Ambivalente Argumente

Intersexualität Das Für und Wider eines operativen Eingriffs bei Intersexualität ist schwer abzuwägen
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Siebenhundertundzwölf Seiten umfasst die Krankenakte, die Michel Reiter am Ende des Films den Flammen übergibt. Drei Aktenordner voll mit Blättern, auf denen Ärzte 22 Jahre lang penibel die Stationen seiner verordneten Leidensgeschichte vermerkt haben. Gesprochen wurde zu Hause nie darüber, was ihn von anderen Kindern unterschied. "Ich wusste nur, dass etwas falsch mit mir war. So total verkehrt, dass man mir so weh tun musste", sagt Reiter zu Beginn von Oliver Tolmeins und Bertrams Rotermunds Film Das verordnete Geschlecht.

In der Tat klingt das, was an Reiter verbrochen wurde, wie ein Alptraum: Weil die Ärzte sein Geschlecht nach der Geburt nicht eindeutig einer der beiden Kategorien männlich/weiblich zuordnen konnten, griffen sie zum Skalpell. Was ihnen