Eine andere Linke oder gar nichts

Das Neue nicht im alten Kostüm ersticken Der Abschied von der PDS als Ostpartei

Ob PDS und WASG zusammengehen, ist noch nicht völlig gewiss. Parteitage und Mitglieder haben zu Recht das letzte Wort. Das Vorhaben kann auch scheitern - aber gleich, ob es scheitert oder nicht: Die strategische Lage ist eine andere, als vor dem Angebot Oskar Lafontaines, für ein Linksbündnis aus PDS und WASG anzutreten, das wiederum so nur nach der Wahlniederlage der SPD in NRW und Schröders Neuwahl-Option denkbar war.

Im Grunde ist die Strategie Schröders gescheitert, und das stellt die Linke vor die Frage, wozu sie da ist. Dies betrifft die Linke innerhalb von SPD und Grünen - dies betrifft aber auch - und darum geht es hier - die Linke jenseits dieser Parteien. Diese Linke war bisher einflusslos - die PDS hatte eine Sonderrolle Ost inne, die jedoch zunehmend verblasste. Die Notwendigkeit, diese gesamtdeutsch - sprich: im Bundestag - vertreten zu sehen, war bereits 2002 für viele Wähler zweitrangig. Die WASG - im Kern eine SPD-Abspaltung - war derweilen im Aufbau, ihre Planung zielte auf den Zeithorizont 2006. Sonstige linke Kräfte verblieben noch weiter am Rande.

Was jetzt ansteht, ist eine Entscheidung über die künftige Möglichkeit linker Politik. Scheitern die Vereinbarungen, dann ist - gleich, wem die Schuld zufällt oder zugeschrieben wird - klar, dass es keine nennenswerte linke Kraft in der Republik außerhalb - ausgerechnet - der SPD gibt.

Die PDS wäre danach allein ostdeutsche Partei und wird eine solche Existenz weiter führen, bis sie ausstirbt. Selbst wenn sie noch über drei Direktmandate in den Bundestag käme: Sie ist im Westen seit Jahren gescheitert. Zwar ist sie noch stark in den ostdeutschen Landtagen und zwei Regierungen vertreten. Scheitert sie aber bei der Wahl, wird sie noch mehr als bisher zum DDR-Relikt. Ihre Mitgliedschaft schmilzt wie Butter an der Sonne, sie wird keine neuen "Eliten" entwickeln, junge Leute wenig anziehen. Und sie wird auch nicht unter den Arbeitslosen und Minijobbern ihre Klientel finden, weil diese wissen, dass es nicht genügt, das Gute tun zu wollen. Und was ihr Tun betrifft, hat sie auch hier in den vergangenen Jahren nicht überzeugt - und warum sollte dies plötzlich anders werden? Es ist wohl doch gleich, von welcher Regierung man zum Beispiel aus dem öffentlichen Dienst gefeuert wird. Ihre Parteireform - der letzte Versuch einer Umkehrung dieser Entwicklung - ist stecken geblieben. Manchmal kann man eben nicht mehr reformieren...

Die WASG indes wäre dann wohl auch gescheitert. Der weitere Kampf um linke Positionen wird dann in der SPD geführt - sie wird sich ohnehin wieder nach links bewegen, aber eben auf gut sozialdemokratisch. Und die Frage steht: Wie weit? Und wie lange?

Was jetzt als mögliches "Linksbündnis" bezeichnet wird, bedeutet natürlich auch das Ende der PDS. Der Streit um das Kürzel zeigt dies unfreiwillig an. Hier sieht man die Verunsicherung und deshalb das Festhalten an einer Tradition - durchaus einer von respektabler Arbeit - aber eben auch der Tradition von Posten und Regierungsträumen. Als ob man nicht wissen wolle, dass das Neue wenn es im alten Kostüm erscheint, darunter ersticken kann.

Ich erinnere, wie lange der Doppelname SED-PDS hielt. Keine drei Monate. Diese aber kosteten der PDS des Weiteren unendlich viel. Aber dahinter steht auch, dass man seitens vieler PDS-Funktionäre immer noch in der Westausdehnungsschablone denkt. Bloß: das Gescheiterte ist nicht in Wiederholung zu bewerkstelligen. Was schon auf dem Weg von der SED zur PDS nur halbherzig und letztlich unzureichend getan wurde, würde wieder übertüncht, fortgewischt: die Kritik der eigenen Politik und der eigenen Auffassung. Noch glauben PDS-Vertreter: was links ist, bestimmen wir, wie in den letzten Tagen, nicht nur von dem sachsen-anhaltinischen Fraktionsvorsitzenden Wulf Gallert, nachlesbar zu vernehmen war. Als ob alle Weisheiten der Linken bereits endgültig gepachtet seien. Was für ein Hochmut ...

Es ist doch wohl so, dass weder PDS noch WASG für sich die entscheidende Kraft darstellen. Es ist müßig, ständig die Mitgliederzahlen zu vergleichen. Und es sind auch nicht Lafontaine oder Gysi für sich genommen. Sie aber könnten es für den Anfang zusammen sein. Und das ist es auch, was die Lage so verändert hat: die Möglichkeit - tatsächlich, die historische Möglichkeit.

Diese kommt, wie jede wirkliche neue Möglichkeit, aus der Krise. Aber sie kann auch bloß Teil dieser bleiben. In wenigen Tagen werden wir dies wissen.

Bernd Rump ist Germanist und Mitglied des Landesvorstandes der PDS in Sachsen


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