Lieber die Tochter als die Mutter lesen

Shoah Cordelia Edvardsons Buch „Gebranntes Kind sucht das Feuer“ liegt endlich in einer Neuübersetzung vor und ist dringend zu empfehlen
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 38/2023
Nach Auschwitz deportiert, zwangen die Nazis Edvardson, die Nummern derer zu notieren, die vergast werden sollten
Nach Auschwitz deportiert, zwangen die Nazis Edvardson, die Nummern derer zu notieren, die vergast werden sollten

Foto: Interfoto / Mary Evans / RoaShone

Cordelia Edvardsons 1984 erstveröffentlichtes Buch Gebranntes Kind sucht das Feuer, das uns Daniel Kehlmann in seinem Nachwort zur Neuausgabe dringlich ans Herz legt, beginnt so: „Das Mädchen hatte schon immer gewusst, dass etwas mit ihm nicht stimmt.“ Cordelia bekam so lange verschwiegen, dass sie im Sinn der NS-Ideologie Jüdin war, bis es nicht mehr ging – ihr Schicksal ist ein tiefschwarzes deutsches Anti-Märchen und Teil einer schillernden Familiengeschichte. Hat ihre Mutter, die katholisch-obsessive Schriftstellerin Elisabeth Langgässer, ihr Leid auf dem Gewissen?

In der restaurativen Phase der Nachkriegszeit war Langgässer ein großer Name, einige ihrer formstreng-klangvollen Gedichte überlebten in Lesebüchern; 1950, in ihr