1946: Neigung und Nötigung

Zeitgeschichte Der Zusammenschluss von SPD und KPD zur SED wurde in den Westzonen als Zwangsvereinigung gedeutet, im Osten als Ende einer fatalen Spaltung der Arbeiterbewegung
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 14/2016

Die Gründung der SED am 22. April 1946 wird seit 1990 überwiegend als von der KPD und der sowjetischen Besatzungsmacht (SMAD) im Osten Deutschlands beherrschter Vorgang beschrieben, bei dem Sozialdemokraten sich zu fügen hatten. Soll diese Version des Geschehens vor 70 Jahren mehr sein als eine Siegererzählung, muss sie sich einer Überprüfung aussetzen lassen: durch chronologische Nachzeichnung der damaligen Ereignisse und ihrer Vorgeschichte.

Im „Prager Manifest“ von 1934 vermerkte die Auslandsleitung der seit 1933 im Reich verbotenen SPD, die jetzt als SOPADE firmierte: „Die Einigung der Arbeiterklasse wird zum Zwang, den die Geschichte selbst auferlegt. Die Führung der deutschen Sozialdemokratie weiß sich deshalb frei von jeder se