"Wir sind die Schlange", sagt einer im Dunkeln. Es klingt säuerlich. Dabei heißt es doch "Wir sind das Volk" und müsste frech klingen. Aber vielleicht hat er Recht, es können nicht alle gleichzeitig das Volk sein, man muss sich hinten anstellen.
Wir tun alle einen Schritt. Es geht voran.
Es gibt zwei Schlangen: die eine, die die Schlange ist, und die andere, die die Schlange beobachtet, vor allem den Kopf, um zu sehen, was sich dort tut und wie oft, und um auszurechnen, wann man wohl am Kopf wäre, wenn man sich jetzt am Schwanz einreiht. Bei manchen geht die Rechnung nicht auf und sie reihen sich nicht ein, wollen weder Volk noch Schlange sein, sondern gehen in die Tadschikische Teestube und trinken Rauchtee mit Moskovskaja. Es gibt also streng genommen nur eine Schlange, und es gibt ja auch nur ein Volk, nämlich uns. Und deshalb soll es wohl schicklich sein und der Sache dienlich, Volkspalast zu nennen, was einmal Palast der Republik hieß.
"Wartet ab", denkt einer im Dunkeln. "Wer lieber ein Volk als eine Republik sein will, bekommt am Ende noch ein Schloss geschenkt." Oder Schlimmeres. Eine Boa Constrictor zum Beispiel, von der man weiß, dass sie den Kopf so weit aufreißen kann, dass man bequem ein Lamm darin parken kann. Übrig bleiben wird wahrscheinlich nicht Volk, und schon gar nicht Republik, sondern am Ende nur Palast. "Gehen wir in den Palast", wird es heißen. Man hakt sich unter und geht. Nichts ist schöner als ein schöner handlicher Kompromiss mit Klettverschluss und Sichtfenster. Wer so einen Palast hat, wäre maßlos, wollte er noch ein Schloss obendrein. Wie sich das auch anhört: "Volksschloss", oder noch schlimmer: "Schloss der Republik". Das fügt sich nicht.
"Entschuldigung, wir sind die Schlange." Hoffentlich hält er, was wir uns hier versprechen.
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