Schlüssel in Damaskus

Präsident Assad und die Hisbollah Syriens Preis als Vermittler

Premier Ehud Olmert, so erfahren wir aus den Medien, "hat zur Kenntnis genommen", dass Syriens Präsident Bashar al-Assad zu einem Waffenstillstand im Libanon aufruft. Alles was die Syrer dafür zu tun hätten, fügte Olmert hinzu, sei, Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah "anzuweisen, den Beschuss einzustellen".

Diese Auffassung dokumentiert eine in Israel und weltweit gängige Meinung: Der Schlüssel zur Sicherheit der Bürger Haifas liegt in Damaskus. Mit anderen Worten: Auch nachdem Assad 2005 gezwungen wurde, seine letzten Truppen aus dem Libanon zurückzuziehen, hängt der Frieden in Galiläa weiterhin vom Frieden mit Syrien ab. Wenn Olmert erwartet, Syrien werde uns den Gefallen tun, Nasrallah zu bändigen, könnte man fragen: Was springt für die Syrer dabei heraus? Wie kann eine Konfrontation mit Nasrallah ihnen nutzen? Was würde Assad bei einem Konflikt mit Irans Präsidenten Ahmadinedschad gewinnen?

Selbst ein loyaler Freund Israels wie die Vereinigten Staaten verteilt seine Gunst nicht umsonst. Irgendwann werden wir die Rechnung präsentiert bekommen für den diplomatischen Schirm, den Amerika derzeit über Israels Raketenregen auf Beirut spannt. Ohne die Rückgabe des gesamten Sinai bis zum letzten Millimeter an Ägypten, hätten wir Gaza vor einem Jahr nicht verlassen können. Würde zwischen Kairo und uns nach wie vor Kriegszustand herrschen, wäre das südliche Kommando der israelischen Armee jetzt gezwungen, noch mehr Reservisten einzuberufen, damit ein Feind im Süden nicht die Krise im Norden ausnutzt.

Auch Syrien hat seinen Preis, und der bemisst sich offenbar ebenso in Quadratkilometern wie einst bei Ägypten. Der einzige Weg, dies herauszufinden, besteht in Gesprächen. Sieht man in Bashar al-Assad keinen Partner, weil er ein "Schurke" ist, so wie man das stets auch von Arafat behauptete, oder weil er schwach ist wie Palästinenser-Präsident Abbas? Werden deshalb die Pläne zur Ausdehnung der Siedlungen auf den Golan-Höhen in den Nachrichten kaum erwähnt?

Sechs Jahre und vier Monate verpasster diplomatischer Gelegenheiten vergingen vom Sechs-Tage-Krieg 1967 bis zum schmerzlichen Erwachen des Yom-Kippur-Krieges 1973. Noch einmal sechs Jahre und vier Monate des diplomatischen Frostes lagen zwischen dem Abbruch eines syrisch-israelischen Friedensprozesses und dem jetzigen zweiten Libanon-Krieg.

In Raviv Druckers Buch Harakiri: Ehud Barak, the Failure aus dem Jahr 2002 wird General Uri Sagi wie folgt zitiert: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass der gesamte Ablauf der Ereignisse im Mittleren Osten anders gewesen wäre, hätte man einen Vertrag mit Syrien unterzeichnet. Ein solcher Vertrag hätte zu einer anderen Form des Abzugs aus dem Libanon geführt und die Verhandlungen mit den Palästinensern verändert". Sagi leitete das Verhandlungsteam mit Damaskus im Auftrag des damaligen Premiers Ehud Barak.

Seit Baraks Flucht vor einer Übereinkunft hatten auch die Arbeitspartei und die zionistische Linke - angeführt von Meretz und Peace Now - den Friedensprozess mit Syrien und dem Libanon aufgegeben. Jüngst verkündete der Meretz-Abgeordnete Yossi Beilin, einer der Architekten des unilateralen Abzugs aus dem Südlibanon, er habe dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana gesagt, es sei Israels Interesse, "die internationale Unterstützung für seinen Feldzug auszunutzen, um eine schnelle Erfüllung der UN-Resolution 1559, die Rückkehr der entführten Soldaten und die Entfernung der Hisbollah von der Grenze zu erreichen". Zeitgleich verlangte die Meretz-Partei in einer Erklärung "eine israelische Initiative, um Verhandlungen über Friedensvereinbarungen mit legitimen Vertretern des palästinensischen Volkes, mit Syrien und dem Libanon zu beginnen." Die Ruhe an der syrischen Front nährte die Illusion (auch im israelischen Friedenslager), ein unilateraler Rückzug aus dem Südlibanon werde zu Ruhe an der Nordgrenze führen. Aber die Erfahrung besagt - und das sollte man sich klar machen -, solange Hebron israelisch besetzt ist, wird es keine Ruhe für Sderot geben. Und jeder der heute behauptet, Syrien bestimme, was im Libanon geschieht, sollte wissen: Solange unsere Besatzung auf den Golanhöhen fortdauert, wird es keine Ruhe für Nahariya geben.

Akiva Eldar ist Redakteur der israelischen Tageszeitung Ha´aretz / Übersetzung Steffen Vogel

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