Misslungener Handstreich

Erster Weltkrieg Auch 100 Jahre später werden die alten Klischees von der Geschichtsforschung meist übernommen. Dabei verliefen bereits die ersten Tage ganz anders als oft angenommen
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 32/2014
Ein großer Sieg sieht anders aus: Deutsche Soldaten besetzen die für den Kriegsverlauf strategisch wichtige Festungsstadt Liège
Ein großer Sieg sieht anders aus: Deutsche Soldaten besetzen die für den Kriegsverlauf strategisch wichtige Festungsstadt Liège

Abbildung: The Print Collector / Getty Images

Am 4. August 1914 um 9 Uhr überschritten deutsche Truppen unter einem Vorwand die Grenze zum neutralen Königreich Belgien: Sie gaben vor, dort einem französischen Angriff zuvorkommen zu müssen. Der Plan zu diesem Einfall und zur Besetzung der Grenzfestung Liège „im Handstreich“ war – gegen alle früheren Warnungen von Otto von Bismarck bis Alfred von Schlieffen – in der Aufmarschabteilung des Großen Generalstabs vom Generalmajor Erich Ludendorff ausgearbeitet worden. Sein „Handstreich gegen Lüttich“ galt der deutschen Kriegsberichterstattung als kühner Waffenerfolg, brachte dem 49-Jährigen den Ehrentitel „Held von Lüttich“ und zählt bis in die jüngste deutsche Geschichtsforschung