Als vor knapp zehn Jahren auf der legendären Klimakonferenz in Kioto die 35 Erstunterzeichnerstaaten versprachen, ihren Treibhausgasausstoß bis 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent im Vergleich zu 1990 zu drosseln, waren damit die Emissionen aus Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Privathaushalten gemeint. Keine Berücksichtigung fanden die beträchtlichen Mengen an Kohlendioxid und Methan, die sowohl Industrienationen als auch so genannte Entwicklungsländer wie Indonesien oder Malaysia freisetzen, indem sie ihre Moore zerstören.
Zwar war die Bedeutung der Moorlandschaften für das Weltklima damals noch nicht so bekannt, doch für konkrete Maßnahmen scheint es auch heute noch zu früh: Der Vorschlag von Wetlands International und Delft Hydraul
und Delft Hydraulics, den Schutz von Mooren in den Katalog der Clean Development Mechanisms (CDM)* aufzunehmen, stieß in Nairobi auf taube Ohren. Indem man diese Lebensräume schütze, so die Argumentation der internationalen Staatengemeinschaft, werde der CO2-Ausstoß nicht aktiv verringert, sondern nur eventuellen Emissionen vorgebeugt. Auch lasse sich nicht messen, wieviel CO2 und Methan auf diese Weise gebunden bleibe.Riesiger KohlenstoffspeicherDabei gehören Moore zu den wichtigsten Kohlenstoffspeichern der Erde. Sie produzieren mehr Biomasse als sie zersetzen, denn die ständige Sättigung des Bodens mit Wasser verhindert einen vollständigen Abbau des anfallenden organischen Materials. Übrig bleibt Torf, eine nasse, dunkle und faserige Erdverbindung mit einem pH-Wert von drei bis vier: arm an Mineralien und reich an Kohlenstoffverbindungen. Tatsächlich zählt Torf zu den fossilen Brennstoffen; sein Energieniveau liegt jedoch noch unter dem von Braunkohle.Aktive Moore wachsen in die Höhe, jedes Jahr durchschnittlich um etwa einen Millimeter. Bei Hochmooren beträgt die Torfschicht bis zu zehn Meter, die der Torfsumpfwälder in Indonesien und Malaysia sogar bis zu 20 Meter. Als riesiger Kohlenstoffspeicher kommt den Mooren eine zentrale Bedeutung für den Klimahaushalt der Erde zu. Nach Erhebungen des Ramsar Coordination Committee for Global Action on Peatlands, dem Nichtregierungsorganisationen wie Wetlands International, die International Mire Conservation Group oder auch die UNEP (die Umweltorganisation der UN) angehören, binden die Moore weltweit fast ein Drittel allen Kohlenstoffs auf dem Festland. Gleichzeitig bedecken sie mit 400 Millionen Hektar, verteilt auf 180 Länder, gerade mal drei Prozent davon.Fast in der ganzen Welt werden Moore trockengelegt, um die so entstehenden Flächen als Weide- oder Kulturland zu nutzen oder um Torf abzubauen, der anschließend zum Heizen oder für den Gartenbau verwendet wird. Dabei werden Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre freigesetzt, die den Treibhauseffekt beschleunigen.Während in Westeuropa schon fast alle Moore entwässert oder urbar gemacht wurden, erstrecken sich in Kanada, Weißrussland und Sibirien noch großflächige, naturbelassene aktive Moore. Doch unter den meterdicken Torfschichten einiger Teile Sibiriens lagert Öl. Und die Klimaerwärmung bringt die Permafrostmoore im Norden zum Schmelzen, wobei nach und nach ebenfalls große Mengen von Treibhausgasen frei werden.Das größte Problem stellt jedoch derzeit die Rodung der Torfsumpfwälder Südostasiens dar. Allein durch die Dränage gelangen nach Schätzungen von Wetlands International jährlich 600 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Auf den trockengelegten und abgeholzten Flächen werden statt des artenreichen Urwaldes gigantische Ölpalmenmonokulturen angelegt, aber auch Reis oder Gemüse angepflanzt. Ein beträchtlicher Teil des Palmöls wird in die Industrieländer exportiert, wo es als "grüner Brennstoff" für Bioheizkraftwerke dient. Auch für den Verkehr soll es künftig herhalten, um damit den Forderungen der EU nachzukommen, fünf Prozent des Kraftstoffverbrauchs durch Biodiesel abzudecken.Die größten Palmölhersteller der Welt, Indonesien und Malaysia, haben deshalb erst kürzlich angekündigt, ihre Plantagen weiter auszudehnen. Rund 40 Prozent ihrer Produktion wollen sie zu Biodiesel verarbeiten. Durch Biodiesel wird zwar erheblich weniger Kohlendioxid frei als etwa durch Steinkohle, nicht miteinbezogen in diese Rechnung sind dabei allerdings die ungleich höheren Emissionen in Südostasien durch die Zerstörung der Torfsumpfwälder.Unkontrollierbare FeuersbrünsteVom Verlust der Moore und ihrer CO2-Bindekraft einmal abgesehen, entsteht mit der expansiven Bewirtschaftung noch ein weiteres Problem. Das trockengelegte Land entzündet sich leicht, und entfaltet großflächige Brände, die sich - ähnlich wie bei brennenden Ölquellen - nur schwer in Schach halten und wieder löschen lassen. Schätzungsweise 1,4 Milliarden Tonnen CO2 entweichen dabei alleine in Indonesien jährlich in die Atmosphäre. Zusammen mit den Emissionen aus der Trockenlegung der Sumpfwälder entfallen damit rund zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen auf das südasiatische Land.Die schlimmsten Feuersbrünste verursachte 1997/1998 El Niño: Die Bilder schwarzer Rauchschwaden, die das Geschäftsviertel Singapurs verhüllten, gingen damals rund um die Welt. Weniger sprach man von den jüngsten Bränden auf Sumatra und Kalimantan, die erst vor drei Wochen unter Kontrolle gebracht und gelöscht werden konnten: Wetland International zählte nicht weniger als 80.000 Feuer.Bis zum nächsten UN-Gipfel 2007 sind im Rahmen von Klimaschutz keine internationalen Maßnahmen zum Schutze der Torfsumpfwälder oder Moore mehr zu erwarten. Die nächste globale Konferenz findet jedoch ausgerechnet in Indonesien statt, was hoffen lässt, dass derartige Forderungen der Umweltschützer dann endlich doch noch Eingang in das Kiotoprotokoll finden.* Industriestaaten können sich Verschmutzungsrechte erwerben, indem sie in grüne Entwicklungstechnologien in der so genannten Dritten Welt investieren. Dazu zählen neben Kraftwerken, die mit regenerativen Energiequellen betrieben werden, auch Aufforstungsmaßnahmen.