Gabriela Keller ist eine erfahrene Journalistin. Als Reporterin reiste sie nach Syrien und in den Jemen, in den Iran und den Libanon. In Länder also, die entweder von Kriegen erschüttert sind oder zumindest von chronischer Instabilität geprägt. In ihrem Buch Bereit für den Untergang: Prepper aber berichtet die preisgekrönte Autorin aus Deutschland, wo sich eine wachsende Zahl von – überwiegend – Männern darauf vorbereitet, dass ihre bundesrepublikanische Wirklichkeit mit fließend Wasser, Heizung und vollem Kühlschrank zu Ende geht. Dass eine kosmische Apokalypse, ein Bürgerkrieg oder auch nur ein flächendeckender, wochenlang andauernder Blackout zu Mord und Totschlag, Plünderungen und dem Zerfall des menschlichen
all des menschlichen Miteinanders führt. Auf dieses Ende unserer Zivilisation wollen die Prepper, die Gabriela Keller bei ihren Recherchen als „normale Durchschnittsdeutsche mit normalem Durchschnittsleben“ kennengelernt hat, vorbereitet sein.Gabriela Keller – das gleich vorweg – ist eine umfassende und lesenswerte Analyse des deutschen Prepper-(Un)Wesens gelungen. Die Autorin beschreibt, wer die Akteure sind, was sie an- und umtreibt, woher ihre diffuse Angst kommt vor dem Ende der Welt, wie wir sie kennen. In den Medien waren Prepper zuletzt meist im Zusammenhang mit rechtsextremen Gruppen wie „Nordkreuz“ und „Gruppe S.“ oder der militanten Vereinigung „Uniter“ und dem obskuren „Hanibal“-Netzwerk eines Ex-KSK-Soldaten aufgetaucht. Durchweg Gruppen, die sich offenbar nicht nur auf den Zusammenbruch des politischen Systems in Deutschland vorbereiteten, sondern diesen wohl auch herbeiführen wollten. Die Prepper-Bewegung, schreibt Keller, befindet sich aber längst in der Mitte der Gesellschaft.Aber was heißt schon Bewegung: Mit Begriffen und Definitionen komme man in der gestaltlosen und unorganisierten Prepper-Gemeinschaft nicht weit, räumt die Autorin ein. Schätzungen gehen von 10.000 bis 180.000 Preppern aus. Sie sind Einzelgänger, Kleingruppen, lokale Stammtische und lose, meist über Social Media verknüpfte Netzwerke. Keller spricht in diesem Zusammenhang von einer „Assoziationswolke“ aus einzelnen Events, Workshops, Outdoor-Messen, Fachhandlungen und persönlichen Kontakten. Die Spannbreite des Phänomens reiche von Normalbürgern, die wie von der Regierung empfohlen Lebensmittel für zehn Tage daheim im Schrank stehen haben, bis zu hartgesottenen Tag-X-Strategen, die Fässer mit Lebensmitteln im Wald vergraben und sich bewaffnen. Was sie alle eint, ist ein grundsätzliches Misstrauen in den Staat und die Demokratie. Zwar seien deswegen nicht alle Prepper auch Extremisten, hebt Keller hervor. Aber eine wachsende Zahl von ihnen militarisiere sich und werde so – nicht zuletzt auch wegen ihrer Anfälligkeit für demokratiefeindliche Parolen und Verschwörungstheorien – zu einer Gefahr für das demokratische Gemeinwesen.Bei ihren Recherchen für das Buch traf die Autorin verschiedenste Typen der deutschen Prepper-Gemeinschaft. Im sachsen-anhaltinischen Maasdorf etwa sprach sie mit einem Aussteiger aus Österreich, der mit seiner Familie und Freunden den maroden Gutshof zur Trutzburg für den Tag X umgestalten will. Mit selbst gebauten Erdfiltern und Räucheröfen ist das Prepper-Refugium – Motto: „Krisenfest leben!“ – zugleich Alterssitz und alternatives Wohnprojekt für Prepper und zivilisationsmüde Frührentner. In einem Brandenburger Dorf hingegen setzt ein 58-Jähriger auf Selbstversorgung mit eigenem Bienenvolk, Obst und Gemüse aus dem Garten und Walkie-Talkies. Das eigene Haus hat er mit Notstromaggregat, Alarmanlage und Videokamera am Carport aufgerüstet. „Wenn in Berlin die Horden verrückt spielen, hat man seine Vorkehrungen“, sagt er.Wer bei der Planung versagtNatürlich beschreibt Keller auch von Rechtsextremisten dominierte Gruppierungen, bei denen die Vorbereitungen für den Krisenfall eng mit zum Teil drastischen Gewaltfantasien verknüpft sind. So etwa das Prepper-Netzwerk „Zuflucht“, das sich mit Schießtrainings und illegaler Waffenbeschaffung auf einen „Rassenkrieg“ vorbereitet, den man von einem sicheren Zufluchtsort nahe Leipzig aus führen will. Und sie lässt Prepper- und Businesstrainer zu Wort kommen, die ein breites Spektrum an Kursen und Workshops für Privat- und Geschäftskunden anbieten. Unter dem Slogan „Wer bei der Planung versagt, plant sein Versagen“ hämmern sie ihren Kunden die Notwendigkeit einer umfassenden Vorsorge für den Tag X ein.Bei aller kritischen Distanz zu den Auswüchsen des Preppings vermeidet Keller gleichwohl eine Verurteilung ihrer Akteure. Deren postapokalyptische Visionen wirkten häufig wie eine Verklärung vergangener Zeiten. „Was viele von ihnen teilen, ist die Sehnsucht nach einer reineren, klareren, verloren geglaubten Welt.“ Prepping sei daher immer auch eine Form kritischer Gegenwartsanalyse. Aus diesem Grund sollte man Prepper ernst nehmen, denn ihre Vorbereitungen auf den Zusammenbruch würden viel aussagen über den Zustand der Welt, in der wir leben.Placeholder infobox-1