So ist das Leben.

Wahlkampf 2006 Ein Fortsetzungsroman zum Wahlkampf 2006

Barbara war mit den Mitbewohnern aus der Kölner WG zum Casting für eine Talkshow mit dem Titel Ich hebe mich für den Richtigen auf gegangen. Sie sollten erzählen, wie Barbara und Maiki und Ulf es schafften, den Anfechtungen der Sexualität in der WG zu widerstehen. Sie sollten erklären, wie sie es machten, dass keinerlei sexuelles Begehren sie überwältigte und warum das wichtig wäre für sie. Barbara wiederholte alle Sätze aus dem Katechismusunterricht in der Volkschule in Brixen und sagte, dass sie das alles mache, um ihre Selbstachtung zu erhalten. Erst wenn sie den richtigen gefunden hätte und von dem geheiratet worden wäre, könnte sie sexuelle Handlungen zugestehen. Sie wurden dann nicht genommen. Maiki hatte lachen müssen, wie er erklären wollte, dass er sich eben immer bedeckt halte und er hatte vor Lachen dann nicht sagen können, dass er darum bete, sein fleischliches Begehren niederzukämpfen. Er hatte noch im Bus über das alles lachen müssen. Sie waren die ersten gewesen, die interviewt worden waren und hatten deshalb nichts vom Buffet zu essen bekommen.

Eine Assistentin beim Casting hatte Barbara eine Liste von Castingterminen verkauft. Sie hatte zuerst 150 Euro verlangt. Barbara handelte sie auf 50 Euro herunter. 150 Euro war ihre ganze Reserve und 100 brauchte sie, um nach Wien zurückfahren zu können. Die Frau nahm das Geld und versprach, die Liste zu mailen. Barbara ging jeden Tag in ein Internet Café am Rudolfsplatz. Die Liste wurde nicht gemailt.

Barbara schickte Nadine wieder eine SMS. Ob sie den restlichen Sommer bis zum Semesteranfang bei ihr in Wien bleiben könnte. Nadine schrieb ihr, dass sie erst kommen könne, wenn ihre Mutter den Vladi endgültig vertrieben hätte. Ihre Mutter spräche nicht mit dem Vladi, weil sie glaubte, der Vladi zöge Nadine ins Unglück. Ihre Mutter hätte die Vorstellung von einem "ordentlichen" Mann noch nicht aufgegeben. Aber in Österreich hätte die FPÖ im Wahlkampf vorgeschlagen, Österreicherinnen, die ein Kind auf die Welt brächten und es zur Adoption freigäben, mit 15.000 Euro zu entlohnen und dass Nadine und sie das vielleicht noch einmal machen müssten. Wenn das mit ihren Jobs so weiterginge.

Barbara ging in eine Kneipe in der Südstadt. Barbara war deprimiert und kam mit einem jüngeren Mann ins Gespräch. Der wollte sie aufheitern und fragte sie aus. Barbara erzählte ihm von dem Museumsprojekt und wie ihr das abgesagt worden war. Der Mann riet ihr zu rechtlichen Schritten. Er konnte ihr aber auch nicht sagen, wie sie das bezahlen sollte. Aber er wusste jemanden aus der Medienbranche, der junge Frauen wie sie immer gebrauchen könne.

Der jüngere Mann lud Barbara zu einer Flasche Champagner ein. Er müsste feiern und sie müsste mit feiern, damit sie auf andere Gedanken käme, sagte er. In seiner Firma. Es sei ihnen gelungen, den ehemaligen Innenminister dazu zu bringen, einen Aufsichtsratsposten bei ihnen zu übernehmen. Was das für eine Firma sei, fragte Barbara. Das sei so in der Sicherheitsbranche, gab der Mann zur Antwort. Biometrische Messungstechnik und dergleichen. Das sei ihr Gebiet. Alles, was man für den neuen Hochsicherheitspass so benötige, das würde von ihnen erledigt. Und einem ehemaliger Innenminister. Auch wenn der von der SPD käme. Das würde schon zu einer Imageanreicherung führen. Und Barbara. Sie solle am nächsten Tag zu Bobbi´s in der City kommen. Dieser Mann aus der Medienbranche wäre jeden Tag da. So viel er wisse, bräuchten die gerade eine junge Frau, die die geheime Altersliebe von Helmut Kohl in einer Biografieserie beim Sender SVM spielen solle. Wieso er sich so gut auskenne, fragte Barbara. Ach, meinte der Mann. In Köln. Da müsse man eben immer seine Fühler ausstrecken und er sei ein richtiger Tausendfühler. Der Mann lachte. Und die Sicherheitsbranche. Da gäbe es viele Verbindungen zur Medienbranche und Barbara solle ihn doch ganz einfach Wolf nennen. Und dann, sagte er, bräuchten die in dem Sender glückliche Huren. Erfolgreiche Huren oder so irgendwie. Er hätte gehört, da wäre etwas geplant. Da wäre eine Serie aus England gekauft worden. Die spiele in einem Puff. Und eine erfolgreiche Hure. Das könnte sie doch sicher auch spielen. Er prostete Barbara mit dem Champagner zu. Das müsse doch jede Frau können, sagte er.

Fortsetzung folgt.


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