Erstmals seit der Kommune von 1871 hat Frankreichs Metropole mit Bertrand Delanoe wieder einen linken Bürgermeister - ein bravouröser Erfolg, denn immerhin dominierten die Gaullisten während der Achtziger teilweise alle 20 Arrondissements der Stadt. Aber so faszinierend es auch immer sein mag, Paris zu regieren, aufschlussreicher für die französische Politik ist der Wahlausgang in der Provinz. Welche Auswirkungen hat er auf die cohabitation zwischen dem neogaullistischen Präsidenten und dem sozialistischen Premier? Was verheißt das Ergebnis für die Partnerschaft zwischen Sozialisten, Kommunisten und Grünen im Kabinett? 2002 werden sich Chirac und Jospin allem Anschein nach bei den Präsidentenwahlen gegenüber stehen, während zugleich über eine neue Nationalversammlung abgestimmt wird - dafür galt die Kommunalwahl als Test. Und da verabschiedet sich mit den Konservativen natürlich auch ein Stück Chiraquisme aus dem Pariser Rathaus. Schließlich war der heutige Staatschef nicht nur 18 Jahre selbst Bürgermeister, sondern hat stets relevante Entscheidungen für die Stadt zu beeinflussen verstanden. Etwa 1995, als dank seiner Protektion Jean Tiberi in das Bürgermeisteramt lanciert wurde. Oder im vergangenen Jahr, als es galt, eben jenen Tiberi wieder abzuservieren und stattdessen Philippe Séguin ins Rennen zu schicken. Für Frankreichs Linke - besonders für Lionel Jospin - hört sich das besser an, als es ist, denn der Sozialist Delanoe gewann die Hauptstadt vorzugsweise deshalb, weil die Rechte gespalten und in Skandale verwickelt ist. Der Sieg der Linken in Paris und auch in Lyon kann nicht über Niederlagen anderswo hinwegtäuschen. Landesweit verlor die Partei mehr als ein Dutzend der größeren Städte, in denen sie bisher regiert hat. Einige Honoratioren aus Jospins Kabinett fielen kläglich durch - Arbeitsministerin Elisabeth Guigou wurde in Avignon geschlagen, Erziehungsminister Jack Lang in Blois, die grüne Umweltministerin Dominique Voynet im ostfranzösischen Dole.
Doch weshalb hat die Regierungskoalition kein besseres Ergebnis verbuchen können? Schließlich hat Frankreich seit 1997 - dem Jahr von Jospins Amtsantritt - mit das höchste Wachstum in der EU, sogar die notorisch hohe Arbeitslosigkeit wurde gesenkt. Selbstverständlich ist man sich auch in der PS-Führung dessen bewusst, dass Kommunalwahlen kaum Schlüsse hinsichtlich der Popularität eines Premiers und seiner Regierung erlauben. Dennoch stehen bei den Sozialisten offenbar nun die sparsamen Reformer unter Beschuss, die bisher angeblich zu sehr auf das Budget geschielt und dabei vergessen hätten, dass die linke Klientel gerade in Frankreich von ihren Vertretern nach wie vor hohe öffentliche Ausgaben erwartet. Mit anderen Worten, bald könnte die Debatte zwischen "alten" und "neuen" Linken als eine Art Vorwahlspektakel heftig ausbrechen.
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