Es hat sich einiges getan seit den Tagen, in denen sich der Mensch noch als konkurrenzlose Krone der Schöpfung verstand. Im 16. Jahrhundert vertrieb Kopernikus die Erde aus dem Zentrum des Weltalls. 400 Jahre später bewies Edwin Hubble, dass das Universum nicht mit unserer Galaxis, der Milchstraße, identisch ist. Seit 1995 wurden auch noch mehr als 200 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen, zumeist gasförmige Riesen wie Jupiter. Doch selbst als die Exklusivität unseres Sonnensystems schrittweise verloren ging, brauchte die Erde keine Konkurrenz zu fürchten: Unser blauer Heimatplanet blieb der einzige bekannte Ort, an dem Leben gedeihen kann.
Bis jetzt. Ende April haben Wissenschaftler des Observatoriums Genf im Sternbild Waage einen Planeten aufgespürt, den sie "Super-Erde" tauften. Er begleitet den Stern Gliese 581, welcher 20 Lichtjahre von uns entfernt ist. Die Super-Erde hat die fünffache Masse des Originals und ist etwa anderthalb Mal so groß. Laut Computermodellen muss es sich dabei um einen Gesteinsplaneten handeln, und der umkreist seine Sonne in einem derart geringen Abstand, dass ein Jahr dort nur 13 Tage dauert. Gliese 581 zählt zu den so genannten "Roten Zwergen" unter den Sternen; er strahlt mindestens 50 Mal schwächer als unsere Sonne. Die Nähe zu Gliese 581 führt aber nicht zwangsläufig zu sengender Hitze auf der Oberfläche, vielmehr könnte die Durchschnittstemperatur auf der Super-Erde bei angenehmen Null bis 40 Grad liegen. Bei solchen Temperaturen kann Wasser in flüssiger Form vorkommen - Grundvoraussetzung für die Entstehung von Leben. Prompt wurde die neu entdeckte Welt von den Medien zum "bewohnbaren Planeten" geadelt.
Eine "zweite Erde" in ihm zu sehen, wäre aber recht weit hergeholt, weil es weiterer Faktoren bedarf, um Leben eine komfortable Wiege bieten zu können. Hilfreich wäre etwa ein Magnetfeld um den Planeten, das vor gefährlicher kosmischer Strahlung schützt. Auch ein eigener Mond wäre von Vorteil, denn nur er könnte den Drehimpuls wie auch die Achsenlage des Planeten stabilisieren. Ohne unseren Mond gäbe es auf der Erde weder wechselnde Jahreszeiten noch einen beständigen Tag-Nacht-Rhythmus - nach Ansicht von Astrobiologen wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung komplexer Lebensformen. Und natürlich muss eine Atmosphäre vorhanden sein, die für Atemluft und passable Druckverhältnisse sorgt.
Tatsache ist, dass sie bislang nicht erkennen können, ob der Planet von einer Atmosphäre umgeben ist, und schon gar nicht, wie diese zusammengesetzt wäre. "Von daher ist die Frage, ob es dort moderate Oberflächentemperaturen gibt, reine Spekulation", sagt Heike Rauer vom Institut für Planetenforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. "Bei einigen der großen extrasolaren Gasplaneten konnten mit dem Hubble-Spaceteleskop schon Atmosphären nachgewiesen werden, die Kohlenstoff und Wasserstoff enthielten. Für die kleineren terrestrischen Planeten fehlt uns dafür aber noch das geeignete Instrumentarium." Deshalb sucht die Esa nun nach Messverfahren, die eine Atmosphärenuntersuchung auch bei den viel schwächer strahlenden Gesteinsplaneten ermöglichen sollen.
Aber wäre Sauerstoff in einer solchen Lufthülle tatsächlich der Nachweis für außerirdisches Leben? "Sauerstoff in großen Mengen", sagt Rauer, "deutet schon stark auf eine Biosphäre hin, aber der wirkliche Beweis kommt nicht durch ein Molekül allein." Deshalb sucht man nach mehreren so genannten Biomarker-Molekülen, das sind all diejenigen, die Leben anzeigen. Dazu gehören Ozon, Methan, Kohlendioxid, aber auch Wasser. "Wasser bedeutet zwar nicht direkt Leben, aber wir können uns die Entwicklung von Leben nicht ohne Wasser vorstellen." Mit viel Glück, so Rauer, stünde die für die Suche nach Biomarkern benötigte Technik in zwei Jahrzehnten zur Verfügung.
Auf hoch aufgelöste Fotos von extrasolaren Planeten wird man aber vergeblich warten, selbst die ambitioniertesten Projekte im Bereich zukünftiger Weltraumteleskope werden das nicht schaffen. Dennoch: Viel früher als viele Skeptiker erwartet hatten, besteht nun die Chance, Hinweise auf zumindest einfaches Leben außerhalb des Sonnensystems zu entdecken. Irgendwann könnten wir wissen, dass tatsächlich eine zweite Erde mit einer vergleichbaren Atmosphäre existiert. Ob dort aber etwas kreucht und fleucht bliebe ungewiss. Für einen ultimativen Beweis außerirdischer Intelligenz werden wir deshalb weiterhin auf Funkbotschaften der Aliens warten müssen - es sei denn, sie schauen doch noch persönlich bei uns vorbei.
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