Für die IG Metall beginnen am 6. Juli Verhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall über ein Versorgungswerk zur privaten Altersvorsorge, das zum Ausgleich für die rotgrünen Kürzungen der gesetzlichen Rente geschlossen werden soll. Die anderen Gewerkschaften werden zunächst das Ergebnis dieser Gespräche abwarten.
Wir wollen für die zusätzliche Altersvorsorge möglichst schnell ein attraktives Angebot mit soliden Anlage- und Wachstumsperspektiven entwickeln", sagt der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel. Den 3,5 Millionen Beschäftigten in Metall- und Elektroindustrie soll eine Alternative zum Abschluss individueller Verträge mit Versicherungen oder Investmentgesellschaften geboten werden, da - so die Einschätzung des DGB - niedrigere Verwaltungsgebühren später eine höhere Rentenauszahlungen ermöglichen. Der Unterschied könne 20.000 bis 30.000 DM je Vertrag ausmachen, betont DGB-Vorstand Putzhammer.
Das laut Riester anvisierte Rentenniveau von 67 Prozent im Jahr 2030 entspricht - da die Privatvorsorge von 4 Prozent des Bruttoeinkommens in die Berechnung einfließt - einem heutigen Rentenniveau von knapp über 64 Prozent. Daher kann von einer freiwilligen Vorsorge nicht gesprochen werden, die Arbeitnehmer müssen sich heute, wollen sie im Alter mit der Rente ein Auskommen haben, zusätzlich versichern. Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens gehen die Forderungen der Gewerkschaftsmitglieder deshalb eindeutig in Richtung tarifliche Altersversorgung. Im Rahmen der Riesterschen Rentenneuordnung wurde auch der Paragraph 3 Absatz 63 des Einkommenssteuergesetzes neugefasst. Die Vorschrift erlaubt nun Unternehmern, ihre Zahlungen in eine Pensionskasse oder einen -fonds als Betriebsausgaben steuerlich abzusetzen. Dies ermöglicht es, Ansprüche über einen Tarifvertrag festzuschreiben.
Aus Sicht der Beschäftigten sind die Regelungen durchaus lukrativ: Die Zahlungen des Arbeitsgebers in Pensionsfonds/-kasse sind brutto gleich netto - es fallen keine Steuern oder Sozialabgaben darauf an. Werden dagegen in gleicher Höhe Gehaltserhöhungen tarifvertraglich ausgehandelt, bekommen die Arbeitnehmer nach Abzügen in der Regel weniger als 50 Prozent der vereinbarten Erhöhung ausbezahlt.
Dass die Gewerkschaften dem rotgrünen Einstieg in die Teilprivatisierung der Rente letztlich zustimmten und - trotz spürbarer Wut in den Betrieben - auf die übergreifende Organisation von Protesten der Beschäftigten verzichteten, ist auch darauf zurückzuführen, dass Riester der betrieblichen Altersversorgung gesetzlich eine hohe Priorität zugeschrieben hat. Die - wenngleich eher niedrigen - staatlichen Förderungen nach dem Altersvermögensgesetz können auch bei tariflichen Regelungen in Anspruch genommen werden. Einige DGB-Vorstandsmitglieder erhoffen sich deshalb auch gewerkschaftspolitischen Gewinn, wenn die Möglichkeit genutzt wird, sich in diesem Bereich zu profilieren und dies zur Mitgliederwerbung zu nutzen.
Allerdings ergeben sich hier auch Widersprüche. Sollte es zu einer tariflichen Altersvorsorgeregelung kommen, werden die Unternehmer in den nächsten Gehaltstarifverhandlungen verlangen, die Zahlungen für tarifliche Rentenregelungen anzurechnen. Eine Folge werden niedrigere Tarifabschlüsse sein. Für die Arbeitnehmer erscheinen die Abschlüsse als ausschließliches Ergebnis der Vereinbarung zwischen den Tarifparteien. Dass diese jedoch eine Folge der Rentenpolitik der Bundesregierung sind, wird nicht auf den ersten Blick ersichtlich sein.
Gewerkschaftliche Forderung ist, dass Pensionsfonds gemeinsam von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften verwaltet werden. Die anfangs vorherrschende Euphorie, nach dem Vorbild einzelner US-Gewerkschaften durch diese Fonds Einfluss auf Unternehmensentscheidungen im Sinne der Beschäftigten nehmen zu können, ist inzwischen der vom DGB-Bundesvorstand formulierten Zielsetzung gewichen, Anlagepolitik nach sozialen und ökologischen Kriterien betreiben zu wollen.
Ein Grundproblem ist damit aber immer noch nicht aus dem Weg geräumt: Pensionsfonds werden ertragsorientiert verwaltet, und die Gewerkschaften werden an Glaubwürdigkeit als Kritiker des Shareholder-Value-Prinzips verlieren, wenn sie selbst Rentenkassen mitverwalten, die nach diesen Prinzipien arbeiten müssen, um das Ziel der Gewinnsteigerung zu erreichen.
Diese Widersprüche müssen von den Gewerkschaften in den Betrieben offen vermittelt werden. Sonst wird es - auch vor dem Hintergrund der anstehenden Auseinandersetzungen um die Teilprivatisierung der Krankenversicherung - nicht mehr gelingen, für die Wichtigkeit der paritätischen Sozialversicherungen mobilisieren zu können.
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