Begibt man sich auf die Suche nach den Gattinnen wichtiger Politiker, so gerät man scheinbar automatisch in die Niederungen des Trivialen. Die Spuren führen unweigerlich zu Society-Blogs, strengen Stylewatches und in die Panorama-Seiten selbst namhafter Zeitungen. Dort stehen die stets lächelnden Politikergattinnen mit ihren Stöckelschuhen, manchmal auch im Bikini, öfters für einen guten Zweck unter ständiger Beobachtung der neugierigen Öffentlichkeit, während ihre Männer von Politikwissenschaftlern und Ökonomen zwar sachlicher doch nicht minder streng analysiert werden. Die Damen an der Seite mächtiger Herren haben für den Glamour-Effekt im Leben der meist grau gekleideten Machthaber zu sorgen, viel mehr steht ihnen noch imm
immer nicht zu.SchattengewächseDas ist nichts neues, selbst wenn sich das Berufsprofil der Politikergattinnen über die letzten Jahrzehnte entwickelt hat: Neben hübsch und schwanger dürfen die Damen nämlich durchaus auch klug sein, wenn auch nicht zu sehr. Ab und an ein kluges Statement wird gerne gesehen, sind sie nebenbei oder waren sie davor Anwältinnen, so dürfen sie gerne auch etwas zur Politik sagen. So sprach sich etwa Cherie Blair vor drei Jahren am Internationalen Menschenrechtsforum für den Krieg im Irak aus – allerdings hat sie als Rechtsanwältin eine eigene Kanzlei mit Namen Matrix Law und Schwerpunkt Europäische Menschenrechtskonvention. Sie löste das Dilemma übrigens mit zwei unterschiedlichen Namen: Als Cherie Blair wird sie auf politischen Banketten vorgestellt, als Rechtsanwältin behielt sie ihren Mädchennamen Cherie Booth bei.Doch trotz der Errungenschaften sich eigenständig um Charity-Projekte zu kümmern oder nebenbei gar als Erwerbende zu agieren, so ist das Leben einer Politikergattin nach wie vor eines im Schatten ihres Mannes. Ihre Biografieeinträge in den einschlägigen Lexika beginnen fast durchwegs als „Ehefrau von …“ und beinhalten ausserdem gerne eine ausführlichere Rubrik zum Familienleben der Frau. Zwar bezeichnet sich Samantha als working-mom und liess sich während des Wahlkampfes ihres Mannes als adrett gekleidete Mutter (unterdessen bekannt als tory style) für das Titelbild von Harpers Bazaar ablichten, doch auf den vielen (politischen) Parketten tanzt alleine ihr Mann – der wohl kaum viel Zeit für seine Kinder übrig hat.Auch gestern wieder stand Sam Cam, wie sie von den Briten unterdessen genannt wird, im Scheinwerferlicht. Ein paar Schritte neben ihrem Mann, lächelte sie dezent, mit verschränkten Armen um ihren schwangeren Bauch in die Kameras der Welt. Im Gegensatz zu ihrer amerikanischen Kollegin Michelle Obama – die ihre Karriere als Anwältin für die Rolle der First Lady "unterbrach" – gibt es für die Gattin des britischen Premiers keine offizielle Rolle.So unterschiedlich die Regierungssysteme der jeweiligen Länder sind, so verschieden ist auch der Konsens darüber was geht und was nicht. Während die Italiener die Eskapaden ihres Ministerpräsidenten mit Nachlässigkeit beurteilen, darf der französische Präsident auch eben mal schnell seine Affäre heiraten, ohne dass es ihn seinen Posten kosten würde. Soviel Glam wäre dagegen in anderen Ländern fehl am Platz: Die Posen von Shawne Fielding als Gattin des Diplomaten Thomas Borer waren den Schweizern zuviel des Guten.Ungleiche VerhältnisseNoch sind es ungleich mehr Frauen, die auf den Gipfeltreffen am Tisch der First Ladies sitzen. Kein Wunder fühlen sich dort die paar wenigen First Men, wie etwa Joachim Sauer, nicht wirklich wohl. Zwar heissen diese Nebenbei-Vorstellungen nicht mehr Damenprogramm wie früher, sondern jetzt Partnerprogramm, doch sie täuschen nicht über den Mangel an Partnern von Spitzenpolitikerinnen hinweg. Trotzdem: sofern es denn Männer an der Seite mächtiger Frauen gibt, so halten sie sich nicht nur dezent (wie die Politikergattinnen) zurück, auch gelingt es ihnen viel besser, dass sie fast nur über ihre Arbeit wahrgenommen werden. Vielleicht liegt das aber auch einfach daran, dass etwa Merkels Gatte Interviews, die sich nicht auf seine Arbeit beziehen, konsequent ablehnen. Vielleicht sollten die Politikergattinnen einfach aufhören, das Spiel „Politik ist Familiensache“ mitzuspielen.Etwa so wie Veronica Lario, die einstig Angetraute von Silvio Berlusconi. Zwar gab sie für die „Familiensache“ ihre Karriere als Schauspielerin auf und blieb immer schön dezent im Hintergrund. Gleichzeitig aber nahm sie kein Blatt vor den Mund, dass sie mit ihrem Mann in politischer Hinsicht nicht einer Meinung war. Das ist zwar eine neue Interpretation der gängigen Phrase „hinter jedem mächtigen Mann steht eine starke Frau“, doch selbst wenn James Cameron seine Sam als „Geheimwaffe“ bezeichnet, so ist die Politikergattin kein Beruf mit Zukunft. Da kann auch Stil nicht darüber hinwegtäuschen.