Da werden bei einem ehemals zentralen Thema der großen Koalition nur noch verschämt kleine Brötchen gebacken. "Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand" - vor Monaten als Thema der Kategorie 1 vom obersten Wirtschaftsfachmann der Republik, Bundespräsident Horst Köhler, höchst selbst der Koalition nahegelegt und dort seither mit etlichen Konzepten bedacht (s. Kasten) - kam jüngst in der Abschlusserklärung der Meseberger Kabinettsklausur kaum vor. Es hieß lediglich, man "begrüße" als Bundesgierung "die bisherigen Überlegungen der beiden Parteien" und rege an, ein all dies umfassendes "Konzept zur Umsetzung" noch vor der nächsten Bundestagswahl vorzulegen. Vager geht´s nimmer.
Hätte das Kabinett Zeit gefunden, die Anfang August vorgelegte Untersuchung zur Kenntnis zu nehmen, wäre vermutlich sogar diese dehnbare Formulierung entfallen. Drei Wochen vor Meseberg hatte das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) eine umfangreiche Analyse zur bisherigen Praxis und Verbreitung der Mitarbeiterbeteiligung präsentiert. Und das mit einem klaren Fazit: Das Modell mag in einigen Variationen für Unternehmen lukrativ sein - als massentauglich erweist es sich nicht. Nur knapp ein Zehntel der Firmen in Deutschland bietet den Mitarbeitern momentan Systeme der Gewinnbeteiligung an, Kapitalbeteiligungssysteme sind nur in jedem 50. Betrieb zu finden. Bezieht man sich statt der Unternehmen auf die Beschäftigten, wollen lediglich zwölf Prozent in irgendeiner Form am Gewinn ihres Unternehmens teilhaben und nur drei Prozent als Kapitalgeber fungieren - am häufigsten noch in der Kredit- und Versicherungswirtschaft, mit Abstrichen in den Branchen Bergbau, Energie und Wasserversorgung. Der Exotenstatus dieser Art von Vermögensbildung blieb während der vergangenen Jahre unberührt. Die vom IAB für 2005 dargebotenen Zahlen deuten im Vergleich zu 2001 nur auf minimale Veränderungen. Wo es Zuwächse gab, gingen sie allein auf das Konto ostdeutscher Firmen, während das Modell im Westen an Anziehungskraft klar eingebüßt hat.
Zudem macht die Mitarbeiterbeteiligung einen weiten Bogen um die Gruppe der Niedrigentlohnten und Geringqualifizierten. Eine Konsequenz der Abkehr vom so genannten Normalarbeitsverhältnis (tariflich entlohnt/sozial versichert), die durch die Regierungspolitik sowohl unter Rot-Grün wie unter Schwarz-Rot forciert worden ist. Für eine wachsende Zahl von Beschäftigten bietet der finanzielle und rechtliche Status im Betrieb keinerlei Möglichkeiten mehr, an Gewinn oder Kapital partizipieren zu können. Wer verbilligte Arbeit und entkernte soziale Rechte als Erfolg für den Standort Deutschland feiert, kann nicht gleichzeitig eine flächendeckende Umsetzung solcher Modelle erhoffen.
Dabei ist die Debatte um Mitarbeiterbeteiligungen fast so alt wie die alte Bundesrepublik. Seit den fünfziger Jahren wird das Thema auf regelmäßig anbrandenden Wellen in die Öffentlichkeit getragen. Die Chance, dass es - wie in Meseberg verkündet - bis 2009, wenn die Legislaturperiode endet, auch nur in Ansätzen ein praxistaugliches Gesamtkonzept gibt, tendiert gegen Null. Der spätestens 2008 herauf dämmernde Wahlkampf wird auch Kompromisse zwischen den Regierungsparteien zu verhindern wissen.
Die Modelle von SPD und CDU/CSU
Deutschlandfonds
Die SPD schlägt eine indirekte Lösung (Kapitalsammelstelle für Mitarbeiter) über einen Deutschlandfonds vor. Die Mitarbeiter erwerben Fondsanteile, und der Fonds stellt die Einlagen den zu beteiligenden Unternehmen zur Verfügung. Die Union will dagegen "individuelle betriebliche Kapitalpartnerschaften" der Mitarbeiter und Wahlfreiheit für Betriebe hinsichtlich der Beteiligungsform.
Insolvenzsicherung
Da sich der Deutschlandfonds aus Beteiligungen an vielen Unternehmen zusammensetzt, kommt es hier zu einer Risikostreuung und einer Minimierung des Verlustrisikos. Darüber hinaus schlägt die SPD einen weiteren Absicherungsmechanismus in Form einer Bundesgarantie vor. CDU/CSU dagegen setzen auf eine Absicherung in den Betrieben beziehungsweise durch private Versicherungen.
Mitnahmemöglichkeit
Da die Beschäftigten beim Deutschlandfonds nur indirekt an ihrem Unternehmen beteiligt sind, stellt sich bei einem Betriebswechsel die Frage nach der Mitnahmemöglichkeit nur bedingt. Im Falle des Falls blieben die Arbeitnehmer erst einmal am Fonds beteiligt. Allerdings soll die Möglichkeit bestehen, die Fondsanteile nach einer Haltefrist zu verkaufen. Das Unionsmodell sieht vor, dass eine Beteiligung auch bei einem Arbeitsplatzwechsel bestehen bleiben kann.
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