Die gleichgültige Form

Meister der Gründlichkeit Poetisches und Analytisches von Franz Josef Czernin
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Wenn ein Dichter heute Sonette schreibt, dann kündet das von Gelehrsamkeit. Wer auf diese strenge Gedichtform zurückgreift, die im deutschsprachigen Raum ihre Blüte im Barock hatte, zitiert, bewusst konservativ oder ironisch, stets zugleich ihre Geschichte herbei. Die Wahl der Gattung ist bereits vor dem Wortlaut Aussage.

Franz Josef Czernin bewahrt die Form des Sonetts und kombiniert sie mit einer gestörten Syntax sowie mit irritierenden semantischen Abweichungen von der Norm. Beides ist in der schönen Literatur und insbesondere in der Lyrik ohnedies angelegt, aber im Gefolge des Realismus bisweilen vergessen worden. Einzelne Formulierungen eröffnen einen Assoziationsspielraum, der häufig zurückverweist auf die Motivik und das Weltbild des Barock, ab