Das Provisorium

Westberlin Versuch über die Haltbarkeit unhaltbarer Zustände
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Es gab einen Gedanken, der mich all die Westberliner Jahre hindurch begleitete. Gleich in den ersten Tagen hier hatte er mich in Form einer schlagartigen Erkenntnis überfallen und bis zum Fall der Mauer konnte ich nicht genau bestimmen, ob er eher eine Hoffnung oder eine Befürchtung ausdrückte. Es war auf dem Weg zu Freunden in den Norden der Stadt; ich fuhr zum ersten Mal mit der S-Bahn. Der Anblick der brach liegenden Bahnsteige am Anhalter Bahnhof, der letzten Station im Westen, hatte mich bereits in leichte Gruselstimmung versetzt. Als der Zug dann mit gedrosseltem Tempo die Geisterbahnhöfe unter dem Territorium der DDR, genauer gesagt Berlin-Mitte passierte, als ich im Halbdunkel die vom Staub der Jahrzehnte bedeckten Schilder in altmodischer Schrift ausmachte,