Von eisiger Höflichkeit

Der Direktor Jeffrey Gedmin leitet seit anderthalb Jahren in Berlin das Aspen-Institut und trommelt gern für George Walker Bush

Alle wollen dieser Tage mit ihm reden, mit dem 43 Jahre alten Amerikaner, der in Deutschland bekannter ist als der US-Botschafter, weil er nichts auslässt, um seine Meinung kund zu tun. Keine Zeitschrift ist vor ihm und seiner Meinung sicher, kein Fernsehsender, keine Radiostation. Jeffrey Gedmin ist da, um den Deutschen die US-Politik zu erklären, also den Lauf der Welt.

Gedmin leitet seit September 2001 mit dem Aspen-Institut in Berlin einen der Think Tanks amerikanischer Politologen, in dem über politische Strategien nachgedacht wird. Offiziell ist das 1974 in Berlin gegründete Institut eine gemeinnützige und unabhängige Organisation, die sich mit »internationalen und transatlantischen Beziehungen befasst«. Die Berliner Dependance gehört zum weltumspannenden Aspen-Netzwerk mit Sitz in Washington D.C.. Wer für dieses Gremium forscht, hat zugleich US-Politik zu verkaufen. Öffentlich wird das natürlich nicht zugegeben.

Tatsächlich tritt der derzeitige Direktor wie ein Trommler für Bush auf, gerade so als ob er bald den nächsten Karriereschritt plant, hinein in den Beraterstab des US-Präsidenten. Dabei ist er Anhänger der Demokratischen Partei, wenn auch ein Vertreter des rechten Flügels. Gedmin betont oft und gern, er habe viele »Freunde im Weißen Haus«, mit denen er »regelmäßig« telefoniere. Richard Perle, einer der engsten Berater von Bush, sei einer davon. »Ich gebe zu, auch ein Hardliner zu sein«, sagt Gedmin mit dem unverkennbaren amerikanischen Akzent.

Wie gesagt, alle wollen ihn haben. Auch die Redaktion der taz in Berlin, die ihn eingeladen hat zur Blattkritik und einer Debatte über Krieg und Frieden. So sitzt Gedmin am Kopf der zu einem Hufeisen zusammengeschobenen Tische und doziert über die außenpolitischen Fehler der rot-grünen Regierung. Er schiebt seinen Unterkiefer nach vorn, große graublaue Augen strahlen die Redakteure an. »Wir wollen Stabilität in der Region, und der Irak ist eine Bedrohung - auch ohne Verbindungen zu al Qaida.«

Aber dieses Auditorium überzeugt er nicht, es argumentiert gegen den Krieg, gegen den Direktor des Aspen-Instituts. Gedmin lässt durchblicken, wie genervt er ist. Über die Ölinteressen Amerikas in der Region will er nicht reden, denn »das ist nicht der Grund für den Krieg.« Und als einer nach dessen Wahrscheinlichkeit fragt, sagt er: »Der kommt 99-prozentig.«

Dabei wird Gedmin feierlich ernst, als ob er den Zuhörern die Unausweichlichkeit ihres Schicksals klarmachen wollte. In einem Aufsatz für den Weekly Standard schrieb er jüngst, wie »faul« die Deutschen geworden seien während der Wirtschaftswunderzeit, und zählte die vielen Feiertage auf, die 38-Stunden-Woche, das Urlaubsgeld. Mit solchen Leuten ist es schwer, in einen Krieg zu ziehen. Nein, so direkt sagt er das nicht. Gedmin hat an Elite-Anstalten wie der Georgtown- und American-University studiert, wo man über einen distinguierten Verhaltenskodex nicht im Unklaren gelassen wird. Zu der derzeit widerspenstigen Haltung der Deutschen zum Krieg meint er in einem Interview mit der Zeitung Das Parlament: »Auf einer tiefen psychologischen Ebene sehen wir hier eine Pathologie der Verhältnisse zwischen Eltern (USA) und Kind (Deutschland). Das europäische Heranwachsende will ausziehen.«

Bevor er nach Berlin kam, leitete Gedmin als Direktor die New Atlantic Initiative, einen anderen Think Tank, in dem er sich einen Namen als »brillanter Analytiker«, aber auch als »kalter Karriererist« machte. Die Vereinigten Staaten müssten ihren Führungsanspruch ausbauen und die anderen müssten folgen - besonders im Kampf gegen den Terrorismus. Das versuchten die Amerikaner den Europäern seit 13 Jahren zu erklären, aber - so fürchtet Gedmin - »das Einzige, was unseren europäischen Freunden die Bedrohung klar machen würde, ist ein Terrorangriff in Europa.« Gedmin sagt gern solche Sätze, die hart und eisig klingen.

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