Wenige Tage nach dem Staatsstreich von Militär und konservativen Politikern gegen den 2005 gewählten Präsidenten Manuel Zelaya versucht die Putschregierung von Tegucigalpa, ihre Macht zu festigen. Ein mögliches Zusammentreffen José Miguel Insulzas, Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), mit dem »Interimspräsidenten« Roberto Micheletti wird ein Indiz dafür sein, inwieweit ihr das gelingt. Auch wenn das Regime nach breiter internationaler Verurteilung des Putsches durch sämtliche Staaten Lateinamerikas, durch die USA und die EU völlig isoliert ist, wollen sich die Obristen nach außen hin nicht beirren lassen. Er fahre »nicht zum Verhandeln« nach Honduras, hat OAS-Chef Insulza vor seiner Abreise
ise nach Tegucigalpa angekündigt. Einzig das 72-Stunden-Ultimatum der OAS-Staaten zur Wiedereinsetzung von Zelaya – bei dessen Nichteinhaltung ein Ausschluss aus dem Verbund droht – werde er überbringen.Die DemokratieverteidigerNichtsdestotrotz befürchten Beobachter einen Kuhhandel mit den Putschisten, die ihrem Ziel nach einem regime change damit näher kommen würden. Demnach sollen die Hauptfiguren des ersten Coup d'état in Mittelamerika seit 16 Jahren straffrei davonkommen, im Gegenzug soll der zuletzt eher links orientierte Zelaya auf eine zweite Amtszeit verzichten. Die hatte er laut eigenen Bekundungen auch nicht angestrebt. Dennoch werfen ihm seine Gegner vor, er habe die aktuelle Magna Carta, die nur eine Amtsperiode erlaubt, allein zum eigenen Machterhalt reformieren wollen. Die Suggestion vom unzurechnungsfähigen (einige der jetzigen Putschisten hatten Wochen vor ihrem Schlag gegen Zelaya ein psychologisches Gutachten gefordert), linkspopulistischen Autokraten passt in die Rechtfertigungsstrategie der Umstürzler, die ein Referendum über eine neue Verfassung ebenso abwenden wollten wie eine Annäherung von Honduras an die Staaten des bolivarischen Wirtschaftsbündnisses ALBA (Alternativa Bolivariana para los pueblos de Nuestra América). Trotz alledem mimt Interimspräsident Micheletti unverfroren weiter den Demokraten. Die für Ende Januar 2010 geplanten Wahlen könnten »im Rahmen des Gesetzes« auf November vorgezogen werden, er sei »total einverstanden, die Krise auf diesem Weg beizulegen«, so der 60jährige Ex-Parlamentspräsident. Das Regime wirft sich ohne Skrupel das Deckmäntelchen der Demokratieverteidiger um, denen es zu danken sei, dass die Absetzung Zelayas vor einer »Erosion der verfassungsgemäßen Ordnung« gerettet habe. Diese Version findet auch in Deutschland Anhänger. »Die internationale Gemeinschaft, die sich mit Recht hinter Präsident Zelaya gestellt hat, wird merken, dass Honduras unter seiner Führung den Weg einer Aushöhlung des Rechtsstaates und Schwächung der demokratischen Institutionen gegangen wäre«, verteidigt Tjak Marten Egenhoff, Leiter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Guatemala den forcierten Führungswechsel.Bürgerrechte beschnittenHatte Zelaya zunächst seine Rückkehr nach Tegucigalpa angekündigt, so ist er angesichts eines Haftbefehls wegen »Vaterlandsverrat« und »Amtsmissbrauch« sowie dem aggressiven Verhalten der Militärs inzwischen vorsichtig geworden. Teilt er das Schicksal von Haitis Ex-Präsident Jean-Bertrand Aristide, der 1991 auf ähnliche Weise sein Amt verlor und erst nach längerer Zeit zurückkehren konnte? Wie wenig Rückhalt die Absetzung des Staatschefs in der Bevölkerung hat, zeigt die Wahl der Mittel, deren sich die Obristen bedienen, um Widerstand einzudämmen. Kritische Radio- und TV-Sender wurden geschlossen, Internetseiten mehrerer Zeitungen gesperrt, Journalisten und Gewerkschafter verhaftet. Es herrscht Ausgangssperre, Bürgerrechte wie das Versammlungsrecht und die Bewegungsfreiheit sind nach einem Parlamentsbeschluss stark eingeschränkt. »Jeder hondureño kann jetzt – egal, wo er sich befindet – ohne Angabe von Gründen verfolgt, in seinem Haus verhaftet und mitgenommen werden«, alarmiert die Abgeordnete Silvia Ayala von der Partei der Demokratischen Vereinigung(PUD), deren Fraktion als einzige gegen die Repressalie gestimmt hatte.Zeitgleich wird die Propagandatrommel heftig gerührt. Während Pro-Zelaya-Proteste die volle Härte von Polizei und Militär zu spüren bekommen und von mehreren Toten und Verschwundenen berichtet wird, inszeniert die Putschregierung eilig teure Massenkundgebungen. »Nein zum Chavismus. Manuel raus. Wir wollen Frieden« und »Lieber sechs Monate Druck als 20 Jahre Unterdrückung« prangt es von professionell vorgefertigten Demonstrationsplakaten. Nicht nur Venezuelas Staatschef Hugo Chávez, der die Erdöllieferungen an Honduras vorübergehend einstellen ließ, ist sich sicher: „Die Lage soll eingefroren werden bis November, dann will man sich mit Wahlen saubere Hände verschaffen.“