Kommentar

Kongress von "Rifondazione Comunista" in Italien Injektionen des Patriarchen

Parteichef Fausto Bertinotti hat auf der ganzen Linie gesiegt und sich souverän durchgesetzt - gegen den Widerstand der Trotzkisten und der so genannten "Traditionalisten", die immerhin fast 30 Prozent der Partei ausmachen und sich einer Vorstellung von der "Avantgarde im Klassenkampf" nach wie vor verpflichtet fühlen. Rifondazione Comunista (PRC) - einst zusammen mit den Linksdemokraten (DS) aus den Überresten der Kommunistischen Partei Italiens (PCI) hervorgegangen - hat sich nun endgültig vom Erbe der Mutterpartei gelöst und eine eigene Identität herausgebildet. Man will eine "antikapitalistische" politische Kraft bleiben und dieses Dasein als "neue kommunistische Partei der Massen" bestreiten. Die Neuerungen, die Bertinotti mit seinen 63 Thesen der Partei injiziert hat, gelten vor allem einer sich dynamisch wandelnden italienischen Gesellschaft, die vom Aufstieg der Anti-Globalisierungsbewegung und dem Wiedererstarken der Arbeiterbewegung gekennzeichnet ist.

Überspitzt formuliert, könnte man sagen: Bertinotti und mit ihm etwa 60 Prozent der Partei sehen am Himmel eine "neue Bewegung" aufziehen - eine Sammlung der Globalisierungskritiker, die mit der traditionellen Arbeiterschaft fusioniert, so wie es in der Tat bei den drei Millionen am 23. März in Rom geschehen ist. Ob der PRC da wirklich mitschwimmen kann, wird sich zeigen. Erster Test für eine Konvergenz der Interessen dürfte der Generalstreik am 16. April sein. Da passt es natürlich ins Bild, wenn der PRC-Sekretär auf dem Parteitag nach einer langen Zeit abgekühlter Beziehungen wieder wohlwollende Worte für die Gewerkschaften fand. CGIL-Sekretär Sergio Cofferati, Organisator des Protests vom 23. März, sah sich wie ein Star gefeiert. Bertinotti drängte die Gewerkschaften nun zu einer Radikalisierung der sozialen Konflikts mit Berlusconi, um das Gesetzespaket zur "Reform" des Arbeitsmarktes endgültig zu Fall zu bringen. Aber es war doch bemerkenswert, dass Cofferati der Analyse Bertinottis widersprach, wonach die jüngsten Arbeitskämpfe der Anti-Globalisierungsbewegung zu danken seien. An diesem Punkt scheiden sich ganz offenbar die Geister - und die Deutungen Bertinottis sind für die Gewerkschaften zu willkürlich und realitätsfremd. Dennoch will man am 16. April gemeinsam streiken.

Dem PRC wird nichts anderes übrig bleiben, als diese Herausforderung anzunehmen, denn er muss neue Wähler gewinnen, wenn er wiederum auf das Mitte-Links-Bündnis des Ulivo Einfluss zu nehmen gedenkt. Denn den politischen Kampf allein aus der eigenen Partei heraus zu führen, das reicht in einer parlamentarischen Demokratie kaum aus. Das weiß Bertinotti, der sich den Vorwurf aus den Reihen der Delegierten gefallen lassen musste, die Partei wie ein übermächtiger Familienvater zu führen. Um seinen Kritikern zu begegnen, wird der Patriarch bald Erfolge vorweisen wollen.

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