Zivilklauseln in Deutschland

Überblick Mehrere Hochschulen haben sich verpflichtet, keine Militärforschung zu betreiben. Doch an mindestens sieben Universitäten wird dagegen verstoßen. Was wird wo erforscht?
Im Sommer 2012 wurde an der Universität Bremen eine Stiftungsprofessur für den Millitärsatelliten-Hersteller OHB eingerichtet – trotz bestehender Zivilklausel
Im Sommer 2012 wurde an der Universität Bremen eine Stiftungsprofessur für den Millitärsatelliten-Hersteller OHB eingerichtet – trotz bestehender Zivilklausel

Foto: imagebroker/ imago

In Deutschland erklären immer mehr Universitäten und Hochschulen, auf militärische Forschungsprojekte zu verzichten. Manche Wissenschaftler halten sich aber nicht an diese Selbstverpflichtungen, oft sind die sogenannten Zivilklauseln auch unverbindlich formuliert. Dieser Text bietet eine Übersicht: An welchen Hochschulen gibt es Zivilklauseln? An welchen wird dagegen verstoßen? Und wo wird über die Einführung einer solchen Klausel diskutiert? Die Hochschulen sind alphabetisch nach dem Städtenamen geordnet.

Universitäten, an denen aktuell gegen die Zivilklausel verstoßen wird

Technische Universität Berlin: Kooperation mit „Technion“

Schon die Alliierten haben eine Zivilklausel für die TU Berlin erlassen – im Zusammenhang mit dem Vier-Mächte-Status Berlins. Im Jahr 1991 wurde dann vom Senat der Universität beschlossen, die Klausel zu behalten. Dennoch fanden in der Vergangenheit immer wieder militärische Forschungsprojekte statt. Zudem bewirbt die Hochschule öffentlich die enge Kooperation mit der für Militärforschung bekannten „Technion“, der Technischen Universität Israels. Eigentlich müssen Wissenschaftler bei neuen Forschungsvorhaben auf einem Formular versichern, dass ihr Projekt mit der Zivilklausel im Einklang steht. Bei Kooperationen gilt das aber offenbar nicht. Zudem fehlt ein Kontrollgremium, das überprüfen könnte, ob die Angaben der Forscher stimmen.

Universität Bremen: Zivilklausel wiederentdeckt

Als der Millitärsatelliten-Hersteller OHB eine Stiftungsprofessur in Bremen bekommen sollte, recherchierten einige Journalisten – und förderten eine bereits 1986 vom Senat beschlossene Zivilklausel zu Tage, gegen die schon dutzendfach unbemerkt verstoßen worden war. Nach heftigen politischen Auseinandersetzungen bestätigte der Senat die Klausel im Januar 2012 und kündigte an, nun auf ihre Einhaltung achten. Im Sommer 2012 wurde die OHB-Stiftungsprofessur trotzdem eingerichtet, die Unileitung ignorierte schlicht den Willen des Senats, aber der beschwerte sich nicht. Mittlerweile wird sogar über eine verbindliche Zivilklausel im Hochschulgesetz des Landes Bremen diskutiert.

Georg-August-Universität Göttingen: Zersetzung von Kampfstoffen

Der Senat beschloss im Februar 2013 eine Zivilklausel. Dennoch wird weiter ungehindert für das Militär geforscht, beispielsweise an der Zersetzung von chemischen Kampfstoffen. Das Verteidigungsministerium hat 2013 mehr als 70.000 Euro für Forschungsprojekte an der Universität ausgegeben.

Universität Kassel: Senat contra Studierendenschaft

Mehr als 72 Prozent der Studierendenschaft stimmten bei einer Ur-Abstimmung im Januar 2013 für eine verbindliche Zivilklausel. Der Senat der Universität beschloss trotzdem nur eine Klausel mit einer „Soll“-Formulierung und ohne Kontrollgremium. Laut der Universitäts-Leitung gibt es derzeit offiziell keine Militär-Kooperationen. Einige Dozenten räumten jedoch gegenüber Studierenden ein, derzeit mit Rüstungsunternehmen zusammenzuarbeiten. Der studentische Zivilklausel-Arbeitskreis ruft seit einem Jahr dazu auf, militärische Forschungsprojekte zu „leaken“, um so für Transparenz zu sorgen.

Universität Konstanz: Bundeswehr-Forschung

Im Jahr 1991 beschloss der Senat der Universität eine Zivilklausel, aber erst vor einigen Jahren wurde sie „wiederentdeckt“. Trotzdem findet immer wieder Militärforschung statt, weil sich fast niemand daran stört. Im Jahr 2013 zum Beispiel hat das Verteidigungsministerium ungefähr 65.000 Euro für Forschungsprojekte an der Hochschule ausgegeben.

Universität Rostock: Forschung an Seeminen

114.000 Euro soll das Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr für wehrtechnische Forschungsprojekte an der Universität Rostock ausgegeben haben – obwohl an der Einrichtung 2011 eine Zivilklausel verabschiedet wurde. Die Universitätsleitung verweist darauf, dass es sich lediglich um ein Forschungsprojekt zum Aufspüren von Seeminen handele. Jedoch ist auch Minenräumung ein Teil militärischer Auseinandersetzungen.

Universität Tübingen: Lehrstuhl für Ischinger

Der Senat hat im Jahr 2010 beschlossen, dass „Lehre, Forschung und Studium an der Universität“ nur noch „friedlichen Zwecken diene“ sollen. Dennoch wurde 2011 eine Stiftungsprofessur für den Organisator der „Münchner Sicherheitskonferenz“, Wolfgang Ischinger, zugelassen. Auf der Sicherheitskonferenz treffen sich jedes Jahr hochrangige Militärs, Rüstungslobbyisten und Politiker. Der studentische „Arbeitskreis Zivilklausel“ protestierte gegen den Lehrstuhl, aber die Unileitung behauptete, dieser sei mit der Zivilklausel vereinbar. Die Klausel sei außerdem nur eine Absichtserklärung der Hochschule.

Weitere Hochschulen mit Zivilklausel; über Verstöße ist öffentlich nichts bekannt

Hochschule Bremen: Militärforschung untersagt

Die Hochschule Bremen hat sich im Jahr 2012 eine Zivilklausel gegeben. Ergänzend dazu fasste der Senat zur Frage der ethischen Anforderungen an das Handeln der Forscherinnen und Forscher einen Beschluss, der Projekte für Rüstungsunternehmen und Armee ausdrücklich untersagt.

Hochschule Bremerhaven: Zivilklausel im Leitbild

Im Rahmen der Zivilklausel-Auseinandersetzung an der benachbarten Universität Bremen hat der Akademische Senat der Hochschule Bremerhaven im Juni 2012 eine Zivilklausel verabschiedet. Im März 2013 wurde die Klausel zudem im Leitbild der Hochschule verankert.

Technische Universität Darmstadt: Starke Zivilklausel

Nach langem Druck des Allgemeinen Studierendenausschusses beschloss die Universitätsversammlung im Oktober 2012 die bisher in Deutschland verbindlichste Zivilklausel: „Forschung, Lehre und Studium an der Technischen Universität Darmstadt sind ausschließlich friedlichen Zielen verpflichtet und sollen zivile Zwecke erfüllen; die Forschung, insbesondere die Entwicklung und Optimierung technischer Systeme, sowie Studium und Lehre sind auf eine zivile Verwendung ausgerichtet.“ Ein Gremium kontrolliert die Einhaltung der im Januar 2013 in Kraft getretenen Klausel.

Technische Universität Dortmund: Mustervertrag für Forschungsprojekte

Bereits im Jahr 1991 wurde an der TU Dortmund eine Zivilklausel beschlossen und zudem eine Klausel im Mustervertrag für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben: „Der Auftraggeber verpflichtet sich, die an der Universität Dortmund im Rahmen des Vorhabens entstandenen Forschungsergebnisse ausschließlich für zivile Zwecke zu nutzen.“ Zwischen 2000 und 2004 finanzierte das Verteidigungsministerium an der Universität dennoch unbehelligt wehrmedizinische Forschung. Aktuell sind aber keine militärischen Forschungsprojekte bekannt.

Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main: Zivilklausel als Papiertiger

Bei einer studentischen Ur-Abstimmung sprachen sich im Januar 2012 mehr als 76 Prozent für eine verbindliche Zivilklausel aus. Ein Jahr später votierte der Senat einstimmig für eine Änderung der Grundordnung und fügte eine Zivilklausel ein – allerdings ohne bindende Wirkung und ohne Kontrollgremium.

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: Berichtspflicht des Rektors

Ende Januar 2014 beschloss der Senat auf studentischen Druck eine Zivilklausel. Diese ist jedoch – so der Kompromiss nach Verhandlungen – nicht bindend. Allerdings wurde der Rektor verpflichtet, jährlich über militärische Forschung an der Universität zu berichten. Dies ist nun in der Grundordnung festgeschrieben, und soll zumindest für mehr Transparenz sorgen. In der Vergangenheit hatte die US-Army in Freiburg zum Beispiel an Panzerglas geforscht.

Technische Universität Ilmenau: Ausnahme für Grundlagenforschung

Im Jahr 2010 schrieb der Senat eine unverbindliche Zivilklausel im Leitbild der Universität fest. Jedoch soll die US-Navy noch 2009 ein neues Forschungsprojekt an der Universität begonnen haben. Die Universität verweist darauf, dass es sich um Grundlagenforschung handele, die nicht im Widerspruch zur Selbstverpflichtung stehe.

Leuphana Universität Lüneburg: Ausdrücklich unverbindlich

Auf Druck der lokalen Zivilklausel-Initiative stimmte der Senat im November 2013 einstimmig für „Nachhaltigkeitsleitlinien“, die auch eine Zivilklausel beinhalten. Laut einer Pressemitteilung der Universität handelt es sich dabei um „eine Selbstverpflichtung, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen.“ In der Mitteilung wird aber auch betont, dass die „Klausel keine bindende Wirkung“ habe.

Westfälische Wilhelms-Universität Münster: Kriegswaffenkontrollgesetz beachten

Zwar beschloss der Senat auf studentischen Druck im Juli 2013 nur eine unverbindliche Zivilklausel, dafür müssen Wissenschaftler vor Forschungsvorhaben ein „Formular zum Kriegswaffenkontrollgesetz“ ausfüllen, in dem sie versichern müssen, dass ihre Projekte mit dem Gesetz vereinbar sind.

Fachhochschule Nordhausen: Angeblich mit Zivilklausel

Laut Thüringer Landesregierung soll die FH eine Zivilklausel haben. Näheres ist nicht öffentlich bekannt.

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg: US-Militär lässt forschen

Im Jahr 2007 wurde beschlossen, dass an der Universität keine Militärforschung stattfinden sollte. Dazu wurde auch eine Ethikkommission eingerichtet. Dennoch wurde an den Instituten für Biologie, Physik und Umweltwissenschaften von 2010 bis März 2014 im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums geforscht. In Zusammenarbeit mit der Bundeswehr wurde lange Zeit zu „Interventionskultur“ geforscht.

Hochschulen, an denen über die Einführung einer Zivilklausel diskutiert wird

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen: Debatte am Beginn

Nach vermehrter Aufdeckung von Militärforschung an der Hochschule nahm der Druck von Studierenden und lokalen Friedensgruppen wie dem „Aachener Friedenspreis e.V.“ in den vergangenen Jahren zu. Die Universitäts-Leitung sperrt sich jedoch noch gegen die Einführung einer Zivilklausel.

Universität Augsburg: Verhärtete Fronten im Streit um Innovationspark

Die studentische „Initiative Friedliche Uni Augsburg“ fürchtet eine Ansiedlung von Rüstungsunternehmen am neuen „Innovationspark“ und fordert auch darüber hinaus die Einführung einer Uni-weiten Zivilklausel. Nach öffentlicher Kritik an der Universitäts-Leitung, die sich vehement gegen eine Debatte über Militärforschung sträubt, sind die Fronten aber verhärtet.

Freie Universität Berlin: Weder Zivil- noch Friedensklausel

Im Juni 2013 stellte der lokale Zivilklausel-Arbeitskreis seine Arbeit ein, nachdem der Fachbereich „Politik- und Sozial-Wissenschaften“ eine solche Klausel ablehnte. Ein Professor für Politische Theorie hatte zuvor versucht, eine „Friedensklausel“ einzuführen, die einer verbindlichen Zivilklausel zuvorkommen und Militärforschung weiter ermöglichen sollte. Auch diese Klausel war abgelehnt worden. An der Universität gibt es den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Sonderforschungsbereich (SFB) 700 „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“. Studierende werfen einigen Wissenschaftlern am SFB vor, auch nicht-öffentliche Studien für das Verteidigungsministerium zu erstellen. Der wissenschaftliche Geschäftsführer erklärt, der SFB "wird und wurde zu keiner Zeit von der Bundeswehr unterstützt".

Ruhr-Universität Bochum: Zivilklausel abgeschafft

Eine 1984 beschlossene Klausel gegen Militärforschung an der Universität wurde 2002 wieder abgeschafft. Das Studierendenparlament beschloss im Januar 2014, dass sich die Studierendenschaft für die Wiedereinführung der Zivilklausel einsetzen will.

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn: Streit über Kissinger-Professur

Das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium finanzieren für die nächsten Jahre eine nach dem umstrittenen ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger benannte „Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung“. Die Studierenden protestieren dagegen, fordern ein Ende der Professur und eine Zivilklausel.

Technische Universität Braunschweig: Protest eingeschlafen

Im Mai 2011 fand an der TU Braunschweig eine von Friedensbewegten und Studierenden organisierte internationale Konferenz für Zivilklauseln an der Universität statt. Mittlerweile sind in Braunschweig trotz Bundeswehr-Forschungsprojekten aber keine Aktivitäten mehr für eine Zivilklausel zu verzeichnen.

Technische Universität Dresden: Kooperation mit Thyssen-Krupp

Durch Drittmittel-Anwerbung ist es an der TU Dresden auch immer wieder zu Kooperationen mit Rüstungsunternehmen gekommen, etwa mit „Thyssen-Krupp“. Es gab bereits Aktionen und Informationsveranstaltungen zur Einführung einer Zivilklausel in Dresden. Die Debatte steht aber noch am Anfang.

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: Ur-Abstimmung in Planung

Seit 2011 engagieren sich nicht nur Studierende, sondern auch ein Politik-Professor gegen Militärforschung in Düsseldorf. Die Studierenden informieren mit Infoständen und planen eine studentische Ur-Abstimmung über die Verankerung einer Zivilklausel an der Universität.

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: Diskussion am Anfang

Die Studierenden-Vertretung fordert die Verankerung einer Zivilklausel im Leitbild der Universität sowie generell eine transparente Drittmittelvergabe, offene Diskussionskultur, ein Bewusstsein für die Tragweite der eigenen Forschung und die Übernahme von zivilgesellschaftlicher Verantwortung. Unterstützung kommt von lokalen Friedens-Aktivisten.

Justus-Liebig-Universität Gießen: Ur-Abstimmung blockiert

Im Studierendenparlament wurde Ende letzten Jahres ein Antrag zur Durchführung einer Ur-Abstimmung unter den Studierenden abgelehnt. Der "Arbeitskreis Zivilklausel" wirft der Juso-Hochschulgruppe vor, bei der geheimen Wahl gegen die Ur-Abstimmung gestimmt zu haben. Der Senat hat mittlerweile eine Kommission eingerichtet, um über die Einführung einer Zivilklausel zu beraten.

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: Friedliche Forschung nur im Leitbild

Seit 2011 gibt es zaghafte Versuche, eine Zivilklausel einzuführen. Die Universitäts-Leitung sieht jedoch keinen Handlungsbedarf. Im Leitbild stehe bereits, dass sich die Einrichtung „für die friedliche Nutzung ihrer Forschungsergebnisse“ einsetze.

Universität Hamburg: „Raketen-Moni“ musste gehen

Die Rektorin Monika Auweter-Kurtz, wegen ihrer Nähe zur Rüstungsindustrie auch „Raketen-Moni“ genannt, musste im Jahr 2009 gehen, wegen politischen Drucks auf Grund dieser Nähe. Danach setzen sich Studierende verstärkt für eine Zivilklausel ein – bislang jedoch ohne Erfolg.

Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover: 6,9 Millionen für vertrauliche Projekte

Gemeinsam mit der lokalen Friedensbewegung gibt es zaghafte Versuche, eine Zivilklausel zu erwirken. Dabei gehört die Universität Hannover für die Rüstungsindustrie und das Militär zu einer Haupt-Forschungsstelle. Laut einer Abfrage der niedersächsischen Landesregierung gibt es in Hannover allein 26 „vertraulich zu behandelnde Projekte“ mit einem Etat von über 6,9 Millionen Euro.

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: Debatte versiegt

Die Fachschaftskonferenz und auch einige Hochschulgruppen setzen sich – bisher erfolglos – für eine verbindlich festgeschriebene friedliche Forschung an der Universität ein. Die Aktivitäten scheinen aber eingeschlafen zu sein.

Friedrich-Schiller-Universität Jena: Weg über die Landespolitik

Obwohl an der Thüringer Universität immer wieder Forschungsprojekte für das Militär stattfinden – 2013 investierte das Verteidigungsministerium 75.000 Euro – gibt es keine regelmäßigen Zivilklausel-Aktivitäten. Auf Landesebene forderte die „Konferenz der Thüringer Studierendenschaften“ aber jüngst die Einführung einer verbindlichen Zivilklausel im Landeshochschulgesetz.

Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Zivilklausel nicht übernommen

Im Jahr 2009 fusionierten die Universität Karlsruhe und das Forschungszentrum Karlsruhe, wobei eine bis dato für das Forschungszentrum geltende Zivilklausel nicht übernommen wurde. Seitdem streiten friedenspolitisch aktive Studierende und Mitarbeiter für die Klausel: Im Januar 2009 sprachen sich 64 Prozent der Studierenden bei ein Ur-Wahl für eine Zivilklausel aus. Die Universitäts-Leitung lehnt eine Zivilklausel jedoch ab und bekommt dabei Unterstützung von der grün-roten Landesregierung Baden-Württembergs.

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: Nazi-Keule gegen Friedensaktivisten

Allein 2013 soll die Universität knapp eine halbe Million Euro für Forschungsprojekte im Auftrag des Verteidigungsministeriums bekommen haben. Seit Jahren ist eine Zivilklausel-Gruppe aktiv, deren Forderung bei einer Ur-Wahl im Juni 2013 von 73 Prozent der Studierenden unterstütz wurde. Der Leiter des Kieler „Instituts für Sicherheitspolitik“, Joachim Krause, warf den Aktiven vor, oft aus dem linksextremen Spektrum zu kommen. Zivilklauseln erinnerten ihn „fatal an Zeiten, in denen Universitäten in Deutschland nicht mit Menschen oder Institutionen kooperieren durften, weil diese jüdisch waren“. Bislang hat die Kieler Universität noch keine Zivilklausel angenommen.

Universität Koblenz-Landau: Erste Veranstaltung

Im Juni 2013 gab es unter dem Motto „Militär auf dem Vormarsch - Bundeswehr und Hochschule - Distanz oder Kooperation?“ eine erste Podiumsdiskussion zur Verantwortung der Wissenschaft in Koblenz. Die Gegner einer Zivilklausel sollen die Diskussion dominiert haben.

Universität zu Köln: Ablehnung trotz Ur-Abstimmungs-Votum

Über 65 Prozent der Studierenden stimmen im Dezember 2010 bei einer Ur-Abstimmung für die Einführung einer Zivilklausel. Der Senat lehnte die Einführung der Klausel im Juli eindeutig 2013 jedoch ab. So ist der Weg frei für die vom deutschen Verteidigungsministerium 2013 eingeplanten 105.000 Euro, die in militärische Forschungsprojekte an der Universität investiert werden sollen.

Universität Leipzig: Studierende kritisieren lasche Zivilklausel

Bereits im Sommer 2011 hatte sich der „StudentInnenRat“ für eine verbindliche Zivilklausel ausgesprochen. Im April 2013 beschloss der Senat immerhin eine Art Absichtserklärung, die besagt, dass sich die Universität „ihrer Verantwortung für die Folgen wissenschaftlicher Erkenntnis stelle“. Die Studierenden fordern eine stärkere Formulierung.

Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Asta fordert Zivilklausel

Der „Allgemeine Studierendenausschuss“ hat im Dezember 2013 beschlossen, sich künftig für eine umfassende Zivilklausel inklusive Kontrollgremium einzusetzen. Zudem wird von der Studierendenvertretung eine Festschreibung der Zivilklausel im rheinland-pfälzischen Hochschulgesetz gefordert.

Philipps-Universität Marburg: Stadt unterstützt Studi-Forderung

Nachdem die Einführung einer Zivilklausel am „Zentrum für Konfliktforschung“ gescheitert ist, versuchen Studierende, mit einem im vergangenen Februar gegründeten Arbeitskreis nun eine Uni-weite Zivilklausel zu erwirken. Bislang ist ein Forschungsprojekt der US-Air Force an der Universität bekannt. Die Stadtverordnetenversammlung Marburgs hat im Februar 2014 beschlossen, die Forderung der Studierenden nach einer Zivilklausel zu unterstützen.

Ludwig-Maximilians-Universität München und TU München: Gewerkschafter aktiv

An den beiden Universitäten setzten sich die Verdi-Betriebsgruppen für Zivilklauseln ein – bislang erfolglos. Studierende sind trotz umfangreicher Rüstungsprojekte bisher nicht aktiv. Die studentische Selbstverwaltung in Bayern ist zudem generell in ihrem Einfluss eingeschränkt.

Universität Osnabrück: Debatte aufgrund von US-Militärforschung

Nach Bekanntwerden von US-Forschungsprojekten bekam die Debatte über eine Zivilklausel an der niedersächsischen Hochschule neuen Antrieb: der „Allgemeine Studierendenausschuss“ und die studentischen Senats-Mitglieder setzen sich für friedliche Forschung ein. Die Leitung der Universität hielt sich bisher bedeckt.

Universität Potsdam: Bundeswehr-Studiengang in der Kritik

Seit 2007 wird in Potsdam der Master-Studiengang „Military Studies“ in Kooperation mit der Bundeswehr angeboten. Ziel des Studiengangs ist es, der Armee akademischen Nachwuchs zuzuführen. Der „Allgemeine Studierendenausschuss“ engagiert sich gegen die Bundeswehr-Kooperation und fordert seit Jahren eine Zivilklausel. Die Aktivitäten haben in letzter Zeit deutlich zugenommen.

Universität Regensburg: Vernetzung der Friedensinitiativen

Der „Allgemeine Studierendenausschuss“ fordert eine Zivilklausel und hat sich 2013 mit den Initiativen an anderen bayerischen Hochschulen vernetzt. Weit fortgeschritten ist die Diskussion an der Universität Regensburg bislang jedoch nicht.

Universität Siegen: Projektstelle für Zivilklausel

Eine vom „Allgemeinen Studierendenausschuss“ eingerichtete studentische Projektstelle bemüht sich gemeinsam mit einem Arbeitskreis, eine Zivilklausel an der Universität einzurichten. Sehr weit vorangeschritten ist die Diskussion um die Verantwortung von Wissenschaft und Forschung an der Universität bislang jedoch nicht.

Universität Stuttgart: Arbeitskreis eingeschlafen

Ein Zivilklausel-Arbeitskreis ist in der baden-württembergischen Landeshauptstadt nach einigen Aktivitäten mittlerweile wieder eingeschlafen. Eine baldige Reaktivierung ist in der Stadt, in der es ansonsten zahlreiche antimilitaristische Aktionen gibt, nicht unwahrscheinlich.

Julius-Maximilians-Universität Würzburg: Uni-Leitung gegen Zivilklausel

Der studentische Konvent sprach sich im Mai 2013 für die Einführung einer Zivilklausel aus. Nachdem Forschungsprojekte des US-Verteidigungsministeriums an der Universität bekannt wurden, unterstrichen die Studierenden ihre Forderung gegenüber der Hochschul-Leitung – doch die sperrt sich momentan gegen eine Zivilklausel.

Hinweis: Der Abschnitt über die Situation in Gießen wurde korrigiert. Die Abstimmung über eine Ur-Abstimmung war geheim, daher lässt sich die Vermutung des "Arbeitskreises Zivilklausel" nicht belegen, dass ausgerechnet die Juso-Hochschulgruppe gegen die Ur-Abstimmung votiert hat. Zudem wurde der Zivilklausel-Antrag vom Senat nicht abgelehnt, sondern wegen Formfehlern nicht behandelt. Später wurde die Einrichtung einer Kommission beschlossen.

In einer früheren Version des Texts hieß es, dass der Sonderforschungsbereich 700 an der FU Berlin von der „Bundeswehr unterstützt“ werde. Dies war nicht korrekt.

Lesen Sie zu diesem Überblick auch den Artikel "Forscher in Camouflage"

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