Die Gesamtanlage des Cuartels hatte mehr das Aussehen einer Festung als einer Kaserne. Die hohen Mauern, von denen Kasernen gewöhnlich umgeben sind, sollen eher die Soldaten am Herauskommen hindern, als Zivilpersonen mit bösen Absichten vom Eindringen abhalten. Dieses Cuartel hingegen mit seinen Flachdächern, seinen zinnenbewehrten Mauern und seinen mit Schießscharten versehenen Bunkern legte den Gedanken nahe, dass seine Erbauer die Möglichkeit eines Angriffs von außen durchaus nicht ausschlossen.
Das Cuartel Moncada lag im Zentrum Santiagos. Es war errichtet worden, um die Stadt geduckt und in Gehorsam zu halten. In seiner Anlage zeigte sich ein feudaler Zug. Die Kaserne erdrückte die Stadt.
Der Angriff war für 5.15 Uhr vorgesehen. Um dreiviertel fünf begann man die Gefährten auf die Fahrzeuge zu verteilen.
...
Fidel hatte den Sergeanten nicht gesehen, sondern den Blick auf die zwei Soldaten der Guardia cosaca geheftet (*), die ihm in diesem Moment den Rücken zuwandten. Er sagte: "Vamos a arrestarlos" (Nehmen wir sie gefangen), und fuhr, als er das sagte, noch langsamer. Keiner der Männer auf dem Hintersitz vermutete, dass die Guardia cosaca gemeint sei. Sie beobachteten nur den Sergeanten mit dem Cartucho (**), der - unverändert nervös und misstrauisch - sich jetzt auf gleicher Höhe mit ihnen befand.
Was sich in der Folge ereignete, war eine Angelegenheit von zwei, drei Sekunden. Fidel fuhr im Zeitlupentempo den linken Gehsteig entlang, er war nur noch zwei oder drei Meter von der Guardia cosaca entfernt, öffnete leise den Wagenschlag und zog seine Lüger aus dem Futteral. So getan, brachte er das Auto zum Stehen. Gustavo Arcos, hinter ihm, öffnete die Wagentür und stellte sich mit einem Fuß auf den Gehsteig.
In diesem Augenblick drehten sich die beiden Soldaten der Guardia cosaca, wie vom gleichen Instinkt getrieben, gleichzeitig um, sahen den Wagen 2 und legten ihre Maschinenpistolen an. Fidel gab Gas, warf sein Steuer nach links und fuhr mit dem Wagen auf sie los. Gustavo Arcos, die Pistole in der Hand, schrie dem Sergeanten mit dem Cartucho "Alto!" (Stehenbleiben!) zu. In diesem Augenblick machte der Buick einen jähen Ruck vorwärts, und die Tür klappte zu. Arcos stürzte und rollte auf die Erde. Der Buick war zu nahe am Gehsteig, und mit der fast rechtwinkligen Wendung gelang es nicht, hinaufzufahren. Das linke Vorderrad prallte heftig an den Bordstein, der Motor lief fest.
Als der Sergeant mit dem Cartucho sah, wie der Mann, der mit der Waffe auf ihn gezielt und "Alto!" gerufen hatte, zu Boden fiel, hatte er eine Angstreaktion: Er fasste mit der Hand nach seiner Pistole. Sogleich fielen mehrere Schüsse aus dem Wagen 3, und genau in dem Augenblick, als sich Gustavo Arcos von seinem Sturz erhob, sank der Sergeant, wie vom Blitz getroffen, zusammen.
...
Die Schüsse aus dem Wagen 3 hatten den Angriff vorzeitig verraten, als sich die Angreifer noch außerhalb der Kaserne befanden. Dass Fidels Wagen infolge des Aufpralls festlag, hatte auf den Erfolg des Unternehmens eine noch verhängnisvollere Auswirkung. Man erinnert sich, dass die Autos, die hinter ihm fuhren, den Befehl bekommen hatten, zu halten, sobald Fidels Wagen halten würde, und dass die Kämpfer "die Gebäude zu ihrer Linken stürmen" sollten. Da sie Fidel aus dem Wagen steigen sahen und die örtlichen Verhältnisse nicht kannten, fielen sie über die Häuser zu ihrer Linken her, vor allem über das Militärlazarett.
Verzweifelt suchte Fidel seine Mitkämpfer neu zu sammeln, ihnen ihren Irrtum klarzumachen und sie wieder nach vorn auszurichten. Aber die Verwirrung hatte sich ausgebreitet, der Anfangselan war gebrochen, manche verstanden nicht, was Fidel ihnen zurief, andere wollten nicht wieder in ihre Wagen steigen. "Adelante, muchachos! Adelante!" rief Fidel und zeigte auf die Posta 3. Um es ihnen zu zeigen, stieg er wieder in den Buick. Der Motor sprang nicht an. In diesem Moment fuhr der Wagen 1, wahrscheinlich um den Eingang der Posta 3 frei zu machen, rückwärts und prallte an die Stoßstange des Buick, auf den seinerseits der Wagen 3 von hinten auffuhr. Fidel stieg aus dem Wagen. Trunken vor Zorn, versuchte er nochmals, die Kämpfer neu zu formieren. Aber die Straße wurde jetzt von heftigem Gewehrfeuer bestrichen, das aus der Kaserne kam; die Gefährten hatten sich in alle Richtungen zerstreut; im Rinnstein ausgestreckt oder hinter den Mäuerchen der Bungalows liegend, waren sie durch die heftige Gegenwehr auf der Stelle festgenagelt. Fidel blickte hoch und sah, dass auf der Dachterrasse der Moncada zwei halbbekleidete Soldaten dabei waren, einem schweren Maschinengewehr die Plane abzunehmen. Er zielte und gab Feuer. Andere Soldaten liefen auf dem Dach zusammen. Er feuerte abermals. Kameraden, die hinter den Umfassungsmauern lagen, riefen ihm zu: "Quitate! Quitate!" (Geh da weg!) Fidel aber merkte nicht einmal, dass er auf offener Straße aufrecht inmitten des Kugelregens stand.
Aus dem Moncada-Report von 1983.
(*) Militärstreife außerhalb der Kaserne
(**) Sprengpatrone
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