Bei den französischen Sozialisten herrscht nach den Kommunalwahlen im März Katerstimmung. Auch wenn sie es geschafft haben, die Rathäuser der beiden größten Städte Frankreichs zu erobern, die seit ewigen Zeiten von den Rechten regiert wurden, so ist die Opposition doch eindeutig als Gewinnerin aus diesen Wahlen hervorgegangen. Die eigentlichen Gewinner jedoch sind die Frauen, und so trösten sich die Sozialisten über ihre Niederlage hinweg, indem sie auf die historisch einmalige, bei diesen Wahlen erstmals praktizierte paritätische Aufstellung von ebenso vielen Frauen wie Männern auf den Wahllisten verweisen. Das Ergebnis ist in der Tat bemerkenswert: Die neugebildeten Gemeinderäte werden sich fast zur Hälfte (47,5 Prozent) aus Frauen zusammensetzen - bisher waren es gerade 22 Prozent. Die Zahl der Frauen hat sich somit mehr als verdoppelt.
Doch der unzweifelhafte Erfolg des Gesetzes, das die verstärkte Teilhabe von Frauen in der Politik zum Ziel hat, stößt an seine Grenzen, wenn es um Macht und wirkliche Einflussnahme geht. Denn in den meisten Gemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern wird weiterhin ein Mann an der Spitze stehen und nur in insgesamt vier Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern wird eine Frau die Geschicke der Stadt lenken. Relativ gesehen bedeutet dies zwar eine enorme Steigerung, hatte doch bisher nur Straßburg als einzige Großstadt in Frankreich das Privileg von einer Bürgermeisterin verwaltet zu werden.
Bemerkenswert am Wahlergebnis in den vier Großstädten ist aber vor allem, dass die "Parité" der Opposition, die dieses Gesetz bekämpft hatte, ganz offensichtlich besser bekommen ist. Denn nur eine Kandidatin der Sozialisten, die frühere Sozialministerin Martine Aubry, hat den Sprung ins Rathaus einer Großstadt geschafft, während Straßburg, Caen und Aix-en-Provence von Frauen der Opposition erobert wurden. So entpuppt sich die "Parité" ungewollt als Geschenk von Lionel Jospin an den politischen Gegner. Denn es war der Premierminister, der sich die politische Gleichstellung der Frauen auf die Fahnen geschrieben hatte und damit im Wahlkampf auf Stimmenfang ging.
Doch während 1997 die Mobilisierung der weiblichen Wählerschaft und die Quotierung zum Wahlsieg der Linken beigetragen hatte, ging die Rechnung diesmal nicht auf. Und so kommt es zu dem paradoxen Ergebnis, dass die nur widerwillig von den Parteikollegen akzeptierten Frauen für den unerwarteten Erfolg der Opposition sorgten und der zerstrittenen Rechten damit unversehens Hoffnung und ein neues Profil verleihen.
Die neuen Frauen, die noch niemand so richtig kennt und die auch noch nicht vom politischen Alltagsgeschäft deformiert wurden, schlagen ungewohnte Töne an, nehmen kein Blatt vor den Mund, gebärden sich sogar feministisch. So stellte sich die neue gaullistische Bürgermeisterin von Montauban, einer kleinen Stadt in Südwestfrankreich, gar in die Tradition der hier geborenen revolutionären Olympe de Gouges, der Verfasserin der berühmten "Erklärung der Rechte der Frau", die für ihr unzeitgemäßes Bewusstsein ihren Kopf hinhalten musste und auf dem Schafott endete.
Die Frage drängt sich auf, ob die französische Rechte der Linken in Sachen Feminismus den Rang ablaufen wird. Die Grünen jedenfalls stellen in dieser Frage ganz offensichtlich keine Konkurrenz dar. In den 33 Gemeinden, in denen sie die Mehrheit gewonnen haben und über die Zusammensetzung des Gemeinderats entscheiden, wird es keine einzige Bürgermeisterin geben.
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