Die Linke, vor allem die, die noch etwas erreichen will, ist ein bisschen neidisch. Sie kann nämlich nicht so populistisch reden und handeln wie die Rechte. Aber sie möchte es gern, weil sie täglich sieht, wie erfolgreich ein paar tausend rechte Populisten ein ganzes Volk – und eine komplette Medienlandschaft – unter Druck setzen können.
Die Linke aber ist wie eh und je zerrissen. Ein Teil von ihr betrachtet den Populismus mit skeptischem Stirnrunzeln, andere strafen ihn mit Verachtung. Populismus, glauben sie, sei etwas für unterentwickelte, vormoderne Gesellschaften. Diejenigen, die sich für rational denkende Linke halten, rufen: Passt bloß auf, der Populismus wird euch um die Ohren fliegen! Wer den Populismus zu sehr liebt, wird in ihm umkommen, denn er ist ein autoritäres, antidemokratisches und gefährliches Konzept. Jens Bisky schrieb das in der Süddeutschen Zeitung. Denn Populismus – also die Wiederkehr des Freund-Feind-Denkens – öffne dem Missbrauch durch politische Rattenfänger Tür und Tor. Biskys Warnung trug die ironische Überschrift Positives Pack. Er wollte sagen: Linker Populismus ist ein Widerspruch in sich.
Die Renaissance des Populismus fordert die Parteien der Mitte derzeit heraus. Während der Rechtspopulismus den verunsicherten Konservativen schwer zu schaffen macht, stellt der Linkspopulismus den Volkspartei-Status der ausgelaugten sozialdemokratischen Parteien in Frage, an der europäischen Peripherie etwas stärker als im Zentrum. In Deutschland gibt es erst vereinzelte Stimmen, die eine deutlichere populistische Note in der Politik für nötig halten. Auf der Linken ist außer Oskar Lafontaine niemand bereit, diesen Weg einzuschlagen. Weder von der rot-rot-grünen Landespolitik in Thüringen noch vom Institut Solidarische Moderne geht ein populistisches Wetterleuchten aus, so wie von Syriza oder Podemos. Von den lateinamerikanischen Vorbildern in Venezuela, Bolivien und Ecuador ganz zu schweigen.
Aus Lateinamerika stammt auch das derzeit meistdiskutierte theoretische Konzept eines linken Populismus. Das Intellektuellen-Paar Ernesto Laclau und Chantal Mouffe beriet vor Jahren die linkspopulistische Regierung Kirchner in Argentinien. Laclau und Mouffe werden deshalb oft als „postmarxistische Linksperonisten“ bezeichnet, womit auch gleich ein gewisser Sicherheitsabstand zur radikalen westeuropäischen Linken markiert werden soll. Wo sich Michael Hardt und Antonio Negri noch zackig und revolutionär mit dem Kampf der „Multitude“ gegen das „Empire“ beschäftigten und für den Auszug der Linken aus den korrupten Institutionen des repräsentativen Systems plädierten, verhalten sich Laclau, der 2014 starb, und Mouffe mit ihrer Verteidigung der staatlichen Institutionen eher wie gemäßigte Sozialdemokraten.
Nur einzelne Stimmen
Die in Belgien geborene Chantal Mouffe reist heute als Interpretin des gemeinsamen Werks durch die Welt, um das Konzept des sozialdemokratischen Linkspopulismus „zu popularisieren“. Sie möchte eine intellektuelle Brücke schlagen zwischen den radikalen Bewegungen, die für einen Rückzug aus den bestehenden Institutionen plädieren, und jenen traditionellen Linksparteien, die mit beharrlicher Kärrnerarbeit und revolutionärem Abwarten „innerhalb des Systems“ irgendwann die notwendigen Ministersessel zu ergattern hoffen.
In Anlehnung an die Studentenbewegung der 60er Jahre und aufgrund der positiven Erfahrungen in Argentinien plädiert Mouffe für einen „Marsch durch die Institutionen“, um einerseits blutige Aufstände und sinnlose Gewaltausbrüche und andererseits Resignation und reformerische Ermüdung zu verhindern. Die bleierne Zeit der Alternativlosigkeit zum Neoliberalismus müsse endlich beendet werden und dies könne nur gelingen, wenn immer mehr Orte und Projekte geschaffen würden, an denen wieder ernsthaft um Alternativen gekämpft werden kann. Dieses Handlungskonzept nennen Mouffe und Laclau „agonistisch“, was die taz vor kurzem mit „agnostisch“ verwechselte, und in der Tat lädt das aus dem Griechischen stammende Wort „Agon“ (Kampf) zu allerlei komischen Verwechslungen ein. Man muss schon sehr aufpassen beim Lesen, damit der leidenschaftliche Wettstreit zwischen den Alternativen, den Chantal Mouffe mit ihrem agonistischen Modell vorschlägt, nicht in quälende Lese-Agonie umschlägt, weil das gedankliche Hin- und Herschalten zwischen „Agonist“ und „Antagonist“ an den Nerven zerrt. Doch oft genug ist der tiefere Grund, warum schlaue Theoretiker neue seltsame Vokabeln in altbekannte Debatten einführen, die erhoffte Erregung neuer Aufmerksamkeit für alte Sachverhalte. Und so unterscheidet sich Mouffes „agonistische“ Politisierungs-Theorie im Grunde wenig von den „Strategien der Demokratisierung“, die der Politikwissenschaftler Fritz Vilmar in den 70er Jahren entwickelte, um Willy Brandts Motto „Mehr Demokratie wagen“ mit politischem Leben zu erfüllen.
Schlau und seltsam
Fritz Vilmar, der die SPD nach 52 Jahren Mitgliedschaft 2003 wegen ihres eklatanten „Substanzverlustes“ verließ, wird die Wiederbelebung seiner Demokratisierungsvorstellungen im Gewande eines „linken Populismus“ mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen. Wirklich neu an Mouffes Wiederbelebungsversuch der Linken durch einen gemäßigten sozialdemokratischen Populismus ist eigentlich nur ihre Vermittlerrolle. Sie will die schnelllebigen Protestbewegungen davon überzeugen, dass die Institutionen des kritisierten Systems als Plattformen für einen produktiven Streit um Alternativen ungemein nützlich sein können, und sie will umgekehrt die Repräsentanten des linken Mainstreams dazu bewegen, mit den radikal antipolitisch gesinnten Protestbewegungen Kontakt aufzunehmen. Nur gemeinsam sei man in der Lage, die Gesellschaft zu verändern.
Anders auch als die an Jürgen Habermas’ Diskurstheorie geschulten Rationalisten, die an ihren runden Tischen nur an die Kraft des besseren Arguments glauben, plädiert Mouffe für mehr Rücksichtnahme auf die irrationalen Gefühle in der Bevölkerung. Da Politik stets durch die gegenseitige – auch gefühlsmäßige – Abgrenzung kollektiver Identitäten zustande komme, erfordere jede leidenschaftliche Politisierung ein „Wir“ gegen „die anderen“. Die Schaffung des „Wir“ sei nur durch die Formulierung eines „Sie“ denkbar.
Mouffe plädiert deshalb nicht nur für mehr Rücksichtnahme der Linken auf die nationalen Widerstände im europäischen Einigungsprozess. Auch die Ablehnung massiver Einwanderung dürfe von der Linken nicht einfach ignoriert werden, sonst habe die Rechte leichtes Spiel. In diesem Zusammenhang wirft Mouffe der Linken Weltfremdheit und eine unpolitische, vom staatsfeindlichen Neoliberalismus infizierte Haltung vor. Anders als die revolutionäre Linke, die als Endziel eine selbstorganisierte und konfliktfreie Welt-Kommune anstrebe, müsse der gemäßigte Linkspopulismus zur Kenntnis nehmen, dass gesellschaftliche Konflikte zu allen Zeiten existieren werden. Denn jede Ordnung, selbst die sozialistische, bedeute Hegemonie, und diese könne nicht konfliktfrei sein.
Der Knackpunkt, der eine Rezeption von Mouffes „linkem Populismus“ hierzulande erschwert, ist also nicht ihre antikommunistische, sozialdemokratische Haltung. Der Knackpunkt ist vielmehr ihr eigentümlicher Begriff des Politischen. Wer Politik wie Mouffe als leidenschaftlichen Streit zwischen einem „Wir“ und „den anderen“ definiert, stößt in der konsensorientierten deutschen Gesellschaft auf empörte Ablehnung. Denn die Parteien der Mitte müssten sich dann voneinander entfernen, sie müssten – wie in der Parteiendemokratie eigentlich vorgesehen – unterschiedliche Teile des Volkes repräsentieren. Sie müssten parteiisch sein und nicht neutral in der Mitte kuscheln.
Nicht immer nur kuscheln
Hierzulande können sich nur wenige bekannte Linke mit Chantal Mouffes populistischem Politikverständnis anfreunden. Im Grunde sind es nur zwei: der Publizist und Freitag-Verleger Jakob Augstein und der Politiker Oskar Lafontaine. Letzterer scheut sich nicht, das Potenzial eines linken Populismus auch dann wahrzunehmen, wenn es – wie derzeit offenkundig – von Rechten und Rechtsradikalen abgefischt wird, weil die Linke das Wähler-Terrain der „Globalisierungsverlierer“ freiwillig geräumt hat. Lafontaine wird für seine populistische Strategie gescholten (und lächerlicherweise in die rechte Ecke gestellt), doch mit ihm an der Spitze der Linken wäre die AfD nie so stark geworden. Selbst die SPD stünde mit einem Lafontaine an der Spitze heute besser da.
Aber mit einer Politik des Gefühls stößt man in Deutschland auf historisch bedingte Vorbehalte. Darauf spielte auch Augstein an, als er kürzlich im Freitag feststellte: „Der Philosoph Ernesto Laclau hat geschrieben, Populismus sei ,die Stimme derer, die aus dem System exkludiert sind‘. Ein gefährlicher Satz, wenn man nach Dresden blickt, wo die rechten Horden marschieren, und ins Internet, wo die Saat von Hass und Brutalität blüht. Umso dringlicher, dass wir einen positiven Populismus von links entwickeln, der demokratische und soziale Rechte vor Eliten und Oligarchen schützen will.“
Dass Augstein solche Sätze in Deutschland um die Ohren gehauen werden, gerade auch von Linken, verwundert nicht. Jemand, der erklärt, die Gefahren des Populismus zu sehen, und trotzdem weiter für ihn wirbt – wie passt das zusammen? Positiven Populismus, sagen sie, gibt es so wenig wie positives Pack. Zündelt Augstein also aus Lust an der Provokation? Will er die Linke mit seiner riskanten Strategie in die Bedeutungslosigkeit treiben?
Solche Fragen sind müßig. Denn die traditionelle Linke wird sich – ob sie nun will oder nicht – mit dem linken Populismus beschäftigen müssen. Weil er existiert. Er kommt von der europäischen Peripherie nach Deutschland, so wie der Treck der Armuts- und Kriegs-flüchtlinge vom Balkan, aus Afrika und dem Nahen Osten kommt. Plötzlich ist er da und niemand hat mit solcher Wucht gerechnet. Der Linkspopulismus wächst noch bescheiden im Schatten der Aufmerksamkeit, welche die Medien dem Aufstieg des Rechtspopulismus schenken. Chantal Mouffe hat versucht, mit ihren Schriften rechtzeitig eine Behelfs-Brücke zu bauen zwischen einer wütenden neuen Linken und den alten, stagnierenden Linksparteien – betreten müssen die beiden die Brücke schon selbst.
Kommentare 63
Ich glaube einfach nicht, dass wir, oder irgend was, was man als "Linke" zusammenfassen könnte, tatsächlich etwas zu sagen haben, was, wenn wir es nur laut genug verkünden, noch irgend eine denkbare Wirkung hat.
Ich kann mir auch keinen linken Zusammenhang mehr denken, in dem ich mich wiederfinden würde. Und die, die "uns" hassen und die diesen Zusammenhang durchaus phantasieren, lassen den bei BILD und SPIEGEL beginnen. Und ich glaube nicht, dass es paranoid ist, anzunehmen, dass die geradzu stündlich mehr werden.
Meine eigene Sicht auf die Ursachen des Prozesses, den wir gegenwärtig erleben und in Zukunft auch erleiden -in anderen Weltgegenden ist dass Leiden schon lange alltäglich - kommt von Marx und Kurz. Das mag falsch sein, wie so Vieles wovon ich in meinem Leben überzeugt war. Nur, wenn es nicht falsch ist, und dafür spricht schon einiges, dann ist das nicht mit mehr Lautstärke zu kommunizieren. Vermutlich ist es gar nicht zu kommunizieren. Selbst hier im Forum ist das Desinteresse evident und übrigens auch verständlich. Hingegen darf man mit reger Diskussion rechnen, wenn man versucht, Pegida oder AFD-Zuspruch mit ostdeutsche Sozialisation zu begründen. Oder irgend was mit deutschem Nationalcharakter geht auch immer, gern auch was mit Gender.
Wenn, so verstehe ich den Artikel religiös/irrational anmutenden Weltdeutungen eine eigene, gleichartige entgegengesetzt werden soll, wo doch mühsame, schmerzhafte Suche nach der Wahrheit angesagt ist, wird man auch nur einen Religionskrieg bekommen. Oder hat ihn schon.
Was folgt, wenn Dinge klar und deutlich benannt werden, ist auch auf dieser Plattform zu beobachten, selbst von Jenen, die sich als "links" sehen oder kritisch oder was auch immer.
Insofern halte ich Michals Aufforderung für an sich gut, aber habe meine Zweifel, ob's hilft ... Möge es besser werden und helfen.
"Was folgt, wenn Dinge klar und deutlich benannt werden, ist auch auf dieser Plattform zu beobachten, selbst von Jenen, die sich als "links" sehen oder kritisch oder was auch immer."
Ganz genau. Die Dummheit und Gehirngewaschenheit hier wie anderswo zieht mir imer wieder die Schuhe aus. Was für ein duckmäuserisches, angepaßtes, undemokratisches denkendes Volk wird sind. Um nicht selbst als Populist dazustehen, vermeidet wohl auch deshalb der Autor dieses Artikels eine genaue Definition von 'Populisms'. Wahrscheinlich meint er einfach nur Volksnähe. *Populismus* *Voldemort*
Für die zahlreichen Schreibfehler bitte ich um Entschuldigung. Affekt.
Eingentlich wollte ich ja nicht in das gleiche Horn tuten, in das die Kommentatoren vor mir auch schon geblasen haben. Ich hoffe wirklich, es finden sich andere Argumente und ich kann sie dann an dieser Stelle lesen, aber mir fallen leider auch keine ein.
"Auf der Linken ist außer Oskar Lafontaine niemand bereit, diesen Weg einzuschlagen. Weder von der rot-rot-grünen Landespolitik in Thüringen noch vom Institut Solidarische Moderne geht ein populistisches Wetterleuchten aus, so wie von Syriza oder Podemos. Von den lateinamerikanischen Vorbildern in Venezuela, Bolivien und Ecuador ganz zu schweigen."
Kein Wunder. Wo die etablierten ehemaligen Linken doch genau wissen, was der lange Marsch durch die Institutionen übrig gelassen hat von dem Potential an Veränderung, dass seinerzeit ja gerade in ihnen selber gesteckt hat.
"Denn die traditionelle Linke wird sich – ob sie nun will oder nicht – mit dem linken Populismus beschäftigen müssen. Weil er existiert."
Und genau so plötzlich, wie er da war, der linke Populismus wird er gezähmt. Von der „Realpolitik“ im Verbund mit den Wirtschaftseliten, Banken, europäischer Union, IWF, etc. und setzt brav die Programme seiner reaktionären Vorgänger fort. Syriza ist nur noch ein zahnloser Tiger, der die knallharten Auflagen der europäischen Partner lediglich ein ganz klein wenig verträglicher umsetzt, dafür aber das ganze Potential, auf das dieser Artikel hinweist, bereits nach einem halben Jahr in der Regierungsverantwortung geopfert hat.
"In Anlehnung an die Studentenbewegung der 60er Jahre und aufgrund der positiven Erfahrungen in Argentinien plädiert Mouffe für einen „Marsch durch die Institutionen“, um einerseits blutige Aufstände und sinnlose Gewaltausbrüche und andererseits Resignation und reformerische Ermüdung zu verhindern. [...]
Sie will die schnelllebigen Protestbewegungen davon überzeugen, dass die Institutionen des kritisierten Systems als Plattformen für einen produktiven Streit um Alternativen ungemein nützlich sein können, und sie will umgekehrt die Repräsentanten des linken Mainstreams dazu bewegen, mit den radikal antipolitisch gesinnten Protestbewegungen Kontakt aufzunehmen."
Wie soll das geschehen? Die "Studentenbewegung der 60er Jahre" stellt heute die personelle Basis der Institutionen, durch die "schnelllebige Protestbewegungen" marschieren müssten. Die Ablehnung aller echten Reformvorstellungen seitens der Politik und der liberalen Leitmedien findet doch genau in diesem Milieu statt, das einmal revolutionäres Potential hatte oder zumindest für sich in Anspruch genommen hat, dieses zu verkörpern.
Und ja, das ist bzw. war der real existierende linke Populismus. Der war die Basis der Sozialisation für unsere heute neoliberalen Eliten. Dieser Populismus hatte alle Elemente, die der Artikel einfordert. Er war laut und hatte alternative Lösungsvorschläge anzubieten. Im Unterschied zu heute hatte er aber auch ein riesiges Wählerpotential, das dann auch prompt massiv vor den Kopf gestoßen wurde durch alles, was realpolitisch und, parallel dazu auch in Kultur, Wissenschaft und Medien die Gesellschaft seit über 30 Jahren bestimmt. Die Konsequenz war und ist Vertrauensverlust. Und die Alternativlosigkeit, mit der diese Enttäuschung über all diejenigen gekommen ist, die sich nach diesem Prozess nicht zu den Gewinnern zählen durften, einschließlich der Wirkung auf nachfolgende Generationen von Abgehängten ist die Ursache dafür, dass es heute keinen linken Populismus mehr gibt. Syriza war vielleicht eine Chance. Aber die ist vertan. Bitter ist, dass auch unsere liberalen Leitmedien daran beteiligt waren. Ich glaube nicht, dass sich in absehbarer Zeit in Europa noch eine breite Basis für linke, populistische Ideen und gesellschaftliche Utopien finden lässt.
Oje, das hört sich hier ja stark nach linker Ohnmacht an.
Ich plädiere in dem Beitrag nicht für Populismus, sondern – mit Verweis auf Chantal Mouffes politische Entwicklung während der letzten Jahre - für einen fruchtbaren Dialog mit denen, denen man Populismus gern unterstellt. Die traditionelle Linke (SPD+Die Linke) muss wieder mit jenen in Kontakt kommen, die z.T. eigene, aus Protestbewegungen, aus Wutbürgertum hervorgegangene, aber meist kurzlebige Politikformen entwickelt haben. Da fehlt es an Offenheit und an Neugier. Da gibt es zu viel vorschnelle Abgrenzung.
Die Ängstlichkeit, mit der z.B. Albrecht von Lucke das europaweit zu besichtigende Phänomen Populismus angeht, zementiert die Spaltung der Linken – jene Spaltung, die er in seinem neuen Buch so heftig beklagt. Das heißt, er plädiert für eine Überwindung der Spaltung, spaltet aber selbst, indem er die Populismus-Definitionen der Populismus-Gegner einfach unkritisch übernimmt. Populismus ist aber in erster Linie eine Zuschreibung der Gegner (so wie sich die Piratenpartei dummerweise das Etikett angezogen hat, das ihre Gegner für sie bereithielten. Auch die Quäker haben sich nicht selbst so genannt, sondern wurden so etikettiert und haben diese Zuschreibung dann aus Protest übernommen). Populismus ist daher ein Kampfbegriff der Gegner, die unter diesem Begriff einfach alles subsumieren, was ihnen nicht gefällt. Es ist ein allzu bequemer Ausgrenzungsbegriff.
Wer den Populismusbegriff auf sich selbst anwendet, gerät also in diese Falle. Deshalb geht es mir um die eigentlich wichtige, aber verdrängte Strategie-Debatte, die sich dahinter verbirgt. Dazu sind viele Linke - anders als im guten alten Revisionismusstreit - offenbar nicht mehr in der Lage.
Im Grunde zeigt sich hier ein Theoriemangel, der sich am Phänomen Populismus entzündet. Man setzt sich nicht mehr mit Gesellschaftstheorien, mit politischen Theorien auseinander – und deshalb kann man auch keine Standpunkte und keine Zielvorstellungen und keine Anziehungskraft entwickeln.
Man lässt sich mit dem Kampfbegriff Populismus Angst einjagen.
Die Linke, insbesondere in Lateinamerika ist korrupter als die Rechten, sie hatten die Taschen noch nicht voll, im Gegensatz zu den Rechten.
Ist eigentlich das Wort ''Populismus'' nur in unserer Bewertungsgesellschaft so negativ belastet? ... habe den Verdacht, dass andere Länder andere Populismen nutzen [dürfen].
Wenn man mit Populismus sein Gesicht (und Politikerslang) dem Volke zuwendet, Dinge auf den Punkt bringt und einen Aufschrei provoziert, statt sich in einer Gemengelage zu verheddern, so ist das viel besser als das, was uns Sprachschüler aus dem Bundestag verpressemitteilen.
Der Populist bekommt zuweilen Probleme mit seiner Partei, mit seiner Kandidatur, seinem sicheren Listenplatz... Dafür sorgen die Opportunisten, die sich nicht so nennen, besser bekannt als "Reformer" oder "Realos" sich vom Medium protegieren lassen...
@Ja, Gustlik, inzwischen schreiben aber die Zeitungen "Reformer" ohne Anführungszeichen. Und auf der anderen Seite hat man das Gefühl, manche weinen der DDR mehr als eine Träne nach (mit DDR meine ich nicht ehem. DDR-Bürger, die ja alle eine Biographie nachweisen können, sondern den SED-Staat). Und die dazwischen gehen unter.
"Wer den Populismusbegriff auf sich selbst anwendet, gerät also in diese Falle."
Da bin ich ganz Ihrer Meinung und die Reaktionen hier im Forum, auch in zahlreichen Community Beiträgen, zeigen, wie sehr dieser Kampfbegriff bereits verinnerlicht wurde und wie peinlich in vielen Debatten diesbezüglich um korrekte, also um Gotteswillen nicht populistische Abgrenzung gerungen wird.
"Im Grunde zeigt sich hier ein Theoriemangel, der sich am Phänomen Populismus entzündet. Man setzt sich nicht mehr mit Gesellschaftstheorien, mit politischen Theorien auseinander – und deshalb kann man auch keine Standpunkte und keine Zielvorstellungen und keine Anziehungskraft entwickeln."
Aber das genau ist doch die Frage. Theoriemangel kann man den ehemaligen Linken der guten alten Revisionismusdebatte nicht vorwerfen. Und trotzdem haben sie das Verhalten entwickelt, dass Sie diagnostizieren, wobei Albrecht von Lucke vermutlich noch ein eher mutigeres Beispiel für diese Abschottung und Sprachlosigkeit ist. Natürlich braucht es Theoriebildung, aber sind es nicht gerade diejenigeen, die sich bestens auf die Bildung und die Diskussion von Theorien verstehen, die sich an einen gesellschaftlichen Status Quo angepasst haben, dessen Alternativlosigkeit sie dann auch professionell und offensiv vertreten? Kann man wirklich keine Standpunkte und keine Zielvorstellungen und keine Anziehungskraft entwickeln, wenn man sich nicht mit politischen Theorien auseinandersetzt, die ja genau in dem Moment versagt haben und versagen, in dem es um ihre praktische Umsetzung geht? Der Revisionismusstreit hat die Metamorphose der SPD nicht verhindern können. Wurden im Gegenteil nicht diejenigen, die ihn seinerzeit geführt haben davon eingeholt und befinden sich heute in den Positionen, gegen die sie seinerzeit argumentiert haben? Ich bin mir nicht sicher, ob Ihr Ansatz nicht genau an dem Potential vorbei geht, das sich auf den Seiten befindet, die Sie als schnelllebige Protestbewegungen bezeichnen. Die sich sich eben weniger durch Theoriebildung und Kenntnis auszeichnen, als dadurch, dass sie real und konkret Widerstände gegen die angebliche Alternativlosigkeit zustande bringen. Auch wenn diese mehr oder weniger an dem verpuffen, was ihnen das theorieerfahrene neoliberale Establisment entgegensetzt.
Zum folgendem Textzitat vom W. Michael:
"....Diejenigen, die sich für rational denkende Linke halten, rufen: Passt bloß auf, der Populismus wird euch um die Ohren fliegen! Wer den Populismus zu sehr liebt, wird in ihm umkommen, denn er ist ein autoritäres, antidemokratisches und gefährliches Konzept. Jens Bisky schrieb..."
Unsinn. Ich denke mal ,dass ein recht großer Teil "der" deutschen Linken inzwischen durchaus agonistisch denken und dies keinesfalls nur auf "Oskar" beschränkt ist. Das vermutlich urdeutsche Problem ist, dass sich sehr viele einfach nicht trauen, das auch öffentlich kundzutun. Deutscher Linkspopulismus eben. Man könnte es auch Feigheit nennen.
Und: Seit wann ist den die "Süddeutsche" ein Indikator für die Gesamtheit der linken Szene in Deutschland?
Und: Seit wann ist denn eine vernunftlinke Rationalität allein auf das Denkmodell von Habermas beschränkt?
Man hat manchmal den Eindruck, dass sich einige"Gefühlslinke" ihr imaginiertes Rechtspopulismusbild aus Versatzstücken des Rechtskonservativen Mainstreams der 60ger Jahre zusammenbasteln.
@Schna’sel
Da machen Sie einen wichtigen Punkt. Aber über der Tatsache, dass sich Leute „im Amt“ mit der Zeit verändern, sollte man nicht vergessen, wie viel - im Vergleich zu den fünfziger Jahren - erreicht worden ist.
Ich will mal versuchen, den Augstein’schen Begriff des „positiven Populismus“ in diese Debatte mit einzubringen. In der Geschichte der deutschen Linken gab es ja nicht nur schlimme Erfahrungen mit populistischen Strömungen.
Zwei Mal mündete die Auffrischung linken Denkens durch „Protestbewegungen“ mittelbar in eine Regierungsbeteiligung: 1. Nach dem politischen Richtungsstreit in der Sozialdemokratie (1890-1917), dessen Höhepunkt die Auseinandersetzung zwischen Bernstein, Kautsky und Luxemburg war, kam es – mit Hilfe der ‚populistischen’ Friedens- und Rätebewegung – zu einer USPD/SPD-Regierung. 2. Nach der Studentenbewegung der sechziger Jahre kam es – mit Hilfe der ‚populistischen’ Friedens- und Demokratisierungsbewegung – zu einer SPD/FDP-Regierung unter Willy Brandt.
Beide Male kam es zu gesellschaftspolitischen Fortschritten, die nicht ganz unbedeutend waren, heute aber oft als selbstverständlich angesehen werden. Beide Male gab es vitalisierende Anstöße von außen.
Ein Mal jedoch mündete die Zersplitterung und Angststarre der traditionellen Linken, d.h. ihre Unwilligkeit, ihre bürokratisierten Parteien ‚populistisch’ aufzufrischen, in der politischen Katastrophe (1930-33). Das Trauma des rasanten Aufstiegs der Nazis dient heute auch in der Linken dazu, den Populismus rundheraus und undifferenziert für brandgefährlich und anti-demokratisch zu halten. Diese eindimensionale, ja ‚alternativlose’ Betrachtung kommt den Populismus-Verächtern sehr zupass. Denn die Fixierung auf das Negativ-Beispiel lässt die positiven Beispiele verblassen. Es wäre aber – nach 35 Jahren neoliberaler Hegemonie - an der Zeit, dass die Linke die positiven Beispiele ihrer Geschichte wieder in den Vordergrund rückt und deutlich macht, dass eine eindimensionale Betrachtung populistischer Strömungen verheerend für die eigene Stärke ist, weil dadurch jede Macht- und Mehrheitsperspektive aufgegeben wird. Statt an die positiven Traditionen anzuknüpfen, lässt man sich die negative Sicht auf die populistischen Strömungen als allein gültige Wahrheit verkaufen. Damit vergibt die Linke - aus Angst - ihre politische Chance. Denn wenn die Linke nicht mehr glaubt, dass ihr etwas gelingen kann, überträgt sich diese negative Haltung auf ihre potentiellen Wähler, und die bleiben dann frustriert zuhause. Oder wählen andere.
Schöner Beitrag.
Allein die Tatsache, dass die Medien einfach das Wort Populismus nutzen, finde ich unglaublich.
@ W. Michael heute um 18:25 Gute Analyse. Da ist sehr viel (richtig) dran.
Eine kluge Analyse, Herr Michal, der ich in weiten Teilen völlig zustimme.
Im Kampf um die Regierungsmacht, haben sich z.B. deutsche und französische Linke vor allem dadurch blamiert, vor der Übernahme derselben zu scheuen oder aber verabsäumt, nach der Wahl, konsequent und sozialistisch- populistisch, nach Maßgabe ihrer Programme, zu handeln.
Stattdessen erledigten sie die Schmutzarbeit für Christ-Konservative und neue Rechte (Innere Scherheit), für die Anhänger des Wirtschaftsliberalismus (Freihandelsabkommen, Unternehmensbesteuerung, Erbschaft, Arbeitsrecht und Forderungspolitik mit der Pflicht zur prekären Beschäftigung), ihrer eigenen Klientel unangenehme Schläge zu versetzen, den Sozialstaat zurückzufahren und eine Finanz- und Wirtschaftspolitik ganz für das Kaptial zu gestalten:
Freistellung des Kapitals von Steuern die etwa in der Höhe der Steuern auf Arbeit und Konsum lägen, Schaffung von Einnahme-Claims, z.B. bei Versicherungen, bei Energie- und Wasser, bei Abfall und Telekommunikation, beim Versandhandel (massiv gegen kleine Firmen mit Läden), durch schrittweise, aber andauernde Privatisierung des Sozialen, der Gesundheits- und Daseinsvorsorge; Freihandel um jeden Preis, mit der Kulmination nun (Welt-)Freihandelsabkommen völkerrechtlich zur obersten Verbindlichkeit für jegliche Teilhabe am Markt zu erklären. Dieser Markt soll sich dann auch noch juristisch selbst kontrollieren.
Das Erpressungspotential des Kapitals wuchs dadurch überproportional und ist demokratisch- staatlich mittlerweile fast unkontrollierbar (Nicht einmal eine ausreichende Transaktionssteuer, um an den zahlreichen Blütejahren der Gewinne beteiligt zu sein, gelang! Die Krisenverluste aber, sie durften, auf Kosten der Öffentlichkeit, abgeschrieben werden oder wurden freiwillig in staatliches Soll überführt!).
Das größte Trauerspiel lieferte übrigens die außenpolitisch und wirtschaftspolitisch mitverantwortliche SPD, die ihrer Halbschwester, der PS, kurz nach der triumphalen Präsidial- und Nationalversammlungswahl, die Hollande an die Macht brachte, über die EU und mit unserer CDU- Kanzlerin, die deutsche Wirtschafts- und Finanzpolitik aufzwang. Sonst hätte es, das war die Drohung, von Sozialdemokraten unterstützt, genau die gleiche Rhetorik gehagelt, wie sie dem Diktatpapier zur Finanzkontrolle der Griechen durch die "Troika" (die "Institutionen") eingeschrieben ist.
Die Entstaatlichung geht sogar so weit, dass technische Prüfbehörden nur noch die Verordnungen zur Anzahl und Termingerechtigkeit auf dem Papier abgleichen, aber nicht mehr über die Kapazitäten verfügen, eine gerechte Sachprüfung durchzuführen. Das gilt, es ist erschreckend, von der Finanzdienstleistung bis zum Abgaswert, vom Fleisch, bis zum Import beslasteten Kinderspielzeugs), bis zur weitgehend pauschalierten Selbstbesteuerung großer privater und insitutioneller Vermögender.
Nachdem die sozialdemokratisierte Linke schon ihre Klientel vergaß, führte ein zweiter Schritt dazu, partout immer dann eine deutlich linke Regierung für unmöglich zu erklären, wenn sie gerade bestens möglich war!
Leider ist das stärker populistische Modell der Peronisten gescheitert. Es hat zu viel Nähe zum erzkonservativen Konzept der gelenkten Demokratie, während in Deutschland die SPD ein Modell der marktwirtschaftskonformen Demokratie seit Schröder- Fischer- Clement- Müntefering aktiv vorantrieb, selbst als sie nicht in der Bundesregierung beteiligt war.
Demokratische Populisten neigen eben auch dazu, sich zu überschätzen, einfach nicht zu liefern, was sie versprachen und sich vielfältigem internationalem Druck des Kapitals zu beugen. Das Erpressungspotential hat in Argentinien gewirkt.
Was könnte linken und rechten Populismus trennen, eindeutig unterscheiden? - Der linke Populismus müsste ja einer sein, der internationalistisch, realistisch pazifistisch, multikulturell, sozial orientiert, nicht aber abgrenzend, ausscheidend und gar befeindend agierte, der Menschen und Umwelten im Blick hätte, nicht Profite und wirtschaftliche Eliten. Der vor allem die EU rettete, vor der Selbstzerstörung durch den ewigen Druck von Rechts und von rechten Populisten, die sich an vielen Orten Europas anschicken, die Macht zu übernehmen.
Rechte Populisten sind Dezisionisten, ein für alle mal Entschiedene, in Fragen der Macht und Gewalt, in der Frage der Nationalität, in der Frage der Durchsetzung der Politik der populistischen "Mehrheit", jenes neuen Rufes "Wir sind das Volk". Rechte Populisten sind ausschließlich am eigenen, am besten noch rein anhängerorientierten, Interesse orientiert. Das wird gerade von eigentlich und grundsätzlich apolitischen Bürgern honoriert, weil dieser Aktivismus dauerhaft zu sehen, zu spüren und zu hören ist: "Die tun was für uns, die vermeintliche, "schweigende Mehrheit", ohne uns zu zwingen, allzu sehr aus der Deckung kommen zu müssen, am Arbeitsplatz, in der Freizeit, in der Behörde. - Es herrscht eine eiskalte Klarheit und Schlichtheit, man denke nur an Höckes Zwergfahnen und Heimatdeutschland.
Daher kommen diese Rechten derzeit weiter, in Polen, in Ungarn, in den Niederlanden, in Finnland, bald in Frankreich. Stufe um Stufe, Jahrfünft um Jahrfünft.
Sie haben völlig Recht, Herr Michal, dass dies kein Hauptroblem der CDU/CSU ist, sondern eines, für das Linke, SPD und Grüne machtvolle Antworten finden müssen. - Diese Parteien wollen aber nicht wirklich gemeinsam Politik gestalten!
Der derzeit fähigste und selbst in seiner intellektuellen Breite anschaulichste Linke, Bodo Ramelow, darf gerade einmal ein Bundesland von Gnaden der SPD und der Grünen regieren. Diese Regierung hat also, trotz aller Möglichkeiten, vor allem für SPD und Grüne nur den Sinn, möglichst viele Korsettstangen einzuführen, denn der Generalkurs beider Parteien (daher sind beide komfortable Koalitionspartner der CDU/CSU für die nächste Zeit, die "neuerfundene" Alt-FDP kommt noch dazu ) deckt sich viel eher mit Angela Merkels, Julia Klöckners, Thomas de Maizières und Wolfgang Schäubles Vorstellung von der "marktkonformen Demokratie", als stärkste Wirtschaftsmacht Mitteleuropas. Wobei, auch das ist absolut typisch, geradezu kennzeichnend für den Schleierstil der derzeit bevorzugten Politik, nicht einmal die wortwörtliche Urheberschaft des Malmots festgestellt werden kann.
Trotzdem läuft die Politik derzeit genau so und für ihre Akteure, ob sie Wahlen gewinnen oder verlieren, durchaus auch mittelfristig weiterhin erfolgreich.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Wie bitte? Die politische Katastrophe der frühen 1930er Jahre, die in der Machtergreifung der Nazis mündete, geht zurück auf die damalige "Unwilligkeit der traditionellen Linken, ihre bürokratisierten Parteien ‚populistisch’ aufzufrischen"?
So linksradikal populistisch, proletkultisch, antibürgerlich und reform- und staatsfeindlich wie in den Jahren 1928 bis 1933 war die KPD nie wieder, davor und danach nicht.
Aus dem Jahre 1930 stammt ihre "Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes", denn sie war der festen Überzeugung, "dass in den nationalistischen Volksmassen die große Mehrheit aus ehrlich fühlenden und überzeugten Menschen besteht, die irregeführt sind."
Hier das gute deutsche Volk, dort das "System von Weimar", das uns ausbeutet und an die "Versailler Siegermächte" verkauft.
Kommt mir irgendwie bekannt vor.
Ich möchte mal völlig unbescheiden auf den Text verlinken, den ich hier letztes Jahr im Freitag veröffentlicht hatte: https://www.freitag.de/autoren/hoipolloi/das-wort-populismus Zu genau diesem Thema. Vielleicht gefällt er dem einen oder anderen.
Übrigens mal ein Lob und Dank an den Freitag, dass ein Text wie dieser (ich stimmt jetzt nicht 100% überein, aber darum geht es ja überhaupt nicht) hier mit Bild vernünftig aufgemacht wird.
Guter Artikel, vielen Dank!
Beim Lesen fragte ich mich, ob es letztlich eine Frage des Begriffs oder der Inhalte ist: Natürlich ist 'Populismus' hier (gerade in der Linken) negativ besetzt - aber gilt das auch für die dahinterstehenden Strategien?
Wenn mensch P. als 'Denken in Feindbildern wir gegen die' definiert wohl ja, aber trifft es das wirklich? Wenn P. hingegen definiert würde als "auf die tatsächlichen Sorgen und Gefühle(!) der Menschen eingehen", könnte das doch schon ganz anders aussehen. Daran ließe sich erst einmal nichts aussetzen, und es ist bis dato sicher keine Stärke der hiesigen Linken, wie der Autor sehr richtig feststellt. Wenn aber die Linken die Sorgen der Menschen z.B. angesichts der Einwanderung nicht ernst nehmen, pauschal verurteilen - dann holen die Rechten diese Menschen ab.
Außerdem würde ich Schna'sel zustimmen: Es mangelt nicht an Theoriebildung in der Linken, nur ist die ausgiebige Diskussion abgehobener Theorien in einer Bewegung nicht unbedingt das, was auf die meisten Menschen anziehend wirkt...
Der europäische Rechtspopulismus hat mit der Flüchtlingsfrage sein Aktionsthema und mit der völkischen Antwort sein zentrales Ideologem gefunden.
Nur behagt mir deshalb der sogenannte linke Populismus um Chantal Mouffe etc. noch lange nicht, der die entscheidende linke Antwort auf den rechten Populismus sein will. In einer "populistischen Situation", so schreibt Mouffe, komme es darauf an, "eine klare Grenze zwischen den Eliten des Establishmentes (la casta) und dem 'Volk' zu ziehen." - Mouffe hat den Wunsch, "einen progressiven Gemeinwillen herzustellen mit dem Ziel 'ein Volk' zu schaffen."
Bei diesem Vokabular wird mir leicht gruselig: "ein Volk" als politische Einheit gibt es nicht, geschweige denn, dass diese angebliche politische Einheit an sich schon gut sei. Hier wird von einem einheitlichen und guten Volkswillen ausgegangen und damit nicht nur das Faktum beschönigt, dass viele der angeblich so guten Völker und "Volksgenossen" unter Druck nach rechts statt nach links gehen, sondern damit ist auch eine Absage an den Pluralismus einer demokratischen Kultur verbunden. Da ist mir zu viel Nähe zur eigentümlichen Querfront, die ein Konzept auf der neuen Rechten ist.
Bitte korrigieren Sie mich, aber wenn ich das richtig verstehe, dann stellt Populismus dem Autor zufolge eine Strategie dar, die von der Linken aufgegriffen werden soll, um durch den Brückenbau zwischen außerparlamentarischen Bewegungen und Institutionen an Stärke zu gewinnen. Gleichzeitig geht es beim Populismus demnach darum, gewisse Gefühle der Menschen, zB in der Debatte über Flüchtlinge, ernst zu nehmen. Schließlich wird unter Bezug auf Chantal Mouffe argumentiert, dass Populismus unbedingt eine Polarisierung von "Wir" gegen "Sie" beinhaltet.
Das sind zwar alles interessante Themenfelder - nur denke ich, dass sie mit Populismus nicht unbedingt zu tun haben. Denn wenn man den Begriff auf seinen lateinamerikanischen Ursprung zurückbezieht, dann fällt auf, dass damit ein Politikstil gemeint war, bei dem ein "Führer" unter Umgehung demokratischer Institutionen und Praktiken eine direkte Beziehung zum "Volk" aufbaute und seine Politik dadurch legitimierte, dass er im Auftrag des "Volkes" handelte.
Also ein grundlegend autoritärer Politikansatz. Und ein im Grunde der politischen Rechten vorbehaltener Politikansatz. Denn zentral beim Populismus ist das Leugnen und Verwischen von sozialen Widersprüchen und Gegensätzen. Das Aushandeln und der Konflikt zwischen unterschiedlichen sozioökonomischen Interessen wird beim Populismus durch einen fast schon religiösen Ansatz ersetzt, der sich gegen jede Kritik und Widerspruch immunisiert, da er durch das "Volk" legitimiert sei und dieses hat ja bekanntlich immer recht... Goodbye Klassenkampf und hallo "Volk"!
Es ist zB auch kein Zufall, dass klassische Populisten wie Peron in Argentinien keine Berührungsängste zum Faschismus kannten, denn die Leugnung des Klassenkampfes und die Ersetzung durch völkisch-nationale Politik steht auch beim Faschismus im Mittelpunkt. Und populistische Politiker wie Cardenas in Mexiko, der durchaus auch progressive und sozialreformerische Ansätze kannte, bereiteten den Weg für Jahrzehnte der autoritären Herrschaft unter einer Partei (in Mexiko die PRI).
Ich denke, Populismus wird oft in der Diskussion viel zu wenig definiert und so gut wie nie auf seine historischen Wurzeln hin beleuchtet. Die Versöhnung zwischen sozialen Bewegungen und Institutionen mag ein interessanter Weg sein, über dessen Erfolgsaussichten man streiten kann, aber es hat mit Populismus nicht viel zu tun, sondern eher mit linker Strategiedebatte. Die Polarisierung "Wir" gegen "Sie" ist durchaus ein Bestandteil populistischer Rhetorik, denn oft inszenierten sich Populisten als Gegenpol zu den "Eliten" oder den "ausländischen Mächten" (Oligarchie bzw. Imperialismus in Lateinamerika). Auch die Politisierung von Emotionen bzw. Ressentiments kommt hier ins Spiel. Es ist aber fraglich, was es mit linker Politik zu tun hat, wenn soziale Widersprüche und der Klassenkampf durch das Völkisch-nationale ersetzt werden. Daher finde ich die Distanz und die Ablehnung des Populismus aus linker Sicht sehr wohl sinnvoll und legitim.
"Ich will mal versuchen, den Augstein’schen Begriff des „positiven Populismus“ in diese Debatte mit einzubringen. In der Geschichte der deutschen Linken gab es ja nicht nur schlimme Erfahrungen mit populistischen Strömungen."
Sicher, was würden wir ohne ihn zun? Trotzdem: woher nehmen und nicht stehlen? Populismus ist doch, ebenso, wie fruchtbare Dialoge nicht etwas, das man einseitig konstruieren oder programmatisch einfordern kann. Populismus ist im positiven Sinne und auch in dem, worauf man Bezug nimmt, wenn man vor ihm warnt, ein Verhältnis, die eine Reaktion beinhaltet oder auf eine solche Reaktion spekuliert. Bedingungen für dieses Verhältnis sind politische Inhalte und Botschaften auf der einen Seite aber eben auch Menschen, die sich entweder mit angebotenen Inhalten identifizieren oder diese aus sich selbst heraus entdecken und von sich aus vertreten. Was tun, wenn keine Entdecker vorhanden sind, sich die potentiellen Empfänger schlichtweg verweigern oder zumindest nicht reagieren? Wie geht Populismus, wenn da kein Populus ist, das in die "richtige", positive Richtung strömen will, ohne dass es man großartig dazu überreden und immer wieder dazu auffordern müssste? An dem Punkt sagen Sie: Das muss die neue Strategiedebattte werden: Motivation, auch indem man sich nicht von den rhetorischen Querschlägern erschlagen lässt, die ihre polarisierenden Kampfbegriffe als Polemiken in die Debatte einführen, um sie immer wieder auf die Butterbrote derjenigen zu schmieren, die nicht von ihnen kontrolliert werden. Da bin ich, wie gesagt ganz bei Ihnen. Das ist sicher strategisch richtig. Eine Antwort darauf, wie man sich mit anderem Vorzeichen und im positven Sinne populistisch verhalten könnte ist das aber ganz sicher nicht. Weil die positive Rückkopplung fehlt. Man sieht doch auch immer wieder, was dabei heraus kommt, wenn sich die Politik bewusst populistisch verhält. Seehofer z.B. kürzlich, oder auch Gabriel immer wieder. Und ich finde auch, genau hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Weil man mit dieser Strategie entweder nur die erreicht, die sich außerhalb der aktuellen populistischen Antworten befinden, was für sie ja geradezu den Beweis ihrer politschen und Lauterkeit darstellt. Und die auf ihrer Reinheit, als einzig wahren Widerstand gegen die Korruption durch die populistischen Systemteufel bestehen. Oder man erreicht die erfolgreichen Populisten, einschließlich der im Gleichtakt schwingenden medialen Öffentlichkeit, für die man im Sinne ihres Glaubens an die Spieltheorie sowieso nur der Konkurrent ist, den man mit allen Mitteln an daran hindern muss, auf den claims zu schürfen, die man selber ausbeuten will. Populisten sind Ketzer, es sei denn sie vertreten die Mehrheit der Bürger. Und wer möchte schon als wahrhaft Gläubiger, Linker , vielleicht aus eh schon wackeliger sozialer Position heraus auch Gefährdeter, auf dem Scheiterhaufen der Rechtgläubigen landen? Das unterscheidet die Situation von den 60er und 70er Jahren, in denen man solche Ängste lediglich vor denen haben musst, die mehr oder weniger eindeutig auf der anderen Seite standen. Heute muss man sich vor den "eigenen Reihen" hüten, die im Alltag auf absolute politische Korrektheit, auch im Sinne ihrer alternativen, liberalen aber politisch wenigstens relativ erfolgreichen und damit populistischen Strategien pochen. Während sie gleichzeitig so lange keine Probleme damit haben, Hartz IV und Kampfeinsätze zu legitimieren, wie das ihrem Erfolg, ihrer Popularität, ihrem Populismus nicht schadet. Das macht es schwierig: Populismus ist nur etwas für erfolgreiche Populisten, die natürlich nicht so bezeichnet werden und sich auch nicht so wahrnehmen. Solange man nicht dazu gehört, ist man entweder eine direkte Bedrohung oder man ist einer Querfront Häresie auf den populistischen Leim gegangen.
@ heinthüer heute um08:54
Zu: "..Der europäische Rechtspopulismus hat mit der Flüchtlingsfrage sein Aktionsthema und mit der völkischen Antwort sein zentrales Ideologem gefunden.." (Zitatende)
Stimmt es wirklich, dass der europäische " Rechtspopulismus" durchweg oder überwiegend völkisch geprägt ist? Habe manchmal den Verdacht, dass da auchChimären aufgebaut werden.
@Sascha
Ihre Einwände finde ich bedenkenswert und richtig, insbesondere Ihre Feststellung, dass es hier im Grunde um eine linke Strategie zur Erringung von Macht (oder Hegemonie) geht – und man auf den Begriff Populismus dabei durchaus verzichten könnte. Er ist aber nun mal in der Welt, und man muss das Beste daraus machen.
Ich habe Chantal Mouffes aktuelle Aufsatzsammlung „Agonistik“ (die übrigens auch für wenig Geld von der Bundeszentrale für politische Bildung vertrieben wird), deshalb als Referenz für mein Plädoyer herangezogen, weil sie den ursprünglichen Populismus-Ansatz eben nicht stur und dogmatisch vertritt, sondern ihn modifiziert bzw. weiterentwickelt. Sie appelliert ja auch nicht an die traditionelle Linke, nun den Kontakt zu den Protestbewegungen zu suchen, sondern umgekehrt: sie appelliert an die linksradikalen, kurzlebigen, anti-politischen, linkspopulistischen Protestbewegungen, die vor allem in den südeuropäischen Ländern entstanden sind, und legt ihnen nahe, die Errungenschaft der demokratischen Institutionen als „Kampfboden“ nicht einfach gering zu schätzen oder abzulehnen, sondern diese produktiv zu nutzen. Das ist ungefähr die Lehre, die auch der junge Willy Brandt gezogen hat, nachdem er in den dreißiger Jahren über die Linksabspaltung SAP zur skandinavischen Sozialdemokratie fand. Brandt hatte starke populistische Elemente (ohne selbst ein Populist zu sein), denken wir nur an den Wahlkampf 1972, wo es in der Endphase um ein „Wir“ gegen „die (Reichen)“ ging (Albrecht Müller, sein damaliger Wahlkampfleiter, erzählt die Geschichte immer wieder gern).
Die traditionelle Linke wäre also mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie das Angebot von Chantal Mouffe, hier eine Brückenfunktion einzunehmen, nicht annehmen würde. Und wenn ich von der traditionellen Linken rede, schließe ich die Partei Die Linke mit ein, denn diese hat leider auch nichts Besseres zu tun, als pauschal auf „den Populismus“ einzudreschen anstatt etwas differenzierter an das Thema heranzugehen (siehe Raul Zelik im ND).
@Schna’sel
Es ist inzwischen leider Mode geworden, jede kräftige Äußerung eines Politikers schon mit dem Verdikt „populistisch“ zu belegen. Nach jeder „empörenden“ bzw. irgendwie „fettnäpfig“ empfundenen Äußerung setzt in den Medien, auch in den sozialen Medien, ein aufgeregtes Geschnatter dauererregter Übelnehmer ein. Rechtspopulisten wissen das und nutzen die erwartbaren Reaktionen zur billigen Eigenwerbung. Das hat zur Folge, dass anschließend nicht mehr über die politische Substanz des Kandidaten, sondern über Populismus im Sinne eines bloßen Sich-Danebenbenehmens diskutiert wird (siehe Donald Trump).
Wenn ich nun (sehr vorsichtig, wegen Geschichte, ich weiß!) dafür plädiere, sich in dieser Situation nicht vornehm zurückzuziehen und den Rechten das Feld zu überlassen, dann meine ich, dass in der Linken wieder stärker über Strategien gesprochen werden muss, Mehrheiten zu gewinnen. Das schließt selbstverständlich mit ein, ein mehrheitliches „Wir“ aus den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bilden zu wollen. Diesen Teil der Strategie erfüllen unsere bestehenden Parteien heute auch im Übermaß, in allen Wahlkämpfen leuchtet einem das große „Wir“ von den Plakaten entgegen. Es ist ein vollkommen unpolitisches, ein papierenes „Wir“. Es heißt „Wir schaffen das“, „Wir sind stolz auf unser Land“, „Das Wir entscheidet“ etc.pp.
Aber – und jetzt kommt der eigentliche Punkt, jene Differenz, vor der die Anti-Populisten (nicht ganz zu Unrecht, ich weiß) große Angst haben: Sie drücken sich um das „Sie“ herum, sie sagen nicht mehr, gegen wen, gegen welche konkreten Interessen sie ihre Politik durchsetzen wollen oder diese momentan nicht durchsetzen können. Das bewusste Weglassen des „Sie“ (also die Benennung des Gegners) ist inzwischen üblich geworden, es ist ja auch – zugegeben - ehrenvoll und nobel, aber eben auch ein bisschen feige, denn es führt dazu, dass die Wähler solche leidenschaftslosen – weil gegnerlosen - Wahlkämpfe zunehmend ignorieren und den Wahlurnen fernbleiben. Es ist – wie Sie richtig sagen – kein Populus mehr da.
Der Verdienst von Chantal Mouffe ist nun, dass sie deutlich macht, dass es bei linker Politik IMMER um das Durchsetzen von mehr Gerechtigkeit GEGEN WIDERSTÄNDE geht. Und dass es der nicht-populistischen Linken absolut nichts nützt, diese Widerstände unter den Teppich zu kehren. Sie muss die Widerstände benennen. Und ich denke, zwischen dem „Freund-Feind-Denken“ eines Carl Schmitt und und der Aufforderung, „Widerstände benennen“, gibt es eine große Palette an Abstufungen. Man muss sich den Carl Schmitt-Schuh nicht anziehen.
Dass man sich mit einer solchen Haltung in der derzeitigen konformen Medienlandschaft (zunächst) keine Freunde macht und auch in den eigenen Reihen – wie Sie richtig schreiben – vorschnell als ‚umstrittener’ Außenseiter wahrgenommen wird, ändert nichts am eigentlichen Problem. Eine Kursänderung, eine Überwindung der jetzigen Machtlosigkeit der Linken, (hier 25%, dort 10%) beginnt immer mit einigen Wenigen.
@ sacha um 12:32
Der Antagonist zu "Populismus" ist eigentlich "Elitarismus".
Habe den Verdacht, dass gerade manche (linke) Populismusgegner glauben, an ihrer Welterklärung sollle "das Volk genesen". Aber vielleicht missverstehe ich sie da auch.
Es bringt kaum etwas , sich um historisch- semantische Bedeutungsdifferenzen zu streiten. "Das Volk" (auch das vermeintlich oder tatsächlich "rechte") ist heute nicht mehr das der 30ger Jahre. Fast alle sind heute zumindest überwiegend demokratisch sozialisiert und an parlamentarische Abläufe gewöhnt. Selbst "Rechts" jammert kaum mehr jemand über "demokratische Schwatzbuden" und wegen der kulturellen (!) mediale Globalisierung faällt auch kein Mütterchen mehr in Ohnmacht, wenn es Einen Dunkelhäutigen erblickt. Und der Rest , der doch noch so denkt, ist eher marginal.
Naja, mein Einwand bezieht sich aber nicht nur darauf, sich von der Begrifflichkeit des Populismus abzuwenden, sondern es geht mir auch darum, dass die damit verbundenen Politikansätze und -inhalte für die Linke meiner Meinung nach tabu sein sollten.
Ich finde, die Linke sollte sich wieder stärker darauf besinnen, zu analysieren, was den Kapitalismus ausmacht - nämlich die Klassengesellschaft und der Antagonismus zwischen Arbeit und Kapital. Die von mir genannten ideologischen Momente, die den Populismus bestimmen wie autoritäres Führerprinzip, Freund-Feind-Schema, Denken in völkisch-nationalen Kategorien, Verwischen der sozialen Widersprüche, Politisierung des Ressentiments - diese Momente verbieten sich meiner Meinung nach für eine emanzipatorische, linke Politik. Sie sind aber bestimmend für den Populismus.
Es ist ja ein Kennzeichen des Populismus, die eigene politische Agenda im Namen von "Volkes Stimme" durchzudrücken. Damit kann letztlich alles legitimiert werden und die politische Rechte versucht es ja auch, so ziemlich alles durchzudrücken, was ihr am Herzen liegt, von der Abschaffung der Demokratie bis hin zur Todesstrafe. Da werden irgendwelche Umfragen mit Schlagseite fabriziert und rechte Politiker schlagen vor, Referenden über die Todesstrafe abzuhalten. Das ist Populismus im eigentlichen Sinne.
Das erklärt übrigens auch die Präferenz mancher Rechtsextremer für die direkte Demokratie. Denn auf diesem Weg werden lästige Hindernisse wie Menschenrechte und demokratischer Rechtsstaat aus dem Weg geräumt und man meint, durch direkte Beziehungen zum "Volk" besser herrschen zu können - natürlich ohne die Menschen durch Bildung und Partizipation ein Bewusstsein entwickeln zu lassen und Themen in langfristigen und sachlichen Debatten zu bearbeiten. Direkte Demokratie nach dem Verständnis der Rechten bedeutet nur noch, über komplexe gesellschaftliche Fragen in simplen Ja/Nein-Entscheidungen abstimmen zu lassen, nicht ohne vorher das Wahlvolk durch Medienkampagnen hirnzuwaschen. Deshalb lieben ja die Rechtsextremen das Schweizer Modell auch so sehr.
Das Problem besteht meiner Meinung nach nicht darin, dass die Linke mit Populismus vielleicht besser an die Menschen herankommen und sie für sich zu gewinnen vermag - also eine Frage des Stils. Das Problem sehe ich eher darin, dass die Linke es nicht vermag, ihre Themen zu setzen und sich von den Rechten am Nasenring durch die Arena treiben lässt. Die Linke reagiert bestenfalls, aber sie schafft es nicht, die Menschen für linke Themen und Politikfelder zu sensibilisieren. Natürlich liegt das auch daran, dass wir die schlechteren Karten in der Hand haben, da wir den Großteil der Parteien, Medien und Interessensverbände gegen uns haben.
Linke Diskurse nehmen zumeist nur eine sehr marginale Bedeutung ein, die von manchen als zu abgehoben und weltfremd (Stichwort: universitärer Elfenbeinturm) wahrgenommen wird. Dabei ist es genau anders herum: Linke Diskurse sind sehr nahe an den Lebenswelten der Menschen dran, denn sie leiten sich ja oft von lebensnahen Bereichen ab (Löhne, Mieten, Bildung usw.), auch wenn die Wortwahl manchmal zu abstrakt erscheinen mag. Dennoch sind es heute die Diskurse der Rechten, die in der Gesellschaft total dominant sind, vermutlich weil sie nicht nur alle Machtmittel in der Hand haben wie Medien, Parteien, Interessensverbände, sondern auch weil ihre Antworten einfacher erscheinen.
Es geht also meiner Meinung nach auch darum, dem differenzierten Denken und der sachlichen Auseinandersetzung mehr Raum zu verschaffen und so neue Wege für die gesellschaftliche Wirkmächtigkeit von linken Diskursen zu eröffnen. Dazu braucht es aber eben gerade keinen Populismus!
Wer ist denn das "Volk" überhaupt? Das "Volk" ist der Staat, nichts anderes. Dazu gehören sog. "Eliten" (was dies auch immer sein mag) und der Rest. Wenn sich eine große Mehrheit von einer kleinen Minderheit, die das Geld dazu hat, über die Bewußtseinsindustrie einerseits und das immer noch vorhandene Obrigkeitsdenken (obwohl es keine Obrigkeit mehr gibt) hinters Licht führen läßt, warum soll es denn keinen Linkspopulismus geben?
Übrigens, nach den Brandanschlägen in Heidenau und Freital, schrieben einzelne Kommentatoren, daß es in Deutschland 1/4 bis 1/3 Rassisten gebe. Dies halte ich für realistisch. Sie sind teilweise in den sog. Volksparteien involviert und werden zur "Mitte" gezählt.
Und nach "Heidenau" kam die aufgesetzte Willkommenskultur.
"Aus den Augen, aus dem Sinn."
@Sascha
Ich finde, Sie gehen nicht auf das ein, was ich schreibe, sondern Sie bekämpfen den Peronismus in seiner Ursprungsform. Wie @Little Louis bereits sagte, befinden wir uns aber nicht mehr in den Dreißigern.
Okay, ich bin da wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen mit meinen Ausschweifungen. Sorry, dass ich Ihr Posting dabei aus den Augen verloren habe. Aber wie ich auch schon geschrieben habe, finde ich eben nicht, dass die Diskussion, die Sie aufwerfen, überhaupt viel mit dem Thema Populismus zu tun hat.
Ich habe den Eindruck, das zentrale Argument in Ihrem Text ist, dass die Linke besser aufgestellt wäre, wenn sich Protestbewegungen (die Sie nach Chantal Mouffe "populistisch" nennen) mit den Institutionen arrangieren würden und also quasi wieder einmal den Marsch durch die Institutionen antreten bzw. umgekehrt, wenn sich die Institutionen für die Protestbewegungen öffnen würden. Das erinnert mich an die Politikansätze, die schon von den 1968ern aufgegriffen wurden und ich finde ehrlich gesagt weniger, dass dieser Ansatz wirklich eine Perspektive für die Linke bietet.
Aber geht es denn nun um die Frage, wie man zu diesem Ansatz, dem Marsch durch die Institutionen, steht oder geht es um die Frage, wie man zum Populismus steht? Denn für mich sind das verschiedene Fragen!
Mut ist aber was anderes als bloss "lauter".
Unlauter sollte man Mut deswegen nicht für blöd halten müssen.
wer den common speech unterläuft - der wird sich fragen lassen müssen, ob er das auf dem Zauberberg macht oder warum er das nicht macht.
Mut wofür ?
Viele deuten das als Mut zur Feigheit.
dat läuft heutzutage stiller: während man das damals ggf das pech hatte, sich damals zur Stilikone emporstilieren zu wollen, wird einem heutzutage bloß der Automat ausgemacht - oder auch nicht.
Besser is
Bedenken wir, dass die Automaten über die wir heutzutage miteinander kommunizieren lediglich zwei Zustände kennen und bearbeiten: An/On oder Aus/Off.
Ist das Reduktionismus oder ist das Reduktionismus?
Reduzibilität: nachgeradezu ein Fest...
blendet man dazu noch die Gewachsenheit der von uns gewähnten Geschichte aus, kommt dabei Daniel Cohn-Bendit heraus.
iwie auch wieder lustich.
Aber was Danny da abwickelt: das wird sein Problem bleiben.
Wie er sich über die Shoa außert dermaßen zynisch ....
was rege ich mich da auf.
Lasst mich gas duften...
...,das könnt ihr doch.
ich hab da kein Problem mit.
warum auch.
Weils kein Problem ist.
und danny wirds schon richten... - as used.
Danny allerdings übt sich in undifferenzierter Geschlichtsklitterung.
Hauptsache er kassiert seine Rente dafür.
Dieser Widerspruch war mir schon bei dem Straßenschläger Joschka Fischer aufgefallen.
für "Linke" argumentativ natürlich vollkommen unannehmbar.
wie sie formulieren, wenn sie Aufklärungsflieger zum Kriegseinsatz klarmachen.
Linker Popo-Lismus
Analsyse - Warum linker Popo-Lismus nicht funktioniert und was er mit Stecknadeln und Kneifzangen zu tun hat ...
Denn die Parteien der Mitte müssten sich dann voneinander entfernen, sie müssten – wie in der Parteiendemokratie eigentlich vorgesehen – unterschiedliche Teile des Volkes repräsentieren. Sie müssten parteiisch sein und nicht neutral in der Mitte kuscheln.
Das stimmt. Aber das Beziehen von Positionen erfordert keinen Populismus, sondern Nachvollziehbarkeit für die damit vertretene Klientel - auch wenn die Formulierung der Interessen eines ganz bestimmten Teils der Bevölkerung gelegentlich als Populismus missverstanden werden könnte.
Populismus aber bringt eine Massengesellschaft zum Ticken, zum Scheinfunktionieren, und verhilft ihr nicht dazu, ihre Interessenkonflikte demokratisch und mit überprüfbaren Ergebnissen zu verhandeln.
Kommentar zum o.g. Artikel, zu "Ein gefährliches Projekt" in der Freitag-Ausgabe vom 10.12.2015, und zu http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wie-deutschland-seine-politische-mitte-verliert-kommentar-a-1067438.html
Die Rede von der „Querfront“ ist meiner Meinung nach die alte Leier der sich selbst nennenden „Mitte“: Links- wäre das gleiche wie rechtsradikal, die Nazis wären ohne die Kommunisten bzw. slawischen Völker nicht möglich gewesen, und heute gefährdet ein Zusammenschluss von rechts- und linksradikal in ihrem Ausbruch aus dem rechts-links-Schema die angeblich „demokratische Mitte“, so wie Nationalsozialisten und Kommunisten als Totalitaristen die nicht-totalitäre Weimarer „Mitte“/Demokratie gestürzt hätte.
Dieses Narrativ lässt sich historisch nach 1945 als eine eigenmächtige Reinwaschung des blutbeschmierten Bürgertums von der Eigenverantwortung für die Nazigräuel lesen, es ist das Narrativ der Generation Schäuble. Ich denke da an den Historiker- oder Habermasstreit 1980ff, dessen Narrativ daran anschließt.
Die politische „Mitte“ lese ich vor dem Hintergrund dieses Narrativs als jede Regierung, an der die CDU/CSU beteiligt ist. Eine rot-rot-grüne-Regierung, also die nach den letzten Wahlergebnissen real existierende politische Regierungsalternative ohne CDU/CSU, wäre ja nicht „Mitte“, sondern links.
Nach meiner Analyse war und ist die „Mitte“ niemals unideologisch, wie sie es stets behauptet. Eine politische Partei kann ja auch gar nicht unideologisch sein, denn ohne Ideologie würde anthropologisch gesehen gar keine so komplexe Welt, wie wir sie kennen, existieren können. Diese politische Elite, und damit meine ich vor allem die regierenden Politiker, den politischen Apparat und die meisten Medien, also die sogenannte „Mitte“, radikalisiert sich in ihrer Ideologie jedoch selbst höchst totalitär, was aber auch eine gewisse Tradition hat.
So denke ich an die Verfassungskrise 1992, als die polizeilichen Organe und Ministerien in Bund und Land beschlossen haben, bei Pogromen nicht einzugreifen. Das lässt auch für die Brandanschläge heute zweifeln, ob die Objekte und Flüchtlinge adäquat geschützt werden, oder ob der Apparat selbst durch eigene totalitäre Machenschaften die Verfassung sowie Bürgerinnen und Bürger verletzt oder vernichtet.
Und ich denke an den NSU-Komplex. Die Tatsache, dass faschistische und verfassungsfeindliche Organisationen durch V-Leute und Steuergeld alimentiert und terroristische Strukturen erst möglich gemacht wurden, ist ein deutliches Zeichen der Radikalisierung einer sich selbst nennenden politischen „Mitte“. Dem politischen aufmerksamen Beobachter entgeht es nicht, dass die Elite sich verfassungswidrig das Recht eines absolutistischen Staats aneignet, in dem der Untertan für sein Handeln finanziell und rechtlich verantwortlich ist, die Elite jedoch nicht. Das gilt für die Finanzkrise 2007ff genauso wie für den NSU-Komplex und weitere Katastrophen. Mir ist nicht bekannt, dass es bei all den Staatskrisen Disziplinarverfahren gegeben hätte gegen Politiker und Beamte, die sich schuldig gemacht haben. Stattdessen gilt nach wie vor: Quellenschutz eines Geheimdienstes wiegt stärker als die Aufklärung von Terrorismus in Deutschland. Akten und Daten von deutschen Dienststellen sind Eigentum der Dienststellen („Der Staat bin ich“) und dürfen frei geschreddert werden. Während Daten von Bürgern nicht den Bürgern selber gehören, sondern ebenfalls den Dienststellen.
Ein Geheimdienstbeamter, der sich spätestens nach seinem unverschämten Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung höchstverdächtig gemacht hatte, wird aktuell im Bundeskanzleramt beschäftigt.
Die „Mitte“ ist also in einem doppelten Sinne totalitär extremrechts gerückt: zum einen durch aktive Unterstützung rechtsterroristischer Strukturen, eingeschlossen die komplexe staatliche Verantwortung für die NSU-Taten, zum anderen durch die Verabsolutierung der staatstragenden Klasse wie zu Kaiserzeiten und in der DDR. Im Widerspruch dazu die deutsche Gesellschaft, die Anhänger der Elite, deren ideologische Eckpfeiler Leistung und Verdienst ist.
Erstaunlich, dass Männer wie Schäuble oder Bosbach aktuell als Lieblinge der Nation demoskopiert werden, obwohl sie als Innenpolitker für diese Zustände Verantwortung tragen. Kein Journalist, keine politische Fraktion thematisieren die Ungeheurlichkeiten. Die mediale Elite verdrängt und macht es sich gemütlich im wohlsituierten Bett, in deren Mitte sie sich wähnt.
Anstatt, dass die „Mitte“ als politische Elite einmal zur Verfassung zurückkehrt, werde ich nun von einigen Anhängern der „Mitte“ wohl beschuldigt, eine Querfront zu bilden, weil es Rechte gibt, die ebenfalls Kritik an der Regierung äußern. So versucht die „Mitte“ also ihren eigenen Rassismus und Klassenkampf zu verdrängen. Doch wenn die Opfer des NSU-Terrorismus nicht Migranten gewesen wären, sondern Banker, Politiker, Journalisten etc., dann gäbe es ein RAF-Deja-vu und nicht den NSU-Komplex, bei dem man sich jetzt nur noch für die Frisur von einer von vielen Terror-Figuren interessiert.
Nur eine Deradikalisierung der "Mitte" verhindert ein Abgleiten in den Totalitarismus.
Ich denke 4711 hat trotz seines etwas revolutionären Tonfalls die derzeitige Lage doch zumindest in groben Zügen doch halbwegs gut getroffen. Ein Großteil der derzeitigen Mitte hatte in den 70gern (im Süden der Republik) eigentlich wegen "NICHT jederzeitigen und vorbehaltlosen Eintretens für die FDGO" nicht inden Staatsdienst übernommen werden dürfen.(-; Es gibt wohl (neben weiteren) zwei Hauptursachen: 1. Das diskurslose Nato- Austrittstabu. Der Wissenschafts- und Gesellschaftsphilosoph K.R. Popper hat schon in der 50gern genau dies kritisiert, weil eine Koalitionsregierung sich immer mit Hinweis auf Zwänge wegen des Koalitionsverträge aus der Verantwortung schleichen kann und der Wähler nie genau weiß, was er eigentlich wählt oder abwählt. Ich vermute aber, dieser Zwang zur Mitte war ein gewollter "Geburtsfehler "der Republik, eben gerade um ein Abdriften in den damals noch wirklich vorhandenen (totalitär-faschistischen) Rechtspopulismus a`la Weimar zu verhindern. Das mag damals eine gewisse Berechtigung gehabt haben. Wie ich aber oben schon sagte, ist die politisch- bewusstseinsmäßige Befindlichkeit der heutigen deutschen Bevölkerung nicht meht dieselbe wie in den 30ger. Und deswegen sind auch im Hinblick uf "Populismus " heute andere Schlüsse zu ziehen.
@ mich um 18:43 Korrektur Das Textverarbeitungssystem oder Sonstwer hat einen Satz in der Mitte meines obigen Textes verschluckt.Richtig ist es so: 1. Das diskurslose Nato- Austrittstabu. 2. Das derzeitige "Volksparteiensystem" mit seinem faktischen Zwang zu Koalitionsregierungen. . Der Philosoph K.R. Popper hat schon..............................
@ mich um 18:43 Korrektur
Das Textverarbeitungssystem oder Sonstwer hat einen Satz in der Mitte meines obigen Textes verschluckt.
Richtig ist es so:
1. Das diskurslose Nato- Austrittstabu.
2. Das derzeitige "Volksparteiensystem" mit seinem faktischen Zwang zu Koalitions-regierungen.
Der Philosoph K.R. Popper hat schon..............................
"Stimmt es wirklich, dass der europäische " Rechtspopulismus" durchweg oder überwiegend völkisch geprägt ist? Habe manchmal den Verdacht, dass da auch Chimären aufgebaut werden."
Die Rechtspopulisten bzw. Rechtsextremen in Europa - von Kaczynskis PSI und Orbans Regierung, über Gaulands AfD bis zum Front National und zur Schweizerischen Volkspartei - eint die Ablehnung der in vielfacher Hinsicht offenen multikulturellen Gesellschaft und des Fremden. Sie treffen sich im Sehnen nach einem autoritären Nationalstaat, der das "eigene Volk" vor den wirtschaftlichen und kulturellen Einflüssen von außen schützt. Die völkische Kapitalismuskritik richtet sich dabei nicht nur gerne gegen die "Systemparteien" der EU, sondern auch gegen die anglo-amerikanische "Hochfinanz". Beides Begriffe übrigens, die aus den völkischen Bewegungen der 1920/30er Jahre stammen.
Viele "Linke" verlieren völlig den Anschluss und verharren auf dem Entwicklungsschritt, als es gegen den "Volks-Empfänger" zu kämpfen galt. Aus der Niederlage haben sie nicht gelernt ...
"Scott Adams, prolific author, blogger, and creator of the massively popular comic strip Dilbert, has a different theory. He tells Reason TV's Zach Weissmueller that the media are being trolled by a skilled manipulator, or in Adams's parlance, a Master Wizard. So exquisite does Adams believe Trump's skills to be that he predicts The Donald will go on to win the presidency.
"What I [see] in Trump," says Adams, is "someone who was highly trained. A lot of the things that the media were reporting as sort of random insults and bluster and just Trump being Trump, looked to me like a lot of deep technique that I recognized from the fields of hypnosis and persuasion."
One such technique is what Adams describes as a "linguistic kill shot," in which Trump uses an engineered set of words that changes or ends an argument decisively. According to Adams, when Trump describes Jeb Bush as low energy, Carly Fiorina as robotic, or Ben Carson as nice, he's imprinting a label you already feel about these people. They're not random insults, but linguistic kill shots that you can never get out of your mind.
Similarly, where the media see random insults, Adams sees Trump creating a significant polling gap between those who attack him and those who compliment him, resulting in chilled aggression from his opponents. Trump, says Adams, uses "anchors," which are big, visual thoughts that drown out any other argument. Think, for example, of the billionaire's florid descriptions of a Mexican border wall.
Adams also describes Trump's use of "linguistic Judo," vagueness, and a carefully developed persona to defend himself against attack and promote the image he desires. "You see apple pie and flags and eagles coming out of his ass when he talks," says Adams."
Natürlich gibt es diese klassischen Rechtsbewegungen und zwar überall in Europa. Aber ich wage die Behauptung, dass selbsr da nur ein marginaler Randbereich aus wirlichen biologisch- ethnischen Rassisten besteht, die die Blutliniea ihres imaginierten "Volkskörpers" "reinhalten" wollen. Um mal zynisch zu sein wage ich die These, dass soches Gedankengut manchmal eher von Provokateuren eines "tiefen Staates" kommen könnte als von breiteren rechtskonservativen Schichten. Und ich wage die weitere provokative These, dass diesbezüglich die islamische Mainstreamszene auch nicht gerade allzu imun sein dürfte. Manche deutsche "Linkspopulisten" scheinen da plötzlich eine merkwürdige Beißhemmung an den Tag legen zu wollen. In merkwürdiger Übereinstimmung mit der merkelschen protestantokatholischen Betonmitte übrigens. Aber vielleicht sollte man das Thema jetzt lieber beenden. Mopperkopp scheint schon etwas ungehalten zu werden. Er hat den hießigen topic- Beitrag zumindest auf meinem Browser schon gaaaaanz nach hinten verschwinden lassen. (-; (-:
Nachtrag zu heinthüer um 19:09 bezüglich Kapitalismuskritik.
Sind Sie etwa der Meinung ,dass die Linke in Zukunft Kapitalismuskritik meiden sollte, nur um nicht in den Verdacht zu kommen, mit irgendetwas rechts vom "wahren Links" gemeinsame Sache zu machen? Fehlt nur noch, dass man solches dann unter Antisemitismusverdacht stellt. Dann gute Nacht , deutsche Linke! Da wäre eine Art "Querfrontvorwurf" vielleicht viel eher angebracht.
Die deutschen Rechtskonservativen waren da in den Nachkriegsjahrzehnten viel schlauer :
Mit CDU und CSU eine schon getrennte Wählerklientel einsammeln ( damals eher Protestantismus versus Katholizismus), aber in der Regierung gemeinsam erfogreich gegen Links vorgehen. Und das sogar ohne große Koalitionsprobleme. Und heute funktionierts mit der Religion immer noch, weil da irgendwie alles einzupassen ist.
Populismus ist mE ein Stil (von vielen), Politik vom und fürs Volk zu machen. Ebenso wie @Gustlik möchte ich die negative Konnotation hinterfragt sehen... und nicht einfach so übernommen.
Mir san mir.
Unter Populismus verstehe ich, die Sorgen, Nöte, Ängste, Wünsche und Hoffnungen, kurz: Bewegungen, die in der Bevölkerung spür-, sicht-, fühl- und hörbar sind, auf und zusammen zu fassen und einen möglichen Aus-Weg zu zeigen. Eine Richtung, hin... zu...
Klingt anmassend...
Beispiel Xenophobie, zu sagen, ist Schei*e, stimmt zwar, nur bringt allein die Feststellung nicht voran, da sind die sog Rechtspopulisten einen einzigen (richtigen) Schritt weiter: sie holen die Menschen da ab, wo sie stehen. Bei ihrer Angst. Punkt.
(Und dort werden sie niedergequatscht, plattgeredet, benutzt, manipuliert, aufgehetzt, ...
So nicht!)
Es braucht also zunächst die Sicht auf das, was bewegt und dann das Aufzeigen und Vergleichen der möglichen und gangbaren Wege: für die Menschen, dort, wo sie stehen, verständlich transportiert. Wenn sie sie denn mitgehen wollen...,
..., was aber rein populistisch betrachtet vernachlässigbar sein sollte :o)
Das gilt bei allen Anti-Gedanken, war doch vor 30 Jahren nicht anders: Anti-AKW, Anti-Krieg, Anti-Kapitalismus, ...
Heute nehmen wir Anti-HartzIV dazu, Anti-Terror, Anti-Korruption, Anti-Globalisierung, Anti-Elite etc.
Oder für die Occupy-Bewegung, Assanges leaks, Snowden, Frieden, soziale Gerechtigkeit, Bewahrung der Grundrechte, fliehende Menschen, Protestbewegungen als solche usw.
Was nicht geht: Anti-Menschen. (Anti-Mensch, Anti-Religion,... ist niemals links, nicht mal im Zweifel...)
Und der Intellekt darf nicht fehlen ;o)
Und dann mehr oder weniger schonungslos iSv deutlich, klar, authentisch, ziel- und lösungsorientiert mitnehmend.
Das ist gar nicht schlimm. *achso*
Das ist aber anders als andere Parteien es tun oder gar andenken würden.
Es muss ja nicht per Sonnenblume sein oder grün gestrichen werden, es genügt, für die 'Anti-Bewegung' Raum zu schaffen, selbstbewusst, selbstsicher, konfliktbereit, ohne Kommunengedanken, gern revoluzza-mäßig, mit Perspektiven, nicht aus Harmoniesucht und dadurch konsensbereiter als notwendig, sondern streitbar, -fähig.
Populistisch populär, nicht opportun, nicht aufgehübscht, sondern volksvertretbar in echt, bottom up.
Geht nicht? Gibts nicht. Einfache Lösungen? Einfache Sprache? Einfach so? So einfach?
Nee isklar, wenn mich das Wort Populismus in der Form, wie es andere benutzen, schon abschreckt, dann wird das nichts. Vor Wahlen bekomme ich Taschen, Kulis, Aufkleber, ..., absolut populistische needful things,... Na und?
Populismus ist, was man draus macht. Nicht machen lässt.
Bleibt noch die Antwort auf die Frage: was machen wir mit unangenehmen Themen? Sie sind ja da, und sie sind nicht wegzureden. Auf andere Parteien verweisen *grins*?
Immer schön links überholen.
Und sich oder doch andere fragen: warum ist american-Fremdfühlen weniger fremd als xenophob?!
Und: nicht immer nur nach Gründen (blabla) suchen, sondern Wege finden...
... dann wird aus'anti' für etwas...
*schütttel den mainstream ab* oder *nutz den mainstream* linkspopulistisch und extrem.
Da ist ja alles schön und gut mit dem Linkspopulismus. Damit kann man Leute aktivieren. Aber, was macht man dann, wenn die Leute auch noch glauben, was man ihnen populistisch serviert?
Und noch eines: Kein Linkspopulismus ohne Chefpopulisten - da gibts schöne Beispiele. Erst seriös und dann desaströs. Wer übernimmt die Verkündigung.
@SUZIEQ am12.12. um 21:53 Ich bin bei dem Meisten ganz bei Ihnen, verstehe aber ihre Kritikabstinenz bezüglich der Religionen nicht so ganz. Eventuell liegt es daran, dass sie den (halb) aufgeklärten und fast schon halbagnostischen Teil des deutschen (theologischen) Protestantismus und die "So tun als ob- Folkloregläubigkeit" des deutschen Durchschnittsbürgers mit der außereuropäischen und weltweiten Religiosität verwechseln. Diese ist aber halt mal sehr häufig zutiefst "reaktiönär". Und dies gerade auch in Bezug auf eine wie auch immer geartete humanistische oder soziale Agenda. Und Ihnen müsste doch auch klar sein, dass man mit allen Religionen auf der Grundlage historischer Legendenbücher problemlos am Mittwoch Kanonen für völkerrechtswidrige Kriegshandlungen segnen und am Sonntagmorgen auf der Kanzel das hohe Lied der Friedfertigkeit und Mitmenschlichkeit singen kann. Und wegen der tiefen Gewöhnung an (theologische) argumentative Inkonsistenz kann man hier natürlich auch eine zahlenmäßige Flüchtlingsobergrenze ablehnen und im Satz danach der These zustimmen, dass es "natürlich" eine faktisch-reale Grenze der Aufnahmefähigkeit gibt. Das ist aber sogar mehr als "Populismus," nämlich der Versuch der Volksverdummung. Die breite Masse mag zwar nur "durchschnittlich " gebildet sein- hat für so etwas aber durchaus eine Antenne. Und vermutlich im Im Osten wegen der etwas geringeren "theologischen" Gehirnwäsche noch eher als im Westen.
Ich bin mir ja nicht sicher ob Populismus wirklich eine Theorie braucht - man könnte da schon zu der These neigen, wer eine Populismustheorie braucht wirds mit dem Populismus nicht weit bringen.
Dabei halte ich einen linken Populismus für überlebensnotwendig, denn nach allem Anschein werden die nächsten Jahrezehnte eine Zeit des Populismus entweder im schlechten (vulgo rechten) oder guten (linken?) Sinne.
Wenn die Linke es nicht endlich schafft aus der intellektuellen Ecke rauszukommen und die anzusprechen, die sie zu vertreten behauptet, dann werden die Rechten das tun. Die brauchen dazu keine Theorie die handeln da ganz intuitiv.
Entscheidend ist den Unterschied zwischen linkem und rechtem Populismus immer klar vor Augen zu haben. Aus meiner Sicht gibt es da einige wesentliche Punkte :
rechter Populismus spricht Ängste an und schürt diese - linkter P. weckt Hoffungen und weist Wege diese in die Tat umzusetzen.
rechter P. ist personenfixiert linker muss themenfixiert sein. Eine Einteilung in wir und die anderen kann es geben, aber nur mit der Einschränkung, dass diese Einteilung nur situationsbezogen und keinesfalls dauerhaft ist. Jeder andere Mensch kann jederzeit ins wir aufgenommen werden. Und das Wir ist nicht homogen - es umfasst eine grosse Vielfalt.
Die inhalte des rechten P. können und dürfen nicht rational hinterfragt werden - dies hat den Ausschluss aus dem Wir zufolge. Linker P. muss immer offen für kritische Fragen sein, Absolutheitsansprüche sind Teil eines möglichen Linkspopulismus.
Rechter P. erstrebt eine Machtzentralisierung - Linker P. muss als Ziel eine Dezentralisierung von Macht anstreben.
Wie man wohl unschwer erkennen kann hat linker P. schwerere Aufgaben zu bewältigen.
Muss Natürlich heissen
Absolutheitsansprüche sind NICHT Teil eines möglichen Linkspopulismus.
Kritikabstinenz bezüglich der Religionen ..., nee, ganz anders.
Ich finde, dass Gutmensch ein zutreffendes Schimpfwort für Menschen, die sich als makellos darstellen (und diese Darstellung als erstrebenswert hinstellen), ist. Gutmenschen sind mir suspekt, weil es sie hundertpro eh nicht gibt/geben kann (zum Glück), sie sind eine Form von Selbstbetrüger. Das Tragen eines Heiligenscheins als Zeichen von Scheinheiligkeit...
Ich schrieb: Was nicht geht: Anti-Menschen. (Anti-Mensch, Anti-Religion...)
Was geht ist: das Angebot eines freiheitlichen, solidarischen, humanen, sozial verträglichen Lebens mit Privatsphäre, in letztere gehören auch Religion und Sexualität.
Wenn ich das nun gelebt sehen will, dann verschwinden in D zZ sämtliche Weihnachtsmänner plus Beleuchtung, demnächst die Osterhasen und es wird keine Prozessionen mit Monstranz mehr geben.
Es wird keinem Gott öffentlich 'gehuldigt', es wird in den Schulen kein bestimmter Glauben vorexerziert, es werden keine Verbrechen mit Glauben erklärt, Kirchen uä werden zu Asylen usw.
Was geht ist: Bekanntmachen und Kennenlernen von Religionen, Glaubensauffassungen etc ohne Beitritt. Im christlichen Glauben ist für viele Teens bei Kommunion und Konfirmation das Wichtigste die Geschenkeliste...
Ziele sind wichtig, Werte sicher auch, an etwas glauben, warum nicht.
Sind eigene Ziele, eigene Werte, wie eigener Glauben Privatsache?!
Was nicht geht: sich Ziele oder Werte oder Glauben auf ein Schild malen, vor sich hertragen, selbst nichts damit anfangen können, aber von anderen erwarten, dass sie sich an die gemalten Vorgaben halten. Ich sehe sie alles in allem als den Versuch einer Ver-Sicherung iSv Vergewisserung.
Als sei Moral etwas Eindeutiges... ;o)
Manchen genügt für die Erfüllung der Ersatz: Moral durch Zweckmäßigkeit.
Ich revidiere also 'Anti-Religion geht nicht' und lasse Religion als Privates wie ein Hobby stehen.
Mir schmeckt Moral manchmal wie ein Recht auf Verachtung anderer. Zumindest sobald der Begriff rethorisch benutzt wird.
greetings from the pit -abghoul
@ TOLU 0309 und seinen Konkretisierungen Ich stimme zu.
@ SuzieQ und ihrem Bekenntnis: Ich habe nichtsgegen das Allermeiste in Ihrem Statement zu "Religion". Werden Sie "Humanistin" und/oder Agnostikerin oder Atheistin und treten Sie eventuell einer Organisation bei ,die für konsequenten Laizismus in Deutschland eintritt. Beim Portal "hpd" (zum Beispiel) finden Sie Gleichgesinnte., aber keineswegs immer mit derselben Meinung in politischen oder politisch strategischen Einzelfragen. Aber nicht erschrecken. Die Bandbreite dort reicht von (meist eher rational- linksaußen bis manchmal neoliberal).
Du meinst die 'Besser-als-Moral'. Gute Menschen sind keine Gutmenschen, jede/r hat eine eigene Moral, mit viel Glück... eine Poesie des Herzens. LG
Das Wort Populismus ist negativ besetzt - wird es doch meist verwendet, um in politischen Diskursen Gesprächspartner mundtot zu machen (du böser Populist). Deshalb verwenden wir diesen Begriff am Besten nicht. Warum ist Oskar Lafontaine ein Populist? Für mich ist er Realist, gerade auch in der Flüchtlingsdebatte, wenn er Obergrenzen fordert. Er ist wahrlich KEIN Fremdenfeind (wie auch ich als Linksliberaler nicht), aber er weiß, dass die Integration von 1 Millionen Menschen oder mehr (denn es kommen ja immer mehr) kaum möglich sein wird. Und er spricht es aus. Niemand anderes der Großen des Linksliberalismus äußert sich dazu - obwohl die Probleme an der Basis - fehlende Information, fehlendes Geld, fehlende Hauptamtliche, erschöpfte Ehrenamtlich usw. - und die Ängte der Menschen doch nicht zu übersehen sind. Der Linksliberalismus wird so wirklich vorübergehend in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Und die Konservativen lachen sich insgeheim ins Fäustchen. Konservative und Rechtskonservative Parteien werden die Gewinner sein. Schuld daran ist nicht fehelnder Populismus der Linken. Schuld daran ist ihre fehlende Ehrlichkeit in der Flüchtlingsfrage und ihre übergroße Heuchelei. Sehenden Auges schweigt man. Und nicht nur Meinungsführer Süddeutsche, auch der intellektuelle Augstein sind hier ganz vorn dabei. Kluge Linksliberale sagten mir kürzlich: Es ist kaum zu fassen, aber heute muss man die Welt lesen, um einen vernünftigen Artikel in die Hand zu kriegen. Soweit sind wir gekommen...
@arius1 um 07:54
Wie recht Sie haben. Es ist das alte Drama. Ob man das "liberal" jetzt dazusagt oder nicht, ist nicht so erheblich. Dazudenken muss man es immer, egal "wie weit " links man ist. Tut man es nicht, ist man letztendlich Stalinist. Und dann wegen des fehlenden Humanismus und der Hangs zum Totalitarismus eigentlich kein "Linker" mehr.
Also gibt es "linke" Unterschiede allenfalls bei Diskussionen über das Ausmaß und die Art der Zähmung bzw. Reglementierung der Märkte.
Ungut ist es auch, sein "Linkssein allein durch (identitätsbildende) Abgrenzung nach "Rechts" zu definieren. Denn Strategie ersetzt keine Inhalte und vernebelt manchmal den klaren Blick auf die Realitäten sowie die Fähigkeit zu vorurteilsfrei rationalen Diskursen.