Seine Hände greifen in den Mülleimer, die Stirn schlägt gegen die Hauptbahnhofwand, Haschhaschhaschkokainheroin, er krümmt sich schweigend im Dreck. Die Leute vorbei, links, rechts, sehen nur die eigenen Füße, wenn sie von der Arbeit, zur Arbeit, von der Arbeit, zur Arbeit hasten, hören nur den eigenen Atem.
"Ich habe Hunger, ich habe Hunger". Kein Geld, aber will essen! Die Leute vorbei, links, rechts, wwuschsch, wwuschsch. Neben dem Junkie kauert ein Skelett, das Kinn auf die blaugefrorene Faust gestützt, sein Kiefer malmt, als kaue sein lächelnder Kopf auf einem Stein. Der Junkie kotzt, Sau. Eine Nackte schleicht wie eine Katze um die Gepäcktresore, schmiegt sich an, ihre einzige Vernunft ist ihr Zittern. Nicht schön, tja, naja, nein, nicht schön, tja, naja. Es gibt jetzt so gute Antidepressiva.
In der Finsternis brennt ein McLicht, schräg gegenüber vom Hamburger Hauptbahnhof am ZOB.
"Der nicht!" McChef verbietet McNull, den Penner zu bedienen.
"Raus!"
Der Penner kapiert nicht, Geld stinkt nicht. Wird's bald oder Polizei? Ein Polizistenduo schlendert durchs Restaurant, Lederhände auf dem Rücken, Augen wie Gewehrmündungen. Abgang.
McFlurry-Eis ist Junkienahrung in drei leckeren Sorten, Cappuchinonutsodersmarties. Junkies wegjagen, bedeutet: bares Geld wegjagen. Aber die Kälte zwingt McDonalds, keine Penner zu bedienen, diesen Winter frieren zu viele, die nichtstinkende Kundschaft beschwert sich, "der schläft", "der raucht", "der stinkt". McChef bewacht hinter dem Tresen die schuftenden McNullen, er hat sich ein Lächeln gebohrt, dahinter selektiert er die Kunden, "der ja", "der nicht".
"Einmal Lobby, bitte!" befiehlt McChef, wenn sich zuviel Dreck im Restaurant festgesetzt hat, er verfolgt das auf den Monitoren - ein McNull muss dann putzi putzi machen gehen, wehe, wenn nicht: Penner rausschmeißen, Tabletts in die Abfallwagen, Cola, Rotze, Kotze, Blut, Mayonnaise wegwischen, muss, muss, muss, muss.
Penner dürfen doch wieder bei McDonalds kaufen! Geld stinkt nicht. Aber nur zum Mitnehmen! Geld in die Kasse, Penner auf die Straße, raffraffiniert. Der Penner klatscht McNull seinen Cheeseburger in die Fresse, statt ihn mitzunehmen, dabei ist der doch auch nur ein McAfghane, der in unserer Demokratie seine Pflicht tut.
"Alle gegen Du!"
Bei Weibern erkennt man oft erst auf den zweiten Blick, dass sie Dreck sind, weil die sich schminken für die Prostitution, also lecken die ihr McFlurry-Eis am Tisch und fixen.
McChef: "Unterlassen Sie das Fixen!"
"Ich muss, Mann, sonst sterbe ich."
Muss McChef eben die Polizei anrufen. Drei Polizeiwagen, Blaulicht, weg mit dem Junkie, tschüss, schönen Tag noch. Auch bei Kindern denkt man nicht sofort an Dreck, als ob das Herz nie ganz durchfriert. Ein Kind mit Klumpfuß hinkt von Container zu Container, wühlt nach McResten - die McNullen können nicht pausenlos die Monitore kontrollieren. Die fünfköpfige Schlange reißt vor ihnen die Mäuler auf, ohne Gurke, ohne Käse, mit gaaaaaaanz viel Mayonnaise. Kaum sind Köpfe abgehackt, wachsen neue. Als Menue oder einzeln? Normal oder maxi? Nulldrei oder nullfünf?
Klumpfuß hat kein Geld, trotzdem will er essen, traurig, aber wahr. Nagt an seiner Beute, wie warm ein BigMäc ist, wie schön warm, oh, wie warm, wühlt, nagt, den Nacken geduckt unter dem Griff, der ihn gleich packen wird. Na, Mäuschen, schmeckt's? Umsonst schmeckt's immer, nich?
"Einmal Lobby, bitte!"
Ein McNull latscht los, an seiner Brust blinkt ein Schildchen: "Kann ich Ihnen helfen?" Er greift das Klumpfußkind am Ellbogen. Windstoß, Sirenen von Polizei- und Krankenwagen, Klumpfuß humpelt in die Kälte, tschüss, viel Spaß noch. McNull sieht sich im nächtlichen Türglas in die müden Augen, als die Tür sich schließt. Sie können mit seinem McKopf denken, was sie wollen, sie haben ihn gekauft. Noch nie einen rausgeschmissen? Man wächst mit seinen Aufgaben.
Wer Kinder ernähren muss, steigt nach acht Stunden McDonald in den weißen Overall und verkauft fünf Stunden die Mopo, fleißig! Müde sieht McNulls Spiegelbild McNull von draußen an, Kündigung wäre noch schlimmer als morgen wieder arbeiten. Auf seiner Stirn unter dem blauen Käppi klebt graues Fett. Aus der Angst spinnt die Lüge ihr Netz. Die Lüftung surrt.
"Dahinten raucht einer!", die Petze fordert, dass McNull sofort mitkommt.
"Nichtraucher!"
Der Penner qualmt weiter. Zweite, dritte Verwarnung. McNull verdrückt sich, denn: violette Hämatome an den Pennerhänden wie in die Luft geboxte Himmelsfetzen, Finger davon: AIDS! Polizei anrufen!
"Dahinten stinkt einer!"
Stinkfuß stinkt, dass die Gäste vor Entsetzen lachen müssen. Viele Gäste haben ein gutes Herz, tolerieren es, wenn ein Penner ihnen beim Essen zuguckt, aber bei Stinkfuß ist Schluss mit lustig. Zum Glück ist er total harmlos, bei dem braucht man nur zu schnipsen und er verpisst sich. McNull schnipst, zeigt auf die Tür. Stinkis blaue Glubschaugen glotzen auf den Boden, als wollte sein Kopf sie auskotzen, sein Körper steht auf, trottet zum Ausgang, Gebrabbelbrabbel, niemand hört zu, nicht mal er selbst.
Die Crackraucherin verwischt mit dem Ärmel das verkleckerte McFlurry-Eis auf dem Tisch, heute McFlurry-Eis, morgen tot, Bild: hübsche Blondine, goldener Schuss. Kleckert, wischt fluchend, der Eisbecher klatscht auf den Boden, sie bückt sich, rumms, mit dem Kreuz gegen das Tischbein, das Feuerzeug schlittert vom Tisch, sie kriegt die Hände nicht in die Nähe des Feuerzeugs.
"Wo bist du?" ihre Freundin steht auf, setzt sich, rotzt auf den Boden, "wo bist du?" Sie versucht zu kotzen, steht auf, setzt sich, steht auf, wendet sich mit erdballgroßen Tränenaugen an die Leute "wo ist die?", kratzt an einer blutigen Wunde auf der Wange. Schweigen. Gucken. Kauen. Wird nicht verraten, dass die Freundin unter dem Tisch hockt, Drogenscheiß. Die Lüftung surrt. Sie torkelt suchend im Kreis, prallt gegen einen Besoffnen, der von zwei Weibern eskortiert wird, hoffentlich kotzt er nicht aufs Frühstücksbuffet.
McMuffin, McCroissant, Ham Eggs, es gibt so viele schöne Sachen, natürlich nur, wenn Sie bezahlen können, wenn nicht: RAUS!
Schmeckt natürlich alles wie gepresste Popel.
"Alles klar bei DU?" fragt McNull den Besoffnen, ganz früh und nachts: siebzig Prozent Penner, Junkies und komische Typen.
"Alles klar! Wwwenn nnnnur die ... zwei Fffffotzen nich wärn!"
Das Lachen der Fotzen übertönt die Sirenen der Polizeiautos und Krankenwagen, ach, wenn es doch immer so lustig wäre!
Kaum hat sich McNull umgedreht, um auf den Colaknopf zu drücken, hat schon wieder ein Penner die Hände voll Konfitüre, sweet breakfast. Regen fällt gegen die Scheiben wie Junkies und gleitet daran zu Boden. Die Dunkelheit ist aus den Blicken der Sterbenden gemacht, tot an tot.
Der minderjährige Knochenhaufen taucht wieder auf, rumms, mit dem Kopf gegen die Tischplatte, tritt gegen den Tisch, rutscht vom Stuhl, packt den Arm ihrer Freundin und zieht sich daran hoch, sie knallen mit den Stirnen zusammen, fluchen, lachen, rotzen. Es gelingt ihnen, ihre Knochen für ein paar Sekunden zum Nichtzittern zu zwingen, es gelingt ihnen, das Pfeifchen zu entzünden, zu inhalieren.
Klumpfuß humpelt zu den zwei Knochengestellen, älter als er, fünfzehn, eine versucht zu kotzen.
"Nicht hier!" schreit die andere unter Zähneklappern.
"Ich habe Schmerzen", sie würgt.
"Nicht hier!"
Ein Berg von ausgeleckten Marmeladennäpfen türmt sich auf dem Tisch, la dolce vita!
"Zieh ab, Marta hat nichts zu verkaufen!"
Klumpfuß lächelt scheu.
"Los, Abgang, geh anschaffen!"
McChef erwischt in der Lobby eine Drogensüchtige, die einem Dealer den Schwanz lutscht.
"Einmal Lobby, bitte!"
Klumpfuß humpelt zurück auf den Steindamm, this broken this broken hearhearheart this broken this broken hearheart this broken broken hearhearheart. Jetzt die gute Nachricht: Auf dem Steindamm verkehren Kinderficker, die sich nichts Hübscheres als ihn leisten können - das ist wieder die gute Seite.
Hat sich am Hauptbahnhof ein arbeitsloser Gebäudereiniger erschossen, kam ein Gebäudereiniger, wischte das Blut weg.
Na, vergiss, schluck's runter.
"Ich habe Hunger, ich habe Hunger!" Immer noch oder schon wieder? Das gelbe Skelett hat keine Einschaltquote, zu schwache, leise Stimme, totales Versagerimage. Außerdem regnet es. Von der Arbeit, zur Arbeit, von der Arbeit, zur Arbeit, wir öffnen die Luft wie mit Reißverschlüssen und steigen in ihre Wunden, jeder steigt in seine Wunde. Die Portemonnaies bleiben zu, das Geld kämpft auch ums Überleben, der Verlierer muss sterben, das ist ganz natürlich. Das gelbe Hungergesicht schwebt über der aufgehaltenen Hand wie ein Luftballon durch die verkrüppelte Masse, sie sieht ihn nicht, er sieht sie nicht, er sieht ihn nicht, sie sehen ihn nicht. Zum brutalsten USA-Killer 1999 wurde einer gewählt, der eine Frau, bevor er sie zu Tode folterte, zuzusehen zwang, wie er eine andere zu Tode folterte.
Eine minderjährige Kriminelle kauert im Polizeiauto wie Stein, in den ein Gesicht angedeutet ist. Von der Arbeit, zur Arbeit, von der Arbeit, zur Arbeit gleiten die Passanten wie auf Schlittschuhen aneinander vorbei, Lottospielen nicht vergessen! Er sieht sie nicht, sie sieht ihn nicht, sie sieht sie nicht, er sieht ihn nicht, vorbei, vorbei, sonst: Karambolage. Prallt stinkende Frau gegen duftende Frau, Haschhaschhaschkokainheroin. Sie stoßen sich voneinander fort, stummer Ringkampf mit abgewandten Gesichtern. Die Duftende starrt wütend auf ihre Hände, Dreck angefasst, wo waschen? So was bringt einen aus dem Rhythmus.
Der Kleinlaster irgendeiner Jesusorganisation parkt, aus den Ritzen des Hauptbahnhofkadavers löst sich atmender Dreck, sammelt sich: Pennerfütterung. Im Dreck gedeiht das Grün der Polizeiuniformen. Züge wimmeln zwischen den Werbewänden, Kontrolleure stürmen das Abteil. Auf den S-Bahnsitzen hocken weiße Kaninchen, nesteln nach ihren Fahrausweisen, mit roten Augen starren sie auf die blauuniformierten Bäuche, ihre Kraft ist verkauft, nun haben sie keine Kraft mehr. Starren auf die Werbewände, von der Arbeit zur Arbeit, dadimmdadimm dadimmdadimm dadimmdadimm. Wenn sie dir dein Gehirn amputieren und dir in das Loch reinschreien: Müllermilch, die schmeckt! Dann schmeckt Müllermilch.
"Einen wunderschönen guten Tag! Entschuldigen Sie vielmals, dass ich bettle. Ich weiß, dass ich mir das selbst eingebrockt habe ..." Sein Lächeln reißt ihm fast das Gesicht ab.
In öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Betteln verboten. Ist doch ekelhaft für die Reisenden, dauernd angebettelt zu werden.
Arm sein ist auch verboten. Die gute Nachricht zuerst: Penner ohne Fahrkarte wandern in den Knast! Die schlechte: Ein Knasttag kostet den Steuerzahler 180 bis 200 Mark. Da regen sich die Steuerzahler drüber auf. Minus für die Penner, dickes fettes Minus. Der Steuerzahler, der eine Pistole erfindet, mit der man Penner in Luft auflösen kann, wird reich. Leute müde, dicht an dicht, voneinander abgewandt, ruckelruckel zuckelzuckel, man hört ihre Schreie nicht, denn es handelt sich um stumme Schreie. Wenn sie dir dein Gehirn amputieren und dir in das Loch reinschreien: Du bist Dreck! Dann bist du Dreck.
Hinter den Fensterscheiben ist Nacht, draußen sieht man nichts als das Spiegelbild des Abteils. Millionen stöhnende Blicke schluckt die Nacht, der Nacht ist es egal. Ein Pudelmützenkind mit roten Backen stößt Laute aus, als sei es unter Tieren aufgewachsen. Sein Papa, ein taubstummer Penner, hat ihm nicht Sprechen beigebracht, niemand hat ihm Sprechen beigebracht, naja, gibt Schlimmeres. Vergiss! Die Wahrheit ist eine Bettlerin.
Bei McDonalds glotzen die Mopomänner durchs Fenster auf den Steintorplatz, wo jeden Moment die Zeitungsausgabe beginnt. "Was ist bloß mit diesen Eltern los? Baby gequält, im Backofen verbrannt!" Eine Recyclingfirma fand auf ihrem Fließband ein totes Baby im Schuhkarton. Mit Schoko-, Erdbeer- oder Karamelsauce? Der Mönckebergstraßenwind bewegt das Haar der Erfrierenden. Kennt die Bevölkerung eine, die schwanger war, Schuhgröße 39 hat und neue Turnschuhe trägt, weiß wie die Zähne aus der Werbung?
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