Weshalb?

FASCHISMUS II Erich Schaake porträtiert Hitlers Mutter, Winifred Wagner, Geli Raubal, Eva Braun und Leni Riefenstahl

Hitlers Frauen": Der Buchtitel ist falsch. Vergilbte Frauenfotos auf dem Einband suggerieren den Blick durchs Schlüsselloch auf Hitlers unbekannten Harem, die Rückseite des Buchs lockt mit dem reißerischen Hinweis auf eine lange Liste der Frauen, die "dem Verführer Hitler verfielen". Hitler als Frauenheld?

Autor Erich Schaake porträtiert Frauen aus Hitlers Umfeld: Hitlers Mutter, mehrere Jugendschwärme, reiche Gönnerinnen wie Winifred Wagner, die dem Kopf der Nationalsozialisten Anfang der zwanziger Jahre den Weg in die Gesellschaft und zum großen Geld ebneten, dann Porträts von Frauen mit engem Kontakt zum Führer wie Magda Goebbels.

Das armselige Leben der Mutter Klara Hitler weckt hauptsächlich Mitgefühl: Sechzehnjährig kommt sie als Haushaltshilfe zu dem viel älteren Alois Hitler, heiratet ihn nach dem Tod seiner zweiten Frau und erzieht die Stiefkinder. Sie wird selbst schwanger, doch ihre drei ersten Kinder sterben an Diphterie. Ihr Mann trinkt, ist jähzornig und verprügelt die Familie. Dass Klara ihr viertes Kind, eben Adolf Hitler, hätschelt und pflegt, verwundert nicht. Sie selbst stirbt - nur 47 Jahre alt - an Brustkrebs. Ein elendes, aber damals nicht seltenes Frauenleben.

Die anderen porträtierten Frauen treffen aus unterschiedlichen Gründen auf Hitler, nicht immer ist Erotik im Spiel. Christa Schroeder ist über viele Jahre seine Sekretärin. Helene Hanfstaengl, Henriette Hoffmann und Leni Riefenstahl mögen ihn als Gesprächspartner, väterlichen Freund oder faszinierenden Redner, schildern seine (angeblichen) sexuellen Annäherungsversuche jedoch als eher peinlich. Glücklos verliebt war hingegen Maria Reiter, ein junges Mädchen aus Berchtesgaden, das auf die versprochene Heirat hoffte. Oder Unity Mitford, die sich aus einer lieblosen englischen Kindheit in Hitler-Schwärmerei flüchtete. Oder Hitlers Nichte Geli Raubal, die seine fürsorgliche Betreuung zunächst genoss, später unter seiner Eifersucht litt und sich schließlich erschoss. Auch Eva Braun klagte, fügte sich aber doch in ihre Rolle als langjährige, geheimgehaltene Geliebte, perspektivlos bis in den gemeinsamen Selbstmord.

Die Motive der Frauen bleiben offen oder Spekulation, doch hat Erich Schaake aus verschiedenen Quellen, Zeitdokumenten und Biografien Porträts geschaffen, denen nicht ohne weiteres anzusehen ist, ob sie aus weiblicher oder männlicher Feder stammen. Vielschichtig und lebendig stellt er dar, wie eng die Verhältnisse waren, in denen die Frauen aufwuchsen, welchen Verblendungen sie nachjagten, was sie an der personifizierten Macht faszinierte. Aber auch, wo sie Gegensatz sahen, zuwenig Mut aufbrachten oder zuviel Schere im eigenen Kopf duldeten, um offen zu widersprechen. Das Buch macht manches aus der Zeit von Anfang der zwanziger Jahre bis Kriegsende verstehbar. Es bietet den Nachgeborenen Erklärungen, warum auch Frauen der Nazibewegung unkritisch, naiv oder begeistert folgten. Ob für eine solche Darstellung gerade Frauen mit einer persönlichen Beziehung zu Hitler geeignet sind, sei dahingestellt.

Erich Schaake, Hitlers Frauen, List Verlag, München 2000, 432 S., 39,90 DM.

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