Grüne Offerte

KOMMENTAR Nachdem die PDS im Herbst vergangenen Jahres der Berliner CDU ein Angebot zur friedlichen Koexistenz gemacht hatte und die Christdemokraten darauf ...

Nachdem die PDS im Herbst vergangenen Jahres der Berliner CDU ein Angebot zur friedlichen Koexistenz gemacht hatte und die Christdemokraten darauf irgendwie unangenehm berührt reagierten, stand zumindest fest, dass beide Parteien in den jeweiligen Stadthälften die Meinungsführerschaft haben. Vielleicht fremdelten die demokratischen Sozialisten deshalb jetzt so auffällig, als sie überraschend ein Angebot der Bündnisgrünen erhielten, das eine Regierungskoalition mit der PDS nicht mehr grundsätzlich ausschließt. Die Ostberliner 40-Prozent-Partei möchte selber bestimmen, wo die Reise langgeht. Und es könnte sein, dass die Offerte der Grünen sie in einem Moment erreicht, in dem die künftige Politik der PDS ungeklärt scheint. Reformer und Revolutionäre misstrauen sich gegenseitig. Vor allem Andre Brié und Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch stehen unter dem Generalverdacht des politischen Reformismus. Hinzu kommt, dass in der zweigeteilten Stadt Berlin die Definitionsmuster des Kalten Krieges auf beiden Seiten noch immer große Prägungskraft besitzen. Das musste bei der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus vor allem die SPD spüren, die zwischen den beiden Volksparteien CDU und PDS fast aufgerieben wurde. Die Bündnisgrünen sind als erfahrene Berliner Parlamentsopposition in einer besseren Lage. Beim Thema soziale Gerechtigkeit sind sie von der Autofahrerpartei PDS nicht weit entfernt. Bei Umwelt- und Verkehrsthemen können die Sozialisten bei den Grünen lernen. Sie sollten deshalb pragmatisch reagieren und das Angebot zur Zusammenarbeit ernst nehmen. Die in den Jahren der großen Koalition von CDU und SPD erstarrte Berliner Politiklandschaft kann derartige grenzüberschreitende Denkanstöße sehr gut vertragen. Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt haben schließlich gezeigt, dass eine Beteiligung der PDS an Landesregierungen funktioniert, während der strikte Abgrenzungskurs in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Berlin nur den Gebrandmarkten genutzt hat. Politik sollte zehn Jahre nach dem Fall der Mauer an Themen definiert werden und nicht an Glaubensfragen. Das spielt nur den Hardlinern in sämtlichen demokratischen Parteien in die Hände, die PDS eingeschlossen.

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