Der „Mäusebunker“ soll Endedes Jahres abgerissen werden. Jahrzehntelang hatten Westberliner Studenten immer mal wieder davor demonstriert und die Schließung dieses schon von außen schrecklichen FU-Gebäudes mit den Versuchstier-Laboratorien und -Käfigen im Inneren gefordert. Inzwischen gehört die Einrichtung der Charité, die dort in Steglitz einen neuen Campus errichten will.
Inzwischen gibt es aber auch eine Kampagne „Rettet den Mäusebunker“, initiiert vom Architekten Arno Brandlhuber und dem Galeristen Johann König, die dieses „Schlüsselwerk des Brutalismus“ aus dem Jahr 1971 erhalten wollen. Auf einer Ausstellung des Frankfurter Architekturmuseums wurde der Mäusebunker als „wohl unheimlichster Bau der deutschen Nachkriegsgeschichte“ gewürdigt, er passe in die Frontstadt Westberlin, wo es den Architekten zufiel, die wahren Bollwerke gegen den Osten zu errichten ...
Valium für Fische
Ob man den Mäusebunker nun erhält oder nicht, der Skandal geht sowieso weiter: Obwohl die Tierschützer inzwischen auf öffentlichen Bussen „Tierversuchsfrei forschen!“ fordern (am Computer, das sei billiger und besser), nehmen die Tierversuche in der privaten und öffentlichen Forschung zu. Deswegen wird der Mäusebunker, in dem mit Säugetieren in allen Größenordnungen geforscht wurde, nicht geschlossen, sondern nur an den Stadtrand verlegt: Es entstehen zwei neue, schönere „Mäusebunker“ in Berlin-Buch. In einem lässt die Charité an Tieren forschen, im anderen das Max-Delbrück-Centrum.
2017 wurde in Berlin mit 222.424 Labortieren experimentiert, die in der Mehrheit dabei oder danach starben. So wird am schönen Müggelsee an Fischen geforscht – im Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Es sind unter anderem kleine Zebrafische, die „Laborratten“ unter den Fischen, die man praktischerweise genetisch so verändert hat für die Forschung, dass sie durchsichtig sind. Alles Menschenmögliche wird an ihnen erforscht. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie untersuchten zum Beispiel genetisch veränderte Zebrafische mit einem Cortisolmangel, dabei diagnostizierten sie Anzeichen einer Depression. Als sie Medikamente gegen Angstzustände – Valium und Prozac – ins Wasser gaben, „normalisierte sich ihr Verhalten“.
Bei Fischen dachte man lange Zeit „no brain – no pain“, kein Zweifel, die Säugetiere stehen uns irgendwie näher. Aber helfen sie uns auch weiter? Der Verein Ärzte gegen Tierversuche ist jedenfalls der Meinung, dass „die künstlich krank gemachten Tiere in den Labors ... nicht vergleichbar mit der komplexen Situation beim Menschen (sind). Dadurch sind die Tierversuchsergebnisse nicht übertragbar.“ Der Verein protestiert denn auch gegen die zwei Neubauten für Labore in Berlin-Buch, zumal es dort mit dem Delbrück-Centrum bereits „eines der größten Tierversuchslabors in Deutschland“ gibt: Mit dem Neubau sollen nun die Haltungskapazitäten für rund 74.000 Mäuse ausgebaut werden, unter anderem für genetisch veränderte „Knock-out-Mäuse“. 2010 gelang es den Forschern des Centrums, auch „Knock-out-Ratten“ herzustellen. Diese Ratten „sind zur Klärung bestimmter physiologischer Fragestellungen und wegen ihrer Größe oftmals besser als Mäuse geeignet, etwa im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, heißt es auf wissenschaft.de.
Bei einer Projektdauer von fünf Jahren werden im bisherigen Max-Delbrück-Centrum „durchschnittlich 105.403 Tiere pro Jahr ‚verbraucht‘, davon ca. 90.000 Mäuse“. Im Neubau der Charité „sind Haltungskapazitäten für 40.000 Tiere vorgesehen. Der Trend zu immer mehr Tierversuchen ist fatal“, schreiben die Ärzte unter den Tierversuchsgegnern, die zusammen mit dem altehrwürdigen „Bund gegen Missbrauch der Tiere“ ein „Bündnis Berlin gegen Tierversuche“ gegründet haben. Das scheint auch nötig, denn inzwischen gibt es sage und schreibe 99 Tierversuchslabore in Berlin, die gewissenlose junge Menschen aus aller Welt anziehen. Das Bündnis fordert, schon gegen die Planung von Tierversuchen gerichtlich vorgehen zu können.
In ihrem Roman Reise in den siebenten Himmel (2003) porträtierte die russische Schriftstellerin und Genetikerin Ljudmila Ulitzkaja die angehende Biologin Tanja Kukotski, Tochter eines berühmten Mediziners. Sie begann ihr erstes Praktikum in einem Moskauer Gehirnforschungslabor. Eine Assistentin leitete sie an: „ ‚Meine kleinen Ratten‘, gurrte die Assistentin, nahm mit zwei Fingern ein Rattenbaby, streichelte das schmale Rückgrat und trennte mit einer Schere sauber und präzise den Kopf ab. Den Körper, der leicht zusammengezuckt war, warf sie in eine Schale, das Köpfchen legte sie liebevoll auf den Objektträger. Danach sah sie Tanja prüfend an und fragte mit einem sonderbaren Anflug von Stolz: ‚Na, schaffst du das auch?‘ – ‚Ja‘, sagte Tanja.“ Aber nach zwei Jahren bat sie ihren Vater um ein Gespräch. Sie wollte nicht länger. Der Vater führte sogleich ins Feld, dass es um „eine Hierarchie der Werte“ gehe und da stehe das Menschenleben eben „ganz an der Spitze“.
Er verstehe sie nicht, klagte seine Tochter, sie steche am laufenden Band Ratten ab, und auf dem Weg zu irgendeiner „Erkenntnis“ sei es nun so, „dass ich den Unterschied zwischen einem Ratten- und einem Menschenleben nicht mehr sehe. Ich will nicht länger ein gutes Mädchen sein, das Ratten absticht.“ Ihr Vater sah sie ratlos an. „Ich will ein schlechtes Mädchen sein, das niemanden absticht.“
Die vielen guten Jungs und Mädchen dagegen sehen auf ihrem Weg der Erkenntnis wunderbarerweise einen immer größer werdenden Unterschied zwischen einem Ratten- und einem Menschenleben. Aber wem sage ich das? Ihnen, lieber Leser, liebe Leserin? Wer glaubt, dass Kopfarbeiter sensibler, moralischer als Handarbeiter sind („Erst kommt das Fressen, dann die Moral“), der sollte die Erfahrung des Harvard-Psychologen Ralph Metzner, wie er sie in Der Brunnen der Erinnerung (2012) erzählte, zur Kenntnis nehmen: „Ich rief sogar professionelle Kammerjäger zur Hilfe. Als ich ihnen erzählte, die Ratten, die getötet werden sollten, befänden sich in Käfigen, weigerten sie sich, sich darum zu kümmern. So etwas machen wir nicht, sagten sie.“
Kommentare 19
Schon nach seiner Fertigstellung wurde der Mäusebunker - auch Schlachtschiff genannt (siehe Foto) - trotz bester Ausstattung kaum genutzt und die Tierversuche wurden weiter in den weniger als suboptimalen Kellerlaboren durchgeführt. Mit emmotionalisierenden "Tierschützern" kann man nicht über Versuche an und mit Tieren nicht diskutieren, genausowenig wie mit absoluten Tierversuchspropagandisten - für beide ist es eine Religion, der man mit Argumenten nicht beikommen kann. Wenn Tierversuche in den wissenschaftlichen "Untergrund" gedrängt werden kann auch effektive Kontrolle und sachliche Diskussion nicht funktionieren, aber grade das brauchen wir auch in diesem Bereich.
Als Naturwissenschaftler sei mir noch dieses Beispiel erlaubt: wenn ich auf dem Schlachthof einem rind die leber entnehme um daran (oder zellulären Bestandteilen) Experimente durchzuführen, dann ist das KEIN Tierversuch, wenn ich aber z.B.: Rinder in Weidehaltung und in Stallhaltung halte und ihr Wachstum beobachte (also normale Landwirtschaft) und vergleiche, dann ist das ein Versuch an lebenden Tieren und genehmigungspflichtig.
Sorry.
Als Mensch ohne Kenntnis von Ort und Zweck dieses Monstrums, hält mich diese entartete Architektur von der sorgfältigen Lektüre des Artikels ab.
Off topic: als Denkmal unbedingt erhalten. Es verkörpert den Größenwahn der Nazis ebenso eindrucksvoll wie abschreckend.
||Der Vater führte sogleich ins Feld, dass es um „eine Hierarchie der Werte“ gehe und da stehe das Menschenleben eben „ganz an der Spitze“.||
So sah meiner es auch. Ein distinguierter und fortschrittlicher Mann, doch in dieser Sache im Zeitgeist befangen. Sobald meiner eines als Kind sagte: Das Tier denkt …“, kam prompt: „Tiere können nicht denken!“, denn es galt als wichtig, die Besonderheit und somit Wertigkeit des Menschen hervorzuheben.
Dabei ist es doch primitiv, daß dem Menschen die Willkür seines Befindens und Waltens erst gewahr werden will, wenn eine hypothetische Godzilla-Spezies anlandete, um mit uns so zu verfahren, wie wir es mit Jenen tun, die weder den Mund aufmachen noch Jura studieren können, um in Den Haag zu klagen.
Warum wir es tun? Ganz einfach: Weil wir es können.
Das ist einzig authentischer Hintergrund.
Warum Alles, einschließlich von eigener Zunft widerlegte Unerläßlichkeit des Tierversuchs nachrangig verortetes Blahblah nach dem: „Weil wir es können“, bleibt?
Weil, was als philosophisch und sonstig daherkommender Unterbau zur Legitimation der Mißhandlung und Verwertung inzestuöses Hirngespinst ist.
Denn so wertvoll Philosophie zur Annäherung an die Realität auch ist, so braucht und kennt die Realität umgekehrt kein Stück Philosophie.
In ihr verhält es sich schlicht so, daß der evtl. Wert einer Spezies durch deren Verhältnis zur Umgebung bestimmt wird. Damit sind wir, eben nüchtern betrachtet, in unserer neuzeitlich irrationalen Ausprägung, der Artensterben herbeiführenden und in Anorganisches wandelnden Überbevölkerung des Berserkers, die minderwertigste höher entwickelter Formen auf der Erde, und schon gar nicht auf sinnige Weise ermächtigt, das Leid von Mitgeschöpf zu bestimmen und zu verursachen.
Freilich mögen wir uns daran erbauen, in unserer Spezialisierung zum Geistwesen, anderem Geschöpf in der Abstraktion überlegen zu sein. Doch von daher, und erst quantitativer Anhäufung, also alles andere als rarem Phänomen, einen Wert machen zu wollen, dem Mitgeschöpf unterworfen zu sein habe, entbehrt jeglich kongruenter Grundlage und belastbarer Logik.
Dem Humanisten sollte dekonstruktivistisches Augenmaß nicht erst beim Blick auf Kulturen gewahr werden, die schon Kindern Kaltherzigkeit gegenüber dem Tier beibringen, und mit entsprechend sozialer Frigidität geschlagen sind.
Oder umgekehrt, durch Einsicht davon, wie sehr Menschen zu solchen werden, die mit Tierliebe aufwuchsen.
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Vor Tagen erst wieder standen Leute vor meinem Tor, um sich über Bellen zu beschweren, das von woanders gekommen war. Darunter ein etwa 12 Jahre altes Mädchen, das sagte: „Können Sie sie nicht entsorgen?“
Traditonell immun gegen all jene Impulse, die Kindchenschema, Niedlichkeit, Vertrauen und Unschuld struppiger Gesellen natürlicher Weise auslösen. In Ambiente, in denen Kinder sich selten Tiere zum Spielgesellen und Gefährten wünschen, für den Verantwortung getragen sein möchte, sondern eher zu Steinen und Stöcken greifen.
Dieses Mädchen wird wie millionen Andere ein seelisch armes Schwein.
Jeder wird es, dessen Empathie sich nicht entwickeln kann.
soso..."entartete Architektur" also...
man erkennt sie echt immer wieder an der sprache. sie können einfach nicht aus ihrer gebräunten haut raus. :D
Als Tierfreund widern mich solche Versuche einfach an und das Gebäude ist unsagbar hässlich. Der Mensch mag durch seine Möglichkeiten und Fähigkeiten an der Spitze stehen, an seinem Intellekt (Zerstörung der eigenen Lebensgrundlage) liegt das wohl eher weniger.
Das im Roman erzählte lässt sich nicht nur auf die Tierversuche einer angehenden Medizinerin anwenden, sondern wunderbar auch auf die Restgesellschaft: Bin ich der neoliberale "Gute", der im Bullshit-Bürojob arbeiten geht, seine kurzfristigen Luxus-Bedürfnisse über alles stellt und seinen armen Mitmenschen keine Beachtung schenkt? Oder der "Schlechte", der keinen Besitz, keine Familie, keinen oder einen mies bezahlten Job aber (dadurch) auch keinen hemmungslosen Konsum (in Form von Billigflügen oder Amazon-Bestellungen) vorweisen kann? Bei mir zum Glück eher Letzteres und das sollte auch so bleiben...
Tja, hätten Sie den Artikel gelesen, wüssten Sie, dass er mitnichten von den Nazis gebaut wurde, sondern 1971.
Als Naturwissenschaftler habe ich ein gespaltenes Verhältnis zu Tierversuchen. Ich denke, Menschen haben kein Recht Tiere "sinnlos" zu quälen. Trotzdem kann ich nicht einerseits Tiere essen und andererseits Tierversuche grundweg ablehnen (Veganer haben es da einfacher). Mein persönlicher (fauler?) Kompromiss liegt darin, Tieren maximal solches Leid zuzufügen, dass ich auch Menschen zufügen würde, um sie z.B. zu heilen.
Wie man auch immer man zu Tierversuchen steht, wenn wir darauf vollständig verzichten, wird vieles nicht mehr möglich sein. Neue Medikamente und Operationsverfahren wird es kaum noch geben und die Ursachen von Krankheiten werden sehr viel schwerer aufzuklären sein. Menschen werden unter Krankheiten leiden, die ansonsten vielleicht heilbar wären. Die Idee mit Zellkulturen und Computermodellen zu arbeiten funktioniert auf jeden Fall nicht. Diese Methoden können zur Zeit nur wenige Tierveruche ersetzen. Um sie zu entwickeln und zu verbessern brauchen wir wiederum Tierversuche!
Die einzigen gangbaren Alternativen zu Tierversuchen sind Verzicht oder Menschenversuche.
Das ist nicht mehr aktuell.
https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/images/infomaterial/hinschauen.pdf
@Knossos
Was ist nicht mehr aktuell?
als kind hatte ich tieren leid zugefuegt, aus neugier? das tut mir nun leid. ich habe dazugelernt, weil ich jetzt eine vorstellung von dem leid der tiere zu haben in der lage bin. was ist passiert? mitgefuehl entwickelt sich aus neugier - kennen lernen - respekt. ist das etwa die gleiche neugier wie die auf letale dosen tests? sezieren, neugier auf den tod, erzeugt leid. neugier auf das leben, erfahrung, forschung lebenden lebens, fuehrt zu mitgefuehl- und wertvolleren, weil leidfreien erkenntnissen. ein anderer weg.
Grundregeln des Postens:
§ 01815 Fehler sind unverzeihlich.
§ 0815.1 Wo Sie dennoch gemacht werden, ist sofort die ganz große Keule herauszuholen und mit Wucht zuzuschlagen.
Schön, dass Sie meinen Irrtum entdeckt haben. Dass ich einen Zusammenhang hergestellt habe, der so nicht existiert. Ihre Schlussfolgerung ist dadurch freilich nicht zutreffend.
Btw: Übung macht den Meister. Das gilt für uns alle.
Viel Erfolg!
Im VORBEIGEHEN:
zum inhaltlichen Teil des Themas ist mit meiner Erwiderung an @dunkelreaktion bereits alles gesagt.
Wo unterschiedliche Motive des Postens bestehen, ist eine Verständigung nur schwerlich möglich.
Danke für die gebräunte Haut. Ich liebe die Sonne. An Ihrer Semantik und Erkenntnisfähigkeit sind noch Feinjustierungen machbar. Glückauf! :-)
Daß Tierversuch unerläßlich sei.
Ergibt es sich nicht aus hinzugefügtem Link?
@Knossos
Ich habe nicht behauptet, dass Tierversuche unerlässlich sind. Ich habe geschrieben, dass die Alternativen Verzicht oder Versuche an Menschen sind. Die Zusammenstellung in dem Link ist sehr tendenziell und einseitig. Es wird der Eindruck vermittelt, das es kein Problem sei auf Tierversuche zu verzichten und dass Tierversuche sogar Menschen schadeten. Ich kann und will nicht auf die unzähligen Argumente eingehen. Jede einzelne Behauptung müsste man recherchieren und wissenschaftlich bewerten.
Nur einmal ein paar Beispiele, wie in dem Heftchen argumentiert wird: Tabelle 1 zeigt das bekannte Problem auf, dass Menschen und Versuchstiere unterschiedlich auf Substanzen reagieren. > "Die Liste ist nur eine kleine Auswahl und ließe sich beliebig erweitern."Richtig, es ließe sich aber auch eine viel längere Liste mit Substanzen erstellen, auf die Menschen und Versuchstiere sehr ähnlich reagieren.
> Oder ein anderes Zitat: "Etwa 60 % der Tierversuche in Deutschland werden im Rahmen der Grundlagenforschung durchgeführt. Diese ist per Definition zweckfrei, es geht um das reine Streben nach Erkenntnis; anwendbare Ergebnisse sind nicht das erste Ziel."Richtig ist aber auch, dass nahezu alle größeren Neuerungen und medizinischen "Durchbrüche" auf Erkenntnissen der Grundlagenforschung beruhen.
Zum Schluss ein drittes Zitat:> Wussten Sie, dass 95% aller tierversuchsgeprüften neuen Medikamente bei ihrer Testung am Menschen versagen, meist weil sie nicht wirken oder weil sie schwer-wiegende Nebenwirkungen haben?Keine Ahnung, ob die Zahl so stimmt. Sicher ist aber, dass ein Vielfaches an neuen Substanzen nicht zum Medikament wird, weil die Nebenwirkungen (insbesondere Toxizität) im Tierversuch zu hoch war. Diese Substanzen müsste man dann alternativ direkt am Menschen testen.
Nicht falsch verstehen, ich bin froh über jeden Tierversuch der nicht mehr nötig ist. Es gibt gute Ansätze in Zukunft immer mehr Tierversuche zu ersetzen. Aber so zu tun als wäre alles schon heute ganz einfach und man müsste weder Risiken eingehen noch Verzicht üben ist unehrlich und populistisch.
Holzhäuser galten lange Zeit als brandgefährdet, wenig haltbar und insgesamt aus Sicherheitserwägungen als nicht zulässig, obwohl es welche gab und gibt, die seit bis zu 500 Jahren erhalten sind.
Das Sitzen sollte stets mit durchgestreckter Wirbelsäule erfolgen. Und Schüler die ihre Position variierten / mit dem Stuhl kippelten, ermangelte es an Disziplin. Auch schlechte Schulleistung lag in mangelndem Willen an Stelle unzureichend vermittelter Vorstellung von Objekt und Zielsetzung begründet. Bester Schlaf erfolgte in der Stille. Alles abseits perfekter Hygiene und gar erst Tierhaltung mache krank. Turnschuhe (Sneakers) sollten im Alltag getragen orthopädische Katastrophe sein; ein Verzicht auf Fleisch lebensgefährlich. Eier seien (als industriell angeschobener Mythos) auch ganz schlecht für die Gesundheit. Kreditkarten könnten sich nicht durchsetzen / wurden zunächst auch aufgegeben (und für Appel & Ei aufgegriffen). Taschenrechner statt Rechenschiebern in der Schule seien didaktisches Teufelszeug. Drahtlostelephone aus Sicherheitsgründen des Funkverkehrs nicht zulässig. Digitale Photographie könne sobald an Celluloid nicht heranreichen, und bis Flachbildschirme als TVs tauglich würden, ginge –wenn überhaupt- noch viel Zeit ins Land.
Ein kleines Sammelsurium prä-innovativer Phasen aus dem Stand.
Nüchtern wissenschaftliche Situation ist heute schon nicht mehr so, daß man massenhafte Tierversuche ungemindert anstreben und aufrecht erhalten müßte. Daß dies dennoch getan wird, liegt an Ausrichtung, welche nicht an einer Verringerung der Opfer, sondern an Aufrechterhaltung eines Geschäftsmodells orientiert ist.
Menschen, die routinemässig in solch einem Geschäftsmodell tätig sind, und schon gar deren Management, ist das Leid der Tiere gemeinhin gleichgültig. (Das wissen wir schon sehr lange aus Aufdeckungen, die zeigten in welch unbedachtem Übermaß und gedankenloser Tortur verfahren wird.)
Von daher ist beispielsweise auch wenig von Schlachtern zu hören, die sich nach Feierabend Beruhigungsmittel einwerfen. Für sie wird das Töten und Zerlegen, wie für Andere Verrichtung am Bügelbrett.
Jene jedoch, die nicht abstumpfen, und sich schließlich gegen Tierversuche einsetzen, mögen nicht allzeit schlüssigste Argumentation ausrollen, erlangen als Menschen vom Fach aber nichtsdestoweniger ausreichend Kompetenz, um festzuhalten, daß es Dank möglicher (und teils auch noch effizienterer) Praxis und Technologie höchste Eisenbahn wäre, Tierversuche substantiell einzuschränken und bald wohl abzuschaffen.
Wohlgemerkt: Ihnen steht ein Geschäft gegenüber, daß so gut wie gar nicht dazu bereit ist, Investitionen zu machbarem Wechsel zu tätigen. Ihm ist es Wurst, was es für Leiden verursacht. Einfach nur, weil es nicht das eigene ist.
Und dies wiederum entspricht kriminellem Gemüt, wie es die Psychologie beschreibt.
@ Armin Christ
Ich fand Dies hier besonders bemerkenswert:
||… wenn ich auf dem Schlachthof einem rind die leber entnehme um daran (oder zellulären Bestandteilen) Experimente durchzuführen, dann ist das KEIN Tierversuch, wenn ich aber z.B.: Rinder in Weidehaltung und in Stallhaltung halte und ihr Wachstum beobachte (also normale Landwirtschaft) und vergleiche, dann ist das ein Versuch an lebenden Tieren und genehmigungspflichtig.||
Danke für das bizarre Beispiel von Regelwerk!
@Knossos
Ja, Menschen irren, das beweist im konkreten Fall aber eben gar nichts. Ich möchte mich bei der Beurteilung von Sinn und Unsinn von Tierversuchen lieber auf überprüfbare Fakten verlassen als auf das verlinkte populistische Heftchen.
Ethisch sieht das anders aus. Natürlich hat jede und jeder das Recht Tierversuche abzulehnen. Wenn eine Mehrheit der Menschen diese Versuche ablehnt, sollten wir sie einstellen. Davon wird "die Welt nicht untergehen". Aber wie bereits mehrfach gesagt, dann auch bitte die Konsequenzen tragen wollen.
Ich finde das Weltbild aber schon erstaunlich, dass öffentliche Institutionen und private Unternehmen wissentlich riesige Geldmengen für eigentlich unsinnige Versuche ausgeben sollten. Die Firmen und Forschungsinstitute, die die Versuche durchführen profitieren finanziell doch überhaupt nicht. Tierversuche sind für sie doch in erster Linie Kosten. Profitieren tun Versuchstierzüchter, Käfigproduzenten, Futterhersteller, Laboranten, Technische Angestelle und Wissenschaftler etc.. Ich galube nicht, dass diese Gruppen z.B. die Pharmaindustrie so massiv in ihrem Sinne beeinflussen könnten.
Die genaue Ökonomie dahinter ist mir auch nicht geläufig. (Und natürlich lassen sich Pharmazeuten nicht von Belangen der Zulieferer oder sonstig Anderen beeinflussen. Sonst gehörten sie nicht zu wirtschaftlich und sozial gemeinschädlichsten der Gewerbe.)
Industriell typisch aber wäre, daß Umstellung Kosten verursacht.
Die PDF-Datei ist längst nicht alles, was es gegen TV zu sagen gibt.
Leider entsinne ich mich der technischen Einzelheiten nicht, kann Ihnen aber in Aussicht stellen, daß Sie die Optionen anders gewichten, wenn sie Argumentation vernehmen, die sich auf Optionen neuester Technologie und KI stützt.
Zudem gibt es, wie Sie wissen, anachronistische Hürdenstellung im Bereich von Stammzellenforschung und –therapie, die auf teils dramatische Weise Rückwurf auf obsolete Ineffizienz wie u.a. TV bewirkt.
Zum "Mäusebunker" und seinen Tierversuchen gehören auch:
- unzählige studentische Initiativen an der FU Berlin,
- militante Aktionen (nachts mit schwarzen Masken)
- gestandene Ethik-Kommissionen (hochwohllöblich)
- reformerische Curricula (in Erprobung), durch die ein Medizinstudium (weitgehend) ohne Tierversuche auskommen konnten.
Die Diskussion war schon mal wesentlich weiter!
Zumal der "Mäusebunker" unmittelbar neben einem der größten Potentionale einer kreativen kritischen Intelligenz stand, die Berlin und seine Freie Universität zu ihren besseren Zeiten hatten.
Das sollen Leute beschreiben, die das mitgemacht haben! (Ich war kein Medizinstudent, sondern interessierter Beobachter.)
Es war 1985. Das Gebäude war damals noch weiß, höchstens grau. Ich stand davor, völlig unvorbereitet, weil mein Freund mich einfach mitgenommen, vor dem Gebäude platziert und sich neben mich gestellt hatte. Der Kasten sah mir nach einem Schlachtschiff aus und ich fragte, ob ich jetzt auf dem Weg in ein Kriegsmuseum sei. Ich war jung. War unerfahren.
Er: Nein. Drin werden Leute wie du zu medizischen Zwecken genutzt. Es werden Medikamente getestet. Er sprach meine rege Phantasie an. Ich konnte es ihm nicht verdenken, denn genau die hatte mich schon in andere schwierige Situationen gebracht. Er kannte meine Empfindsamkeiten. Ich begann also, Leute wie mich hinter den Mauern zu visualisieren, Menschen und Tiere, die, medizinischer Zwecke wegen, zu Versuchsobjekten degradiert worden waren.
Es kam nichts Gutes dabei raus. Ich sah Kittel und Felle, sah Pfoten und Hände, sah Flügel und Schultern, sah Kolben, Spritzen, Petrischalen, Blutstropfen, eröffnete und sich windende Leiber. Mir wurde übel und erst später klar, dass es sich um eine Tierversuchsanstalt handelte. Das machte das ganze nicht besser, weil ich zwischen meinem eigenen und dem Leben fremder Tiere nicht unterschied. Das Leben hinter den Mauern war die Schlachtbank meiner Albträume.
Jetzt, da ich das Titelfoto hier sehe, wird mir klar, dass ich dieser (An)Lage niemals entkommen bin. Im Gegenteil: Immer wird ein Teil von mir ein Tier sein, dass hinter Mauern mit Luftabzugsrohren Schreie in eine Luft entlässt, die verseucht ist von Ausdünstungen der Medikamente, die mich das Leben kosten. Es wird krass klar, dass aufgedunsene Leiber, zerschnittene Felle, aus den Höhlen hervortretende Augäpfel und zitternde Krallen meinen Weg in eine empfindsame Wahrnehmung begleitet oder dieselbe überhaupt erst ermöglicht haben.
Ich bin nie mehr auch nur in der Nähe dieses Gebäudes gewesen. Und doch verletzt mich dessen Nähe noch heute.