Die Idee ist verlockend. Telecom Italia und Deutsche Telekom vereint, das ergäbe die größte Telefongesellschaft Europas und die Nummer zwei auf der Welt. Franco Bernabè, Chef der Telecom Italia, gibt sich schon germanophilen Gefühlen hin, träumt vom direkten Draht zwischen der italienischen und der deutschen Kapitale, um im Telekommunikationseuropa von morgen den Ton anzugeben und die Angloamerikaner an die Wand zu drücken. Doch ist die anfängliche Euphorie nach dem Bekanntwerden der Fusionspläne erst einmal verflogen, zu viele Fragen stehen noch offen, zu viele Steine liegen auf dem Weg, die den 50jährigen ambitionierten Telecom-Chef, geboren im deutschsprachigen Sterzing (italienisch Vipiteno) in Südtirol, ins Stolpern bringen kö
ockend. Telecom Italia und Deutsche Telekom vereint, das ergäbe die größte Telefongesellschaft Europas und die Nummer zwei auf der Welt. Franco Bernabè, Chef der Telecom Italia, gibt sich schon germanophilen Gefühlen hin, träumt vom direkten Draht zwischen der italienischen und der deutschen Kapitale, um im Telekommunikationseuropa von morgen den Ton anzugeben und die Angloamerikaner an die Wand zu drücken. Doch ist die anfängliche Euphorie nach dem Bekanntwerden der Fusionspläne erst einmal verflogen, zu viele Fragen stehen noch offen, zu viele Steine liegen auf dem Weg, die den 50jährigen ambitionierten Telecom-Chef, geboren im deutschsprachigen Sterzing (italienisch Vipiteno) in Südtirol, ins Stolpern bringen kXX-replace-me-XXX246;nnten. Das dynamische Duo Franco (Bernabè) und Ron (Sommer) muß sich in Geduld üben.Und die Gründe dafür liegen in Rom, genauer gesagt bei der italienischen Regierung, die sich vor allem über den hohen Anteil (72 Prozent) sorgt, den der Bund noch immer an der Deutschen Telekom hält. Schatzminister Carlo Azeglio Ciampi möchte verhindern, daß die privatisierte italienische Telefongesellschaft, mit einem Staatsanteil von nur noch 3,4 Prozent, durch die Fusion in gewisser Weise wieder in staatliche Hände fällt - noch dazu in deutsche. Durch die italienische Presse ging ein leichter Aufruhr, nachdem Bernabè und Sommer am 22. April in London die Aktionärsverteilung der neu zu gründenden Aktiengesellschaft »New Company« bekannt gaben: 44 Prozent an die Anteilseigner von Telecom Italia und 56 Prozent an die der Deutschen Telekom; und der Firmensitz soll zudem noch in Deutschland liegen. Das war zuviel für die italienische Nationalseele. Am Freitag nach der Londoner Pressekonferenz machte die einflußreiche römische Tageszeitung La Repubblica den entsprechenden Artikel mit dem Titel »Telecom - Eiszeit zwischen Rom und Bonn« auf. Im Untertitel wurde das Präsidialamt des Premierministers, also die offizielle Regierungsstimme, zitiert: »Der deutsche Vorschlag geht so nicht.« Darüber war eine Grafik mit der voraussichtlichen neuen Aktionärsverteilung abgebildet, die den deutschen Regierungsanteil an dem fusionierten Unternehmen auf 40,4 Prozent bezifferte.Die Regierung in Rom ließ mit Kommentaren nicht auf sich warten. »Es ist vernünftigerweise nicht akzeptabel oder denkbar, daß Telecom Italia von einem öffentlichen deutschen Unternehmen erworben wird«, stellte der Finanzminister klar und legte gleich die Bedingungen für den Vollzug der Fusion mit auf den Tisch: »Privatisierung und Parität«. Mit anderen Worten, die deutsche Regierung müsse sich verpflichten, ihren Anteil an der Deutschen Telekom abzustoßen, und in der gemeinsamen Holding sollten Italiener und Deutsche gleichberechtigt in Führungspositionen vertreten sein.Staatssekretär Franco Bassanini hat unterdessen eine Expertengruppe eingesetzt, die Regeln dafür aufstellen soll, wie die Regierung ihre Sonderrechte aus der sogenannten »Golden Share«, also aus dem Kapitalanteil von 3,4 Prozent, den sie an Telecom Italia hält, ausschöpfen kann. Diese goldene Aktie beinhaltet, daß der Staat in privatisierten Unternehmen von besonderem öffentlichen Interesse ein Vetorecht einlegen kann, wenn wichtige Unternehmensentscheidungen (Eintritt neuer Aktionäre, Fusionen, Verlagerung des Firmensitzes) getroffen werden. Die EU in Brüssel betrachtet diese Einrichtung des »Golden Share«, die auch in Frankreich und Deutschland existiert, zwar als regelwidrig. Bassanini will seine Experten aber ein Regelwerk ausarbeiten lassen, das sich auf mehr oder weniger objektive Kriterien stützt und nicht nach »illegitimer« Intervention des Staates in Unternehmensbelange aussieht.Der Staatssekretär setzt vor allem darauf, daß ein privatisiertes Staatsunternehmen nicht wieder verstaatlicht werden dürfe. Gegen dieses Kriterium als Grundlage für ein Veto der italienischen Regierung dürfte Brüssel kaum Gegenargumente vorbringen können. »Die Arbeit ist an einem guten Punkt angelangt«, versichert Franco Bassanini, »und wir berücksichtigen dabei die Forderungen der Europäischen Kommission.« Die italienische Regierung bereitet sich also darauf vor, notfalls ihr Vetorecht wahrzunehmen, wenn Bonn die zügige und umfassende Privatisierung der Deutschen Telekom nicht verläßlich garantiert.Kritik an der geplanten Telekommunikationsfusion kommt aber nicht nur von der Regierung. Oppositionsführer Silvio Berlusconi, der selbst gerade erst einer Allianz seiner Fernsehaktivitäten mit dem Münchener Medienunternehmer Leo Kirch den Segen erteilt hat, kritisiert den Deal zwischen Telecom Italia und dem deutschen Telekommunikationsriesen: »Persönlich sehe ich das Vorhaben nicht positiv, weil die Deutsche Telekom 70 Milliarden Mark Schulden hat, die Gewerkschaften im Aufsichtsrat mitbestimmen und sie ein vom Staat kontrolliertes Unternehmen ist.« Noch härtere Töne schlug Innocenzo Cipoletla, Generaldirektor des Unternehmensverbandes Confindustria, an und sprach vom »maskierten Verkauf der größten italienischen Industriegruppe an Deutschland«.Italien, das sich ähnlich wie Deutschland schwer tut mit seinem Nationalgefühl, kehrt in dieser Angelegenheit seinen ganzen Stolz heraus und räsoniert auf der Grundlage von »Nationalinteressen«. Selbst der Sekretär der größten (ehemals kommunistisch orientierten) Gewerkschaft CGIL, Sergio Cofferati, scheint davor nicht gefeit. »Ich sehe nicht ein - wenn die Allianz paritätisch ist -, warum die neue Aktiengesellschaft deutschen Rechts sein muß. Handelt es sich um eine Fusion oder um eine Übernahme?« fragt sich Cofferati in einem Interview mit der Mailänder Wirtschaftszeitung Sole-24 Ore. In sein Mißtrauen schließt er die in Aufsichtsräten vertretenen deutschen Arbeitnehmner durchaus ein: »Vergessen wir nicht, daß es die Gewerkschaftsvertreter waren, die lange Jahre die Übernahme des deutschen Reifenherstellers Continental durch den Pirelli-Konzern blockierten. Und heute kann ich mir gut vorstellen, daß die deutschen Gewerkschaften Probleme haben könnten, andere Gesellschafts- und Vertretungsmodelle als die eigenen zu akzeptieren.« Für Cofferati sind die deutschen Gewerkschaften denn auch wenig »europäisch« und noch sehr »staatsorientiert«.In der öffentlichen Diskussion um die angestrebte Fusion unterstreichen die Medien bewußt die Effizienz von Telecom Italia im Vergleich zur Deutschen Telekom: Im Durchschnitt kommen auf jeden Angestellten der Deutschen Telekom nur 220 Telefonlinien, während die italienische Gesellschaft mit 300 Hauptanschlüssen pro Mitarbeiter viel besser dastehe. Und in der Mobilkommunikation behauptet Italien den Spitzenplatz in Europa mit 14,3 Millionen Kunden allein für Telecom Italia, was 70 Prozent des Marktes entspricht (gegenüber 5,8 Millionen bei der Deutschen Telekom und einem Marktanteil von 42 Prozent). Zwar habe aktuell die Deutsche Telekom mit 35,7 Milliarden Euro (71 Milliarden Mark) einen wesentlich höheren Umsatz als Telecom Italia (23,5 Milliarden Euro beziehungsweise 47 Milliarden Mark). Doch sei der Unterschied beim Reingewinn nach Angaben des Comete della Sera sehr gering: zwei Milliarden Euro (vier Milliarden Mark) für die Italiener, 2,2 Milliarden Euro (4,4 Milliarden Mark) für die Deutschen.Den Italienern bereitet zudem der hohe Personalüberhang der Deutschen Telekom (weltweit 203.000 Beschäftigte gegenüber 125.000 bei Telecom Italia) sowie die hohe Nettoverschuldung (42 Milliarden Euro gegenüber sechs Milliarden bei Telecom Italia) Kopfzerbrechen. Doch Telecom Italia-Chef Franco Bernabè will die Heirat mit der deutschen Telefongesellschaft erzwingen. Davon könnte sogar sein Kopf abhängen, denn am heutigen Freitag startet offiziell das Übernahmeangebot des Olivetti-Konzerns für Telecom Italia. Olivetti-Chef Roberto Colaninno hat sich durch die Fusionsgerüchte nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er weiß, kontrollierte Olivetti die Telecom Italia, bliebe die Telefongesellschaft mehrheitlich in italienischen Händen. Und das kommt auch in Italien besser an.
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