Noch lange, bevor ich beschlossen hatte, aus meinem gewohnten Umzugsrhythmus auch in diesem Jahr nicht auszubrechen, schickte mir die Deutsche Telekom eine Werbebroschüre, in der für den Umzugsservice des Unternehmens geworben wurde. Das Angebot deckte sich mit all meinen Wünschen, erinnerte ich doch noch immer die langen Nächte, die es mich vor zwei Jahren gekostet hatte, um den Terminaladapter 2a/b Komfort zu installieren und zu programmieren und meine T-Net-Box in Betrieb zu nehmen.
Also rief ich abends um 22.30 Uhr an, um den Kollegen von der Telekom zu sagen, ich sei bereit und ich wolle das komplette Umzugspaket: Mitnahme der Telefonnummer, Abschalten in der alten und Zuschalten in der neuen Wohnung am gleichen Tag, Komfort-Mehrgeräteanschluss und ein Tarif, der sich an den Klamottengrößen meines Sohnes orientierte: XL oder XXL. Der Mann, dem ich an diesem Abend ins Ohr flüsterte, dass dies alles zu haben mein sehnlichster Wunsch sei, hatte eine angenehme und absolut vertrauenserweckende Stimme. »Ich notiere das«, sagte er, »gebe den Auftrag sofort raus und Sie erhalten dieser Tage die Bestätigung und die Uhrzeit, zu der unser Kollege in Ihre neue Wohnung kommen wird.« Von dem Moment an hörte ich auf, mit der Berlikom zu liebäugeln. Telekom ist eben Telekom, dachte ich und ging beruhigt schlafen.
In den kommenden Tagen geschah nichts. »Rufen Sie uns an, wir sind rund um die Uhr für Sie da« - stand im Prospekt. Es war kurz vor Mitternacht und ich rief an. Eine nette Frau am Apparat. »Ich finde Ihren Auftrag nicht, Frau ... Ah doch, ich finde eine Abmeldung Ihres Anschlusses.«
Dies, sagte ich, sei nur die halbe Wahrheit, entscheidend wäre der Neuanschluss in der zu beziehenden Wohnung, am gleichen Tag. »Am gleichen Tag?, fragte die Frau, »das geht sowieso nicht.« Es stünde doch aber im Umzugsserviceprospekt, monierte ich. »Auf keinen Fall«, beschied die Kollegin des Unternehmens, für das Manfred Krug durchs Feuer gehen würde. »Ich gebe jetzt Ihren Auftrag noch mal raus, aber ob Sie die gleiche Nummer mitnehmen können, kann ich natürlich nicht garantieren.« Ich begann in den schon gepackten Koffern hektisch nach der Berlikom zu suchen und fand sie nicht.
Vier Abende später war ich immer noch im Ungewissen. Um 23.14 Uhr rief ich an. Eine schwer berlinernde Telekom-Mitarbeiterin erklärte mir, es läge kein Auftrag vor. »Dit is ja ne Sauerei«, beschied sie nach meiner langen Erklärung. »Ick jebe det jetzt noch mal raus, aber, wat die Kollegen denn damit machen, darauf hab ick och keen' Einfluss.«
Drei Abende später und vier Nächte vor meinem Umzug setzte ich mich mit einem Bier und dem Telefon in ein schon fast leeres Zimmer und wählte die Service-Nummer aus dem Kopf. Das sei aber nun wirklich sehr spät, um das Umzugspaket zu bestellen. Ich erklärte alles. »Rufen Sie doch tagsüber mal unter folgender Nummer an«, bat mich der Kollege von der Telekom. Unter dieser Nummer sei niemals jemand zu erreichen, gab ich zu Bedenken. Das sei richtig, gab der Mann sofort zu und versprach mir zurückzurufen. Am nächsten Abend rief eine Frau zurück. Sie könne mir jetzt folgendes Angebot machen - wo ich doch so spät geordert hatte - am Umzugstag würde der alte Anschluss abgeschaltet und schon sechs Tage später käme ein Kollege in die neue Wohnung, um mich mit ISDN-Komfort und XXL und allem drum und dran zu versorgen. »Wie können«, fragte ich, nur der Form halber, »diese Aufträge von Kundinnen eigentlich verschwinden?« »Wir sind ein großes Unternehmen«, antwortete mir die Dame am anderen Ende. »Da kommt sowas schon vor.« Über diese Erklärung dachte ich noch ein Stück in die Nacht hinein nach. Ich fand sie mutig. In etwa so, als sagte mir jemand, er sei so gut, deshalb ginge es mir schlecht.
Sechs Tage nach dem Umzug kam wie versprochen ein Monteur und schaltete mich zu. Die Programmierung und all das, beschied er, müsse man allein machen, dafür sei er nun gar nicht zuständig. Nach all den netten nächtlichen Gesprächspartnern war dieser Kerl ein Ausbund an Rotzigkeit.
Am Abend saßen wir dann zu dritt um Apparate, Leitungen und Bedienungsanweisungen rum. Besoffen waren zwei von uns auch schon ein wenig. Und so skandierte ich im Beisein der Lieben: Heben Sie den Hörer ab. Warten Sie auf den negativen Quittungston. Wählen Sie die Kennzahl 12. Warten Sie auf den Hinweiston ...
Draußen rauschte das nächtliche Leben an mir vorbei. Ich war die Braut der Telekom.
PS: Seit zwei Wochen bemühe ich mich, jemanden bei der Telekom zu finden, der mir erklären kann, warum meine T-Net-Box nicht funktioniert. Die Nächte sind viel zu kurz, ich werde es vor dem Jahreswechsel nicht schaffen. Aber die T-Männer sind furchtbar. Nett.
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