Heimatrecht auf Aktienbasis

Preussische Treuhand Vertriebenenspiele mit verteilten Rollen

Treuhand - ein Wort mit eigenem Klang. Da gab es vor über 60 Jahren die Haupttreuhandstelle Ost, die der Plünderung polnischen und insbesondere jüdischen Vermögens diente. Ihr Jurist war der nachmalige erste Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hermann Höpker Aschoff. Da gab es zweitens vor 14 Jahren Birgit Breuels Treuhand, die das industrielle Vermögen des Ostens an westdeutsche Konzerne verschleuderte und damit die strukturelle Arbeitslosigkeit schuf, die jetzt zu neuen Montagsdemonstrationen führt. Und da gibt es drittens im Zeichen der Osterweiterung der EU eine "Preußische Treuhand" mit Sitz in Düsseldorf, die im Herbst zum 65. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen durch eine Prozessoffensive die Geschichte auf den Stand von vor 1945 zurücksetzen will.

Man kann die Preußische Treuhand, freut sich die rechts außen agierende Junge Freiheit, "als den privatrechtlichen Arm der Eigentumsinteressen der Vertriebenen begreifen, während der Bund der Vertriebenen als politischer und das Zentrum gegen Vertreibungen als geschichtspolitischer Arm betrachtet werden können - verschiedene Instrumente für verschiedene Aufgaben im Kampf für die Rechte der deutschen Heimatvertriebenen." Indes, der Bund der Vertriebenen habe nichts, aber auch gar nichts mit der Preußischen Treuhand zu tun, erklärte er, und dies ist ebenso wahr wie die Behauptung, dass Erika Steinbach, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, eine Vertriebene sei. Der frühere polnische Außenminister Bartoszewski versuchte, ihre politisch gefährliche Hochstapelei noch milde zu sehen: "Wenn jemand in der Eisenbahn geboren ist, ist er dann Eisenbahnschaffner?", sagte er und meinte damit, dass Erika Steinbach, die 1943 als Tochter eines in Polen stationierten Soldaten der Naziwehrmacht geboren wurde, wegen des ausbleibenden Endsieges in die Heimat, nach Hanau, zurückkehren musste.

Die Preußische Treuhand hat die Rechtsform, die unter zweifelhaften Unternehmen sehr beliebt ist. Diese Treuhand ist eine GmbH Co. KG auf Aktien. Oder wie sie sich selbst rühmt: "Die Stärke der Preußischen Treuhand GmbH Co. KG a.A. ergibt sich letztlich aus dem eingebrachten Kapital." Es komme darauf an, so fordert sie, dass möglichst viele durch den Kauf ihrer Aktien den gemeinsamen Zweck "Sicherung des Anspruchs beziehungsweise Rückgabe des im Osten von den Vertreiberstaaten völkerrechtswidrig konfiszierten Eigentums" unterstützen. Diese Treuhand ist nicht einfach, wie man zunächst meinen könnte, ein Schwindelunternehmen, nein, sie meint es ernst, wenn sie in Briefen Vertriebene und ihre Erben auffordert: Sichern Sie die Rechtsnachweise für ihr Eigentum in den Vertreibungsgebieten Ost- und Westpreußen, Danzig, Pommern, Neumark, Schlesien und Sudetenland.

Die Preußische Treuhand hat, das jedenfalls behauptet sie, mehr als tausend Aktionäre, Leute also, die unter dem Vorwand, sie betrieben die Rückgabe beschlagnahmten Eigentums, nach mehr als sechs Jahrzehnten wiederum auf den Raub polnischer Grundstücks- und Vermögenswerte aus sind. Wie einst die Haupttreuhandstelle Ost? Das werden sie entschieden dementieren, so wie der Bund der Vertriebenen neuerdings alle Verbindungen zur Preußischen Treuhand leugnet. Sein Präsidium fasste sogar für die Öffentlichkeit den Beschluss, dass der BdV "keine personellen, inhaltlichen oder strukturellen Kontakte und Verbindungen zur Preußischen Treuhand" habe und auch nicht haben wolle. Dieser Beschluss des Präsidiums sei einstimmig erfolgt, teilte die BDV-Pressestelle mit.

Doch Stellvertreter der unvertriebenen Präsidentin ist Hans Günter Parplies - er ist eine unbestreitbare Querverbindung zur Preußischen Treuhand GmbH Co KG auf Aktien, er ist ihr stellvertretender Aufsichtsratvorsitzender. Und Rudi Pawelka, ebenfalls Vorstandsmitglied des Bundes der Vertriebenen und Vorsitzender der Schlesischen Landsmannschaft, ist (auch keine personelle Querverbindung?) sogar der Vorsitzende des Aufsichtsrats. 40 Prozent des Stammkapitals der Preußischen Treuhand hält die ostpreußische Landsmannschaft und zehn Prozent die schlesische. Beide wiederum sind unverzichtbare Bestandteile des Bundes der Vertriebenen.

Solange das so ist, sind die Distanzierungserklärungen Erika Steinbachs gegenüber der Preußischen Treuhand ebenso glaubwürdig wie die Vertriebeneneigenschaft der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Nachdem nun polnische Städte prüfen, welche Entschädigung ihnen aus Deutschland zustehe, ließ sich Frau Steinbach letzte Woche vor der Presse zu dem Ausdruck einer - wechselseitigen - "Null-Lösung" hinreißen, eine Formulierung, die in der später ins Internet gestellten Presseerklärung nicht mehr vorkommt. Die Bundesregierung solle gegenüber Polen offiziell auf das "Eigentum" der Vertriebenen verzichten. Dann nämlich können sie die Bundesregierung auf Schadenersatz verklagen. Ein schöner Trost, falls die Preußische Treuhand mit ihrer Klageoffensive stecken bleibt.


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