Klotzen ist das Motto der DVU. Nichts ist zu teuer, wo andere Parteien ein Plakat hängen, hängt die DVU vier, sie chartert Flugzeuge, benutzt schamlos die Sprüche anderer Parteien und hält sich im übrigen bedeckt. Auffallen, aber nur nichts sagen.
»Protest wählen« könnte denn auch auf den Plakaten vieler Oppositionsparteien stehen, in Brandenburgs Städten und Dörfern wirbt damit die rechtsextreme DVU. Die Partei des Multimillionärs Gerhard Frey versucht, bei den Landtagswahlen im Flä chenstaat, der mit Mecklenburg-Vorpommern die bundesweite Statistik für rechte Straf- und Gewalttaten anführt, einen ähnlichen Erfolg wie in Sachsen-Anhalt zu landen. Dort hatte sie im Frühjahr letzten Jahres trotz kaum vorhand
um vorhandener Basisstrukturen mit einer millionenschweren Materialschlacht und relativ unbekannten Kandidaten 12,9 Prozent der Stimmen erhalten. Bei den JungwählerInnen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren kam die DVU sogar auf knapp 25 Prozent und überflügelte damit alle anderen Parteien. Ein Jahr danach sieht es in der durch Austritte und interne Querelen von 16 auf 12 Abgeordnete geschrumpften DVU-Landtagsfraktion in Magdeburg zwar desolat aus. Frey und seine Führungsmannschaft aus München hindert das aber nicht daran, in Brandenburg mit einem ähnlichen Konzept anzutreten. Schließlich geht es ihm vor allem darum, sein eigenes Medienprofil zu schärfen und dafür zu sorgen, dass das rechte Potential gesammelt wird. Das ist ihm rund zwei Millionen Mark, 50.000 Plakate und rund 500.000 verschickte Parteiprogramme wert.Auf Argumente und Veranstaltungen verzichtet die DVU bewusst. Statt dessen werden die rund 200 brandenburgischen DVU-Mitglieder monatlich mit Einladungen zu konspirativen Veranstaltungen bombardiert. Ihnen werden Abfahrtszeiten und die Orte mitgeteilt, wo Busse warten, die sie dann irgendwo hinbringen. So sollen antifaschistische Proteste auf ein Minimum begrenzt, die Schafe zusammengehalten und die Selbstdarstellung auf die abgesprochenen markigen oder auch anbiedernden Sprüche an öffentlichen Orten beschränkt werden. Um peinliche Enthüllungen über das Vorleben von DVU-Abgeordneten wie in Sachsen-Anhalt zu vermeiden, suchte Frey die potentiellen KandidatInnen für die Wahlen in Brandenburg in Einzelgesprächen selbst aus und ließ sie dann Ende März bei einer Mitgliederversammlung in Berlin-Spandau in offener Abstimmung per Handzeichen absegnen. Auf der Landesliste finden sich nun durchschnittliche Rechtsextreme mittleren Alters. Spitzenkandidat ist der 39jährige Dreher Michael Claus aus Petershagen, dessen Hauptforderungen die Errichtung neuer »Zuchthäuser für Schwerverbrecher« in Brandenburg ist. Auf Platz 2 folgt die 37jährige Bürokauffrau Liane Hesselbarth aus Strausberg, die sich vor allem durch ihren Status als Ehefrau des DVU-Landesvorsitzenden Axel Hesselbarth für einen Listenplatz qualifizierte. Der Gatte, ehemaliger NVA-Unteroffizier, betreibt in Strausberg unter anderem eine »Schützenschule« und wurde wegen seiner bekundeten Sympathie für einige Praktiken in der DDR als Kandidat ausgemustert. Auf den mittleren Listenplätzen finden sich Frey-Getreue aus Magdeburg und Berlin. Die DVU konkurriert mit dem Bund freier Bürger (BfB) und der Neonazipartei NPD um das rechte Wählerpotential, das von Meinungsforschern auf 12 bis 17 Prozent der Wahlberechtigten geschätzt wird.Während die SPD versucht, die Wähler mit hausgemachten Broschüren vor der Gefahr von Rechts zu warnen, versucht es der CDU-Spitzenkandidat Jörg Schönbohm mit Umarmung. So gab Schönbohm der rechten Monatszeitung Junge Freiheit vor kurzem ein Interview und rechtfertigte diesen Schritt im Nachhinein mit der Begründung: Er habe denen zeigen wollen, dass Teile ihrer Inhalte auch von der CDU vertreten würden. SPD wie CDU fürchten die Attraktivität der DVU für unzufriedene BrandenburgerInnen dennoch mehr als die anderer rechter Parteien. Unberechenbarer, weil unbekannter, darin liegt, wie in Sachsen-Anhalt auch, ein Vorteil für die Frey-Partei.Keine Chance, die 5-Prozent-Hürde zu überspringen, heißt es bei den Meinungsforschern über die Neonazipartei NPD. Die rund 200 eingeschriebenen Mitglieder gehen zwar in fast allen Wahlkreisen mit Direktkandidaten an den Start, aber beinahe alle sind altgediente Nazikader. Angeführt wird die Landesliste von Parteichef Udo Voigt persönlich, der kurzfristig extra umgezogen ist. Auf dem zweiten Listenplatz kandidiert der Frankfurter Nazibarde und JN-Bundesvorstandsmitglied Jörg Hähnel.Die NPD versucht, die rechte Wählerklientel mit rassistischen und nationalistischen Parolen zu überzeugen. Sie organisiert Aufmärsche, wie kürzlich in Eisenhüttenstadt, und ist bemüht, sich als diskriminiert darzustellen. Das jugendliche Skinheadumfeld soll so die rechte Hegemonie auf Brandenburgs Straßen wieder ausbauen. Die war durch eine offensive Gegenstrategie etwas zurückgedrängt. Aber eine Garantie dafür, dass DVU wie NPD unter der Fünfprozentmarke bleiben, ist das noch lange nicht.