Der Freitag: Herr Bontrup, Roboter ersetzen immer mehr menschliche Arbeitskraft. Müssen die Gewerkschaften nun ihren Arbeitskampf gegen diese intelligenten Maschinen führen?
Heinz-Josef Bontrup: Nein, der technische Fortschritt hat uns Menschen schon immer die Arbeit erleichtert. Aber es stimmt: Natürlich werden weniger Menschen gebraucht, um die gleiche Leistung zu erzielen. Die Gesellschaft muss dann die Arbeitslosen versorgen. Um das zu verhindern, müsste die Arbeitszeit verkürzt werden. Dies durchzusetzen, das wäre die Aufgabe der Gewerkschaften, aber auch der Politik.
Die Diskussion über Arbeitszeitverkürzung ist doch uralt.
Aber immer noch aktuell. Auch das Phänomen, dass Roboter die Arbeit übernehmen, ist nicht so neu. Früher waren es der Webstuhl und die Dampfmaschine. Heute ist es der Roboter und man spricht über die Fabrik 4.0, die selbstlernende Fabrik. Dies wird Arbeitsplätze kosten.
Welche fallen denn weg?
In fast allen industriellen Volkswirtschaften können wir beobachten, dass sich ihre Struktur in den vergangenen 100 Jahren gigantisch verändert hat – weg von Landwirtschaft und Industrie, hin zum Dienstleistungsbereich. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen.
Wird es vor allem Menschen mit einem niedrigen Bildungsabschluss treffen?
Das kann man nicht so pauschal sagen. Selbst die komplizierte und anspruchsvolle Arbeit eines Chirurgen ist vom technischen Fortschritt betroffen. Der Chirurg ist heute mit Geräten ausgestattet, sodass er zum Beispiel eine Blinddarmoperation viel schneller durchführen kann als früher. Aber natürlich hat derjenige mit einer höherwertigen Ausbildung bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Nur: Wenn man sich eine Gesellschaft vorstellt, in der alle einen Hochschulabschluss hätten, dann garantiert das noch nicht, dass alle auch eine Arbeit finden. Letztlich kommt es auf die Nachfrage an.
In der Informatik ist die Nachfrage höher als in anderen Berufen. Computerexperten haben es sehr einfach, einen Job zu finden.
Zurzeit ist die IT-Branche sicher ein gutes Beispiel. Aber das erklärt nicht die ganze Wirtschaft. Hier gilt eine einfache ökonomische Formel: Wenn die Produktivitätsrate größer ist als die preisbereinigte Wachstumsrate der wirtschaftlichen Leistung, dann entlädt sich das in einem Rückgang des Arbeitsvolumens. Dann müssen entweder Leute entlassen werden oder es sinkt die Arbeitszeit pro Kopf.
Wie ist denn die Situation in Deutschland?
In den 1960er Jahren ist das reale Bruttoinlandsprodukt jährlich um gut vier Prozent gewachsen. Die Produktivität ist aber schon damals stärker gestiegen, mit über fünf Prozent. Das heißt, das Arbeitsvolumen ist zurückgegangen. Gleichzeitig wurde aber auch die Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche verkürzt. Ansonsten hätte es nicht einmal diese kurze Phase der Vollbeschäftigung in Deutschland gegeben. Seit Mitte der 1970er Jahre haben wir aber Massenarbeitslosigkeit, wie in allen Industriestaaten der Welt, weil es versäumt wurde, die Arbeitszeiten weiter angemessen zu kürzen.
Ist der Begriff Massenarbeitslosigkeit nicht etwas übertrieben?
Überhaupt nicht. Bezogen auf das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz aus dem Jahr 1967 definierte die damalige Bundesregierung, dass Arbeitslosigkeit vorliegt, wenn die Quote über 0,8 Prozent steigt. Und wo stehen wir heute? Offiziell sind gut sieben Prozent ohne Erwerbstätigkeit, in Wirklichkeit sind es aber mehr als zehn Prozent. Die Arbeitslosigkeit wird amtlich, politisch wegdefiniert. Wer zum Beispiel älter ist als 58 Jahre und ein Jahr lang keine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit angeboten bekommen hat, fällt einfach aus der Statistik heraus, genauso wie Arbeitslose in Weiterbildung oder sogenannte Ein-Euro-Jobber.
Sie wollen, dass de Arbeitszeit verkürzt wird und so die Arbeit relativ gleichmäßig auf alle Menschen verteilt wird. Geht das überhaupt, wenn man in manchen Branchen Experten braucht, von denen es gar nicht so viele gibt?
Natürlich wird es da Anpassungsprobleme geben. Aber das kann kein Argument sein, wenn wir die Geißel der Menschheit bekämpfen wollen und das ist nun mal die Massenarbeitslosigkeit.
Vielleicht wollen viele Beschäftigte aber gar nicht weniger arbeiten, weil sie dann weniger verdienen?
Es muss natürlich einen vollen Lohn- und Personalausgleich geben. Dies geht verteilungsneutral. Keiner verliert, alle gewinnen. Selbst die Unternehmer können ihre Gewinne steigern. Wenn ich das in meinen Vorträgen vorrechne, dann ist der ganze Saal immer erstaunt und kann es kaum fassen.
Wie funktioniert das?
Nehmen wir an, die Produktivität steigt um zwei Prozent. Dann kann ich mit dem gleichen Aufwand ein Produkt herstellen, das zwei Prozent mehr wert ist. Ich kann also den Arbeitern zwei Prozent mehr Lohn zahlen und gleichzeitig zwei Prozent mehr Gewinn einstreichen. Das wäre dann verteilungsneutral, es gibt keine Umverteilung von Kapital zur Arbeit oder umgekehrt.
Aber die Arbeitszeit wird so nicht kürzer.
Wenn der Beschäftigte einen Stundenlohn von 15 Euro bekam und nun 30 Cent mehr erhält, dann kann auch die Arbeitszeit um zwei Prozent gesenkt werden. Wenn Sie jetzt den erhöhten Lohn multiplizieren mit der abgesenkten Arbeitszeit, dann kommen Sie wieder auf 600 Euro. Der Beschäftigte erhält also genauso viel Geld wie vorher. Er arbeitet aber für gleiches Entgelt jetzt weniger. Dadurch haben wir die Chance, die Arbeitslosen und Unterbeschäftigten reinzuholen. Und es ist auch nicht zum Nachteil des Unternehmers, weil sein Gewinn mit der Produktivitätsrate steigt, nämlich um zwei Prozent. Demnach sind alle Gewinner.
Wenn alle gewinnen, läuft das dann friedlich ab?
Natürlich nicht. Beschäftigte und Unternehmer haben im Kapitalismus nun mal unterschiedliche Interessen. Der Unternehmer sagt sich: Mein Gewinn steigt zwar mit der Produktivitätsrate, aber ich will mehr. Nicht nur zwei Prozent. Ich will umverteilen und meine Gewinnquote an der Wertschöpfung erhöhen.
Und wer setzt sich durch?
Das ist eine Machtfrage. Von 2000 bis 2013 ist die Produktivität jährlich um durchschnittlich knapp 1,2 Prozent gestiegen. Das daraus entstandene zusätzliche Einkommen wurde aber nicht gleichermaßen zwischen Kapital und Arbeit aufgeteilt.
Sondern?
Allein von 2000 bis 2007 ist die Bruttolohnquote von 71,8 auf 63,2 Prozent gesunken. Danach ist die Quote wieder gestiegen – bis heute auf 67,1 Prozent. Aber nur, weil in der Krise die Gewinne stärker sinken als die vertraglich abgesicherten Löhne. Dennoch: Die Beschäftigten haben über 1,1 Billionen Euro an Arbeitnehmerentgelten eingebüßt. Das hatte massive Rückwirkungen: Wenn von unten nach oben umverteilt wird, dann wird oben noch mehr gespart und unten können die Menschen weniger nachfragen und müssen sich sogar verschulden. Das bedeutet letztlich weniger Wachstum und noch mehr Arbeitslosigkeit.
Dagegen müssten die Gewerkschaften aber doch etwas tun.
Sie sind wegen der Massenarbeitslosigkeit natürlich in einer schwierigen Lage, wenn sie Lohnsteigerungen durchsetzen wollen. Schließlich warten draußen genug Leute, die für weniger Geld arbeiten würden. Der gigantische Niedriglohnsektor ist der hinlängliche Beweis.
Und was schlagen Sie vor?
Verknappung. Jeder drittklassige Unternehmer weiß: Wenn er seine Produkte nicht mehr in den Markt bringt, dann muss er seine Produkte verknappen. Das gilt ebenso für die Ware Arbeitskraft. Die Gewerkschaftsspitzen sollten deshalb nicht länger dieses triviale ökonomische Gesetz ignorieren, dass sie bei einem Überschussangebot eine dezidierte Verknappungsstrategie betreiben müssen. Sonst werden sie in jeder Tarifrunde von den Unternehmern in die Knie gezwungen und der Preis der Ware Arbeitskraft – also der Lohn – wird weiter fallen. Dieser Befund ist empirisch eindeutig. Deshalb kann man nur fordern, liebe Gewerkschaftsspitzen, setzt endlich auf Arbeitszeitverkürzung.
Haben die Gewerkschaften das versäumt oder nicht genug Macht?
Beides. Schon seit Jahrzehnten gibt es ja fast keine Bewegung in Sachen Arbeitszeitverkürzung mehr. Im Gegenteil, die Arbeitszeiten wurden verlängert. Die Gewerkschaften haben zwar in den 1980er Jahren versucht, die 35-Stunden-Woche einzuführen. Dies war aber vor dem Hintergrund des technischen Fortschritts zu wenig, um die bestehende Massenarbeitslosigkeit zu verhindern.
Es gibt Beschäftigte, die wollen lieber weiterhin 40 Stunden pro Woche arbeiten und mehr Geld verdienen. Ist es dann nicht komisch, wenn sich die Gewerkschaften gegen den Willen ihrer Mitglieder stellen?
Die Gewerkschafter müssen sich einfach mal trauen, zu sagen: Ihr lieben Mitglieder denkt fürchterlich kurz. Wir müssen zuerst eure Arbeitszeit verkürzen. Dann kriegen wir auch eure Löhne wieder nach oben.
Das Gespräch führte Felix Werdermann.
Heinz-Josef Bontrup ist Wirtschaftsprofessor in Gelsenkirchen und Sprecher der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“, die jährlich ein Memorandum herausgibt. Gemeinsam mit Mohssen Massarrat veröffentlichte er zuletzt: Arbeitszeitverkürzung jetzt! 30- Stunden-Woche fordern! (pad-Verlag)
Kommentare 13
"Das wäre dann verteilungsneutral, es gibt keine Umverteilung von Kapital zur Arbeit oder umgekehrt." Eigentlich `ne gute Idee...
Meine Geschichte dazu:
„Ich habe auch Schuld.“
Ich kann natürlich nicht für Herrn Bontrup antworten, aber wenn die Produktivität um 2 Prozent steigt, steigt der Wert (!) des Produkts um 2 Prozent. Wenn man nun eine Inflation von 2 Prozent annimmt, dann kann man das Produkt nicht nur 2 Prozent teurer verkaufen, sondern gleich ca. 4 Prozent (weil ja alles 2 Prozent teurer wird und das Produkt auch noch 2 Prozent mehr wert ist).
Da könnte man also den Arbeitenden 4 Prozent mehr Lohn bzw. real 2 Prozent mehr Lohn zahlen. Bzw. 2 Prozent weniger Arbeitszeit bei gleichem Geld.
Das geht jetzt glaube ich ein bisschen durcheinander. Also das wertvollere Produkt soll ja nicht von dem Arbeiter, der es hergestellt hat, gekauft werden!
Also der Arbeitnehmer gewinnt entweder durch 2% mehr Lohn (bei gleicher Arbeitszeit) oder alternativ dazu durch 2% weniger Arbeitszeit (bei gleichem Lohn).
In meinem Beispiel steigt nicht der Wert (!) des Produkts um 4%, sondern um 2%. Bei einer Inflation von 2% steigt dann der Preis (!) des Produkts um 4%.
Und wie gesagt, der Arbeitnehmer, der dann 4% mehr Lohn kriegt, bzw. real 2% mehr, der soll davon nicht unbedingt das neue Produkt kaufen. Er hat erstmal mehr Kaufkraft, um andere Produkte zu kaufen. Er kann natürlich das Plus an Kaufkraft auch dazu nutzen, das neue wertvollere Produkt zu kaufen, wenn er vorher das alte Produkt gekauft hat. Dann kann er sich nicht "mehr" von dem Produkt kaufen, aber er hat eben ein wertvolleres Produkt, also z.B. mit neuen technischen Möglichkeiten.
Ja, also teurer werden die Produkte, wenn Sie eine Inflation annehmen. Alleine durch die erhöhte Produktivität werden die Produkte erstmal wertvoller (bei gleichem Arbeitsaufwand). Sie werden dann zwar auch für mehr Geld verkauft, dafür haben sie auch einen zusätzlichen Nutzen.
Nehmen wir an, die Produktivität steigt um zwei Prozent. Dann kann ich mit dem gleichen Aufwand ein Produkt herstellen, das zwei Prozent mehr wert ist.
Das ist doch Quark? Wenn die Produktivität um 2 Prozent steigt, kann ich mit dem gleichen Aufwand 2 Prozent mehr von dem gleichen Produkt herstellen, aber nicht ein Produkt, dass auf einmal 2 Prozent mehr wert ist - dann müsste sich ja das Produkt ändern, und das hat mit der Produktivität nichts zu tun, die quantitatives Wachstum beschreibt, sondern mit qualitativem Wachstum, wenn durch Änderung, am besten durch Innovation des Produkts, ein Mehrwert gegenüber dem alten Produkt entsteht. Nur weil ich 2 Prozent mehr herstelle, kann das Produkt doch nicht 2 Prozent teurer werden. Ich kann höchstens 2 Prozent mehr von den Produkten verkaufen, wenn der Absatz das hergibt, dann wächst der Gewinn - wenn sich sonstige Bedingungen wie Rohstoffkosten etc. nicht verändern.
Alleine durch die erhöhte Produktivität werden die Produkte erstmal wertvoller (bei gleichem Arbeitsaufwand).
Genau das möchte ich stark anzweifeln. Oder gibt es eine Definition von Produktivität, die mir unbekannt ist?
Ok, also ich kann mit gleicher Arbeitszeit und höherer Taktzeit (Produktivität) mehr Produkte herstellen - dann sinken die Lohnstückkosten. Die Rohstoffkosten und Energiekosten pro Erzeugnis bleiben erst mal konstant. Wenn ich ein degressives Produktionssystem habe, kann ich vielleicht die Energiekosten pro Erzeugnis senken, wenn mehr hergestellt wird. Damit steigt bei kostantem Preis für das Erzeugnis und Konstanz aller anderen Parameter der Gewinn pro Erzeugnis.
Ich meinte kleinerer Taktzeit.
Ob Sie sagen, das Produkt ist zwei Prozent mehr wert oder es sind mehrere Produkte, die in der Summe zwei Prozent mehr wert sind, ist letztlich egal.
Ich sage ja, dass sie nicht 2 Prozent mehr wert sind, sondern dass theoretisch der Gewinn 2 Prozent größer sein kann, der Preis aber konstant bleibt.
„Wenn ich das vorrechne, sind alle erstaunt“
Ja, also zumindest DAS ist ihm wiedermal vollauf gelungen, wie man an den berechtigten Kommentarteilen sehen kann, weshalb ich auf die einschlägigen Fehler und Fragwürdigkeiten Bontrupscher Wirtschaftsweisheit hier nicht mehr eingehe.
"Erstaunen" ist in den höflich-betulichen Vortragskreisen ein Euphem für
"Das ist ja sowas von neben der Kappe! - Bitte scher’ dich sonstwohin ..."
Daher nur ein paar Stichpunkte:
1. "Produktivität" ist sinnvoll als Begriff fast nur als Arbeitsproduktivität und z. T. noch gewisser anderer Produktionsfaktoren, z. B. Primärenergieträger, kaum als "Gesamtproduktivität" aller P.-Faktoren.
2. Arbeitsproduktivität steigt zumeist dann, wenn zunehmend Kapital zu RATIONALISIERENDEN Sachanlagen des Produktionsprozesses gerinnt. Das hat aber keinen prinzipiellen Einfluß auf die Gesamtproduktivität, also den Gesamtaufwand/die Gesamtkosten je Output-Einheit, da ja auch die rationalisierende Sachinvestition als P.-Faktor auch zum Kostenfaktor wird, der bedient werden muß.
3. Es wäre/ist ein Irrtum, "Kostenminimierung" im P.-Prozess als einziges Motiv der Substitution von Arbeit durch Kapitaleinsatz anzunehmen. Kapital konkurriert mit Arbeit um Verdienstmöglichkeiten und ersetzt diese u. U. auch ohne die oft hanebüchen herbeirationalisierten Kostenvorteile(*), sondern auch via Machtverhältnissen. Vergl. auch die weiteren losen Fäden dieses extremen 'rational choice'-Modells.
(*) vergl. "Verringerung des Papierverbrauchs" bei der IT-Aufrüstung, - dabei ging es doch wieder nur darum, "wer den 'größten', mächtigsten (dicksten, längsten), teuersten usw. "sein" nennen darf.
Wo erst Kapital major oder sonstwie wesentlich geworden ist, fließt auch gern neues hin, -> "Eigengravitation" des K.
4. Gesamtproduktivität ist begrifflich nicht sehr tragfähig, denn sie mißt sich sinnvoll allein in der Zeitreihe, nicht wie die Einzelfaktoren auch in ihrem Kostenverhältnis zueinander, und dessen Entwicklung (Konkurrenzprinzip).
In Wahrheit bemißt sich Gesamtproduktivität nicht an Gesamtkosten durch [Gesamtmenge mal Qualitätsfaktor] wie bei der Arbeits- oder Energieproduktivität die Teilkosten von Arbeit, Energie usw. je Stück bzw. Menge ermittelt werden (Arbeits- bzw. Energie-Stückkosten), sondern sie ist als GesamtKOSTEN geteilt durch die/im Verhältnis zu den/ EINNAHMEN im Nenner wesentlich durch unternehmensäußerliche, ‚extrinsische’ Faktoren bestimmt.
Ausgehend von Produktivität als Mengen-zu-Mengen Verhältnissen, z. B. Öl- oder Arbeitsmengen/-zeiten je Stück, Tonnenkilometern usw., über die (Input-) KOSTEN-zu-(Ergebnis-)MENGEN (z. B. Lohn-Stückkosten) bis zu den GesamtKOSTEN zu EINNAHMEN führen hier die gebotenen Abstraktionspfade parallel zum Aufstieg zur Gesamtebene, wobei die Operanden dieser Terme eben von Mengen zu Werten sich wandeln.
5. Nachfrage (=Summe der (Kaufkräfte je mal Bedarfsdinglichkeitsfaktoren)) bestimmt den Tauschwert unter Marktbedingungen von etwas, und NICHT mit wieviel Aufwands- bzw. Kostenfaktoren es erzeugt bzw. verfügbar wurde. Siehe Öl.
Daher stehen die Taschen der je Anderen im Mittelunkt des Interesses in solchen Marktsystemen, nicht anders wie sie seit seit je von höchstem Interesse waren und in allen „Systemen“ sind. Entscheidend für eine Systemunterscheidung ist da bloß die Stellung des Taschenträgers/-besitzers/-eigentümers: Nur soweit er nicht zum Tausch gezwungen wird (z. B. durch staatlichen Zwangsverbrauch oder unter Weisungsabhängigkeit in einem Konzernverbund/einer Oligarchie/Diktatur o. ä. oder unter Zentralverwaltungswirtschaft oder ohne jede Gegengabe bestohlen oder gar beraubt wird), kann er/sie/es Tauschwerte so „selbst bestimmen“ (Freiheit), daß Werte auch ohne Gewalt (oder andere Machtausübung) jenseits der bloßen Verteidigung des ‚Eigenen’ doch BESTAND haben.
Ohne diese kleinen Freiheiten im Meer der Notwendigkeiten und natürlichen Restriktionen rattern alle Bestimmungsweisen von „Werten“ früher oder später aufs falsche Gleis und entfernen sich auf die Dauer ihrer Fahrten immer weiter sowohl vom Bedarf als auch von den produktiven Möglichkeiten der Menschen in ihrer Umwelt.
Nicht nur die LANGFRISTIGEN Kurven der Lebenserwartungen, sondern auch das Recht, sich als legitimer und daher ‚freier’ „Tascheninhaber“ auf besondere (z. B. persönliche, politische oder korruptive oder …) Zuwendung freuen zu können (vergl. ‚Wertschätzung’ und Anerkennungsfragen ->Axel Honneth, oder Hans Jonas - Die Entstehung der Werte)) machen dann auf die Dauer als ‚systemisch’ zu bezeichnende Unterschiede (und entsprechende „Bewegungen“ !) aus.
Dabei können ‚Pläne’ der Machtebenen u. ä. durchaus auch menschliche Bedarfe mitformen/beinflussen, - oder auch die Gefahren, die aus der „Freiheit der Nachfrage“ erwachsen, wie z. B. die so zunächst ja ‚legitim(iert)en’ (Schwarm-)Irrtümer, dann auch (freiheits-) begrenzen, verteilen, abfedern, usw. und so der eingebauten Tendenz zur Entgleisung aller Systeme, die ausschließlich auf wenige und starre „Prinzipien“ setzen, und sei es das der „Freiheit“, erfreulich entgegenwirken.
z6. Arbeitszeitverkürzungen auf Basis der Wochenarbeitszeiten haben ihre Grenzen: Wer . B. Liefer- u. Kundenbeziehungen pflegen will, kann Zuständige kaum auf wenige Wochentage zur Arbeit rufen, wenn allseits die Maschinenparks im 24mal7-Modus laufen sollen, - oft auch weil das erwünschte „pralle Leben“ ebenfalls nicht pausieren will.
Es hat keinen Zweck, mit solchen Betrieben zu arbeiten, wo die Ansprechpartner von Mo-Mi, von Mi-Fr und für Sa/So, sowie nach Urlaub, Fortbildungs- oder sonstiger Abwesenheit WECHSELN, - oder in einer Arztpraxis etwas besprechen zu wollen, wo fast tägliche „Rotation“ herrscht usw.
Es sei denn, man zeichne/schriebe alles auf, was an internen Veränderungen und in den Außenbeziehungen so gelaufen ist, und gebe je hinreichende Zeit zur nachholenden Kenntnisnahme -, nach z. B. 4-tägiger Abwesenheit (Agenda-System), statt auf Demand-Trigger , „es sollte doch bis gestern jemand wegen … zurückgerufen haben, - aber bei uns ist nichts aufgeschlagen …“, zu warten, um dann in „On-Demand“-Systemen wie z. B. Datenbanken die letzten Notizen zum Vorgang, zu Kunden u. ä. von Kolleg/inn/en ganz „on demand“ sich reinzuziehen und daraufhin erst aktiv zu werden.
Da ziehen wohl die Beschäftigten wie auch Arbeitgeber bei solchen Funktionen die größeren Arbeitseinheiten vor, als sich die eigene „Abbait“ von Agenda-Systemen vorschreiben zu lassen (Beschäftigte) bzw. die Kosten für solche Agenda-Systeme nicht nur für Produktion wie seit längerem, sondern auch für alles andere zu übernehmen(Arbeitgeber).
Besser setzt man wohl auf größere Blöcke aus ErwerbsUNtätigkeiten. Ein Teil dessen ist sowieso heute schon „Arbeitslosigkeit“ obgleich viele heute inhärente Konzepte, z. B. die von Fortschritt und Arbeit, es völlig aus der Luft gegriffen erscheinen lassen, z. B. als Informatiker ohne größere Bildungs- und Erholungsphasen 40 Jahre nach der Ausbildung und ohne längere ALLSEITIGE Rekreationsphasen noch irgendwie „nützlich“ sein zu können. Arbeitgeber müssten bereit und in der Lage dazu sein, mindestens ein Drittel der Arbeitszeit fürs Up-To-Date-Halten und den Ausgleich für jene Stressphasen zu reservieren, in denen aufgrund schlechter Teilbarkeit der Arbeit einerseits, z. B. die Übersicht über die relevanten „Entries“ unter Millionen von Variablen und Systemparametern, und besonders hoher, nicht im voraus berechenbarer Nachfrage nach solcher Arbeit andererseits, die Dauerbeanspruchung geboten war.
Das erscheint aber als Großlösung eher wenig realistisch, - auch wenn jetzt manche Betriebe zu Allround-Kümmerern für ihre Beschäftigten werden, wie das ja viele der angeblichen Sozialismen schon vorgeführt haben, wird so ein Modell unter freiheitlich-kompetitiven Umständen bzw. unter solchen „Systemalternativen“ nicht lange reüssieren können, da andere Verfahren entweder die Deckung solcher Bedarfe/Bedürfnisse umgehen, ignorieren, aus den Erwerbszusammenhängen ins „Sozio-Kulturelle“ herausdelegieren usw. und daher nicht direkt in die Preis-Kosten-Kalkulationen der Betriebe eingehen wie deren eigene Kitas, Kultur-, Bildungs-, Gesundheits- und Erholungszentren usw.
Allenfalls sektoral-betriebsumgreifende Strukturen wie z. B. die Knappschaft(en), können sich durch oft überragende Leistungen auch in kompetitiven Systemen regional so verankern, daß sie das Absterben ihres ursprünglichen Wirtssektors, zudem sie mit erheblichen Kostensockeln beitragen, selbst noch gut/lange überleben, - ansonsten hatte sich staatliche und duale Einmal-Bildung ja bewährt und es ist nicht einzusehen, warum z. B. die zweiten, dritten, vierten Bildungsgänge allein von Betrieben/Unternehmen gestemmt werden sollen.
Die profitieren ja auch sonst von der staatlichen Subventionierung ihrer Beschäftigten vom Kindergeld über Elternzeit bis Betreungsgeld (alles an Erwerbstätigkeit geknüpft, da unter ALGII/GS-Bezug entweder auf den Minimalbedarf angerechnet wird oder erst gar nicht anfällt (Elternzeit): Wer den Minimalbedarf „selbst verdient“, darf zusätzliches Kindergeld etc. behalten, wer ihn bloß vom Amt „bezieht“, nicht.), um von (zunächst!) nicht gebührenpflichtigen Schulen und Unis und zig anderen Freistellungen, von denen auch Beschäftigte als Normalbürger so profitieren, und das alles nicht über ihren Lohn verdienen müssen, noch gar nicht zu reden.
Neben vielen anderen Faktoren (u. a. auch die subventionierte Aufrechterhaltung von Produktions- und Lieferketten, die vielen deutschen Unternehmen eine privilegierte Startposition nach der letzten Globalkrise sicherte) verbessert auch diese besondere Subventionspraxis gegenüber der Erwerbstätigkeit die preis-kalkulatorische Wettbewerbsposition der Unternehmen im Globalmarkt, auf die alle so stolz sind.
7. Unter historischen Höchständen der Erwerbstätigkeit im Allgemeinen und soz.-versicherungspflichtiger Arbeit im Besonderen ist es auch sehr die Frage, ob die hohen Alo-Raten sinnvoll durch AZ-Verkürzung gemindert werden können. Dagegen spricht der hohe Anteil an Langzeitarbeitslosen, denn so scheint nicht die ungerecht-untaugliche Verteilung von Arbeit die ‚Ursache’ der Langzeit-Arbeitslosigkeit oder zumindest ein Hebel zu ihrer ‚Lösung’ zu sein, sondern Problem und Lösung scheinen bei der Erfüllbarkeit der Anforderungen der heutigen Arbeits- u. Lebenswelt durch diese Gruppe(n) zu liegen.
Wie wäre es mit der Abschafung des Roboters?, dann braucht man nicht immer hin und her rechnen. Die Tatsache ist, dass unsere Gesellschaft eher eine Entschleunigung dringend nötig hat als die permanente Beschleunigung, die von Menschen selbst auf dei Spitze getrieben wird.
Das Motto aus meiner Sicht sollte lauten: weniger arbeiten, weniger konsumieren, weniger durch die gegegend fliegen und sich überall einmischen bzw. sich endlich um den Ast kümmern, auf dem wir alle sitzen nämlich auf unsere Natur bzw. auf unsere Umwelt.
>>Jeder drittklassige Unternehmer weiß: Wenn er seine Produkte nicht mehr in den Markt bringt, dann muss er seine Produkte verknappen. Das gilt ebenso für die Ware Arbeitskraft.<<
Im Prinzip hat das schon Adam Smith geschrieben. Und zwecks Verknappung der Ware Arbeitskraft die Gründung von Gewerkschaften ("Arbeiterkoalitionen") empfohlen. Anders kann der Fall der Löhne nicht aufgehalten werden.
Von einer SPD-hörigen Gewerkschafts-"Führung" kann man nicht erwarten, dass sie das vertritt. Aber Mitglieder können die Häuptlinge entsorgen und sich selber führen, das nennt man übrigens Demokratie.
Und zum Gründungszweck der Gewerkschaften zurückkehren.