Black Hawk Down", "Das Tribunal", "Wir waren Helden", "Windtalkers", "Pearl Habour", "Three Kings" - an Kriegsszenarien mangelt es dem Hollywood-Kino derzeit kaum. Vom Zweiten Weltkrieg über Vietnam, den Golfkrieg bis hin zur traumatischen Erfahrung Somalia 1992/93 werden illustre Schauplätze jüngster amerikanischer Kriegsgeschichte präsentiert. Zwar entstanden die meisten Streifen noch vor dem 11. September 2001, doch sind sie nun angesichts der Anti-Terror-Kampagne wie geschaffen den Krieg einer anthropologischen Konstante gleich im kulturellen Bewusstsein Amerikas zu verankern.
Ein Mensch, genau wie du und ich Neben der Vorführung von Kampfeslust und überlegenem strategischem Kalkül offenbaren die Filme zugleich, dass und wie sich eine andere Art von Re
eine andere Art von Realismus durchzusetzen beginnt. Das gilt nicht allein für die mit aufwendigen Spezialeffekten so hautnah in Szene gesetzten Schießereien und Schlachten. Vielfach scheint es erklärtes Produktionsziel, die fremde, angegriffene Kultur so authentisch wie möglich und den "Feind" nicht nur als Zielobjekt einer AK-47 oder Laserwaffe abzubilden. Ed McDonnell, Produzent von Ridley Scotts Irak-Kriegsfilm "Three Kings" - dessen deutscher Start mehrmals verschoben und dann ganz abgesagt wurde - erklärt dementsprechend, dass seinerzeit, während des Golfkrieges 1990/91, viele "amerikanische Soldaten bei ihrer Landung im Mittleren Osten absolut keine Ahnung von der Kultur, der politischen Situation, der Religion oder den Lebensumständen der Irakis besaßen." Die Dramaturgie seines Films folge daher einem durchaus pädagogischen Motiv. Denn - so McDonnell - die in der Fremde stationierten "Helden des Films machen die erstaunliche Erfahrung", dass jeder, "der ihnen vor die Flinte kommt, ein Mensch ist - genau wie du und ich." Darf das als Absage an das simple Raster verstanden werden, das die Welt außerhalb Amerikas nach Guten und Bösen sortiert? Wobei die einen davon beseelt sind, sich im Schrein der Demokratie erwecken zu lassen, während die anderen ihre terroristischen Netzwerke verfeinern. Um dieser Weltanschauung zu entgehen, wurden für "Three Kings" spezielle irakische Berater und Statisten aus der arabischen Emigrantenszene in Los Angeles angeheuert, die der Geschichte zu maximalem Realismus und religiöser Glaubwürdigkeit verhelfen sollen.Als Schießbudenfiguren unterwegs Eine solche Simulation kultureller Authentizität findet ihr Äquivalent in der Ausbildung amerikanischer Soldaten in Deutschland. Die Firma Optronic schreibt in regelmäßigen Abständen landesweit dazu ein Casting aus - das letzte Mal am 22. Juli -, um Zivilisten als Statisten an die US-Armee zu vermitteln. Der Job, um den sich vornehmlich Studenten in dichten Scharen bewerben, nennt sich: Civilian on the battlefield (COB) - Zivilist auf dem Schlachtfeld. Es versteht sich, der Begriff Statist unterliegt bei simulierten Kriegsbedingungen einem gewissen Bedeutungswandel. Dafür bürgt nicht zuletzt die Agenda der US-Ausbilder, die auf bayrischem Terrain im Militärlager Hohenfels, gelegen zwischen Regensburg und Nürnberg, weder Mühe noch Aufwand scheuen, mögliche Front- und Etappenszenarien "realistisch" nachzustellen. Im Falle des mit 16.000 Hektar in seinen Ausmaßen beachtlichen Camps, dem zweitgrößten Ausbildungslager dieser Art in Europa, wurden dafür immerhin ganze Dörfer nachgebaut. Wohlgemerkt, keine Potemkinschen Gebilde, sondern Häuser in Massivbauweise, inklusive allem, was etwa zur dörflichen Infrastruktur auf dem Balkan gehört: Kirche, Moschee, Gehöfte, Bäckereien, Amtsgebäude. Dieses Ensemble bietet das Aktionsfeld für die "Zivilisten" - sprich: Statisten -, die den Alltag von Albanern, Serben oder Bosniaken zu mimen haben. Sie spielen deren kulturelle Gewohnheiten nach oder stimmen die amerikanischen Soldaten als in Aufruhr geratener Mob auf denkbare Konfliktsituationen ein. Für die Civilians on the Battlefield heißt das, in Tuchfühlung mit Jeeps, Panzern und Hubschraubern zu leben und ein Kasernenleben mit Aufstehen um fünf Uhr morgens durchzustehen. Oder wie Schießbudenfiguren im Manöver unterwegs und dabei mit einem Miles - einem Detektor für Infrarotstrahlung - ausgestattet zu sein, der auf Schüsse aus den Gewehren der Soldaten mit einem grellen Pfeifen anschlägt. Den "Mitwirkenden", wie gesagt vorzugsweise Studenten, hat der letzte Turn im Sommer offensichtlich Freude bereitet. In einem Internetforum resümiert ein sichtlich begeisterter Komparse: "Da ging es richtig geil zur Sache". Er habe "hart gekämpft", und die nachgestellten Demonstrationen hätten ihn an die "Chaostage" erinnert; alle Tricks und Kampftechniken kenne er nun bestens. Als besonderer emotionaler Höhenpunkte habe sich allerdings die Möglichkeit erwiesen, US-Soldaten beleidigen zu können. Derben Umgang sollen die GIs aushalten. Sie müssen, wie es auf der Internetseite www.globalsecurity.de formuliert ist, auf die Einsätze eben richtig vorbereitet sein. Bevor sie in den Kosovo gehen, kommt das Kosovo in Hohenfels zu ihnen. Schließlich stellt das Manöver eine letzte Ausbildungsetappe für die Soldaten dar, bevor sie auf dem Balkan oder anderswo stationiert werden. Sieben Bataillone wurden etwa 1996 vor dem Endeavour-Einsatz in Bosnien-Herzegowina im Camp Hohenfels trainiert - insgesamt gab es hier bisher für zirka 29.000 Soldaten spezielle Trainingsprogramme. Mit den "authentischen" Manövern spiegelt sich eine veränderte Kriegsstrategie und Krisenwahrnehmung wider, ein Umschalten von punktueller militärischer Intervention auf langfristige Präsenz. Vor und während des Kosovo-Krieges wurde 1999 allein in Ost- und Südosteuropa ein neues Netz von NATO-Basen geknüpft, das von Polen über Ungarn bis nach Griechenland reicht. Für die dabei dislozierten Soldaten setzt das mehr denn je Kenntnis und Simulation kultureller Gepflogenheiten des Einsatzraumes voraus. "Cultural Relationship" soll helfen, langfristig einen Anspruch auf Präsenz zu sichern. Das Konzept garantiert Disponibilität. Noch sind es Europäer, die von den Studenten verkörpert werden. Bald könnten sie sich allerdings auch Araber für Hohenfels anwerben lassen. Dann wird möglicherweise der Streifen "Three Kings" in deutschen Kino nicht länger fehlen.