Alles gender? Oder was?

JUDITH BUTLERS THEORETISCHE KASTRATIONSDROHUNG Eine Tagung lotete dekonstruktivistische Ansätze in der praktischen Jungen- und Männerarbeit aus
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Als Anfang der Neunziger Judith Butlers das Unbehagen der Geschlechter auf deutsch erschien, sorgte es unter den Feministinnen, die es lasen, für ordentlich Zwist: Während die einen die theoretische Stringenz bewunderten, mit der die Rhetorikprofessorin aus Berkeley den gordischen Knoten von sex und gender auftrennte und so die Möglichkeit eines Feminismus ohne Rekurs auf die längst problematisch gewordene Kategorie "Frau" begründete, fürchteten die anderen den Verlust des politischen Subjekts, der die eigenen Handlungsmöglichkeiten radikal zu beschneiden drohte. "Politisch verantwortungslos" lautete daher einer der feministischen Lieblingsvorwürfe gegen Butlers Thesen, "nicht praktikabel" der andere.

Zehn Jahre später ist diese Kritik nicht wirk