Barbara war dann zu Bobbi´s gegangen. Es war auch zu langweilig ohne Geld. Der zweite Teil des Sommers war nur noch verregnet und Barbara konnte nicht mehr so viel Zeit am Rhein verbringen. Dazu kam, dass sie die 7 Bücher in der WG ausgelesen hatte. Kaffeehaus oder ein Museum. Dazu hatte sie das Geld nicht. Die Stadtbibliotheken waren wegen Urlaubs geschlossen. Barbara machte die Runde der Buchhandlungen und las in jeder Buchhandlung ein paar Seiten von diesem neuen Buch von Grass weiter. Barbara dachte, dass das eine von diesen Altherrenbeichten war, die die Oldiestammtische am Laufen hielten. Aber wenn sie ein anderes Buch kaufen wollte und wenn ihre Nägel nicht noch brüchiger werden sollten, dann mußte sie Geld haben.
Im Bobbi´s wusste Barbara gleich, wer vo
ch, wer von den Gästen dieser Hajo war. Der Mann saß an einem Tisch in der Ecke bei der Bar. Die Tische waren hoch und man saß auf Barhockern. Dieser Hajo saß da und hatte seine Füße auf das Sprießelchen des Barhockers aufgestemmt, als wäre er ein kleiner Bub und warte auf das nächste Abenteuer. Er grinste ihr entgegen. Barbara war unsicher. Sie solle nur kommen und sich zu ihm setzen, sagte der Mann. Er beiße nicht und ob sie die Ösi wäre, die einen Job bräuchte.Barbara setzte sich zu dem Mann. Ob sie etwas essen wolle, fragte der Mann. Sie solle nur bestellen. Er fördere junge Talente und es gäbe sehr gute Salate hier. Und sie wäre doch diese Künstlerin von dem security-Wolf. Barbara nickte. Der Mann rief der Frau hinter der Bar zu, sie solle einen Salat bringen und ein Glas Prosecco. Diese charmante Neubekanntschaft aus Österreich brauche Aufmunterung. So etwas könne er doch gleich sehen. Und was man nun tun solle, für die kleine Ösi. Was ihre Spezialität sei. Er müsse ihr zu diesem SVM Job raten. Die wären sehr interessiert da, den Kreis der interviewten Prostituierten international zu halten und eine Ösi. Das würde diese Ostlastigkeit des Geschäfts ein bisschen auflockern. Und jetzt. Wo die Merkel die Kohle vom Schröder einfahren könne. Da hätten doch alle gleich wieder gute Laune und die happy hooker-Serie würde nun ganz sicher gekauft werden. Es wäre ja auch Zeit, wieder ein bisschen gute Stimmung aufkommen zu lassen. Dieses Deutschland. Das wäre ja nun wie eine ganz komplizierte Frau. Immer launisch und immer vorwurfsvoll. Ihm ginge das. Das schlüge sich nicht in schönen Nächten nieder, wenn sie wüsste, was er meine. Hajo lächelte bedeutungsvoll. Und ob Barbara vielleicht jemanden aus der Umgebung von diesem Entführungsopfer kenne. Am besten wäre es, sie würde die Mutter von der kennen. Weil so eine gestörte Mutter-Tochter-Beziehung. Das brächte die volle Länge. Bei Interviews und so. Und jetzt. Wo die Fernsehsprecherinnen wieder an den Herd zurückkehrten, da könnte man endlich darüber reden, was da falsch gelaufen wäre. Mit den Müttern. Mit den Frauen und so. Und die Mutter von dieser Natascha. Die habe doch auch gearbeitet und sei nicht beim Vater geblieben.Barbara bekam den Salat serviert. Ein riesiger Berg Blattsalat mit frisch gegrillten Shrimps stand vor ihr. Barbara beschloss, sich diesen Salat nicht entgehen zu lassen. Er könne auch eine Begleitung brauchen, sagte Hajo. Und mit einer Ösi auftauchen. Das wäre auch einmal etwas anderes. Er müsse zu einem Fest nach Berlin. Ob sie Kaviar möge. Beim deutsch-russischen Wirtschaftsball würde es schwarzen und roten Kaviar zum Schweinefüttern geben. Barbara sagte, dass sie kein Kleid hätte und ob für solche Interviews etwas gezahlt würde. Barbara dachte, dass sie mit der Nadine SMSen musste, wie das mit den Huren in Österreich war und ob sich da nach der Wahl etwas ändern sollte. Ob eine Partei sich da etwas überlegte. Und ob immer noch vom Steuerinspektor bestimmt wurde, wieviel eine verdienen musste. Die Tante Pauli hatte immer gesagt, da? das schon interessant sei, dass in einem so katholischen Land, die Prostituierten erst zu arbeiten aufhören durften, wenn sie ihre Steuervorschreibung erfüllt hatten. Und dass man dann hoffen musste, dass die Politiker zu den Damen gingen, damit die ihre Steuer dann auch abzahlen konnten. Und dann war ja auch noch etwas mit der Arbeitserlaubnis gewesen. Dass die nur auf Prostitution beschränkt war und dass die Frauen nichts anderes machen durften. Wie die Altenpflegerinnen.Was das denn für eine Kunst sei, die sie da mache, fragte Hajo. Barbara aß das letzte Blatt Salat. Das wäre zu kompliziert, sagte sie. Das sei nicht so einfach zu erklären. Nun, sagte der Mann. Ganz offensichtlich könne man davon nicht leben. Diese Ditta von Teese. So etwas solle Barbara machen. So wie die strippe. Das wäre für ihn Kunst.Durch einen Übermittlungsfehler konnte in der vergangenen Woche die vierte Folge von Marlene Streeruwitz´ Fortsetzungsroman zum österreichischen Wahlkampf So ist das Leben. nicht gedruckt werden. Deshalb gibt es in diesem Freitag zwei Folgen. Die Folge aus der letzten Woche und die dieser Woche. Die Nummerierung hängt mit den Folgen des nur in Österreich erscheinenden Handlungsstranges zusammen. Das gesamte Projekt können die Leser auf der Homepage www.malenestreeruwitz.at einsehen.