Die genossenschaftliche Ökobank ist am Ende. Vergangenen Sonnabend trafen sich die Vertreter der 22.000 Mitglieder in Neu-Isenburg, um das Schicksal für ihre traditionsreiche Alternativbank zu beschließen. Der Versuch, den Dritten Weg weiter zu marschieren, scheiterte diesmal.
Dabei verliefen die Gründerjahre überaus erfolgreich: Anfang der Achtziger hatte ein Verein begonnen, Eigenkapital zu sammeln und ein ethisch-ökologisches Bankkonzept zu entwickeln. "Der Gründungsgedanke war", erinnert sich die spätere Pressesprecherin Jutta Gelbrich, "Ökologie und Ökonomie in der Unternehmensphilosophie einer Bank zu verbinden". Im Mai 1988 eröffnete in Frankfurt am Main dann der erste grüne Bankschalter. Später folgten Niederlassungen in Freiburg, Berlin und Nürnberg.
Das neue Geldhaus sollte die Bank der Bewegungen werden. Viele Mitglieder hatten sich in der Friedensbewegung oder Anti-AKW-Szene engagiert oder waren in der SPD, bei den Grünen oder Greenpeace aktiv - bis heute. In einer früheren Ausgabe der Hauszeitschrift Ökorrespondenz lesen wir Gutes: "Ökologie ist nicht auf Umweltschutz zu begrenzen. Umweltschutz ohne Transparenz, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung kann politisch ("Ökologie von rechts") und wirtschaftlich (Öko- Etikettenschwindel) missbraucht werden." Vom Girokonto über den Ratensparvertrag bis zum Investmentfonds und Hauskredit wurde die ganze neoklassische Bankpalette bereitgehalten, auch Versicherungspolicen. Die Bilanzsumme kletterte von knapp 40 auf fast 400 Millionen Mark.
Doppelstrategie
Obendrein glänzte die Frankfurter Universalbank mit ihrer Wirtschaftsdemokratie: Mehr als zwanzigtausend Menschen förderten das Anliegen ihrer Bank und erwarben Geschäftsanteile, die nicht verzinst wurden! Aktive Genossinnen und Genossen gewannen stattdessen in Regionalgruppen einen erheblichen Einfluss. Der normale Kunde wurde nicht ausschließlich durch bankübliche Zinssätze angelockt, sondern auch durch Produkte mit verringertem Zins! Ein Großteil der Kundschaft stützte durch einen teilweisen oder vollständigen Zinsverzicht gesellschaftspolitische Anliegen, wodurch viele alternative Projekte finanziert werden konnten, die am normalen Markt wohl keine Chance gehabt hätten.
Die neunziger Jahre hatten der "linken" Ökobank einen schnellen Aufschwung beschert. Aber seit dem Geschäftsjahr 1999 kriselte es in der eingetragenen Genossenschaft. Anfang 2000 platzten dann drei Großdarlehen. Unter dem Strich kosteten diese die Ökobank 12 Millionen Mark, dazu kamen in der Folgezeit weitere Verluste und Rückstellungen. Der Fehlbetrag von insgesamt 30 Millionen DM traf die Bank ins Mark, auch wenn die Lage zunächst noch gemeistert werden konnte.
"Pech gehabt"
Zwei Vorstandsmitglieder mussten als Verantwortliche ihren Hut nehmen. Volker Viehoff und Oliver Förster wurde bankintern die Hauptschuld für geschäftspolitische Fehler angelastet. Wie es in Frankfurt heißt, sollen die notleidenden Darlehen vornehmlich in Windkraftanlagen geflossen sein, eine Branche die jahrelang sehr erfolgreich wirtschaften konnte. Aber eine langwierige Hängepartie bei der Verabschiedung des neuen Stromeinspeisungsgesetzes brachte die kreditfinanzierten Unternehmen und damit die Ökobank in existenzielle Schwierigkeiten. An den Konsortialkrediten waren zwar auch andere Institute und eine "genossenschaftliche Großbank" beteiligt, aber mit ihrem eigenen millionenschweren Engagement hatte sich die relativ kleine Bank - gemessen an Geschäftsvolumen und Risikostreuung - übernommen.
"Pech" nennt heute eine Banksprecherin das gleichzeitige Platzen von drei Krediten, "es lag nicht nur an einer Person". Im Geschäftsbericht heißt es dazu: "Die Engagements waren zum Zeitpunkt der Kreditentscheidung wirtschaftlich vertretbar." Tatsächlich kann der damalige Vorstand durchaus gute Gründe für die hohe Risikobereitschaft reklamieren. In den Jahren zuvor hatte die Ökobank wiederholt Schwierigkeiten, die millionenschweren Spargelder ihrer Kundschaft renditeträchtig in Darlehen zu investieren. Da ihr das provisionsträchtige Börsengeschäft - womit sich die konventionelle Konkurrenz in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre eine goldene Nase verdient hat - weitgehend durch Satzung verschlossen blieb, war der Vorstand wohl froh über jeden mehr oder weniger "ökologischen", jedenfalls zinsträchtigen Kredit. Zugleich übernahm sich der Finanzdienstleister im Aufschwung. Die interne Organisation konnte mit dem jahrelangen rasanten Wachstum nicht mithalten. Letztlich scheiterte die Ökobank, wie viele Kleinunternehmen, an ihrem Erfolg.
Grüne Geldanlagen boomen
Dass es auch anders geht, belegt die kaum größere, aber ältere GLS-Gemeinschaftsbank in Bochum. Traditionell anthroposophisch orientiert verfolgt sie eine ähnliche Doppelstrategie - zwischen Kommerz und Zinsverzicht - wie die Ökobank. Ohne gravierende Managementfehler ist also ein Überleben in der Nische durchaus möglich, obwohl die in der Geldbranche geltende kritische Finanzgröße nicht erreicht wird. "Der Dritte Weg ist nicht gescheitert", behauptet denn auch Sprecherin Bettina Schmoll wacker, "grünes Investment macht weiter Sinn". Das Fundament hat sich sogar verbreitert: Mit der allerdings stark renditeorientierten Nürnberger Umweltbank , die seit wenigen Tagen auch an der Börse notiert wird, kam es zu einer der wenigen Neugründungen im deutschen Finanzgewerbe. Mehr oder weniger ethisch-ökologische Investmentfonds boomen und selbst konventionelle Banken bieten immer mehr Umwelt an.
Was diese alle jedoch nicht bieten, ist Zinsverzicht und damit den Widerspruch zur reinen Marktlogik. Es waren keinswegs diese wirklich alternativen Geschäftsfelder, an der die Ökobank zugrunde ging. "Der Zinsverzicht ist nicht gescheitert", heißt es auch in der Ökobank, die daraus finanzierten Förderkredite seien relativ gut gelaufen.
Das millionenschwere Finanzloch wird von der Einlagensicherung der genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken gestopft, so dass die Kunden schadlos gehalten werden können. Aber zugleich wird damit das Ende der Ökobank als Kreditinstitut besiegelt. Die Vertreterversammlung stimmte mit 89 Prozent dem Notfallplan zu, die Bankgeschäfte auf die BAG Bankaktiengesellschaft in Hamm zu übertragen, ein Spezialinstitut des genossenschaftlichen Verbundes. Dieses wird versuchen, einen Abnehmer aus dem ethisch-ökologischen Bereich zu finden, der an den Resten und wohl vor allem am traditionsreichen Markennamen der Ökobank interessiert ist. Die alte Ökobank wird als Genossenschaft unter dem Namen "Ökoband e.G." zwar weiterexistieren, aber ohne Bank.
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