Saftige Wiesen, kristallklare Seen, malerische Dörfer und am Horizont die Alpen: Bayern ist wunderschön und voller Heiterkeit, weswegen ich im vergangenen Jahr entschied, meinen Urlaub während der jüdischen Neujahrsfeiertage hier zu verbringen. Eine sanfte Herbstsonne begrüßt mich am Tag nach meiner Ankunft und ich mache mich auf den Weg zu meiner ersten Radtour.
Den Windungen des Flusses Lech folgend radele ich bis nach Landsberg, der Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises. Ihr mittelalterlicher Charme, so lese ich in einer der Broschüren, die in meinem Hotel ausliegen, sei prächtig erhalten, was sich toll anhört, da ich wenige Dinge so sehr mag wie mittelalterliche europäische Städte. Nach einer zweistündigen Radtour sitze ich mit einem Eisbecher auf einer Bank am alten Hauptplatz, der eindrucksvoll restauriert und aufgeputzt worden ist, von den Pflastersteinen bis zu den pastellfarbenen Hausfassaden und reich verzierten Dächern.
Aber schon jetzt, noch ganz am Anfang meines Urlaubs, habe ich auf einmal das Gefühl, dass ich womöglich einen Fehler gemacht habe, als ich mich dafür entschied, hierherzukommen. Tatsächlich bringt mich mein Urlaub schnell an Orte, an denen ich auf keinen Fall sein will.
Ein Wallfahrtsort der Nazis
Das passiert, als ich auf meinem Smartphone auf Wikipedia den Eintrag „Landsberg am Lech“ anklicke. Jetzt sehe ich, dass es darin einen besonderen Abschnitt über die Geschichte Landsbergs unter der Naziherrschaft gibt, ja sogar einen Hauptartikel, in dem es nur um dieses Thema geht. Ich lese:
In Landsberg schrieb Hitler Mein Kampf, als er dort nach seinem Münchner Putschversuch im Jahr 1923 im Gefängnis saß. Dadurch wurde die Stadt zu einem Wallfahrtsort der Nationalsozialisten und von 1937 bis 1945 sogar neben München, der „Stadt der Bewegung“, und Nürnberg, der „Stadt der Reichsparteitage“, zur drittwichtigsten Stätte des Nationalsozialismus. Ein Treffpunkt der Hitlerjugend, deren Mitglieder hier aufmarschierten und sich zu Reden und Kundgebungen auf dem malerischen alten Hauptplatz versammelten. Ich blicke auf und betrachte ihn noch einmal. In der Zelle Nummer 7, der ehemaligen Gefängniszelle Hitlers, bekamen die Jugendlichen ein Exemplar von Mein Kampf überreicht.
Außerdem erfahre ich von der Webseite, dass der Stadt, entgegen den offiziellen Darstellungen der Behörden, ihre exponierte Stellung nicht „von außen übergestülpt“ wurde. Im Gegenteil, sie selbst vermarktete sich bereits ab 1933 mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln als „Stadt des Führers“, als Stadt, in der die Ideen der nationalsozialistischen Ideologie geboren wurden, und profitierte von dem wirtschaftlichen Wohlstand, den der Hitlertourismus ihr bescherte.
Die Stadt und ihre malerische Umgebung, so lese ich weiter, spielten am Ende des Zweiten Weltkriegs eine besonders schreckliche Rolle: Im Sommer 1944 begann hier die Errichtung des größten Konzentrationslagerkomplexes innerhalb der Reichsgrenzen: zwölf Lager, alle als „Kaufering“ bekannt, wie der Bahnhof in der Nähe von Landsberg, der bis heute als zentraler Eisenbahnknotenpunkt dient. Ab September 1944 wurden Häftlinge, zumeist Juden, aus den Ghettos und Konzentrations- und Vernichtungslagern im Osten zu diesem Bahnhof gebracht und von hier auf die Lager verteilt. In einem Lager wurden auch französische Widerstandskämpfer inhaftiert.
Die Häftlinge mussten als Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie schuften, die Deutschland vor der immer näher rückenden Niederlage retten sollte. Viele Gefangene verloren ihr Leben bereits in den Viehwaggons, die sie nach Kaufering brachten. Hunderte und Tausende von Menschen starben in den folgenden Monaten in den Lagern, an Hunger, verschiedenen Krankheiten, weil sie erfroren, erschossen wurden oder zu Tode gefoltert. Ende April 1945, am Vorabend der endgültigen Niederlage, evakuierten die Deutschen die Überlebenden aus den Lagern, damit, wie es Himmler befahl, kein einziger KZ-Häftling lebend in die Hände der Alliierten fallen würde. So zog der Marsch der Frauen und Männer aus den Lagern – erschöpft und krank, abgemagert bis auf die Knochen – durch die Altstadt von Landsberg, vor den Augen der Bürger der Stadt: ein weiterer Todesmarsch, für dessen Durchführung das zusammenbrechende Deutschland immer noch die Willenskraft fand.
Es ist das gleiche Altstadtviertel, durch dessen Gassen ich heute spaziert bin und auf dessen Hauptplatz ich sitze, so wie viele andere zufriedene Touristen, die meisten davon Deutsche – jetzt bin ich völlig verstört.
Dieses Land, dessen Söhne meine Großeltern ermordeten und dessen Nachgeborene mich mit Stipendien ausgezeichnet und in seine akademischen Einrichtungen aufgenommen hatten, dieses Land, dessen Sprache und Kultur ich kennengelernt und dessen Geschichte und Literatur ich erforscht habe, in dem ich viele Jahre gelebt und Beziehungen geknüpft habe – dieses Land macht mich immer wieder ratlos.
Meinem Urlaub ist der Boden entzogen: Bald darauf erfahre ich, dass es kein Zufall war, dass ich über diesen Lagerkomplex, der dem KZ-Dachau angegliedert war, nichts weiß. Jahrzehntelang versuchten Anwohner und Behörden nach dem Krieg, die Existenz dieser Lager zu ignorieren und sie der Vergessenheit anheimfallen zu lassen. An dem Ort, wo die Häftlinge Bunker für die nationalsozialistische Rüstungsindustrie gebaut hatten, am Stadtrand von Landsberg am Lech, befindet sich heute ein Gewerbegebiet. Die Überreste der Baracken, in denen die Zwangsarbeiter und ihre Wächter untergebracht waren, wurden beseitigt. Erst in den frühen 1980er Jahren entstand eine gemeinnützige Organisation, deren Mitglieder sich dafür einsetzten, die Verbrechen, die vor ihrer Haustür begangen worden waren, zu erforschen und Gedenkstätten an den Massengräbern der Opfer zu errichten. Heute steht die Information allen zur Verfügung, die darüber mehr erfahren möchten – und das will ich nun tun.
Floskeln für die Toten
Ich bitte einen deutschen Bekannten meiner Generation – wir gehören beide der „zweiten Generation“ an, jeweils der nach jener der Henker und ihrer Opfer –, mich mit seinem Auto zu fahren und die Gedenkstätten mit mir zu besichtigen. Er stimmt zu und ist sich sicher, die Orte problemlos finden zu können. Als die Initiative einst ins Leben gerufen worden war, hatte er ihre Aktivitäten verfolgt und einige der Gedenkstätten besucht.
In der lieblichen Landschaft rund um Landsberg/Kaufering ist es aber keine leichte Aufgabe, die Gedenkstätten für die Ermordeten zu finden. Wir folgen einer Karte, die wir aus dem Internet heruntergeladen haben, und fahren auf den Landstraßen kreuz und quer, bis wir den ersten Hinweis finden, ein niedriges weißes Schild am Anfang einer Schotterstraße: „KZ-Friedhof 100 m“.
Wir gehen zu Fuß weiter. Der Weg teilt sich in mehrere kleinere Pfade. Wir probieren den einen, dann den anderen, schließlich führt uns ein weiterer zu einem kleinen Areal, von einer niedrigen Steinmauer umzäunt, ein Tor mit einem Davidstern und gegenüber die Gedenkstätte.
Wir bleiben eine lange Stunde dort, trostlos und schweigend, jeder in seinen Gedanken und Erinnerungen gefangen, dann kehren wir zum Auto zurück, um unseren Weg fortzusetzen. Aber die anderen Wegweiser sind genauso unauffällig, und wir können nur einige der Denkmäler finden. Jedes von ihnen hat eine Inschrift im Gedenken an Hunderte, die dort begraben sind, manchmal auf Deutsch, manchmal auf Deutsch und Hebräisch, manchmal nur auf Hebräisch, also in einer Sprache, die weder mein Begleiter noch seine Landsleute verstehen. Sei’s drum, ohnehin sind die geschriebenen Worte bloß hohle Floskeln, von der Art, an die ich als Israeli seit meiner Kindheit gewöhnt bin: von Heiligen, Reinen und Gerechten, die von verfluchten Bösewichtern ermordet worden waren, von jenen, die der Hass erniedrigt, aber das Leid erhoben und geadelt hatte, und weitere solche Phrasen ohne menschlichen oder politischen Bezug zu dem Geschehen in jenen Jahren in Europa. Eine Inschrift ist in deutscher Sprache verfasst: „Durch die Nacht zum Licht! Hier ruhen KZ-Opfer“. „Was zum Teufel ist das“, frage ich meinen deutschen Bekannten, „zu welchem Licht sind die Opfer gegangen?“ Und er, ein politisch aktiver Mann mit kritischem Verstand, der bei Kriegsende ungefähr sechs Jahre alt war, sagt ohne offensichtlichen Zusammenhang: „Weißt du, es war die Generation meiner Eltern, die all diese Verbrechen begangen hat.“ Dann schweigen wir wieder.
Ich frage mich, wer unter den Deutschen, abgesehen von ihm und ein paar anderen, sich die Mühe machen würde, solche verborgenen Denkmäler zu suchen? Wer will sich daran erinnern und mahnen, dass das heutige Deutschland im Umgang mit den politischen Lehren der Vergangenheit versagt? Mehr darüber in Kürze.
Wie auch immer, die kleinen Steine auf den Mauern und einige private Gedenktafeln mit den Namen und den Geburts- und Sterbedaten einiger Toter, die wenigstens dem Vergessen entrissen wurden, weisen darauf hin, dass die meisten Besucher anscheinend jüdische Nachfahren sind, die hier einem Vater, einer Mutter, einer Großmutter, einem Bruder oder einer Schwester ein ehrendes Andenken bewahren.
Unsere Karte besagt, dass die Wohnbaracken der Häftlinge in einem der zwölf Lager erhalten sind: Kaufering VII, und dass auch dieser Ort heute ein Denkmal ist, eine „Europäische Holocaust-Gedenkstätte“. Stundenlang suchen wir vergebens danach – kein Verkehrsschild zeigt uns den Weg. Es wird schon dunkel, als wir an einer Stelle vorbeifahren, an der wir vorher zumindest dreimal vorübergefahren sind, erst jetzt sehen wir das kleine Schild, das den Weg dorthin zeigt.
Als wir ankommen, wartet auf uns eine noch ärgerlichere Überraschung: Das Tor ist verschlossen. Auf beiden Seiten befinden sich detaillierte Tafeln in englischer und deutscher Sprache, die unter anderem erklären, dass die Bauten aus Beton und Ton die letzten im Originalzustand erhaltenen Baracken von KZ-Häftlingen in der BRD sind und dass sie vor einigen Jahren unter Denkmalschutz gestellt und zu Bauwerken „von nationaler Bedeutung“ erklärt wurden. Aber keines dieser Schilder erwähnt, wann – wenn überhaupt – dieses Tor für Besucher offen ist.
Ein Vorfall in München
Wir gehen den Drahtzaun entlang und stellen fest, dass vor uns Besucher hier waren, die darauf bestanden hatten, einzutreten, und den Zaun auf die Hälfte seiner Höhe heruntergetreten hatten. So betreten auch wir das Gelände und nähern uns den Bauten. Einige sind in ihrer Gesamtheit erhalten, auch sie sind verschlossen. Durch die Fenster ist es möglich, in die Dunkelheit dieser leeren Räume zu blicken, wo man sich das Leid der Menschen kaum noch vorstellen kann, die hier zusammengedrängt waren. In einem weiteren Bau sehen wir, dass darin Ausgrabungen stattfinden. Wie ich auf einem Plakat entziffern kann, werden sie „Archäologische Ausgrabungen“ genannt. In meiner aufgestauten Wut interpretiere ich das, als wolle man damit sagen, dass die Verbrechen an diesem Ort, wenn nicht auf einem anderen Planeten, zumindest vor Menschengedenken begangen wurden.
Einer der Überlebenden, Dr. Albert Menashe aus Thessaloniki, dokumentierte bereits 1947 in einem schmalen Erinnerungsbuch das Leben und Sterben in diesen Lagern. Gemeinsam mit Zehntausenden anderen griechischen Juden wurde er aus seiner Stadt deportiert, in Auschwitz-Birkenau gefangen gehalten und bei Kriegsende hierhergebracht, um als Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie zu arbeiten. Von Thessaloniki nach Birkenau, von Birkenau quer durch Deutschland in Viehwaggons, von Stadt zu Stadt, von Lager zu Lager, bis nach Kaufering: Was für ein Wahnsinn – das Werk von Schergen des Nazi-Staates, gewöhnlichen Menschen, Soldaten und Zivilisten –, einen derartigen Aufwand zu betreiben, um einen Menschen aus Thessaloniki in Griechenland bis zu einem Städtchen in Bayern zu karren, um ihn bis zum Letzten zu einer nunmehr nutzlos gewordenen Schinderei zu zwingen!
Der Autor des Buches beschreibt die Begegnung mit den Anwohnern auf dem Weg zum Konzentrationslager Kaufering VII so: „Umringt von Polizeihunden und SS-Soldaten machten wir uns auf den Weg, eine lange Kolonne zerlumpter Kreaturen. Der Schnee fiel ohne Unterlass. (...) Schließlich gingen wir durch ein kleines Dorf, Kaufering, (...) und die Bauern dort starrten uns neugierig an. Kleine Kinder gingen zur Schule, die Frauen zum Markt. Zwei ganze Jahre lang waren wir von dieser Welt der Lebendigen abgeschnitten gewesen und hatten diese Bilder des Alltags vergessen. Einige von uns schluchzten, sie dachten an ihre toten Liebsten (Anmerkung der Autorin: In Birkenau verlor Menashe seine Frau, seine Tochter und vier Schwestern). Andere träumten von Freiheit. Aber schnell brachten uns das Bellen von Hunden und die Schreie ‚Schnell‘ und ‚Weitergehen‘ zurück in die traurige Wirklichkeit. Wieder wurden wir zu elenden menschlichen Ruinen, die jetzt vielleicht ihre letzten Schritte machten. Wir gingen weiter, rutschend und stürzend auf dem gefrorenen Boden. Wir standen sofort wieder auf, aus lauter Angst vor den Hunden. Schließlich tauchten am Horizont ein Stacheldrahtzaun und Wachtürme auf.“
Zur selben Zeit, als ich die Grausamkeiten entdecke, die hier an meinem idyllischen Urlaubsort begangen worden waren, und die halb versteckten Orte, die an sie erinnern sollen, ereignet sich nicht weit entfernt in München, der ehemaligen Hauptstadt der nationalsozialistischen „Bewegung“, ein kleiner Vorfall, der für den jetzigen deutschen Zeitgeist typisch ist: Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, fordert den katholischen Wohlfahrtsverband Caritas auf, den Vertrag für die Anmietung von Räumlichkeiten für eine kleine Aktivistengruppe namens „Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe“ zu kündigen. Die Aktivisten haben vor, dort eine Diskussion mit einem Journalisten des Spiegel zu veranstalten, der an einem investigativen Artikel über die fragwürdigen Aktivitäten einer pro-israelischen Lobby-Gruppe mitgewirkt hat. Besagte Gruppe fordert deutsche Politiker auf, die gegenwärtige Politik der israelischen Regierung zu unterstützen und Veranstaltungen, die von Kritikern dieser Politik organisiert werden, als antisemitisch zu deklarieren, selbst wenn diese Kritiker selbst Juden sind. Ihr größter Erfolg war die bizarre Resolution, die 2019 vom Bundestag mit großer Mehrheit beschlossen wurde, um die BDS-Bewegung (ein gänzlich marginales Phänomen in Deutschland) als antisemitisch zu bezeichnen.
Der Spiegel-Artikel wird daraufhin selbst als „antisemitisch“ bezeichnet, was die Redaktion dazu veranlasst, einen weiteren langen, sehr peniblen Artikel zu veröffentlichen, der die faktische Grundlage des ersten Artikels bestätigt. Leider ist die Präsidentin der jüdischen Gemeinde in München dadurch nicht zu überzeugen. Sie sieht die bloße Vermietung des Raumes für einen Vortrag des Journalisten „im besten Fall als gefährliche Achtlosigkeit“ (das heißt im schlimmsten Fall als einen antisemitischen Akt) und warnt die Caritas, dass sie sie nicht länger als „verlässlichen Partner im Kampf gegen Antisemitismus“ betrachten könne, wenn sie die Raumüberlassung nicht überdenke. Die katholische Organisation ist alarmiert, entschuldigt sich und kündigt den Vertrag mit der Gruppe. „Antisemitismus hat bei uns natürlich keinen Platz“, erklärt die Sprecherin der Caritas. Der Journalist sagt seinen Auftritt ab.
Bald darauf droht der Bürgermeister von Frankfurt am Main mit der Streichung von öffentlichen Geldern für den Club Voltaire, weil der eine Diskussion über die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland in Bezug auf Kritik an der israelischen Politik organisiert hat. In einer Pressemitteilung nennt der Bürgermeister zwei Redner der Veranstaltung namentlich und sagt: Wer „diesen Leuten eine Bühne gibt, fördert die Judenfeindlichkeit in unserem Land“. Eine der beiden ist Jüdin, der andere Palästinenser, beide sind deutsche Staatsbürger.
Zwar entscheiden Gerichte gegen die Raumkündigungen, aber aufgrund der Anti-BDS-Kampagne, die unter dem Deckmantel der Antisemitismusbekämpfung in letzter Zeit in Deutschland geführt wird, schrumpft die Zahl von öffentlichen und Privatpersonen, die bereit sind, Räume an Organisationen zu vermieten, die eine kritische Haltung zur israelischen Politik in dem Konflikt mit den Palästinensern einnehmen. Zugleich sind Politiker, Medienvertreter und Intellektuelle immer vorsichtiger darin, die desaströse Politik Israels öffentlich zu verurteilen. Eine Politik, die sich in den letzten Jahren nicht einmal mehr bemüht, die nationalistische und rassistische Ideologie, auf der sie aufbaut, zu verbergen.
Während meines Urlaubs erfahre ich noch von anderem, das in München passiert. Im Jahr 2004 verbot der Stadtrat das Stolpersteine-Gedenkprojekt auf öffentlichem Grund, bei dem kleine Messingtafeln zum Gedenken an die von den Nationalsozialisten getöteten Menschen angebracht werden: Juden, Roma und Sinti, Schwule, Opfer der „Euthanasie“, politische Aktivisten und so weiter. Das Projekt – eine Idee, die Anfang der neunziger Jahre durch den deutschen Künstler Gunter Demnig konzipiert wurde – umfasst heute über siebzigtausend solcher Steine in vielen Städten in ganz Europa und verankert die Erinnerung an die Menschen und an das Verbrechen, dem sie zum Opfer fielen, im öffentlichen Raum – und mahnt damit die Verantwortung der Zivilgesellschaft an, sich auch im Alltag daran zu erinnern und Lehren daraus zu ziehen.
Nun, die Stadt München hat dieses Projekt abgelehnt und weigert sich bis heute, dazu gestellten Anträgen von Verbänden und Einzelpersonen auf öffentlichem Grund zuzustimmen. Einer der Gründe für die Ablehnung ist die offizielle Position der israelitischen Kultusgemeinde, deren Präsidentin die Stolpersteine als Verletzung der Würde der NS-Opfer betrachtet, weil Passanten darauf mit Füßen treten.
Anfang 2018 forderte auch ein Landtagsabgeordneter der AfD, die Umsetzung des Projekts in seiner Stadt Singen einzustellen, als dort ein Stolperstein für den in Buchenwald ermordeten Kommunisten Ernst Thälmann verlegt werden sollte. Der Abgeordnete nutzte die Gelegenheit, um nicht nur gegen die deutschen Kommunisten zu wettern, sondern auch gegen das Gedenkprojekt als solches – sowohl, weil Menschen gedankenlos auf die Steine träten, als auch, weil die deutsche Erinnerungskultur an die Nazi-Opfer immer mehr zu einer „Erinnerungs-Diktatur“ verkomme, die den Bürgern aufgezwungen werde. Seine Forderung wurde zurückgewiesen – einstweilen.

Fotos: SZ-Photo/Ullstein, HrSchulz/Imago Images (rechts)
Über das Verbot in München erfahre ich von Reiner Bernstein, der sechs Jahre lang die Stolperstein-Initiative in der Stadt leitete. Sein Engagement führte vor einem Jahr dazu, dass Arye Sharuz Shalicar, ein in Deutschland geborener und in Israel lebender Regierungsbeamter und Wortführer der hiesigen Israel-Lobby, eine Schimpftirade gegen ihn losließ. Shalicar, Major der Reserve der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) und ehemaliger IDF-Sprecher, leitet derzeit die Abteilung für Außenbeziehungen des israelischen Geheimdienstministeriums. Er schrieb in seinem Buch Der neu-deutsche Antisemit: „Reiner Bernstein liebt tote Juden in Deutschland und ehrt sie mit Stolpersteinen, aber mit lebendigen Juden in Israel hat er ein Problem, weshalb er eine Organisation unterstützt, die zum Boykott lebendiger Juden aufruft (...) Bernstein ist ein Jude, der an Selbsthass leidet. Ich glaube, dass er es hasst, Jude zu sein und insgeheim sich wünscht, er wäre kein Jude. Bernstein lebt in einer Fantasiewelt. Er ist Jude und wird Jude bleiben, ganz gleich, wie sehr er es hasst, Jude zu sein.“ Das ist die vulgäre Beschreibung eines moralisch aufrechten Mannes, der vor achtzig Jahren als Sohn deutscher protestantischer Eltern geboren wurde und weder Jude noch Unterstützer eines Israel-Boykotts ist.
Ein verstörendes Puzzle
Nach meinem Gespräch mit Bernstein besuche ich zum ersten Mal den Ort in München, an dem es doch so etwas wie Stolpersteine gibt – zum Gedenken an die mutigen Mitglieder der Weißen Rose, die damals an der Ludwig-Maximilians-Universität studierten. Auf dem großen Platz vor der Universität sind Nachbildungen der Flugblätter in den Boden eingelassen, welche die Weiße Rose gegen das NS-Regime verteilte, und Fotografien der jungen Helden, die 1943 gefoltert und hingerichtet wurden.
An diesem Ort gibt es keine Befürchtungen, dass ihre Würde verletzt werden könnte, im Gegenteil. Hier werden die Passanten aufgefordert, sich an sie, an ihre Zivilcourage im Herzen der einstigen Nazi-Stadt und an den schrecklichen Preis, den sie zahlten, zu erinnern. Wer möchte, hält an und schaut hin, wer nicht möchte, ignoriert die Stolpersteine und setzt seinen Weg fort.
Meines Erachtens gibt es keinen würdevolleren und besseren Weg, um die Vergangenheit und ihre Lehren im öffentlichen Raum, dem Habitat des Nationalsozialismus, zu bewahren. Nachdem ich auch die Dauerausstellung im Universitätsgebäude besucht habe, die die Geschichte der Gruppe und ihrer Zerschlagung detailliert dokumentiert, kann ich mich nicht mehr konzentrieren, während ich die wundervollen Kunstmuseen der Stadt besuche. Tja, auch in München geht mein diesjähriger Herbsturlaub schief.
Er geht schief, weil sich all diese Einzelheiten in meinem Bewusstsein Schritt für Schritt zu einem beängstigenden und verstörenden Puzzle der Gegenwart zusammenfügen: meine Erlebnisse in Landsberg-Kaufering. Mein Herumirren auf der Suche nach den Denkmälern für die Zigtausende, die dort im Laufe der letzten Kriegsmonate gefoltert wurden. Die Verlorenheit all dieser Denkmäler in der blühenden bayrischen Landschaft. Die Berichte über das manipulative Wirken einer Lobby, die die Politik einer rechtsextremen israelischen Regierung unterstützt. Die Art, wie sich das offizielle Deutschland gerade von der doppelten Verantwortung abwendet, die es aufgrund der NS-Geschichte trägt: einerseits die Verantwortung gegenüber den tatsächlichen Gefahren für die Juden in Israel, von denen viele nie auf die Idee gekommen wären, in einen jüdischen Staat im Nahen Osten zu ziehen, hätte Nazi-Deutschland nicht ihre Vernichtung angestrebt. Aber andrerseits auch eine Verantwortung gegenüber dem Schicksal von Millionen von Palästinensern, denen durch die Politik der israelischen Regierung das Recht auf ein Leben in Freiheit, Würde und Frieden seit Jahrzehnten verwehrt wird. Schließlich die völlig verdrehte Kampagne gegen den angeblichen Antisemitismus von Kritikern der israelischen Politik.
All dies zeigt mir, dass in der Auseinandersetzung dieses Landes mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit etwas falsch läuft, heute vielleicht sogar mehr als je zuvor.
Wenn diese Auseinandersetzung richtig verlaufen wäre, würde dieses Land nicht eine Kampagne gegen die Palästinenser ins Zentrum seines Kampfes gegen den Antisemitismus stellen, sondern den Kampf gegen die extreme Rechte, die von Neuem in der deutschen Gesellschaft Fuß fasst. Schließlich können die meisten antisemitischen Vorfälle diesem Lager zugeordnet werden, darunter der mörderische Angriff in Halle (Saale) gegen eine Synagoge und einen türkischen Imbiss an diesem Yom Kippur.
Wenn Deutschland wirklich Verantwortung für seine Nazi-Vergangenheit übernähme, würde es kompromisslos die Lehren aus dem damaligen Hass auf den Anderen ziehen, aus der rassistischen Gesetzgebung, aus der Vertreibung von Menschen aus ihrer Heimat und dem Gebrauch von Waffengewalt zu diesem Zweck. Und Deutschland würde diese Lehren auch auf die Politik der israelischen Regierung anwenden, anstatt sie zu verdrehen und zu entstellen, um sich an deren Seite zu stellen, bis hin zur Diskreditierung aller ihrer Gegner als Antisemiten. Ganz im Gegenteil, die Bundesregierung hätte schon längst ihre führende Rolle in Europa und der Welt nutzen müssen, um Druck auf Israel auszuüben, damit es seine militärische und zivile Kontrolle über jene Gebiete beendet, die im Rahmen aller internationalen Resolutionen einem palästinensischen unabhängigen Staat zuzuweisen sind – und damit schrittweise die Schaffung von Bedingungen für eine friedliche Lösung ermöglicht.
Und das nicht nur aus moralischen Gründen. Aufgrund des tödlichen Waffenarsenals, das heute so vielen Akteuren im Nahen Osten zur Verfügung steht, ist Frieden die einzige Garantie für unser Fortleben als jüdische Minderheit in einer mehrheitlich muslimischen Region. Dies ist die Wahrheit, ungeachtet der Frage, auf welcher Seite in diesem blutigen Konflikt die absolute Gerechtigkeit zu verorten ist, und ungeachtet, wie stark die militärische Übermacht Israels noch werden kann. Im Falle des Gebrauchs von Atomwaffen und Raketen mit einer Reichweite von Tausenden von Kilometern werden wir hier im Ernstfall ohnehin alle gemeinsam sterben.
„Nein, auch dort wollen sie anscheinend nicht, dass wir leben“, sage ich mir aufgewühlt in den Momenten, in denen mich Deutschland um den Schlaf bringt. Denn sonst würde Deutschland nicht die Solidarität mit der fatalen Politik der israelischen Regierungen der letzten Jahrzehnte ins Zentrum seines vermeintlichen Kampfes gegen den Antisemitismus stellen. Vielmehr würde es der Stimme von Juden und Israelis zuhören und ihnen eine Plattform geben, jener Stimme patriotischer Bürger, die sich der Politik ihrer Regierung in Israel widersetzen, auch wenn ihre zivilgesellschaftlichen Organisationen immer stärker unter Druck gesetzt werden.
Dringendere Themen
Aber entsprechend der neuen Antisemitismus-Definition sind sogar wir dazu bestimmt, im heutigen Deutschland als Antisemiten angesehen zu werden, während Angehörige der dritten Generation nach dem Holocaust noch nicht in der Lage sind, den Imperativen ihres Gewissens zu folgen. Etwa ein Abgeordneter aus den progressiven Reihen des Bundestags, der vor ein paar Jahren zu mir sagte: „Sind Sie hier, uns zu berichten, was bei Ihnen los ist? Was in den besetzten Gebieten los ist? Denken Sie, wir wissen das nicht ganz genau? Aber uns klar dagegen auszusprechen, würde für uns den Verlust unserer politischen Einflussmöglichkeit in Deutschland bedeuten. Und die brauchen wir für dringendere Themen.“
In der Zwischenzeit hat er oder haben seine Parteigenossen womöglich für die Resolution des Bundestages gestimmt, die den Fokus des Kampfes gegen den Antisemitismus in Deutschland nicht auf den wachsenden Rassismus aus dem rechten Lager richtet – zwar wendet sich dieser Rassismus vor allem gegen die Muslime in Deutschland, aber er zielt auch immer wieder auf Juden und Jüdinnen, ganz egal, wie sie zu Israel stehen –, sondern auf die Bekämpfung der BDS-Bewegung und die Unterstützung der Politik der israelischen Regierung. Bei beidem geht es um den israelisch-palästinensischen Konflikt, nicht um Antisemitismus.
Von Kaufering über Landsberg und München bis zum Bundestag in Berlin läuft in Deutschland vieles zunehmend falsch. Am 27. Januar jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 75. Mal und die Lehren aus den NS-Verbrechen verblassen immer mehr. Deutschland geht den einfachen Weg, es schützt nicht uns israelische Juden und Jüdinnen, sondern bedient seine politischen und wirtschaftlichen Interessen und stellt sich auf die Seite des – jüdisch-israelischen – Stärkeren auf seinem Weg ins Verhängnis. Das Herz und der Verstand wollen es kaum glauben.
Kommentare 38
Nur eine kleine Randbemerkung: Warum verfallen Sie auf das triviale Vokabular des "hilflosen Antifaschismus", indem Sie die larmoyante Selbstetikettierung des Nazifaschismus als "Nationalsozialismus" nachplappern. Wenn Kritik ihren Geist aufgibt, ist sie keine mehr.
Peter F. Schmitt
Vielen Dank für ihren Beitrag Frau Hammerman. Ich stimme ihnen voll und ganz zu. Die "Aufarbeitung" und "Erinnerungspolitik" ist leider ein Trauerspiel, da sie nie wirklich stattgefunden hat. Ich empfinde es als Schande, dass nach 75 Jahren Forderungen nach einem "Stopp" der Erinnerungsarbeit lauter werden, wo diese doch niemals, niemals ausreichend stattgefunden hat. Es tut mir in der Seele weh, zu lesen, was damit den Opfern und ihren Kindern und Enkeln vermittelt. Ich hoffe sehr, dass es zu einer Debatte kommen wird, um endlich anzuerkennen, dass eine Aufarbeitung noch aussteht. Das Resultat aus diesem Wegsehen, Verleugnen und scheinheiligem Schuldeingeständnis ist das was man nun (noch mehr) zu sehen bekommt - ein im besten Falle unsicheres Verhätnis/Verständnis von Antisemitismus. Ich finde ihre Sichtweise auf das Verhätnis von Deutschland zu israelischer Politik interessant und stimme Ihnen teilweise zu. Mit Sicherheit gibt es hier eine undifferenzierte Haltung Deutschland gegenüber der israelischen Politik - einerseits verbirgt sich hinter israelkritischer Haltung oft Antisemitismus, andererseits gibt es eine hilflose Schuldigkeit, die keine angebrachte Kritik ermöglicht und es scheint eben nur jene Extreme zu geben. Grund dafür ist mit Sicherheit die nicht stattgefundene Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Eine andere Aufarbeitung ist nötig. Um nur einige Beispiele zu nennen: verpflichtendes Auseinandersetzen mit der eigenen Familiengeschichte in der Schule, so wie es auch in Israel passiert; ein Auseinandersetzen mit den Opfern, nicht als Zahl, sondern als Einzelschicksal - siehe IRememberwall von YadVashem; Gedenktage als gesetzliche Feiertage; Lebhafter Dialog und Austausch; eine tatsächliche Erinnerungskultur, dh. mehr als Stolpersteine; uvm..
“Anfang 2018 forderte auch ein Landtagsabgeordneter der AfD, die Umsetzung des Projekts in seiner Stadt Singen einzustellen, als dort ein Stolperstein für den in Buchenwald ermordeten Kommunisten Ernst Thälmann verlegt werden sollte. Der Abgeordnete nutzte die Gelegenheit, um nicht nur gegen die deutschen Kommunisten zu wettern, sondern auch gegen das Gedenkprojekt als solches – ...“ UND …“Wenn diese Auseinandersetzung richtig verlaufen wäre, würde dieses Land nicht eine Kampagne gegen die Palästinenser ins Zentrum seines Kampfes gegen den Antisemitismus stellen, sondern den Kampf gegen die extreme Rechte, die von Neuem in der deutschen Gesellschaft Fuß fasst.“ Ich kann mich nicht so gut ausdrücken, aber da haben Sie so-was von recht! Möchte das belegen … Ich wohne in einen Ostdeutschen Provinznest, bei und hat der Karnevalsclub und der Schützenverein das sagen, auch gut ist, wenn man Fußball spielt. Da gibt es Leute, nicht von der AfD, die sich aber ein demokratisches Jäckchen anziehen, die wollten tatsächlich erreichen, die Ernst Thälmann Str. umzubenennen, ich glaube Thomas Müntzer war auch “Mode“! Da ist man auch mit der AfD auf gleicher Linie und da in unserem Nest, sowieso AfD die zweitstärkste “Wählergunst“ hatte, darf man die Leute nicht ausgrenzen - kommt von ganz oben! Stimmt ja eigentlich aber dann müsste auch kommen, ihr wisst aber was der Oberstudienrat Höcke so sagt, Stichwort: „Denkmal der Schande“ - Rede, ihr wisst, wen ihr da gewählt habt?! Sagt nicht dann, nee … das haben wir nicht gewusst! Herr Höcke darf nach Gerichtsbeschluss als Faschist bezeichnet werden! Ich Wette drauf, um Mehrheiten zu bekommen, dann ist die liebe Bürgerschaft auch Bereit, ganz offen mit der AfD zu “kuscheln“
Und wenn es sogar der EX Geheimdienstchef ist, der meint, wer uns wählt ist “Schnurtz“ … “Die Werteunion will erreichen, dass die CDU in Thüringen einen Ministerpräsidentenkandidaten stellt. Dafür könne man dann auch die AfD mit ins Boot holen.“ … dann braucht man sich bitte nicht wundern, das der Krampf äää Kampf bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus so “eigenartig“ verläuft! Mein letzter Satz dazu ist, 75 Jahrestag der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee der Sowjetunion, dieser Fakt wird immer mehr in Deutschland ( weggelassen, umschrieben oder sprachlich verwurstelt ) … Herr BP Steinmeier hat in seiner Rede in Yad Vashem vor einigen Tagen die Rote Armee der SU, nicht mit einem einzigen Wort erwähnt … ? Ich sage Ihnen, in Deutschland ist wieder alles möglich und ohne Grund hat meine Omi nicht gesagt: “Wenn die Mutter nach Zwiebeln riecht und der Vater nach Knoblauch, kann die Tochter nicht nach Rosen duften.“
Nochmals, Danke für Ihren Beitrag!
- es geht um das, was aus dem geschehenen bestand haben soll,
was außer dem denken an jetzt und morgen mit uns gehen soll.
- mittelalterliche städte vermitteln den eindruck jahrhundertealten über-lebens,
erscheinen als steinerne zeugen lebendigen wirkens,
über den tod von generationen hinaus.
- aber sie schweigen darüber, wie sich das leben und sterben
der bewohner/zugezogenen konkret begeben hat.
- das gedenken entspringt einem wollen und vermögen,
und kann auf vielerlei arten: fehl-gehen.
Empathie gehört ja nun nicht wirklich zu Deutschland
Jedenfalls nicht zum politischen und wirtschaftlichen und im Alltag ist es ja auch eher störend. Aber das ist leider eine vorherschende menschliche Eigenschaft.
Vergessen - Abstreiten - Ignorieren - Umdeuten - Wegscheiben, (die Nazis und der Hitler da oder die Großelterngeneration)! Verantwortung ist eben wählbar! Und in unserer wirtschaftsdikiterten und vom DOGMA des Megaprofit getriebenen Gesellschaft von leibhaftig gewordenen Ellenbogen im Wahrnehmungstunnel der Selbstgerechtigkeit, ist nun auch wirklich kein Platz für echte Menschlichkeit oder auch nur einen kurzen Moment der wahrhaft empfundenen Empathie für Dinge die 75 Jahre her sind .. .. .. Das ist eben Geschichte.
Man muss sich nur einmal ansehen, wie diese Gesellschaft bei allen Möglichkeiten die sie hätte, mit benachteiligten Mitmenschen der Genegenwart wirklich umgeht. Abseits der Pseudo-Hilfsrojekte, die hier und da wie Brotkrumen verkrümelt werden. Es sind Pflaster auf die Löcher, die das rudimentäre Gewissen gelegentlich in die narzistische Glaskuppel der SELBSTHERRLICHKEIT sticht. Der Ablass der Gegenwart.Aber es ist das gleiche Gefühl, die gleiche Fähigkeit - die hier fehlt! Empathie und Eigenverantwortung, selbst wenn es nur ein kleiner Anteil ist, den man hätte. Wenn alle wegsehen und mit dem Finger auf den Nächsten zeigen, ändert sich eben gar nichts!!!Wo soll da bitte echte Empathie für längst vergangene Geschichte entstehen!?Auch wenn und wohl grade WEIL es die Geschichte vom UNMENSCHEN, vom UNTIER in jedem von uns ist! Denn die Täter waren eben doch die, dessen Gene in jedem von uns stecken. Obs gefällt oder nicht. Und sie vormals normale durchschnittliche Menschen, wie Du und ich, haben es einfach mitgemacht oder auch nur wohlwollend ignoriert, weil sie einen kleinen aber realen Vorteil davon hatten, mehr nicht - MEHR NICHT! Ein besserer Job, eine kleine Karriere, eine bessere Wohnung oder nur eine billige Anbauwand oder ein unliebsamer Nachbar weniger .. Die Nazis machen es ja!
Genauso wie wir heute mit einem schlechten Gewissen zwar aber völlig alternativlos und mit unfassbarer Selbstsicherheit, den Kollegen über die Klippe der fristlosen Kündigung springen lassen, weil der Chef es will. Genauso wie wir Leute als CallCenterAgents über den Tisch ziehen, weil der Chef es verlangt und wir als Harzi ja auch nur als nutzloser Abschaum beschimpft werden würden.Genauso wie wir auf Obdachlose, die in Ihrer Zahl weiter steigen oder alleinerziehende Mütter mit miesem Niedriglohnjob verächtlich herabschauen, und uns dann wundern, wie so viele Kinder hier als Arm gelten können. Genauso haben auch unsere Großeltern lediglich versucht in einer verbrecherischen Diktatur, irgendwie ihr Leben zu leben.
Ich behaupte mal sehr frech, ein jeder von uns ist näher an einer Widerholung dieser schändlichen Zeit von Sodom und Gomorra, dieser dunklen Zeit unserer Gesellschaft, als es uns bewusst ist und uns lieb sein kann!Und auch die ach so selbstsichere Linke braucht da nicht den Finger auf andere zeigen, wieviele Menschen hat Stalin auf dem Gewissen???
Das Böse ist mit Hitler, Göbbels, Göhring, Himmler nicht gestorben, es lebt in uns allen weiter! Da muss man nur in die Türkei shauen, wie schnell sowas gehen kann .. Demokratie gegen Krieg und Unmenschlichkeit .. Dass ich nicht lache!!!
Der Mensch ist das Problem - nicht das System oder die Zeit.
Was Ehre und Verantwortung ist:
Im wissen um die eigene Lebensgefahr, todesmutig gegen die Selbstermächtigung zu Stimmen, .. .. .. Das ist Mut, Ehre, Verantwortung, Empathie!!!
"Das Leben kann man uns nehmen, - DIE EHRE NICHT!"
Zu spät, zu wenige, aber immerhin - ein Tod auf Raten für die Menschlichkeit und gegen das Verbrechen! Wo sind die Denkmäler für diese Deutschen???
"Zu spät, zu wenige, aber immerhin - ein Tod auf Raten für die Menschlichkeit und gegen das Verbrechen! Wo sind die Denkmäler für diese Deutschen???"
… die Sozialdemokraten haben freilich noch ihre Stimme erheben können, die Kommunisten konnten zu den Zeitpunkt nicht mehr, die waren schon im KZ eingesperrt!
... oder
NS-Opferrente gekürzt: Regierung in der Kritik - LVZ
Aufklärung und Emanzipation vs. Kapitalismus und Antisemitismus.
Die Quelle des Kapital-Faschismus: Nationalismus, Antisemitismus-Rassismus und Imperialismus, ist der Kapitalismus.
Wer den modifizierten Kapital-Faschismus: Nationalismus, Antisemitismus-Rassismus und Imperialismus, nachhaltig beseitigen will, der muss den Kapitalismus, die ''Soziale Marktwirtschaft'' der bürgerlichen ParlamentslobbyistInnen, der Finanz- und Monopolbourgeoisie, der Erbschafts-Multi-MillionärInnen und Dividenden-MilliardärInnen, überwinden und dauerhaft beseitigen!
PS: Wer den Kapitalismus, die ''Soziale Marktwirtschaft'' der Bourgeoisie und Aktionäre, der Konzernvorstände und Aufsichtsräte, der gehobenen StaatsdienerInnen, der Beamtenschaft und ParlamentarierInnen, unangetastet lassen will, der hat auch nicht die Absicht den Kapitalfaschismus und Antisemitismus in Deutschland zu beseitigen!
28.01.2020, R.S.
>>Die Quelle des Kapital-Faschismus: Nationalismus, Antisemitismus-Rassismus und Imperialismus, ist der Kapitalismus.<<
Das sehe ich auch so. In diesem Forum wird Dir aber kaum jemand zustimmen.
doch, begriffe-klopfer, die anschauungs-arme worte in die gegend hämmern.
»Die Quelle des Kapital-Faschismus: Nationalismus, Antisemitismus-Rassismus und Imperialismus, ist der Kapitalismus.«
Antisemitismus → Rassenideologie (Rassismus):
unwissenschaftlicher Versuch, mit Mitteln des Biologismus die barbarische Praxis reaktionärer Ausbeuterklassen zur Unterdrückung, Ausraubung und Vernichtung bestimmter Bevölkerungsschichten, politischer Vereinigungen und ganzer Völker ideologisch zu rechtfertigen.
Die Rassenideologie ist in unterschiedlichen Formen in Erscheinung getreten. In ihrer modernen Ausprägung ist sie ein bestimmender Bestandteil der Ideologie der reaktionären Monopolbourgeoisie imperialistischer Staaten. Abgesehen von frühen geschichtlichen Formen erhielt die Rassenideologie ihre eigentliche soziale Basis und internationale Verbreitung gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Übergang des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium. Die Monopolbourgeoisie und ihre Ideologen waren bestrebt, durch Verfälschung bestimmter naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und sozialhistorischer Tatsachen die zunehmende Ausbeutung und Unterdrückung des eigenen Volkes und die imperialistische Expansion sowie die Unterwerfung fremder Völker zu rechtfertigen.
Die heutige Rassenideologie breitete sich in den philosophischen, ethischen, sozialpolitischen u. a. Anschauungen der bürgerlichen Ideologie zunächst unter dem Einfluss der Eugenik aus, die den Herrschaftsanspruch der Ausbeuterklasse durch deren Deklarierung als „natürliche“ Führungsschicht über die „minderwertigen Armen“ mit der Übertragung biologischer Argumente in das soziale Leben zu rechtfertigen versucht. In enger Verbindung mit dem Sozialdarwinismus bildete sich die Glorifizierung der ausbeutenden „Herrenrasse“ mit zunehmender Aggressivität des Imperialismus nach innen und außen bis zur vollendeten Perversion aus: bis zur rassistischen Lobpreisung der Züchtung einer kampftüchtigen, kriegerischen Rasse (z. B. F. Nietzsche), zur Rechtfertigung imperialistischer Kriege, kolonialer Massaker und faschistischer Grausamkeiten, besonders gegen die Arbeiterklasse u. a. soziale Schichten.
Die Rassenideologie lieferte so den ideologischen Vorwand vor allem vom faschistischen deutschen Imperialismus (→ Faschismus) verübten Völkermords. Die durch den deutschen faschistischen Imperialismus bei den Völkern diskreditierte nazistische Form der Rassenideologie (Rassen-Antisemitismus, Blut- und Boden-Mystik) konnte nach 1945 offiziell weder beibehalten noch in einem der imperialistischen Staaten wieder zur Vorherrschaft gebracht werden. Aber auch gegenwärtig ist die Rassenideologie Teil der aggressiven imperialistischen Ideologie und Kriegspolitik sowie blutiges Instrument des inneren Terrors, ob als Rassen-Apartheid (vormals Südafrikanische Union, Rhodesien), als Rassen-Antinegridentum (vor allem in den USA), als Antisemitismus (wie er sich wieder in der BRD zeigt) usw.
Das politisch-ideologische Hauptmerkmal der gegenwärtigen Rassenideologie ist ihre enge Verknüpfung mit dem → Antikommunismus. Wissenschaftlich ist die Rassenideologie unhaltbar. Die rassistische Verknüpfung von Rasse und Wert ist wissenschaftlich ebenso unhaltbar und antihumanistisch wie die Annahme sog. Reiner Rassen und der angeblich aus der Rassenmischung folgenden Minderwertigkeit der Menschen.
»Wer den Kapitalismus, die ''Soziale Marktwirtschaft'' der Bourgeoisie und Aktionäre, der Konzernvorstände und Aufsichtsräte, der gehobenen StaatsdienerInnen, der Beamtenschaft und ParlamentarierInnen, unangetastet lassen will, der hat auch nicht die Absicht den Kapitalfaschismus und Antisemitismus in Deutschland zu beseitigen!«
28.01.2020, R.S.
Deutsch ist zwar nicht meine Muttersprache aber ich glaube, ich schreibe ein verständlicheres Deutsch als Sie. Ihre teilweise unverständliche Schreibe empfinde ich als Respektlosigkeit gegenüber den MitdiskutatInnen!
derartige ablehnung ertrage ich.
sie kommt immer aus einer ecke,
die respekt fordert vor konventionen,
die autorität behaupten aber nur bequemlichkeiten
(nicht nur) beim text-konsumieren schützen.
Zum Inhalt des Artikels:
Ich kann die Erfahrungen der Autorin leider nur bestätigen. Seit vielen Jahren besuche ich jüdische Friedhöfe. Sie sind immer versteckt, schwer zu finden und man muß jemand herausklingeln, um an die Schlüssel zu kommen. Oft findet man nur notdürftig entfernte Schmierereien. Davor stehen immer offizielle Schilder, die die Friedhöfe den Schutz der Allgemeinheit anempfehlen und vor Schändungen warnen.
Ein alter Jude sagte mir einmal, es würde drei Generationen dauern bis Täter und Opfer diese schrecklichen Dinge verarbeitet hätten. Vielleicht ist die skurrile Antisemitismusdiskussion ein Beleg für diese These?. Ich weiß es nicht.....
diese mängel sind zeichen für: "bloße" un-entschiedenheit.
eine abwehr gegen eingeständnisse,
auch der hilf-losigkeit gegenüber dem barbarischen,
das immer noch lauern könnte.
verantwortungs-flucht.
oder?
"Jahrzehntelang versuchten Anwohner und Behörden nach dem Krieg, die Existenz dieser Lager zu ignorieren und sie der Vergessenheit anheimfallen zu lassen."
Um das zu erklären, muss man sich in meinen Augen vergegenwärtigen, dass es sich beim Holocaust auch um Vertreibung und den Raubmord an Milionen von Menschen handelte. Der gesamte Besitz der Juden wurde "arisiert" und geraubt. Die Stadt Landsberg besass wie alle anderen deutschen Städte die Häuser und Grundstücke der Juden, sofern sie nicht versteigert wurden, und deutsche Bürger erwarben bei Versteigerungen billig den Haushalt, Schmuck, Kunstgegenstände der Juden oder deren Geschäfte. Das faschistische Regime finanzierte den Krieg zum Teil ( ca. 7 % der Kriegsausgaben) aus jüdischem Vermögen und liess die Bevölkerung an der Vertreibung und dem Raubmord am jüdischen Volk profitieren. Wie sollten nun die Menschen, welche selbst die Möbel, Kronleuchter, den Schmuck der Nachbarn besassen, die Mörder verurteilen und den ermordeten Nachbarn gedenken. Verdrängung war die Lösung für die Nachkriegszeit, was bis heute nachwirkt.
Wie Berliner Finanzbehörden jüdisches Eigentum raubten Vor 75 Jahren begannen die Deportationen von Berliner Juden. Die Finanzverwaltung organisierte ihre Enteignung.
Holocaust: Die Bilanz der »materiellen Schoah«.
In Ergänzung meines Kommentars mag als ein Beispiel aus der Hochfinanz das private Bankhaus Mendelssohn in Berlin dienen.
"Im Rahmen der „Arisierung“ wurden die „arischen“ Mitarbeiter sowie die Aktiva und Passiva der Mendelssohn-Bank ohne Gegenleistung von der Deutschen Bank übernommen. Die Verhandlungen darüber führten der Seniorchef von Mendelssohn & Co., Rudolf Löb, sowie Hermann Josef Abs, das jüngste Vorstandsmitglied der Deutschen Bank." (Wikipedia)
Noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts wies das Verwaltungsgericht Berlin die Forderung auf Entschädigung für das Mendelssohn-Bankgebäude in der Jägerstr. Berlin und Wiedergutmachung an die Erbengemeinschaft Paul Mendelssohn aus formalen Gründen ab. Die "Arisierung" des Besitzes per faschistischem Gesetz wurde gar nicht thematisiert.
Mendelssohn-Erben unterliegen im Kampf um Bankhaus.
Die Deutschen wurden für ihre Berbrechen nie richtig bestraft. Nur eine winzige Minderheit wurde zur Verantwortung gezogen. Während die Siegernationen noch unter den Kriegsfolgen litten - in GB gab es noch Jahre nach Kriegsende Lebensmittelkarten - ging es den Deutschen schnell wieder gut. Der Marshall-Plan - ein geschicktes US-Konjukturprogramm, durch das kein einziger Dollar nach Deutschland flos - bescherte im Westen das Wirtschaftswunder. So glaubten die Deutschen, die anfänglich den berechtigten Zorn der Sieger fürchteten, man habe ihnen die Nazizeit "durchgehen" lassen. Sie wurden immer frecher, verhöhnten die Opfer und machten weiter wie bisher. Die Menschen sind wie Kinder, sie lernen nur, wenn sie den Prozeß Strafe und Sühne durchlaufen. Das fehlte in der BRD gänzlich...
Die NSDAP der Volksgemeinschaft des Kapitals.
»Holocaust-Gedenkveranstaltungen - Von der Unmöglichkeit des Erinnerns. Zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz nimmt das Erinnern kein Ende. Unser Gastautor ist selbst Jude. Ihn nervt die zur Schau gestellte Betroffenheit allmählich. Er fragt: Was bringt es, der Toten zu gedenken, wenn einem die lebenden Juden egal sind?«
Vgl. CICERO.de **
Kommentar von R.S.:
Aufklärung und Emanzipation vs. Kapitalismus und Antisemitismus.
Die Quelle des Kapital-Faschismus: Nationalismus, Antisemitismus-Rassismus und Imperialismus, ist der Kapitalismus.
Wer den modifizierten Kapital-Faschismus: Nationalismus, Antisemitismus-Rassismus und Imperialismus, nachhaltig beseitigen will, der muss den Kapitalismus, die ''Soziale Marktwirtschaft'' der bürgerlichen ParlamentslobbyistInnen, der Finanz- und Monopolbourgeoisie, der Erbschafts-Multi-MillionärInnen, Siemens'schen und Quandt'schen Dividenden-MilliardärInnen, überwinden und dauerhaft beseitigen!
PS: Wer den Kapitalismus, die ''Soziale Marktwirtschaft'' der Bourgeoisie und Aktionäre, der Konzernvorstände und Aufsichtsräte, der gehobenen StaatsdienerInnen, der Beamtenschaft und ParlamentarierInnen, unangetastet lassen will, der hat auch nicht die Absicht den Kapitalfaschismus und Antisemitismus in Deutschland zu beseitigen!«
Erwiderung von Achim de Jong:
»Was für ein Kraut rauchen denn Sie? Sie wissen schon dass die Nationalsozialisten die Juden als die Repräsentanten des internationalen Finanzkapitals sahen und auch deswegen hassten. Gelle! Und Sie wissen hoffentlich dass Pogrome und Hass auf Juden aus vorkapitalistischer und vornationaler Zeit stammen. Sie wissen hoffentlich, dass die nationalen Bewegungen in Westeuropa und der Kapitalismus viel zur Emanzipation der Juden beigetragen haben. Das Völkische und der Rassismus, d.h. die Überhöhung des Volkes zur Rasse ist eine Pervertierung des nationalen Gedankens, der aus einer Masse von Untertanen eine Gemeinschaft von Staatsbürgern machen möchte ( Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit). --
Aus der Phraseologie der Sozialisten spricht nur der Neid, die Gier und die Kulturlosigkeit des Pöbels.« Vgl. CICERO-Kommentare **
Antwort von R.S.:
Die NSDAP der deutschen Industrie.
Zur Gier und Kulturlosigkeit des monopol- kapitalistischen Pöbels:
„Der Andrang der Klub-Mitglieder zum Hitler-Vortrag übersteigt tatsächlich meine kühnsten Erwartungen und der große Saal im Parkhotel ist leider nicht größer zu machen, als er nun einmal ist.“ *
Am 26 Januar 1932 versammelten sich etwa 400-500 Industrielle aus dem Industriegebiet an Rhein und Ruhr. Ihnen präsentierte sich Hitler. Niemand verfügte über mehr Möglichkeiten, die Parteikasse aufzufüllen, als die hier Erschienenen.
* Schreiben von Karl Haniel an Gustav Krupp von Bohlen und Hallbach. Zit. Nach Trumpp, Zur Finanzierung der NSDAP durch die deutsche Großindustrie, S. 229 ff.«
** Vgl. Holocaust-Gedenkveranstaltungen Von der Unmöglichkeit des Erinnerns GASTBEITRAG VON SERGEY LAGODINSKY am 28. Januar 2020 https://www.cicero.de/innenpolitik/holocaust-gedenkveranstaltungen-juden-antisemitismus-rituale
Lese-Empfehlung: Geschichte der NSDAP : 1920 bis 1945
Kurt Pätzold/Manfred Weißbecker. – Köln : PapyRossa Verl., 1998
29.01.2020, R.S. (Zusammenfassung)
ja, ein schändliches, kriminelles verfahren, von höchster stelle betrieben,
von zahl-losen minder-mächtigen zur bereicherung genutzt.
in den letzten friedens-jahren, als das waren-angebot aufgrund
der hoch-rüstung schon knapper wurde...
schändlicher als jede apartheid, die ohnehin schon
die entwicklungs-möglichkeiten der ent-rechteten erdrosselte.
Tatsächlich muss ich sagen, dass bei dieser zelebrierten Erinnerungskultur etwas entschieden fehlt, nämlich tatsächlich der Blick in die Familien und deren Verstrickung. Dadurch dass vor allem Opfergschichten gezeigt, gedruckt und erzählt werden, fällt es viel leihter sich mit den Opfern zu identifizieren als heraus zu arbeiten, wie die eigenen Väter und Großväter und -mütter gehandelt haben, wie sie profitiert haben, wie sie, meist eher als Rädchen, aber eben dennoch beteiligt waren an dem großen Unternehmen Juden-, Behinderten-, "Zigeuner"- und Slawenvernichtung.
Ich beschäftige mich im Prinzip seit meiner frühesten Kindheit (da vor allem unbewusst und in Träumen) mit dieser Familiengeschichte und immer, wenn ich glaube, ich könnte es sozusagen abschließen, folgt eine neue Wendung.
Ich glaube, inzwischen müssten viel mehr diese Täter-Familiengeschichten erzählt werden und das können naturgemäß vor allem die Nachkriegskinder, (denn die Täter selbst schwiegen ja und leugneten) , die sich auf den Weg gemacht haben und bereit waren hinzuschauen und insistierend zu fragen. Das wäre meiner Ansicht nach mindestens ebenso wichtig, wie die Erzählung der Opfer. Vor allem im Land der Täter, aber eben auch generell, denn letztlich halte ich keine Generation und keine Ethnie für gefeit vor dem Abrutschen in die Barbarei, vor allem wenn sie so ordentlich und "gesetzestreu" daher kommt.
Was Sie vorschlagen, sich damit zu beschäftigen, wie sich die Ur- und Großeltern zunächst an der Arisierung jüdischen Eigentums und später am Eigentum der deportierten Juden bereicherten, tut dieser empfehlenswerte Dokumentarfilm, den ich mir eben angesehen habe: "Die Versteigerer - Profiteure des Holocausts. ". Er zeigt anhand der aufgefundenen Buchhaltungsunterlagen von 1933-1945 eines Versteigerers in Leipzig, aber zusätzlich auch mit Interviews und Fallbeispielen aus ganz Deutschland, wie der komplette Haushalt der Juden jeweils öffentlich zur Versteigerung gelangte und von den Volksgenossen billig ersteigert wurde.
"Mit der Akribie eines deutschen Beamten hat der Versteigerer Hans Klemm in Leipzig jeden Verkauf ehemals jüdischen Eigentums zwischen 1933 und 1944 dokumentiert. In unzähligen Listen sind die von den ausreisenden und deportierten Juden zurückgelassenen Gegenstände erfasst: Betten und Schränke, Tische und Stühle, Bettwäsche, Kleidung, Musikinstrumente und Spielzeug. Jeder Gegenstand wird geschätzt und dann versteigert. Als Auftraggeber fungieren damals die Geheime Staatspolizei oder die Oberfinanzdirektion, die das Geld zugunsten der Reichskasse einziehen. Doch auch der Versteigerer selbst erzielt gewaltige Gewinne. 10 Prozent des Versteigerungserlöses stehen ihm zu. Die Gewinne von Hans Klemm steigen in der NS-Zeit von etwa 10.000 auf über 100.000 Reichsmark pro Jahr.
Die Aktenfunde rund um den Leipziger Versteigerer Klemm waren für die beiden Filmemacher Jan N. Lorenzen und Michael Schönherr der Anlass, sich auf eine Reise durch Deutschland zu begeben. In mühseliger Recherche haben sie festgestellt: Überall, in jeder Stadt und in jedem kleinen Dorf, in dem Juden gelebt haben, sind deren Habseligkeiten meist unmittelbar nach deren Deportation unter den Hammer gekommen und dies wurde genau dokumentiert: .........
Mit der Zerstörung deutscher Städte im Bombenkrieg steigt der Bedarf an Einrichtungsgegenständen ins Unermessliche. Die Möbel der deutschen Juden reichen nicht mehr aus. Ab 1942 werden auch die Wohnungen der französischen und holländischen Juden geplündert, die Möbel von Spediteuren nach Deutschland gebracht:......... Jeder, der kaufte, wusste, die Deportierten kommen nicht zurück!"
Die Versteigerer - Profiteure des Holocaust. Film von Jan N. Lorenzen und Michael Schönherr. (nur bis 2.2.2020 in der MDR-Mediathek verfügbar!)
Danke für den Hinweis.
Es geht mir aber um noch mehr. Z.B. sind meine Großeltern als aus West- und Ostpreußen stammend, 1938 von Berlin nach Graudenz (nahe Danzig)gezogen und haben dort als eher kleinbürgerliche Leute, wie meine Mutter Jahrzehnte später erwog, in einer sehr gutbürgerlichen entweder arisierten Wohnung oder in einer von vertriebenen Polen gewohnt. Sie hatten dort ein polnisches Kindermädchen/Haushaltshilfe, die meine Mutter fast als eine Freundin empfand. Sie hatte nach dem Krieg weiter Kontakt mit ihr. Sie war in den 70er Jahren bei meinen Eltern zu Besuch und ich fragte sie dann, wie es komme, dass meine kleinbürgerlichen Großeltern eine Haushaltshilfe hatten. Die Antwort: Sie musste eine Arbeitsstelle bei Deutschen nachweisen, damitsie nicht nach Deutschland zur Zwangsarbeit deportiert wurde. Tatsächlich war sie also Zwangsarbeiterin bei meinem SA-Großvater. Und als meine Mutter sich noch gegen die Wahrheit, dass es eigentlich Sklavenarbeit war, die sie leisten musste, auch wenn es ihr bei meinen Großeltern wohl nicht ganz schlecht ging, sträubte, sagte sie den in seiner Formulierung verräterischen Satz: Später mussten wir sie an die Rüstungsindustrie ABGEBEN.
Was mein Großvater als Polizist und später SA-Mann in Berlin gemacht hat, habe ich nicht heraus gefunden, er hat ja auch geleugnet. Aber meine und die Fantasie meiner Mutter in späteren Jahren hat dann ihm vieles zugetraut.
Und solche vergleichbaren Dinge gibt es auch in der väterlichen Familie.
Damit meine ich also die vielfältigen "kleinen" Scheußlichkeiten, Verwaltungsakte, die ja eben viele leisteten um das System am Laufen zu halten. Nicht jeder war ein Amon Göth oder Rudolf Höß oder Mengele.
Aber in wahrscheinlich den meisten Familien kann man mehr oder weniger solcher Verstrickungen finden oder angesichts der Anzahl der Arbeitslager zumindest das Wissen und das bewusste Wegsehen.
Sehr lesenswert und ein interessantes Panorama an Eindrücken!
danke für den hinweis.
Vielen vielen Dank für die wahren Worte.......
Danke für diesen Beitrag!
Herzlichst
Die Applauskonserve des dF
Zur Ergänzung ein Gespräch Der Schatten der Täter
Es gab vor einigen Jahren den Film des Bruders der Autorin, Malte Ludin
2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß
Und auch das habe ich gefunden, wobei der Film die erste Passage einfach wiederholt, Ladefehler
Ergänzung: Die Lesebeispiele finde ich persönlich stilistisch eigentlich eher entnervend. Den Film ihres Bruders finde ich da besser.
Zweifelsfrei lag das Primat der Ökonomie, der deutschen [auch britischen und amerikanischen] Finanz- und Monopolbourgeoisie und deren ökonomisch-politischen Administration, auf die imperialistische Eroberung Osteuropas, insbesondere auf die Liquidierung der staatlichen und gesellschaftspolitischen Existenz der Sowjetunion und auf der (geplanten und beabsichtigten) physischen Ausrottung großer Teile von deren Bevölkerung.
''Nicht jeder war ein Amon Göth oder Rudolf Höß oder Mengele.''
Aber auch die Mehrheit, der deutschen und österreichischen Bevölkerung, hatte ein aktives Interesse an ihrer Teilhabe und Partizipation, an den materiellen Früchten der anstehenden Plünderung und Ausbeutung vorhandener Reichtümer in und an den eroberten osteuropäischen Gebieten.
►Erinnern wir uns doch auch an die passive Beteiligung der großen Mehrheit der [christlich-evangelikalen] Deutschen, bei der Vertreibung der Deutschen jüdischen Glaubens und bei der Plünderung des jüdischen Eigentums. Bei der gierigen Übernahme vormals jüdischer Geschäfte, deren Kanzleien und Unternehmen. Aber auch von vormals (deutsch-jüdischen) Immobilien, Wohnungen, Hausrat und Inventar. In ganz Deutschland betätigten sich vieltausendfach deutsche BürgerInnen an und mit ihrer persönlichen und familiären Bereicherung an den (unfreiwilligen und billigen) Hinterlassenschaften.
►Nach 1945 wussten sie in ihrer angeblichen und vorgeblichen Mehrheit nichts von ihren zuvor freiwillig daran beteiligten Verbrechen. Die Fakten widerlegten deren offizielle Verdrängung und Bewusstseinsspaltung. →
Vor Kriegsende erreichte die NSDAP einen freiwilligen Mitgliederbestand zwischen 8 und 9 Millionen Parteimitglieder, vor allem männlichen Geschlechts. Jede zweite Familie in Deutschland und Österreich hatte einen/ihren freiwilligen (männlichen) Kameraden in der NSDAP. →
Die nach Millionen zählende freiwillige Mitgliedschaft der NSDAP und deren Familien wusste um die Zielsetzung ihrer kapital-faschistischen Führung nach Ausrottung der Menschen jüdischen Glaubens in Europa, aber auch um die drohende und beabsichtigte physische Vernichtung großer Teile der osteuropäischen und sowjetischen Völker. →
PS: Allenfalls setzte sich diese Zielsetzung: Eliminierung des sowjetischen Widerstands und Einverleibung des dortigen Rohstoffreichtums, nach der Gründung der NATO und der westdeutschen BRD 1949, im sog. ''Kalten Krieg'', modifiziert bis heute fort.
Lese-Empfehlung:
● Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker: Geschichte der NSDAP : 1920 bis 1945. PapyRossa Verlag.
● Wilhelm Reich: Die Massenpsychologie des Faschismus.
● Rainer Mausfeld: Warum schweigen die Lämmer? Westend Verlag 2018/2019.
30.01.2020, R.S.
Kopp abb .., is ja auch keine Lösung oder!
"Die Deutschen wurden für ihre Verbrechen nie richtig bestraft. .. - .. Die Menschen sind wie Kinder, sie lernen nur, wenn sie den Prozeß Strafe und Sühne durchlaufen. Das fehlte in der BRD gänzlich..."
Die Alternative wär gewesen, die Guilloutine für Jahre auf die Marktplätze zurück zu holen! Motto: "Alle Kopp Abb .., den Franzosen hat es damals ja auch nicht geschadet!"
Ich widerspreche da teilweise, es werden immer und wurden auch hier einige Säue durchs Dorf getrieben! Und wenn man sich die vielen Toten in russischer Gefangenschaft ansieht, .. Es gab schon Strafe, Schmerz, Leid, Sühne, Rache! Aber die meisten waren dann tot und der Rest wurde praktischer Weise entnazifiziert!
Es wäre heute notwendiger denn je, die Verantwortung der "MITLÄUFER/INNEN" in den Fokus zu holen!
Stattdessen schauen die Deutschen Dokus über Adolf's Familie und Göbbel's Lieblingsspinnereien im okkulten Traumland - rümpfen verächtlich die Nase und wundern sich über die Generation NAZI-Eltern oder Großeltern .. .. ..! 7
Und leben im HIER und Jetzt oder für SICH und nicht die ANDEREN .. .. ..
"Damit meine ich also die vielfältigen "kleinen" Scheußlichkeiten, Verwaltungsakte, die ja eben viele leisteten um das System am Laufen zu halten. Nicht jeder war ein Amon Göth oder Rudolf Höß oder Mengele."
Da stimme ich vollkommen zu! Das scheint wohl auch eines der Probleme zu sein! Die meisten konnten sich in vermeindlicher Unschuld baden und hinter Schutzbehauptungen verstecken.
"apatit" scheint es empörend zu finden, daß AfD-Höcke das Denkmal für die Millionen ermordeten Juden in Europa ein "Denkmal der Schande" nennt.
Meinen Sie etwa, daß die versuchte Ausrottung der europäischen Juden durch den deutschen Staat der deutschen Nation zur Ehre gereicht? Ich meine, es ist eine Schande für die deutsche Nation.
Was dem Höcke angekreidet werden muß, ist daß der offenbar der Auffassung ist, daß man nur Denkmäler aufstellen soll, die ehrenhafte Ereignisse der Nation würdigen, aber auf keinen FAll, solche der Schande. Nicht aber, daß er die Ermordung von Juden als eine solche Schande bezeichnet.
... verstehe ich leider nicht, was Sie mir damit sagen wollen!
Klare Worte nix verstehn?
ES geht um die Frage, ob die versuchte Ausrottung von 11 Millionen Juden in Europa auszurotten, der deutschen Nation zur Ehre gereicht, oder eine Schande ist für die deutsche Nation, oder für "die Deutschen", wenn sie so wollen.
Ich wundere mich schon lange darüber, daß die meisten Vertreter der bürgerlichen Politik es offenbar als eine Ehre ansehen, Juden ausrotten zu wollen, indem sie sich über die entgegengesetzte Aussage empören.
Viele von diesen Leuten betrachten es ja auch als Beleidigung, als Jude bezeichnet zu werden. Mein ex-Genosse Richard Herzinger ist so ein Fall.
Aha...
Da ist offensichtlich ein Mißverständnis ausgeräumt worden.
Wir sind uns jetzt wohl einig, daß die versuchte Ausrottung aller europäischen Juden eine Schande der Nation ist, und daß das Denkmal mit den vielen Stelen zwischen Behrenstraße, Ebertstraße und Hanna-Ahrend-Straße zurecht dort steht.
Mich wundert, warum die Autorin die DP-Lager der Jahre 1945-51, von denen in Landsberg eines der größten war, nicht erwähnt.
In den DP-Lagern hatten die Zionisten die Trennung der jüdischen Flüchtlinge von allen anderen durchgesetzt. Sie verhinderten, daß jüdische Kinder aus dem Elend der Flüchtlingslager in sichere Länder wie Schweiz, England, Frankreich oder USA verbracht wurden. Es ging denen nur darum, Soldaten für die Eroberung von Palestina und Kolonisten die Besiedlung des dann von den Eingeborenen "befreiten" Landes.