Kritik üben: Was das Theater von Lessings „Nathan der Weise“ lernen kann

Theater Betrogene Betrüger allerorten: Gegenwartstheater will Aufklärung bieten. Dabei sollte es sich auf eine Tradition emanzipatorischen Denkens besinnen: Religionskritik à la Lessing
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 14/2023
„Nathan le Sage“ in einer Inszenierung der Comédie-Française 1997 in Paris
„Nathan le Sage“ in einer Inszenierung der Comédie-Française 1997 in Paris

Foto: Pascal Victor/Opale.Photo/Laif

Gotthold Ephraim Lessings vor 250 Jahren uraufgeführter Nathan der Weise ist im Zeitalter eines gespenstischen Comebacks der Religionen in vielen Milieus und bei gleichzeitig rasant anwachsender Kirchenferne unheimlich zeitgemäß. Dazu trägt auch der seltsame Umstand bei, dass ein über Jahrhunderte hinweg verlässliches Kennzeichen aufgeklärten linken Denkens heute allenfalls noch durch Scheu und Ängstlichkeit auffällt: Religionskritik.

Kritik an Priestertrug, an Religion als Opium des Volkes und am falschen frommen Bewusstsein, wie die großen Aufklärer Voltaire und Lessing, Georg Büchner und Heinrich Heine, Karl Marx und Sigmund Freud sie vortrugen, wird heute gerade in Kreisen, die sich als emanzipiert verstehen, kaum noch geü