Der alltägliche Wahn

Erfurt ist überall Die Schule allein kann mit dem kulturellen Umbruch, dem Jugendliche ausgesetzt sind, nicht fertig werden. Abgrenzungs- und Konkurrenzkämpfe nehmen zu, Rückzugsräume schwinden
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Bereits wenige Tage nach der blutigen Gewalttat eines Schülers in Erfurt haben die Medien einen Berg von Erklärungen aufgehäuft, breiter und höher als der Blumenberg vor dem Eingang des Gutenberg-Gymnasiums. Ergibt es da noch einen Sinn, dem einen tausendhundersten Aspekt hinzuzufügen? Erklären gerät in der Mediengesellschaft zur entlastenden Erledigung eines Problems, wonach mit tödlicher Folgerichtigkeit zur Tagesordnung übergegangen wird. Politiker, die über Jahrzehnte die Erosion des Sozialstaats und seiner Gesellschaft betrieben oder ihr tatenlos zusahen, beklagen am Grab der Opfer "soziale Kälte" und "Anonymität". Was bleibt, um solche wohlfeile Heuchelei zu fliehen, anderes, als sich den wenig spektakulären und langfri