Jetzt ist der Fall des Sebastian Edathy endlich wieder da gelandet, wo er hingehört: In der Politik. Der gefallene Jungstar der SPD, der unter dem Verdacht stand, so genannte Kinderpornografie, also Abbildungen von sexueller Gewalt an Jungen konsumiert zu haben, sollte raus aus der SPD. So wollte es Parteichef Sigmar Gabriel. Das Schiedsgericht der Partei lehnte es nun aber ab, Edathy ganz rauszuwerfen. Stattdessen soll er seine Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten nur für drei Jahre ruhen lassen. Schon das war eine herbe Schlappe für den SPD-Vorsitzenden. Aber Edathy, ein exzellent informierter und einflussreicher Ex-Innenpolitiker, akzeptiert das Urteil nicht etwa, sondern er wehrt sich. Er will Sozialdemokrat bleiben.
Jeder, der Sebastian Edathy ein bisschen kennt, der weiß: Dieser Mann ist superintelligent und supersupertrotzig. Er hat in der Vergangenheit an seiner Schule gelernt, dass er als Zuwandererkind unter den Deutschen nur durch eines reüssieren kann: Durch absolute Chuzpe und durch – Politik. Der Junge Edathy wurde als Teenager an seiner Schule gequält, dass Mitschüler beim Zuschauen vor Verzweiflung in Tränen ausbrachen. Und genau dieser Junge stellte sich dann zur Wahl als Schülersprecher – mit sehr witzigen und verrückten Methoden. Einmal trat er in einem langen schwarzen Mantel vor die Schülerschaft und sagte dreimal "Ohm". Dann drehte er sich um und spielte auf seiner Trompete. Mit dem Rücken zum Publikum. Wie Miles Davis.
Und siehe da: Sebastian Edathy wurde mit großer Mehrheit gewählt – selbst von seinen Peinigern.
Was hat das mit Sigmar Gabriel zu tun? Gabriel dachte, er könnte wegen der allgemeinen Empörung gegen Edathy, weil der sich - wie er selbst eingestand - nackte Jungs auf Filmen anguckte, wie selbstverständlich dessen Rauswurf administrieren. Edathy habe sich unsozialdemokratisch verhalten. Er sei ein Täter, sagte Gabriel, denn wer Bilder nackter Jungen aus dem Netz herunterlade, mache sich "mitschuldig daran, dass die Vergewaltigung von Kindern zum Geschäftsmodell wird". Den Zusammenhang sprach Gabriel damit ganz richtig aus – und auch erfreulich direkt. Aber juristisch bringt das nichts, nicht gegen Sebastian Edathy.
Der hat zwar Fehler eingestanden und vor 150 Journalisten in der Bundespressekonferenz dafür ebenfalls eine Art Entschuldigung vorgetragen. Nur legt Edathy auch größten Wert darauf, dass er eben vor Gericht nicht eingestanden hat, Missbrauchsabbildungen bezogen oder konsumiert zu haben. Die Geschichte aus der Pressekonferenz ist deswegen wichtig, weil man dort beobachten konnte, wie Edathy unter maximalem Druck funktioniert – perfekt, tadellos, beängstigend. Damals hassten ihn viele der Journalisten nur deswegen, weil er sich nicht demütig zeigte, weil er ganz ruhig sprach und seine Bürgerrechte einklagte.
Und nun begibt sich also Sigmar Gabriel in die Rolle des Erzengels, der – angeblich – die Jungen und das Volksempfinden rächen will – und glaubt, Sebastian Edathy unter Druck setzen zu können. Das ist, mit Verlaub, Edathys Paraderolle. Er muss sich wieder daran erinnern, dass ihn damals, an seiner Schule in Stolzenau, mehrere Jungen zwischen zwei Schulbänke gestellt haben – und ihn dann mit vereinten Kräften zusammenquetscht hätten. Maximaler Druck, abscheulich. Und der Ausweg, den der kluge, kalte Ausnahmeschüler suchte, es war ein politischer: Schülersprecher werden. Er schaffte es.
So macht es Sebastian Edathy gerade wieder. Er hat nichts mehr zu verlieren. Aus dem eloquenten Fast-Minister-Kandidaten, der sich erlauben konnte, Journalisten für ihre offenkundige Beschränktheit zu demütigen, ist ein moderner Aussätziger geworden. Aber Demut ist seine Sache nicht. Bevor das Bundesschiedsgericht der SPD zusammentrat, bot er via Facebook Geld-Wetten an, dass er nicht aus der Partei fliegen werde. Öffentlich, also politisch. Sofort tanzten die Medien wieder nach seiner Pfeife und berichteten, wie frech dieser Kerl doch sei. Nun ist Edathy drauf und dran, vor dem Schiedsgericht den halben in einen ganzen Sieg zu verwandeln. Er will Berufung gegen das Urteil einer ruhenden Mitgliedschaft einlegen.
Egal, wie das Verfahren ausgeht, eines ist sicher: Sigmar Gabriel wird ihn nicht so leicht los. Edathy wird ihn und die anderen Partei-“Freunde“ weiter peinigen, die ihn während der Koalitionsverhandlungen erst still hielten – und dann wie ein heiße Kartoffel fallen ließen. Das wird er nicht vergessen. Und womöglich hat Sebastian Edathy ja auch noch die eine oder andere hübsch unsozialdemokratische Anekdote seiner Genossen auf Lager, die sich bei guter Gelegenheit interessant erzählen lässt. Genug Zuschauer dafür hat er bei Facebook jedenfalls – die ihm dafür viele Likes geben werden.
Kommentare 10
mmer deutlicher zeichnet sich ab, daß der frühere Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy im Herbst 2013 innerhalb der SPD isoliert wurde, um ihn aus der Politik und der Öffentlichkeit zu drängen. Fraglich ist, ob das, wie dargestellt, wirklich mit den Ermittlungen wegen dessen Bestellung von Nacktaufnahmen Jugendlicher und junger Männer zu tun hat – oder vielleicht mit seiner kritischen Rolle im NSU-Untersuchungsausschuss, wo die Sicherheitsorgane unangenehm beleuchtet wurden. Waren die Ermittlungen gegen Edathy, die im Oktober 2013 begannen, nur das Mittel, ihn zur Aufgabe zu bewegen? Und war, ihn über diese Ermittlungen zu informieren, Teil des Plans? Zumal die Ermittlungen selber mutwillig erscheinen. Denn die Bilder und Filme, die Edathy bestellt hatte, waren nicht strafbar. Das BKA wußte das seit 2012. Es leitete damals keine Ermittlungen ein. Warum also im Oktober 2013?
Edathy-Untersuchungsausschuss: Eva Högl und ihr merkwürdiges Verhältnis zur Wahrheit
"oder vielleicht mit seiner kritischen Rolle im NSU-Untersuchungsausschuss" (!!!!)
Und das sehe ich Ähnlich! Auch wenn ich jetzt ausgelacht werde, ... ist mir egal! Der eine hatte einen versteckten Diabetes, die Andere starb an Lungenembolie und einer vebrennt sich wegen Liebeskummer im Auto!? Das ist mir zu viel ZUFALL!
"Edathy muss raus" WAS ist eigendlich mit Herrn Sarrazin, den entwickeler des Hartz-IV-Speiseplan`s - liebe SPD - ruht da auch die Mitgliedschaft 3 Jahre? Doppelmoral!
Es scheint nicht einfach zu sein, unliebsame Parteimitglieder los zu werden denn hätte es mit diesem hier ja noch eher klappen müssen, denn der ist für die Partei ein viel relevanteres Problem als Sebastian Edathy.
Allerdings stört es mich auch nicht, dass Edathy Mitglied einer Partei ist.
Ich wäre doch sehr naiv wenn ich annähme, unter den Hunderttausenden Mitgliedern demokratischer Parteien dürfe es keine Menschen geben, mit deren Haltung, Moral, Meinung usw. ich absolut nichts zu tun haben wollte.
Das Image einer Partei, und nur darum deht es dem Erzengel in diesem Fall, ist nämlich nicht mein Problem.
Am 03.02.2013 forderte Sebastian Edathy Kanzlerin Merkel öffentlich zum Eingreifen wegen des sehr wichtigen Zeugen V-Mann Corelli auf.
mehr hier:
https://hajofunke.wordpress.com/2013/02/03/tagesschau-edathy-fordert-kanzlerin-zum-eingreifen-auf/)
Die Geheimdienste weigerten sich hartnäckig, V-Mann Corelli vor dem Untersuchungsausschuss aussagen zu lassen. Statt dessen wurde Corelli in ein Zeugenschutzprogramm nach (vermutlich) England entlassen. Relativ kurze Zeit später fängt Herr Edathy dann an, über pseudostrafbares Material zu stolpern, dass den ermittlenden Behörden bereits seit 2 Jahren vorlag. Alles weitere ist ja bekannt. Hier eine gute Zusammenfassung:
https://hajofunke.wordpress.com/2014/12/12/thomas-moser-edathys-fall-ein-untersuchungsausschus-soll-aufklaren-und-sorgt-eher-fur-eine-vorverurteilung/
V-Mann Corelli stirbt am 07.04.2014 nicht an einer unentdeckten Diabetes, sondern an einem Zuckerschock. Ein Zuckerschock ist nicht etwa eine Überzuckerung des Blutes (die bei einer unerkannten Diabetes entstehen würde), sondern vielmehr eine schockartige Reaktion des Körpers auf eine extreme Unterzuckerung. Es gibt jedoch keine Krankheit, die das auslösen könnte ausser ein entdeckter Diabetes, der mit einer Überdosis Insulin behandelt wurde oder eben ein gesunder Körper, dem auf unbemerkte Weise zusätzlich Insulin verabreicht wurde. Bei einem Unterzucker oder medizinisch ausgedrückt "Zuckerschock" wird der Betroffene zunächst wirr und antriebslos, dann ohnmächtig und fällt zum Schluß in ein Koma, das mit dem Tod endet, wenn nieman eingreift. Insulin gilt als eine perfekte Mordwaffe, da es sich nach dem Tod nur schwierig (und auch nur auf einen Verdacht hin) nachgewiesen werden kann. Umso brisanter ist es doch, dass man die Herausgabe der Akten zu dem Tod Corellis an den Untersuchungsausschuss ablehnt.
http://www1.wdr.de/themen/archiv/sp_amrechtenrand/terrorvonrechts/v-mann-corelli-100.html
Originalzitat: "Nach WESTPOL-Informationen war die Generalstaatsanwaltschaft ursprünglich aber durchaus bereit, die Akten herauszugeben. Noch im Herbst 2014 hatte ein Staatsanwalt aus Paderborn dies im Innenausschuss angekündigt. Hat Kutschaty jetzt also für eine andere juristische Bewertung gesorgt?"
Es ist dermaßen offensichtlich, dass hier etwas vertuscht werden soll, dass man sich wundern muß, dass eine Kanzlerin, die rückhaltlose Aufklärung versprochen hatte hierzu schweigt. Der letzte Beteiligte am Untersuchungsausschuss, der Frau Merkel öffentlich zum Eingreifen aufgefordert hatte, war Sebastian Edathy. So sind wir wieder am Beginn meines Kommentars angekommen.
"Das Schiedsgericht der Partei lehnte es nun aber ab, Edathy ganz rauszuwerfen". Noch mal Glück gehabt. Was ist so attraktiv daran, drin bleben zu können? Etwa dies: § 129 StGB z. B. ?
Aus dem eloquenten Fast-Minister-Kandidaten, der sich erlauben konnte, Journalisten für ihre offenkundige Beschränktheit zu demütigen, ist ein moderner Aussätziger geworden. Aber Demut ist seine Sache nicht.
Das kann ich mir vorstellen.
Das schwer Verständliche ist, dass ein intelligenter Mensch, wie Edathy, dazu in der Lage ist, so einen entsetzlichen Bockmist zu machen. Vermutlich hat er, jedenfalls in Deutschland, keine Chance mehr. Hier wird es für den Rest seines Lebens immer heißen: Edathy? Das war doch der mit den Bildern von den kleinen Buben. Und aus wird es sein, mit allem was er anpackt. Das ist, finde ich, noch schlimmer als das, was er getan hat. Bleibt zu hoffen, dass er stark genug ist, den Kampf dafür aufzunehmen, dass jemand wie er eine zweite Chance erhält. Doch wer sollte sie ihm geben? Gabriel gewiss nicht. Der ist total unfähig, zu begreifen, dass es mehr Dinge im Himmel und auf Erden gibt, als seine Moral sich träumen lässt. Die SPD war einmal eine Partei, in der man über alles reden konnte. Auch darüber, wie man mit Menschen umgeht, die sich selbst ins Abseits gestellt hatten. Auch diese Fähigkeit hat die SPD nicht mehr im Programm. Schade.
Im Übrigen: Natürlich werden sie ihn nicht los, wenn er nicht selbst aus der Partei austritt. Zwar wird er die Berufung verlieren oder allenfalls einen Trostpreis erzielen, vielleicht eine Herabsetzung des Ruhens seiner Mitgliedschaft von drei auf zwei Jahre; das wäre aber das höchste der Gefühle. Sollte Gabriel weiterhin seinen Parteiausschluss betreiben, wird er von den Gerichten eines Besseren belehrt. Aber was nützt das schon? Und die Frage, wie man mit Leuten umgeht, wenn sie es zu einer gewissen Prominenz gebracht haben und sich Kinderpornobildchen besorgen und anschauen, bleibt offen. Dazu, dies zu klären, ist weder die SPD noch diese Gesellschaft in der Lage. Jämmerlich!
Abbildungen von sexueller Gewalt an Jungen ...
... steht oben im Text - und das ist ja mal, in diesem Zusammenhang, was ganz Neues!
Bisher nahm ich an, es ginge nur um leicht-/unbekleidete Buben, aber nein - der Autor sah (als einziger nicht ins Verfahren Eingebundener) welche von diesen ominösen Bildern, und erblickte - nun ja, irgendwas sexuell Gewalttätiges. Oder hat er sich nur freudianisch verschrieben? (dem Teufel ...)
Edathy zeigte im NSU-Untersuchungsausschuss, dass die Verfassungsschützer ziemlich viel "Dreck am Stecken" haben. Das mögen diese Kreise und diejenigen, die glauben, diese steuern zu können, aber überhaupt nicht. Also wurde er für den Abschuß freigegeben...
So geschah es denn auch.
Nicht doch- ich hoffe schließlich er wird der nächste Bundespräsident. Würde so schön passen.