Der italienische Seefahrer Christoph Columbus glaubte laut der Überlieferung bis zu seinem Tode fest daran, dass er, anno 1492, in vollem Einklang mit dem Auftrag der Königin Isabella den Meeresweg nach Indien gefunden hätte. Wenige Jahre später erreichte sein Landsmann Amerigo Vespucci mit einer von dem Bankhaus Medici gesponserten Flottille dieselben Küsten und wusste bereits, dass es sich dabei um einen bisher unbekannten Kontinent handelte. Die spätere Namensgebung des Erdteils sollte seinem Copyright als Entdecker Rechnung tragen. Da jedoch der Vorname Amerigo mit dem lateinischem Emericus und dem deutschen Emmerich identisch ist, dachten viele Ungarn, dass Fürst Imre, der frühzeitig verstorbene Sohn des heiligen Königs Stephan und der bayerischen Fürstin Gisela, der eigentliche Pate der USA gewesen sei. Ob sich dieser Stolz auch auf den "US-Imperialismus" oder den American way of life erstreckte, sei dahingestellt.
Jedenfalls scheint mir als ehemaligem ungarischen Dissidenten Columbus´ produktiver Irrtum eine gespenstische Ähnlichkeit mit der Verfehlung unserer Andersdenkenden aufzuweisen. Wir träumten nämlich ebenfalls über einen relativ unkomplizierten Weg nach dem Wunderland Indien und sind dann ganz anderswo gelandet. So habe ich mir beispielsweise in einem Aufsatz für die Berliner Kulturzeitschrift Kursbuch Anfang 1985 den Ablauf folgendermaßen vorgestellt:
"Stellen wir uns das Unwahrscheinliche vor: Ein verjüngtes Zentralkomitee in Moskau entscheidet sich für die Befreiung der Sowjetunion von ihrem immer lästiger werdenden Verbündeten: Sehen Sie doch ein, Genossen, sagt der erst dreiunddreißigjährige Erste Sekretär, dass diese kleinen osteuropäischen Staaten mit ihrer chaotischen ökonomischen Situation, mit ihren unbegreiflichen inneren Widersprüchen und schädlichen Ideologien nur unseren kommunistischen Aufbau erschweren. Viel richtiger wäre es meines Erachtens, diese Gesellschaften - unter Wahrung unserer militärischen Interessen - ihrer eigenen Entwicklungsdynamik zu überlassen. Vom propagandistischen Standpunkt aus würde uns dies nur Vorteile bringen. Einerseits könnten wir dann wieder als Befreier dieser Länder gefeiert werden, andererseits waren unsere Ideale, wie die Erfahrung zeigt, stets viel erfolgreicher in Gesellschaften, in denen nichts oder nur sehr wenig von ihnen verwirklicht worden ist.
Die Worte des Ersten Sekretärs werden einstimmig zum Gesetz erhoben, der Warschauer Vertrag wird gekündigt, die in der osteuropäischen Region stationierten sowjetischen Truppen werden mit Militärmusik und Blumen verabschiedet, und die Länder des ehemaligen Ostblocks beginnen mit der Regelung ihrer eigenen Probleme. Durch freie Wahlen, an denen mehrere Parteien teilnehmen dürfen, schaffen sie ihre parlamentarischen Institutionen, sie öffnen die Grenzen und garantieren die Freiheitsrechte, einschließlich eines vernünftig beschränkten Privatbesitzes. Alles andere - das McDonald´s-Netz, die Arbeitslosigkeit, die Peep-Shows - kommen von selbst."
Noch viel früher, 1983 wagte mein Freund und Kollege György Konrád eine Landkarte der von ihm ersehnten Veränderungen vorzuzeichnen. In seiner Antipolitik schrieb er: "Ich halte nicht nur Budapest, Pressburg, Prag, Krakau, Warschau und Berlin für Europa. Doch wenn ich schon Leningrad und sogar Moskau zu Europa rechne, warum eigentlich sollte ich dann bei Wladiwostok stehen bleiben? Es handelt sich um Eurasien. Dazwischen gibt es keine Staatsgrenze. Man kann auch im Maßstab Eurasiens denken. Das ist eine Perspektive, die besser passt zur zweiten Jahrtausendwende als die Perspektive des kleinen Westeuropa. Ich möchte mich für den Sohn eines utopischen Europa halten, der mit seinen Armen den Stillen Ozean sowohl bei San Francisco als auch bei Wladiwostok erreicht und das Umarmte in Frieden hält."
Einige Jahre später, im Frühjahr 1989, gab ein ungarischer Rechtswissenschaftler auf die Journalistenfrage, was in der damals vorbereiteten neuen Verfassung aus der alten (1949) erhalten bleibe, die knappe Antwort: "Die Hauptstadt des Landes ist Budapest." In den Flitterwochen Ungarns mit der jungen Demokratie war Europa ein Schlüsselbegriff. Die Erwähnung des Kontinents in den Medien erreichte einen Ausmaß, das den Autor Péter Esterházy auf die Idee brachte: Jeder, der das Wort "Europa" in den Mund nimmt, sollte automatisch einen Forint in die Staatskasse einzahlen. Die Erwartungen waren wohlgemeint, doch naiv. Von der Übernahme der europäischen Normen von Politik und Moral erwartete man einen durchschlagenden ökonomischen und sozialen Aufstieg - eine Demokratie mit allen Vorteilen, aber ohne Nachteile der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Selbstverständlich verlief die Entwicklung viel schwieriger. Allein das Klopfen am Tor der EU dauerte 15 Jahre.
Nun ist es soweit, wir Ungarn schreiben bereits das vierte Jahr unserer neuen europäischen Zeitrechnung. Die Wende, oder wie sie bei uns genannt wird, der Systemwechsel, forderte enorme Anstrengungen von dem Zehnmillionenland, die Marktwirtschaft erwies sich, milde gesagt, keineswegs als automatisch menschenfreundlich, die früher staatlich geförderte Kultur verwandelte sich zunehmend zum Sozialfall. Was aber die Vorstellungskraft der achtziger Jahre am meisten übertraf, war die Tatsache, dass der Zusammenbruch eines der beiden mächtigen Militärblöcke die Welt keineswegs dem Frieden näher bringen konnte und selbst in unserem engen geografischen Umfeld alles andere als eine harmonische kontinentale Demokratie entstand. Im Nachhinein sagen wir uns kopfschüttelnd: wie konnten wir angesichts unserer schweren und komplizierten Vergangenheit überhaupt eine dermaßen rosige Zukunftsvision ausmalen?
Zur Entschuldigung sei gesagt, dass man am Ende der sowjetischen Ära manche Phänomene gar nicht vorausahnen konnte. Erstens dachte niemand an das verrückte Tempo der Veränderungen, zweitens unterschätzten selbst viele Ökonomen die Schwierigkeiten des Übergangs zur Marktwirtschaft, und drittens, was vielleicht am wichtigsten ist, rechnete man nicht mit der nationalen Wiedergeburt in dem heutigen Maße. Einige Länder wie Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Albanien gewannen in ihrem früheren geografischen Rahmen die Rechtsstaatlichkeit, während auf der Landkarte der neunziger Jahre gleichzeitig auch völlig neue Staatsbildungen erschienen: Armenien, Aserbeidschan, Belarus, Bosnien, Deutschland (als einheitliches Land), Estland, Georgien, Kroatien, Lettland, Litauen, Moldawien, Montenegro, Russland, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und die Ukraine. Die Veränderung der Landkarte betraf ein Territorium mit einer Bevölkerung von fast 500 Millionen Menschen.
Einerseits war die Bildung dieser modernen Nationalstaaten das Allernatürlichste nach so vielen Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten der Fremdbestimmung. Geschulte Marxisten hätten diesen Prozess wie seinerzeit die deutsche Reichsgründung zähneknirschend als "objektiv fortschrittlich" bezeichnet. Andererseits bedeutete der Zerfall des Riesenreiches eine enorme Desintegration, die besonders in den Fällen, wo das Recht auf Selbstbestimmung manchen Völkerschaften oder Minderheiten verweigert worden war, mitunter apokalyptische Züge trug. Während zwischen den EU-Staaten die Grenz- und Zollbeamten langsam zur Arbeitslosigkeit verurteilt werden, entstanden seit 1989 ungefähr 40 neue zwischenstaatlichen Grenzen, zu Zeit des Euro-Triumphes wurden mehr als 20 neue nationale Währungen eingeführt, und während die NATO, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen, die Straffung und Vereinheitlichung der Verteidigungssysteme des Kontinents betreibt, wurden in Europas Osten neue nationale Armeen gegründet. Die Tatsache, dass etwa moldauische oder ukrainische Papiergeldscheine am Anfang der neunziger Jahre in Paris gedruckt wurden, unterstreicht nur die Absurdität des Gesamtprozesses und veranschaulicht die Kluft zwischen Ost und West.
Die Länder, welche in den ehemaligen politischen oder ideologischen Einflussbereich der Sowjetunion gehörten, waren früher von der freien Welt mehr oder weniger isoliert. Anders als mancher autoritäre Staat des Westens wie Portugal, Spanien, Griechenland oder die Türkei haben die Diktaturen des Ostens dafür gesorgt, dass ihre Völker die Jahrzehnte der europäischen Nachkriegszeit und damit die Modernisierung des politischen Lebens versäumten. Mehr als 15 Jahre trennen diese Länder nun von dem "real existierenden Sozialismus", aber sie leben immer noch zumindest parallel heute und gestern, wobei wir unter der letzteren Zeitebene manchmal die gesamte, unter den Teppich gekehrte nationale Geschichte verstehen. Versatzstücke der grauen Urgeschichte, des Mittelalters, der frühen Neuzeit, die durch jahrhundertenlange Fremdherrschaft ausgelöste Animositäten, Mythen, Illusionen und Ängste prägen das aktuelle Geschehen von Baku bis Warschau in einem Maße mit, das westlich von der Leitha unvorstellbar wäre.
Im vorigen Dezember stellten 46 polnische Abgeordnete von drei konservativen regierenden Parteien einen Antrag im Sejm, wonach Jesus Christus zum König der Rzeczpospolita gewählt werden sollte. Der absurd anmutende Vorschlag, der sowohl von der parlamentarischen Mehrheit als auch von dem Klerus abgelehnt wurde, wurzelt in einer Tradition des 17. Jahrhunderts. Damals wurde Mutter Maria durch eine symbolische Vermählung mit dem König Kazimierz zur Herrscherin des Landes erkoren, um Polen im Krieg mit dem protestantischen Schweden zu schützen. Sicher stand hinter dem Hirngespinst der Landesväter keine Mehrheit, aber religiöses, emotionelles, moralisierendes und symbolisches Politisieren ist der ansonsten hochmodernen polnischen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts überhaupt nicht fremd. Der Eklat um die geheimdienstliche Verstrickung des Kardinals Stanislaw Wielgus zeigt jedoch nicht zuletzt, wie zwiespältig diese Modernität aussieht: Der Fall des Oberhirten wird einerseits als streng gehütetes Kirchengeheimnis, anderseits als grandioser Medienskandal inszeniert.
Im Herbst desselben Jahres brachen in Ungarn Unruhen aus. Die Ursache dafür lag in den wachsenden sozialen Unkosten des Reformprogramms der sozialliberalen Regierung. Der direkte Auslöser war jedoch eine Ansprache des Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány, in der dieser im internen Kreis Zwecklügen während der Wahlkampagne zugegeben hatte. Da die teilweise von beiden Seiten rabiat ausgefochtenen Auseinandersetzungen zeitlich mit der 50. Jahreswende des Volksaufstandes 1956 zusammenfielen, wähnten sich manche Beteiligten als direkte Nachfolger der "Freiheitskämpfer" und bevorzugten bei ihren Kundgebungen historische Standorte von damals. Ein Teil der Demonstranten trug außer der traditionellen Trikolore Fahnen mit den so genannten Árpádstreifen, einem mittelalterlichen Symbol, das später die Rechtsradikalen der Vorkriegszeit benützt hatten. Unabhängig von der peinlichen Konnotation des letzten Sinnbildes, wäre es in Deutschland sicher wenig wahrscheinlich, dass Proteste gegen die restriktive Politik unter dem Banner Friedrichs von Barbarossa vonstatten gegangen wären.
Die populistischen Politiker in den ehemaligen Ostblockländern - als herausragende Persönlichkeiten seien hier die Gebrüder Kaczynski und Viktor Orbán erwähnt - bedienen sich gern der Versatzstücke einer christlich-nationalen Ideologie, indem sie diese in ein merkwürdiges Konstrukt einfügen, das ich als postumen Antikommunismus bezeichnen würde. In Ermangelung eines kommunistischen Bösewichts stempeln sie ihre liberalen Kontrahenten als Bolschewisten ab, bezichtigen sie der Gottlosigkeit und des Landesverrats und versprechen durch die "Entkommunisierung" der Gesellschaft die Lösung aller sozialen und politischen Spannungen. Die liberalen Gegner bezichtigen ihrerseits die Konservativen ebenfalls mit Vorliebe "bolschewistischer Methoden". Diese Konstellation ist uralt, sie war bereits von Marx und Engels anno 1848 im Kommunistischen Manifest beschrieben worden: "Wo ist die Oppositionspartei, die nicht von ihren regierenden Gegnern als kommunistisch verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, die fortgeschritteneren Oppositionsleuten sowohl wie ihren reaktionären Gegnern den brandmarkenden Vorwurf des Kommunismus nicht zurückgeschleudert hätte?" In diesem Kampf um das berühmte Gespenst wird nicht nur die Natur der politischen Rivalen verkannt und verklärt, sondern auch die Motive der Bürger, deren ambivalente Haltung zwischen Bruch und Kontinuität seit 1990 alle Wahlkampagnen beherrschte.
Denn auch die nähere Vergangenheit drückt der politischen Kultur der "Reformländer" ihren unverkennbaren Stempel auf. In Ungarn, in Tschechien und nicht zuletzt in der ehemaligen DDR zeigt sich eine statistisch messbare, massenhafte Nostalgie für die "goldenen" siebziger und achtziger Jahre als Reflex vor allem der mittleren und älteren Generation auf eine Gegenwart, in deren Atmosphäre sie nicht mehr heimisch werden konnten. In den tristen Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR äußert sich die existenzielle Unsicherheit in der direkten Hinwendung zu den KPs. Bei aller Bedeutung der sozialen Nöte, welche die Menschen in die Arme der früheren Machthaber treiben, müssen wir auf die psychischen Hinter- und Abgründe dieses Phänomens hinweisen. Millionen Menschen leben in einem historischen Vakuum und sehnen sich nach einer stabilen Wertehierarchie.
Als typische "Nachwehen des Sozialismus" erscheinen uns selbst die mitunter heftigen innenpolitischen Kämpfe des Ostens - wie in Serbien, der Ukraine oder Georgien. Diese werden - abseits der institutionellen Rahmen und ziemlich vehement ausgefochten - von den beteiligten Bürgern als Revolution erlebt, korrigieren mancherorts die nicht immer sauberen Wahlergebnisse, führen jedoch bestenfalls zur neuen Aufteilung der Pfründe zwischen den verschiedenen Machteliten, die wiederum, unabhängig von ihrer weltanschaulichen Färbung, immer noch nach dem alten Apparat riechen.
Das bedeutet vor allem, dass die insgesamt 22 Staaten, die sich 1989-1991 allmählich aus dem Bereich des Ostblocks herauslösten und zurzeit auf den unterschiedlichsten Niveaus der Integration befinden, keineswegs idealtypische europäische Partner sind, selbst wenn sie die formalen Aufnahmekriterien der EU erfüllen. Sie werden noch lange in der Logik ihrer Geschichtlichkeit gefangen bleiben und diese erst aus eigenem Antrieb überwinden können. Wenn es darum geht, die inneren Verhältnisse dieser Länder zu demokratisieren, zu humanisieren, die führenden Gruppen zur Respektierung der Menschenrechte zu bewegen, dann ist es der größtmögliche Fehler, eine Verweigerung oder Beschleunigung der Klubmitgliedschaft als Druckmittel zu benützen. Wir können kein Land in die Gemeinschaft freiheitsliebender Völker quasi einsperren.
Gleichzeitig sollte uns diese Andersartigkeit der neuen Mitglieder und erst recht der Bewerber bedenklich stimmen. Die Vorläuferin der EU, die 1957 gegründete Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), entstand auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, als sich der Kontinent im Rahmen des Atlantischen Bündnisses behaupten wollte. Zwei Jahre nach der Schaffung des Warschauer Vertrags und ein Jahr nach der Unterdrückung des ungarischen Volksaufstands war das Ende der Blockkonfrontation kaum abzusehen. Als 1979 das Europäische Parlament seine Arbeit begann, rechnete ebenfalls niemand damit, dass freie Wahlen jenseits des Eisernen Vorhangs noch in diesem Jahrhundert stattfänden. Selbst die viel gerühmte Entspannung brachte die Ostblockstaaten ihren westlichen Nachbarn nicht wirklich näher und die einzige feste, weil unlösbare Bindung der Diktaturen an die Demokratien bestand in ihrer wachsenden Verschuldung.
Der Kollaps des sowjetischen Imperiums bedeutete für die EU eine Herausforderung, der sie in ihren jetzigen Strukturen nicht gewachsen sein kann. Ob man will oder nicht, verändert die Einbeziehung von jedem einzelnen neuen Mitglied den Charakter der Staatengemeinschaft und eine aus ihren Grundsätzen logisch folgende potenzielle Verdoppelung des europäischen Territoriums und der Bevölkerung hätte deren ursprünglichen Rahmen gesprengt. Paradoxerweise würde die Aufnahme der Türkei weniger technische Probleme verursachen als die Integration von geografisch und kulturell näher liegenden Kandidaten wie Albanien oder Georgien. In jedem Fall wird eine massive Ausdehnung die Kontrolle über das gesamte System erschweren, und es wäre bereits jetzt ratsam, über dezentrale Lösungen unter Beibehaltung der Wertegemeinschaft nachzudenken.
Schließlich erlauben Sie mir eine persönliche Anmerkung. Selbst wenn unsere schöngeistige, optimistische Vision aus den achtziger Jahren von der realen Entwicklung widerlegt worden ist, glaube ich nicht, dass die private Futurologie, welche an den Küchentischen der Dissidenten entstand, ein bloßer intellektueller Zeitvertreib war. Im Gegenteil: damals produzierten wir Ideen mit alltäglicher Intensität, ohne uns darum zu scheren, ob sie zur öffentlichen Verbreitung jemals zugelassen werden. Heute hingegen verfügt unsere Gesellschaft über die großzügigste Redefreiheit ihrer Geschichte und sie scheint - dies konstatiere ich mit einiger Melancholie - wenig Lust, Mut und Phantasie zu haben, um über die eigene Zukunft nachzudenken.
György Dalos, geboren 1943 in Budapest, ist Herausgeber des Freitag. Der Vortrag, gehalten auf Einladung des Literarischen Colloquiums Berlin (LCB) auf der Buchmesse Leipzig am 22. 3. 2007, wird auch in einer der nächsten Ausgaben der Zeitschrift Sprache im technischen Zeitalter erscheinen.
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