Wann wechselt Mann die Frisur?

Männersache Karl-Theodor zu Guttenberg markiert mit seiner veränderten Frisur einen Neuanfang. Eine Signaltechnik, die bisher oft Frauen benutzten. Auch sonst fallen die Unterschiede

Der Reporter von Spiegel Online hatte wirklich Probleme: Den Mann, der da am Samstagabend auf dem Flughafen von Halifax ankam, habe man kaum wiedererkennen können, schrieb er. Karl-Theodor zu Guttenberg, Ex-Verteidigungsminister und Ex-Doktortitelträger, präsentierte sich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach seinem Abgang optisch runderneuert. Auf einer politischen Strategie-Konferenz in Kanada zeigte er sich mit Kontaktlinsen statt Rundglasbrille – und mit neuer Frisur. Er verzichtet jetzt auf die obligatorische Tube Gel und trägt die Haare nicht mehr wie Gordon Gekko streng nach hinten gekämmt, sonder leicht zur Seite gescheitelt.

Dass es im Moment selbst für einen Konservativen nicht opportun sein mag, eine Frisur zu haben, die an Oliver Stones Wall Street erinnert, ist das eine. Im Rahmen dieser Kolumne bedeutsamer ist aber, dass Guttenberg sich mit dem Frisurwechsel eine Signaltechnik aneignet, die bisher vorwiegend Frauen nutzten, um einen Neuanfang zu markieren. Der Trennung vom Lebensabschnittspartner oder dem Kündigen eines verhassten Jobs folgte der Gang zum Friseur, um sich die Haare kurz oder irgendwie ausgeflippt, auf jeden Fall ganz anders schneiden zu lassen. Und wehe das bemerkte keiner!

In der Welt der politischen Alpha-Männchen kannte man dagegen lange nur die Brachial-Symbolik eines Joschka Fischer, der öffentlichkeitswirksam den Turnschuh gegen den handgenähten Budapester, das Muscle-Shirt gegen den grauen Dreiteiler tauschte. Und echten Männerbauch gegen Asketenkörper gegen echten Männerbauch. Unter weniger wandlungsfähigen Politikern, die schon immer in Anzügen feststeckten, ist der Brillenwechsel als Ausweis geistiger Beweglichkeit beliebt geworden. Erst Norbert Röttgen und Frank-Walter Steinmeier, dann auch Guido Westerwelle tauschten ihre randlosen Modelle gegen schwarzes Rahmengestell. Es spricht für Guttenbergs Distinktionswillen, dass er gleich ganz auf Kontaktlinsen umstellt.

Die Gefahr, die mit einem über äußerliche Signale kommunizierten Neuanfang einhergeht, ist allerdings, dass das Augenmerk auch auf Dinge fällt, die sonst unerwähnt blieben. Und auch hier fallen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Spiegel Online vermeldete bei Guttenbergs Auftritt außerdem, dass der Ex-Minister nun ein paar Kilo mehr auf den Rippen habe.

Dies ist die zweite Folge der neuen wöchentlichen Kolumne "Frauensache/Männersache" im Alltagsressort. Sie widmet sich Genderthemen und wird abwechselnd von einem festen Kolumnistenteam geschrieben. In der ersten Folge erinnerte sich Ulrike Baureithel an Vorläuferdebatten zum Betreuungsgeld.

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