Die Gegner des neuen, elektronischen Personalausweises haben ja Recht. Das Problem ist: Dieser Umstand könnte ihnen zum Verhängnis werden. Und ein Scheitern der Kritiker ist Deutschland wirklich nicht zu wünschen.
Aber von Anfang an.
Ab November sollen die deutschen Meldebehörden nach dem Willen des Innenministers nur noch Personalausweise im Scheckkartenformat ausgeben. Anders als die alte wird die neue Identitätskarte auch einen elektronischen Chip enthalten, auf dem unter anderem die Ausweisdaten gespeichert sind. Mit Hilfe des Chips und einer PIN-Nummer soll sich der Inhaber künftig nicht nur durch persönliches Vorzeigen des Ausweises, sondern zum Beispiel auch bei Geschäften im Internet zweifelsfrei identifizieren können. Hinzu kommt: Auf Wun
zu kommt: Auf Wunsch lässt sich ein so genanntes Signatur-Zertifikat auf dem Ausweis installieren. Es soll im Zusammenspiel mit dem Chip ermöglichen, Verträge oder Behördenanträge ebenso rechtsverbindlich auf elektronischem Wege zu unterschreiben wie mit einem Kuli auf Papier.Die neuen Möglichkeiten sind nicht gerade preiswert. Statt acht Euro wie bisher, wird der neue E-Perso den Bürger eine Gebühr von 28,80 Euro kosten – für ein Dokument wohlgemerkt, zu dessen Erwerb jeder erwachsene Deutsche verpflichtet ist. Zwar sollen sich Inhaber entscheiden dürfen, einige der neuen Funktionen auf ihrem Ausweis dauerhaft auszuschalten. Zahlen müssen sie aber auf jeden Fall den vollen Preis.Sicher sind nur die KostenJenseits der Kosten richten die Gegner des E-Perso ihre Kritik spätestens seit vergangener Woche auf ein Versprechen von Innenminister Thomas de Maizière. Der beteuert bei jeder Gelegenheit, dass der neue Ausweis Bankgeschäfte und Einkäufe im Internet sicherer machen werde. Das ARD-Verbrauchermagazin Plusminus zeigte jedoch jüngst mit Hilfe von Hackern des Chaos Computer Clubs, dass de Maizières Behauptung falsch ist. Unter bestimmten Bedingungen wird ein Einkauf im Netz nämlich selbst mit dem E-Perso nur genauso sicher oder unsicher sein wie viele Deals im Internet heute schon.Das ist dann der Fall, wenn1. der Inhaber seinen Ausweis mit einem ungeschützten Computer nutzt, der mit einer speziellen Sorte Schadprogramm infiziert ist, einem so genannten Keylogger.2. der Inhaber die PIN-Nummer des Ausweises über die Tastatur des Computers eingibt, nicht über die Tastatur des zum Auslesen des Chips benötigten Lesegeräts.Sind beide Bedingungen erfüllt, kann der Keylogger die PIN-Nummer und andere Daten mitlesen und einem Betrüger schicken – was aber heute schon bei jedem Kreditkarten-Kauf auf einem virusverseuchten Computer passieren kann. Zwar stimmt es, dass nicht alle zugelassenen E-Perso-Lesegeräte eigene Tastaturen besitzen. Dieser Umstand ist jedoch dem Wunsch geschuldet, die ohnehin explodierenden Kosten für die Bürger nicht noch weiter zu steigern.Wer sagt, das Projekt E-Perso offenbare Sicherheitsmängel, mag also Recht haben und damit sogar Schlagzeilen produzieren. Zugleich läuft er aber Gefahr, im Eifer des Rechthabens den Befürwortern eine offene Flanke zu präsentieren. Denn anders als beim längst eingeführten chip-gestützten Reisepass scheinen die Probleme nicht in der Sicherheitsarchitektur zu liegen, sondern im Detail. Thomas de Maizière wird nichts lieber tun, als die Lücken auf Kosten der Bürger zu schließen oder darauf zu beharren, dass der neue Personalausweis die Sicherheit zumindest nicht senkt.Abgelenkte ÖffentlichkeitDabei steht viel mehr auf dem Spiel als Geld. Es geht um Freiheit. Die britische Regierung hat die Pläne für eine elektronische ID-Card jüngst aus Sorge vor der „Erosion der bürgerlicher Freiheiten“ eingestampft. Abgelenkt von der Diskussion um mögliche Betrugs-Szenarien, droht die deutsche Öffentlichkeit dagegen zu vergessen, welche Möglichkeiten zur Überwachung der E-Perso dem Staat schenkt.Einmal eingeführt, bedarf es nur wenig Fantasie, um zu erkennen, wie praktisch es manchen Politikern bald erschiene, auf dem E-Perso auch die Sozialversicherungsnummer und die persönliche Steuer-ID zu speichern. Und warum nicht auch die Versichertennummer der Krankenkasse? Und würde es nicht eine Unmenge Bürokratie ersparen, wenn ALG-II-Empfänger ihr Geld nur auf E-Identitätsnachweis erhielten? Aber warum dann überhaupt noch Geld auszahlen? Schließlich kann ein entsprechend programmierter E-Perso doch direkt als Berechtigung für Sachleistungen dienen. So ließe sich endlich mal sicherstellen, dass all die Arbeitslosen ihre Stütze nicht für unnützen Schnick-Schnack verschwenden, sondern für Brot und Bildung.Vielleicht wird das Bundesverfassungsgericht einige dieser Szenarien verhindern. Gewiss sein kann sich dessen aber niemand. Gegen den Wahnsinn der Vorratsdatenspeicherung im Frühjahr hat schließlich auch nur die Hälfte der damit befassten Verfassungsrichter gestimmt.