Bundespräsident Köhler unterzeichnet den EU-Reformvertrag nur deshalb nicht, weil Klagen beim Bundesverfassungsgesetz anhängig sind. Ein normaler Vorgang - warum wird er von SPD und Union kritisiert? Sie tun es praktisch unisono: Die SPD hätte sich eine Unterzeichnung als Signal europäischen Integrationswillens trotz der irischen Volksabstimmung gewünscht, und die CDU fügt hinzu, Köhler hätte ja die Variante "unterzeichnen, aber nicht ausliefern" wählen können. Man macht seinem Ärger Luft - war doch die Losung "so schnell wie möglich ratifizieren" ausgegeben worden. Eine Lehre aus dem Vorgang zu ziehen, ist man unfähig. Dabei steht Köhlers Nichtunterzeichnung in einem Kontext: Nur einen Tag später macht es ihm der polnische Präsident nach, und schon drei Tage vorher hatte der österreichische Kanzler sich für Volksabstimmungen über künftige EU-Verträge ausgesprochen. Die Lehre könnte in der realistischen und demokratischen Einsicht bestehen, dass der Widerstand doch sehr verbreitet ist und man sich also nicht einfach über ihn hinwegsetzen sollte. Irland war nur das schwächste Kettenglied, das als erstes brach.
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