Keine zehn Kilometer entfernt von Horst Seehofers Wohnhaus wird seine Rhetorik Realität: In die Max-Immelmann-Kaserne in Manching bei Ingolstadt ziehen ab September die ersten von rund 500 Balkan-Flüchtlingen ein. Die Flüchtlingsunterkunft wird zur Sammelstelle für Asylbewerber „mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit“. Das Ziel: Asylanträge sollen in diesen Balkan-Zentren innerhalb kurzer Zeit gesammelt und bearbeitet – heißt: abgelehnt – werden.
Seit Monaten verschärft die CSU ihre Linie gegen Asylbewerber aus Serbien, Mazedonien, Albanien und dem Kosovo. „Massenhaften Asylmissbrauch“ werfen die Politiker den Menschen vom Balkan vor. Horst Seehofer kündigte an, er wolle es diesen Flüchtlingen in Bayern so unangenehm machen wie möglich. Staatliche Hilfen sollen auf die „Minimalversorgung“ heruntergefahren, Arbeitserlaubnisse verweigert, Taschengeld gestrichen und Lebensmittel statt Geld ausgegeben werden. Schließlich seien Menschen aus diesen Ländern nicht politisch verfolgt, sondern nur arm. Aber stimmt das? Schon jetzt werfen NGOs dem Bundesamt für Migration vor, Balkan-Flüchtlinge pauschal abzulehnen und das Recht auf Asyl nicht genau zu prüfen.
Rund ein Drittel der Asylanträge in Deutschland stellen in den letzten Monaten Menschen vom Balkan. Ihre Chance, anerkannt zu werden, tendiert gegen null. Wiederum ein Drittel dieser Balkan-Flüchtlinge sind Roma, das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Roma sind in allen Balkanländern von wirtschaftlicher, politischer und sozialer Teilhabe weitgehend abgeschnitten. Es gibt für sie weder Jobs, höhere Bildung noch Gesundheitsvorsorge. „Sie gehören zu den am stärksten diskriminierten Minderheiten Europas“, erklärt die Roma-Selbstorganisation Amaro Foro.
In die neuen Zentren sollen die Balkan-Flüchtlinge direkt nach der Erstaufnahme gebracht werden. Hier stellen sie ihre Asylanträge. Richter und Sachbearbeiter entscheiden vor Ort, innerhalb „weniger Wochen“, wie Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) hofft. Vor drei Jahren schwärmte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) von einem Verfahren nach Schweizer Vorbild: Antrag, Bescheid, Abschiebung – alles in 48 Stunden.
Rhetorik mit Nebenwirkung
Viele bezweifeln, ob bei einem Asylverfahren im Schnelldurchlauf von wenigen Wochen überhaupt eine ernsthafte Prüfung möglich ist. „Bayern will Balkan-Flüchtlinge in diesen Abschiebelagern unterbringen, um sie von der Gesellschaft fernzuhalten und zu isolieren. Ohne Zugang zu rechtlicher Beratung werden sie in Fließbandverfahren mit Ablehnungsvordrucken abgefertigt und außer Landes geschafft“, kritisiert Alexander Thal vom Bayrischen Flüchtlingsrat. Dabei gibt es durchaus Gründe, auch Asylanträge vom Balkan genau zu prüfen: Mazedonien wird immer mehr zu einer Autokratie samt politischer Willkür. Flüchtlingsorganisationen berichten davon, wie Menschen bei der Ausreise an der mazedonischen Grenze die Pässe abgenommen werden. Auch im Kosovo, Albanien und Bosnien-Herzegowina taumelt der Rechtsstaat. Besonders die Roma leiden. „Wenn etwa Roma keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, Bildung, medizinischer Versorgung haben, ihre Siedlungen zwangsgeräumt werden und das alles im Zusammenwirken massive Folgen hat, dann kann dies kumulative Verfolgung im Sinne des Asylrechts darstellen“, erklärt die Organisation Pro Asyl.
Massenhafter Asylmissbrauch? Die Schweiz zum Beispiel sieht genug Gründe, Balkan-Flüchtlingen Asyl zu gewähren: Die Anerkennungsquoten liegen je nach Herkunftsland zwischen 3,7 und 5,3 Prozent und damit deutlich über den Anerkennungszahlen in der Bundesrepublik, wo weniger als ein Prozent der Bewerber Schutz bekommen. Belgien nahm 4,7 Prozent der gestellten Asylanträge von Menschen aus Serbien an – in Deutschland hingegen gilt der Staat als „sicheres Herkunftsland“.
Die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg will nun die bayrische Idee der Balkan-Zentren aufgreifen. Allerdings ist für die Bearbeitung der Asylanträge – und damit auch für die Dauer – das Bundesamt für Migration zuständig und keine Landesregierung.
Das stört den bayrischen Ministerpräsidenten jedoch wenig, solang er medienwirksam Flüchtlinge abschrecken kann. Seehofers Rhetorik birgt allerdings ernste Nebenwirkungen. Vom neuen Balkan-Zentrum in der Max-Immelmann-Kaserne bis nach Reichertshofen sind es neun Kilometer. Dort brannten Unbekannte vor drei Wochen eine geplante Asylbewerberunterkunft nieder.
Kommentare 9
Ein Dilemma besteht tatsächlich darin, dass bei "guten" (richtiger wäre vermutlich: erträglichen) Lebensbedingungen für Flüchtlinge der Anteil derer steigen dürfte, die nicht aus purer Existenznot einreisen.
Dies geht dann zu Lasten der an Leib und Leben bedrohten, welche mit aus weniger bedrohlichen Lebenslagen stammenden Menschen in einem sich hinter ihrem Rücken vollziehenden "Wettbewerb" um Aufnahme und menschenwürdige Unterbringung stehen.
Denn eines dürfte klar sein: Es muss in irgend einer Form ein Ausleseverfahren geben, weil die Zahl der Menschen, die sich in Europa bessere Lebensverhältnisse als in ihrer Heimat erhoffen, einfach zu groß ist.
Wie (und ob) dieses Dilemma zu lösen ist, wird nicht einfach zu beantworten sein.
Im Grunde genommen passt das Flüchtlingsszenario doch ganz ausgezeichnet: den Nationalisten, den Globalisierern, den Philanthropen, Frau Yellen sowie Herrn Schäuble:
reden wir doch mal von winwin. . .
Zum Beispiel vom Fachkräftemangel in D...
„Wenn etwa Roma keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, Bildung, medizinischer Versorgung haben, ihre Siedlungen zwangsgeräumt werden und das alles im Zusammenwirken massive Folgen hat, dann kann dies kumulative Verfolgung im Sinne des Asylrechts darstellen“, erklärt die Organisation Pro Asyl.
Diese Darstellung scheint mir schlicht falsch zu sein. Ein Recht auf Asyl gibt es in Deutschland bei einer nachweisbaren, konkreten Gefahr für Leib und Leben sowie Beschränkung der persönlichen Freiheit. Und dies infolge politischer Gegebenheiten im Herkunftsland.
Dass die mittlere Lebenserwartung in einer südamerikansichen (oder meinetwegen albanischen) Favela aufgrund mangelnder Gesundheitsversorgung, Unterernährung, hoher Kriminalität, Polizeiwillkür, etc. durchaus nur halb so hoch sein kann wie in Deutschland, begründet keinen Asylanspruch.
Ein plakatives Beispiel: Ein regierungskritischer Journalist, der in einer zentralafrikanischen Diktatur von staatlichen Stellen "erledigt" wird, hätte sein Leben durch Asyl in Deutschland retten können. Die mehreren zehntausend Menschen, die dort schlicht aufgrund verdreckten Trinkwassers an Durchfallerkrankungen krepieren, aber nicht.
So sind die Regeln. Wären sie anders, wie Pro Asyl es sich vermutlich wünscht, dann hätten theoretisch hunderte Mio Menschen auf diesem Planeten einen Anspruch aus Asyl in Deutschland. Allenfalls der Umstand, dass sie nicht nach Deutschland reisen können oder wollen, stünde dem entgegen. Und das kann niemand befürworten, der noch alle Tassen im Schrank hat.
Dass es inzwischen eine Flüchtlings/Flucht-Industrie zu geben scheint: die USD 10.000,-- verlangt für eine saubere Ankunft ins gebuchte Nirvana - nunja.
Die Roma kamen einst aus Indien. Nirgends in Europa waren sie willkommen. Kein Volk will sie aufnehmen. Warum soll es ausgerechnet Deutschland tun?
10.000 USD pro Kopf btw, gleich ob Kind und/oder Kegel.
So erklärte sich ggf eine mitunter schwerer nachvollziehbare Haltung einiger neuer Mitbürger: das war gebucht unter teilweise unvorstellbaren Bedingungen.
Elendstourismus hätte man so etwas früher genannt.
Heute darf man das so nicht mehr nennen: das ist Arbeitskräfteverschiebung zu Billigstkonditionen in D.
"Die CSU-Landesregierung will es Balkan-Flüchtlingen so schwer wie möglich machen und schafft Zentren zur Schnellabschiebung"
Gut so.
Und: solange der linksliberale Mainstream sich weigert gerade auch die kulturellen Problem die es europaweit mit Zigeunern (ja, steckt euch euer Euphemismenkarussell sonstwo hin, Zigeuner ist ein schönes Wort und nicht diskriminierend) gibt, zu diskutieren, sollte man die nicht aufnehmen. Unser Sozialstaatsmodell passt nämlich nicht zu deren Großcliquenkultur und ihrer oftmals vorhandenen Nicht-Sesshaftigkeit. Außerdem müssen oftmals teure Bildungsdefizite aufgearbeitet werden, sollen die auch nur ansatzweise eine Chance hier haben.
Ich wiederhole meine Forderungen ein speziell auf deren Bedürfnisse abgestelltes Integrations- und Entwicklungsprogramm zu schaffen und zu testen. Und erst wenn dieses funktioniert begrenzte Zuwanderung zu erlauben.
Selbst der Ostblock scheiterte seinerzeit nämlich daran, die sesshaft zu machen oder sinnvoll zu integrieren.Und damals war das Problem eine Größenordnung kleiner...
Die Rhetorik macht alle wohlmeinenden Interpretationen zunichte!
Die derzeitige Ausländer- bzw. Asylpolitik ist insbesondere in Deutschland noch geprägt von parteiideologisch aufgeladenen Positionen ("Deutschland ist kein Einwanderungsland", "Wer betrügt, der fliegt", "Mia san mia", "massenhafter Asylmißbrauch", "rasanter Kostenanstieg", "rigorose Maßnahmen") der - auch noch jüngsten - Vergangenheit. Man sollte sich daher nicht wundern, wenn neben der erfreulichen Entwicklung von Befürwortern und Helferkreisen für Flüchtlinge und Einwanderer aber auch Ausländerfeinde, angefeuert von geistigen Brandstiftern ("Bayern soll als Zuwanderungsland unattraktiv werden": PFUI) , weiterhin, und wie die Kriminalitätsstatistiken belegen, verstärkt ihr Unwesen treiben.
Selbst die Wirtschaftsverbände sprechen sich mittlerweile - aufgrund des infolge der demographischen Entwicklung absehbaren Mangels auf dem Arbeitsmarkt - für eine aktive Einwanderungspolitik aus. Und auch Kommunalpolitiker sehen hier eine Möglichkeit, dem "Ausbluten" ihrer Region entgegenzuwirken.
Es wird daher Zeit, vom Schutz der Grenzen auf den Schutz der Menschen umzuschalten und auch Ausländern im biblischen Sinne als unseren Brüdern und Schwestern zu
begegnen. Nicht zuletzt könnten Sie Deine Schwiegersöhne/Töchter, Schwäger/innen, Nichten/Neffen, Cousins/Cousinen etc. sein, wie auch Sigismund Rüstig in seinem Song "Ich bin, ich hab, mia san mia" thematisiert:http://youtu.be/2AdoJY-VRkwViel Spaß beim Anhören!
Die Rhetorik macht alle wohlmeinenden Interpretationen zunichte!
Die derzeitige Ausländer- bzw. Asylpolitik ist insbesondere in Deutschland noch geprägt von parteiideologisch aufgeladenen Positionen ("Deutschland ist kein Einwanderungsland", "Wer betrügt, der fliegt", "Mia san mia", "massenhafter Asylmißbrauch", "rasanter Kostenanstieg", "rigorose Maßnahmen") der - auch noch jüngsten - Vergangenheit. Man sollte sich daher nicht wundern, wenn neben der erfreulichen Entwicklung von Befürwortern und Helferkreisen für Flüchtlinge und Einwanderer aber auch Ausländerfeinde, angefeuert von geistigen Brandstiftern ("Bayern soll als Zuwanderungsland unattraktiv werden": PFUI) , weiterhin, und wie die Kriminalitätsstatistiken belegen, verstärkt ihr Unwesen treiben.
Selbst die Wirtschaftsverbände sprechen sich mittlerweile - aufgrund des infolge der demographischen Entwicklung absehbaren Mangels auf dem Arbeitsmarkt - für eine aktive Einwanderungspolitik aus. Und auch Kommunalpolitiker sehen hier eine Möglichkeit, dem "Ausbluten" ihrer Region entgegenzuwirken.
Es wird daher Zeit, vom Schutz der Grenzen auf den Schutz der Menschen umzuschalten und auch Ausländern im biblischen Sinne als unseren Brüdern und Schwestern zu
begegnen. Nicht zuletzt könnten Sie Deine Schwiegersöhne/Töchter, Schwäger/innen, Nichten/Neffen, Cousins/Cousinen etc. sein, wie auch Sigismund Rüstig in seinem Song "Ich bin, ich hab, mia san mia" thematisiert:http://youtu.be/2AdoJY-VRkwViel Spaß beim Anhören!