Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die bisherige Entscheidungspraxis über die Vergabe sogenannter Globalmittel in Millionenhöhe aus dem Bundeshaushalt, alleine auf Grundlage des Haushaltsgesetzes des Bundes, verfassungswidrig ist. Der Ausschluss der Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) verletzt, festgestellt nunmehr zumindest für das Haushaltsjahr 2019, das Recht der Alternative für Deutschland (AfD) auf politische Chancengleichheit.
Dabei geht es um immerhin 900.000 Euro, welche nun eventuell nachgezahlt werden müssen. Nicht entschieden wurde hingegen über die geforderten Mittel für das Haushaltsjahr 2022. Für dieses hatte die DES fast acht Millionen Euro beantragt. Das Verfahren wurde abgetrennt. Als Grund hierfür nannte d
Nicht entschieden wurde hingegen über die geforderten Mittel für das Haushaltsjahr 2022. Für dieses hatte die DES fast acht Millionen Euro beantragt. Das Verfahren wurde abgetrennt. Als Grund hierfür nannte das Gericht unter anderem die kurze Zeit zwischen Antragstellung und mündlicher Verhandlung am 25. Oktober 2022 sowie mit dem Antrag zusammenhängende komplizierte verfassungsrechtliche Fragen, bei denen es auch um die Verfassungstreue politischer Stiftungen gehe. Ausschlaggebend war der erst kurzfristig in den Bundeshaushaltsplan 2022 aufgenommene Vermerk, wonach in Zukunft die staatliche Förderung von der Verfassungstreue der jeweiligen Stiftung abhängig gemacht werden solle. Das BVerfG wird sich daher mutmaßlich bald auch mit der inhaltlichen Ausrichtung der im Jahr 2015 gegründete DES beschäftigen.Seit dem AfD-Parteitag 2018 war das klarDas Urteil des BVerfG überrascht nicht. Vielmehr hätten alle die Entscheidung tragenden Umstände in den Parteizentralen sowie Vorstandsbüros der politischen Stiftungen schon ab dem Zeitpunkt bekannt sein müssen, als die DES am 30. Juni 2018 durch den Bundesparteitag der AfD als parteinahe Stiftung anerkannt wurde. Seit diesem Tag strebte die Rechtsaußenstiftung nach der Erlangung staatlicher Fördermittel. Sowohl Partei als auch Stiftung versuchten mehrfach, diesen Anspruch vor Verwaltungsgerichtsbarkeit – das Verfahren ist vor dem OVG Münster anhängig – und dem Bundesverfassungsgericht gerichtlich durchzusetzen. Dass trotz anfänglicher Misserfolge die heraufziehende finanzielle Förderung demokratie- und rechtsstaatsfeindlicher Positionen am Horizont immer deutlichere Konturen annahm, ist auch auf die Untätigkeit der politisch Verantwortlichen zurückzuführen.Dabei mangelte es nicht an mahnenden Stimmen aus der Zivilgesellschaft, die spätestens ab 2021 verstärkt ein Gesetz zur Stiftungsfinanzierung forderten. Die Organisation Campact und die Bildungsstätte Anne Frank legten sogar eigene Gesetzesentwürfe vor. Im Koalitionsvertrag hieß es schließlich nur, dass „die Arbeit und Finanzierung der politischen Stiftungen“ rechtlich besser abgesichert werden solle. Geschehen ist dies bis zum heutigen Tage nicht.Erika Steinbachs PlanDie dringende Notwendigkeit einer gut formulierten gesetzlichen Grundlage, die demokratische und rechtsstaatliche Anforderungen an die Finanzierung parteinaher Bildungsarbeit stellt, zeigt sich bei einem genaueren Blick auf die Struktur der DES. Als die Stiftung am 15. November vergangen Jahres ihr fünfjähriges Bestehen feierte, erklärte die Vorsitzende Erika Steinbach ihre Stiftung zur einzigen „konservativen politischen Stiftung im vorpolitischen Raum“. Jedoch ist die AfD-nahe Stiftung alles andere als nur konservativ und arbeitet vielmehr daran, ganz auf Linie der AfD, demokratiegefährdende Positionen salonfähig zu machen.So gibt es, alleine aus Stiftungsvorstand und Kuratorium heraus, eine Vielzahl an Querverbindungen in die rechte Szene, insbesondere die sog. Neue Rechte. Der Kuratoriumsvorsitzende Karlheinz Weißmann gilt als einer ihrer intellektuellen Vordenker, war Mitgründer und langjähriges Aushängeschild des Instituts für Staatspolitik und prägte die Strategie des „politischen Mimikry“. Hans Hausberger, Beisitzer im Vorstand, war schon in der den Republikanern nahestehenden Franz-Schönhuber-Stiftung tätig und schrieb für die von Hans-Dietrich Sander herausgegebenen Staatsbriefe. Darüber hinaus lassen sich weitere Verbindungen von Akteur*innen der Stiftung zu einer ganzen Reihe neurechter Organisationen und Publikationen nachweisen. Beispielhaft angeführt seien die Initiative Ein Prozent, die Junge Freiheit, die Sezession oder das Compact-Magazin.3,5 Millionen für PersonalDie Anzahl bisher durchgeführter Veranstaltungen wird von der Stiftung mit ca. 200, oder 50 pro Jahr, angegeben. Diese trugen unter anderem Titel wie „Sicherheitsrisiko Migration – Clans und Terrorismus“, „Grenzen der Globalisierung – Von Friedrich List zur Welthandelsorganisation“, „Die Vergewaltigung der deutschen Sprache“, „Migration als Waffe? Rechtliche Grundlagen und gesellschaftspolitische Aspekte“ oder „Demographische Katastrophe – Einführung und Ursachen“. Diese Themensetzung lässt erahnen, in welche Richtung die Bildungsarbeit der Stiftung auch in Zukunft gehen wird.Im Verfahren machte die Stiftung schon einmal deutlich, dass man beabsichtige „sobald die ihr zustehende staatliche Förderung anlaufe, die Zahl der Veranstaltungen (Wochenendseminare, Online-Vorträge und Kongresse), aber auch die Anzahl der teilnehmenden Gäste sprunghaft zu steigern“. Zudem plane man den „Aufbau einer politischen Akademie, Politikberatung sowie die Entwicklung von Förderprogrammen und Auslandskontakten“. Der jährliche Finanzbedarf liege bei acht Millionen Euro. Laut einem vorläufigen Haushaltsplan für das Jahr 2022 sollten davon rund 3,5 Millionen Euro für Personalkosten, darunter ca. 60 Mitarbeiter*innen inklusive Referent*innen, eingeplant werden. Weitere 2,7 Millionen Euro würde für die Durchführung von Seminaren und Publikationen gebraucht. Geld, welches die DES, zumindest nach derzeitigem Stand, wohl ohne staatliche Förderung nicht so einfach auftreiben könnte.Wer gehofft hatte, das Bundesverfassungsgericht würde der finanziellen staatlichen Förderung der Rechtsaußenstiftung einen Riegel vorschieben, wurde nunmehr von der Realität eingeholt. Das Urteil sollte als Aufruf an den Gesetzgeber verstanden werden, bei der Verteidigung demokratischer Strukturen und der Grundrechte nun endlich selbst tätig zu werden. Ein Gesetz, welches Kriterien zur Voraussetzung der Finanzierung an Grundrechte knüpft, könnte zum künftigen, rechtssicheren Ausschluss der DES führen. Ein Weckruf, der im politischen Berlin hoffentlich angekommen ist.