walter Ulbricht ­widerlegt

Die Demokratie gewinnt ein Heimspiel: Bernd Hilder, Chefredakteur der "Leipziger Volkszeitung", ist bei der Wahl zum neuen MDR-Intendanten mit 12:29 durchgefallen

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"Die Väter des Grundgesetzes waren da eindeutig: Weder Medien machen Bundespräsidenten. Noch werden sie in Meinungsumfragen oder durch öffentliches Schaulaufen bestimmt. Bundespräsidenten werden von der Bundesversammlung gewählt und die besten Chancen haben Kandidaten, die von Parteien nominiert werden, die dort die Mehrheit haben.“

So kommentierte Bernd Hilder als Chef­redakteur der Leipziger Volkszeitung im Juni letzten Jahres die Lage im Land. Hilders Rekurs auf die Regeln der Horst-Köhler-Nachfolge ist interessant, weil er sich in allem, was man seinerzeit gegen Gauck vorbringen konnte, für eine politische Fantasie blind zeigte, die mehr im Blick hat als das richtige Parteibuch. Der „Bürgerpräsident Gauck“ hatte sichtbar gemacht, dass Christian Wulff der „beste“ Kandidat nicht aus Sicht des Amtes, sondern aus Sicht von Angela Merkels Regierungsgeschäften war. Dieses Geschacher zu verteidigen, bedurfte einer ausgeprägten Linientreue.

Eben diese Linientreue war es, die Hilder nach allem, was man weiß, für die Nachfolge des Ende Oktober scheidenden MDR-Intendanten Udo Reiter prädestinieren sollte. Reiter und der in Medienfragen umtriebige Chef der CDU-geführten Dresdner Staatskanzlei, Johannes Beermann, hatten sich im Frühjahr auf Hilder festgelegt. „Für den Fall einer öffentlichen Ausschreibung der Stelle wäre Hilder mit seinen 13 Jahren Hörfunkerfahrung davon zumeist als Korrespondent in den USA und Mexiko kaum erste Wahl gewesen“, heißt es in der Thüringer Allgemeine.

Zwei-Drittel-Ablehnung

Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben jene Kandidaten die besten Chancen, die von den Parteien nominiert werden, die in den Gremien über Einfluss und Mehrheiten verfügen. Am Montag aber hat der MDR-Rundfunkrat mit 12:29 Stimmen gegen Hilder entschieden. Der siebenköpfige MDR-­Verwaltungsrat hatte vor einem Monat noch vier Mal wählen müssen, ehe die fünf CDU- oder zumindest CDU-nahen Vertreter taten, was von ihnen erwartet wurde und den „Strohmann“ (taz) zum Kandidaten auserkoren. Trotz der Zweifel an dessen Eignung.

Die Zwei-Drittel-Ablehnung Hilders nun ist bemerkenswert, wenn nicht sensationell – ein Wort, das einem deshalb so schwer über die Lippen kommt, weil das Votum gegen Hilder die Einhaltung der Regeln bedeutet. Anders gesagt: Es spricht nicht für den Zustand der Demokratie in diesem Land, dass man erst bangen muss und dann in Jubel ausbrechen soll, wenn sie ein Heimspiel gewinnt. Der MDR-Rundfunkrat hat sich, zumindest dieses Mal, einer Praxis verweigert, die durch ein Bonmot Walter Ulbrichts treffend beschrieben ist: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“ Das hat in gewisser Weise für Wulffs Wahl funktioniert und noch mehr für die von Roland Koch (CDU) betriebene Nicht-Verlängerung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender 2009 gegolten.

Ob das Beispiel des MDR-Rundfunkrats Schule macht, wird sich zeigen. Der Einfluss Johannes Beermanns auf die Suche nach einem neuen Kandidaten dürfte zumindest geringer sein als bei Hilders Kandidatur. Und Hilder selbst? Wird er Chefredakteur der LVZ bleiben? Oder ereilt ihn das Schicksal, das er in seinem Kommentar vergangenen Jahr für Ursula von der Leyen vorgesehen hatte.

Fußnote des Geschichtsbuchs

„Und eine Binsenweisheit ist auch, dass absichtsvoll früh in die Öffentlichkeit lancierte Favoriten überdurchschnittlich oft stolpern. Passiert ist das diesmal ­Ursula von der Leyen, die als die Vier-Tage-Präsidentin als Fußnote in die bundesrepublikanischen Geschichts­bücher eingehen wird. Am Ende steht sie beschädigt da, ohne etwas dazu zu können.“

P.S. Der Freitag hat Johannes Beermann um eine Stellungnahme zu der Nicht-Wahl Hilders gebeten. Neben einem Kommentar zu dem Vorgang wurde dabei auch gefragt, ob die Beschreibung, Hilder sei der Kandidat Beermanns gewesen, stimme. Die Antwort aus der Dresdner Staatskanzlei:

"1. Wir sind staatsfern. Daran gibt es keinen Zweifel. Da unterscheiden sich auch Theorie und Praxis nicht.

2. Dr. Beermann ist weder Mitglied des Verwaltungsrates noch des Rundfunkrates des MDR. Er hatte keinen eignen Kandidaten.

3. Bernd Hilder als Intendant des MDR zu nominieren war die Idee von Prof. Dr. Udo Reiter, dem langjährigen Intendanten des MDR. Bernd Hilder ist vom Verwaltungsrat des MDR nominiert worden und von sonst niemandem."

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